Medien schreiben im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte. Der Diskurs um die "friedliche Revolution" ist stark angereichert mit Begriffen, durch die die Ereignisse im Herbst 1989 und im Frühjahr 1990 interpretiert und auf den Punkt gebracht werden sollen. Es sind Begriffe, die im Gedächtnis haften bleiben.
Die Art und Weise, wie über die "friedliche Revolution" in den Jahren 1989 und 1990 berichtet wurde, welche Interpretationen mit ihr einhergehen und welche Wirkung wiederum Bericht und mediale Bewertung auf das kollektive Bewusstsein der Deutschen hatten, wird im Rahmen dieser historischen Diskursanalyse untersucht.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Die historische Diskursanalyse als Demaskierung von Sagbarkeitsfeldern
2.2 Begriffsdefinitionen
3. Vorgehensweise: Die „friedliche Revolution“ im Licht historischer Diskursanalyse
3.1 Gegenstand der Arbeit
3.2 Thematische Fragestellungen
3.3 Untersuchungsschritte
4. Der Diskurs um die „friedliche Revolution“ in den westdeutschen Printmedien
4.1 „Am Leben bleiben“: Der Systemdefizitdiskurs
4.1.1 Die DDR wird als totalitärer Unrechtsstaat entlarvt
4.1.2 Widersprüche, Gegensätze und Menschenrechtsverletzungen prägten die DDR-Gesellschaft
4.2 „Die DDR läuft aus“: Der Flüchtlingsdiskurs
4.2.1 Unzufriedenheit und Perspektivlosigkeit als Ursache für die Ausreisewelle
4.2.2 Die DDR-Flüchtlinge und das „gelobte Land“ Bundesrepublik
4.3 „Das Volk siegt“: Der Revolutionsdiskurs
4.3.1 Das produzierte Bild: Volk versus Herrscher
4.3.2 Zugeständnisse und Ankündigung von Reformen: Die SED kämpft um die Macht
4.3.3 Die alte SED in neuem Gewand: Stimmungsmache gegen die SED-PDS
4.4 „Wege zur deutschen Einheit“: Der Wiedervereinigungsdiskurs
4.4.1 Wiedervereinigung als einzige Möglichkeit: Der Sozialismus ist gescheitert
4.4.2 Das Thema „Wiedervereinigung“ bestimmt den westdeutschen Diskurs
5. Der Diskurs um die „friedliche Revolution“ in den ostdeutschen Printmedien
5.1 „Denken – streiten – handeln!“: Der Reformdiskurs
5.1.1 Trotz aller Probleme: Am Sozialismus wird festgehalten
5.2 „Chronik einer ’sanften’ Revolution“: Der Revolutionsdiskurs
5.2.1 „Revolutionäre Erneuerung“ des Sozialismus
5.3 „Deutschland, einig Vaterland“: Der Adaptionsdiskurs
5.3.1 Die Angst vor der kapitalistischen Bundesrepublik
5.3.2 Auf der Suche nach einer eigenen „DDR“-Identität
6. Die Wahrnehmung der „friedlichen Revolution“ in der Bundesrepublik: Ein Diskurs drängt auf die deutsche Einheit
6.1 Vergleiche mit der Französischen Revolution: Revolution als Befreiung von Despotismus und „Ancien Régime“
6.2 Die Revolution als Einsicht: System-Überlegenheit und deutsche Einheit
7. Die Wahrnehmung der „friedlichen Revolution“ in der DDR: Gewonnenes Selbstbewusstsein und verlorene Identität
7.1 Zwischen Reformprozess und Vereinigungswünschen: Die Kontroverse zwischen den Intellektuellen und dem Volk auf der Straße
7.2 Die unterschiedliche Bedeutungsperspektive: „Wende“ oder „friedliche Revolution“?
7.2.1 War die „friedliche Revolution“ überhaupt eine Revolution?
7.2.2 Die Bedeutung des Revolutionsbegriffs
7.2.3 „Friedliche Revolution“ und Identität: Ein Problem, das bis heute wirkt
8. Fazit: Die Wirkung des Diskurses auf das kollektive Bewusstsein der Deutschen in den Wendejahren 1989/90
9. Literatur- und Quellenverzeichnis
9.1 Monographien
9.2 Aufsätze und Zeitschriftenbeiträge
9.3 Lexikonartikel und Nachschlagewerke
9.4 Elektronische Quellen
9.5 Verzeichnis der analysierten Zeitschriften- bzw. Zeitungsartikel (chronologisch)
9.5.1 DER SPIEGEL
9.5.2 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
9.5.3 WOCHENPOST
9.5.4 SONNTAG
1. Einleitung
„Das hatten Kapitalisten und Kommunisten immer gemein: die vorbeugende Verdammung eines dritten Weges. Deshalb wird jeder Hinweis auf die nunmehr erstrittene Eigenständigkeit der DDR und ihrer Bürger sogleich mit Umsiedlerzahlen verschüttet. Selbstbewußtsein, das sich trotz vierzig Jahre währender Unterdrückung leidend entwickelt und schließlich revolutionär behauptet hat, darf nur kleingedruckt Platz beanspruchen. So soll der Eindruck entstehen, daß in Leipzig und Dresden, in Rostock und Ost-Berlin nicht das Volk der DDR, sondern auf ganzer Linie der westliche Kapitalismus gesiegt hat.“1
„Leipzig – Hauptstadt der Revolution“2, so titelt das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seiner Ausgabe am 27. November 1989. Die damals auflagenstärkste Wochenzeitung der DDR, die „Wochenpost“, präsentiert am 5. Januar 1990 ihre „Chronik einer ‚sanften’ Revolution“3.
Die Frage, ob es sich bei den beschriebenen Ereignissen wirklich um eine Revolution4 handelt – gemessen an wissenschaftlichen Maßstäben –, wird noch zu erörtern sein, soll aber nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Aus historischer Sicht erscheint die Beantwortung der Fragen interessanter, warum und von wem die politisch-gesellschaftlichen Umbrüche als „friedliche Revolution“ wahrgenommen werden und welche „Wahrnehmungskategorien, Bedeutungskonstruktionen und Identitätsstiftungen“5 hinter dieser Bezeichnung stehen.
Offensichtlich geht es bei der „friedlichen Revolution“ um ein Ringen um Macht: Die Bürger der DDR fordern politische Teilhabe und, damit einhergehend, eine Veränderung ihrer Lebensverhältnisse. Nach Hannah Arendt kann niemand Macht besitzen, sondern „sie entsteht zwischen Menschen, wenn sie zusammen handeln, und sie verschwindet, sobald sie sich wieder zerstreuen“6. Auch „Volksaufstände gegen die materiell absolut überlegenen Gewaltmittel eines Staates“ könnten „eine fast unwiderstehliche Macht erzeugen, und zwar gerade, wenn sie sich selbst der Gewalttätigkeit enthalten, in der sie ohnehin die Unterlegenen wären“.7 Dieses Machtmittel könne nur durch staatlichen Terror unterdrückt werden. Das wichtigste Instrument beim kollektiven Handeln in Volksaufständen aber – so kann man den Gedanken Hannah Arendts weiterführen – ist die intensive sprachliche Kommunikation, die dauernde Verständigung auf die jeweils nächsten Schritte.
Neubert macht darauf aufmerksam, dass „ein Großteil der Erinnerung an die Revolution an Sprachereignisse geknüpft“ sei und führt einige Sprechchöre der Teilnehmer an den Montagsdemonstrationen an, wie zum Beispiel: „Wir wollen raus“, „Wir bleiben hier“, „Wir sind das Volk“ oder „Wir sind ein Volk“.8 Die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche in der DDR des Jahres 1989 folgen also einer vorausgegangenen Emanzipation von der „SED-Sklavensprache“9, die in der Verwendung des Begriffs „friedliche Revolution“ ihren Kulminationspunkt erreicht zu haben scheint. Von entscheidender Bedeutung bei der Ausbildung des Vokabulars gesellschaftlicher Debatten, aber auch für die Vorbereitung von Begriffsstrategien, die helfen, hinsichtlich gesellschaftlicher Ereignisse Partei zu ergreifen, sind in moderner Öffentlichkeit die Massenmedien. Sie wirken durch die sprachliche Form ihrer Berichterstattung und Kommentare in starkem Maße auf den Prozess der Bewusstseins- und Strategiebildung im öffentlichen Diskurs ein.
Man muss mit Heinrich Oberreuter davon ausgehen, dass „Berichte über die Wirklichkeit tatsächlich Konstruktionen mit und aus Merkmalen sind, die zum Teil in die Wirklichkeit hineinprojiziert werden, aus Merkmalen also, die abhängig sind von Personen und ihren politischen Wertorientierungen.“10 Nach Oberreuter nehmen die „Wirklichkeitsvermittler“, gemeint sind hier in erster Linie die Journalisten, dabei eine Schlüsselposition ein.11
Die Bezeichnung „friedliche Revolution“ ist auch Symptom für die „strukturbedingte Neophilie“, die „Neuigkeitssucht der Massenmedien“.12 Sie „hält nur solche Elemente der Wirklichkeit für nachrichtenfähig, die eine Veränderung anzeigen.“13 Die Gefahr einer solchen Berichterstattung liegt eindeutig in dem „künstlich dynamisierte[n] Bild einer sich rastlos verändernden Welt.“14 Diese Entwicklung könne soweit gehen, dass mittelfristig auch traditionelle Normen und Werte von dieser Dynamisierung in Frage gestellt werden:
„Wenn das von der Norm Abweichende ständig größere Chancen öffentlicher Aufmerksamkeit und Erörterung besitzt, muss der Empfänger irritiert und wankend werden. Aus dem Gefühl, das Normale sei zur Ausnahme geworden, übernimmt er die anderslautenden Botschaften, nicht etwa aus intellektueller Einsicht. Schließlich will er sich sozial nicht isolieren.“15
Auch „Verfahrensregeln und die normale politische Willensbildung“ seien von dieser „Krankheit“ betroffen: Der Blick der Massenmedien wende sich verstärkt „aktiven Minderheiten und ihren unkonventionellen Organisations- und Protestformen“ zu.16 Demokratische Institutionen, die der Konventionalität und Normalität entsprächen, also für die Medien weniger interessant erschienen, würden dadurch geschwächt, da vor allem ihren Gegnern Aufmerksamkeit geschenkt werde.17 Die Aufmerksamkeitsschwelle sinke und ernst zu nehmende Gefahren für die demokratische Ordnung würden aufgrund ständiger Sensationspräsenz nicht mehr erkannt.18 Also gilt auch der Umkehrschluss: Die Ausnahme gerät in den Bereich der Normalität!
Der Hang zur Sensationslust, erkennbar an der Präferenz für griffiges Vokabular und spektakuläre Schlagzeilen, ist auch in der Berichterstattung zur „friedlichen Revolution“ in der DDR zu spüren. Schon diese sprachliche Formel, die als Oxymoron oder gar als Paradoxon aufgefasst werden kann, macht aus dem überraschenderweise friedlich verlaufenden Ereignis etwas Spektakuläres. Wenn Sensationsmeldungen zum Alltag, zur Normalität werden, muss dies zwangsläufig dazu führen, dass auch Begriffe, die außergewöhnliche Ereignisse wie eine „Revolution“ beschreiben, am Ende immer unbefangener in den Mund genommen werden. Die exakte, wissenschaftlich fundierte Definition eines solchen Begriffs tritt dann zwangsläufig in den Hintergrund. Zugleich erhöht sich der Grad der „Abnutzung“ des Begriffs, was sich darin äußert, dass dessen Inhalt zunehmend verschwimmt, indem er sich mehr und mehr einer eindeutigen Definition und Abgrenzung entzieht. Die verwendeten Begriffe selbst prägen sich allerdings umso mehr ein, je selbstverständlicher sie von den Diskursteilnehmern und den Rezipienten der Diskursergebnisse mehrheitlich akzeptiert und angewandt werden, und finden so ihren Platz im „kollektiven Gedächtnis“19.
Medien schreiben also im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte. Der Diskurs um die „friedliche Revolution“ ist stark angereichert mit Begriffen, durch die die Ereignisse im Herbst 1989 und im Frühjahr 1990 interpretiert und auf den Punkt gebracht werden sollen. Es sind Begriffe, die im Gedächtnis haften bleiben.
Die Art und Weise, wie über die „friedliche Revolution“ berichtet wurde, welche Interpretationen mit ihr einhergehen und welche Wirkung wiederum Bericht und mediale Bewertung auf das kollektive Bewusstsein der Deutschen hatten, soll im Rahmen einer historischen Diskursanalyse untersucht werden, auf deren Merkmale im folgenden Kapitel kurz eingegangen wird.
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Die historische Diskursanalyse als Demaskierung von Sagbarkeitsfeldern
Die Diskursanalyse ist eine Untersuchungsmethode, die beispielsweise in den Politik- und Sozialwissenschaften sehr häufig angewendet wird, aber in jüngster Zeit auch Einzug in die Geschichtswissenschaft gehalten hat. Gegenüber traditionellen Methoden der Geschichtswissenschaft mit ihren deskriptiven Verfahren, für die exakte Quelleninterpretation die unverzichtbare Grundlage ist, um Näheres über geschichtliche Ereignisse sagen zu können, stehen bei der historischen Diskursanalyse die Quellen selbst und deren verborgene Denkstruktur im Mittelpunkt des Interesses.20
Zugrunde liegt der Diskursanalyse die Fragestellung, „wie wir überhaupt etwas wissen können und wie sich Sicherheit über die eigene Wirklichkeit gewinnen lässt“21. Diese Fragestellung ist in den verschiedenen Wissenschaften aus unterschiedlicher Perspektive gestellt worden und beruht auf der Grundüberzeugung, dass es das „unbezweifelbare Wissen von der objektiven Wirklichkeit“22 nicht gibt.
Der wichtigste Untersuchungsgegenstand ist dabei die Sprache. Sowohl in der mündlichen wie der schriftlichen Form gibt sie uns die Möglichkeit, Geschehnisse aus der Vergangenheit zu erfahren und deutbar zu machen. Dabei muss sich der Rezipient historischer Quellen aber immer darüber im Klaren sein, dass die beschriebene Wirklichkeit – indem sie in die sprachliche Form der Darstellung gebracht wird – immer schon explizit gedeutet worden ist oder die Beschreibung den unausgesprochenen Regeln impliziter Deutung gehorcht.
Auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaft war die „Annales“-Schule, die nach der 1929 gegründeten Zeitschrift „Annales“ benannt wurde, von Marc Bloch und Lucien Febvre über Fernand Braudel, Georges Duby, Jacques Le Goff, Emmanuel Le Roy Ladurie bis hin zu Roger Chartier, der Vorreiter einer neuartigen wissenschaftlichen Vorgehensweise.23 Diese Schule förderte die interdisziplinäre Zusammenarbeit und wollte unter anderem „die Verbindungen zwischen Sprache und Gesellschaft in ihrer historischen Situiertheit aufzeigen“24.
Eine reine Wortgeschichte, die lediglich den Bedeutungswandel eines Begriffs im Laufe der Zeit aufzeigt, wird von ihren Vertretern weitestgehend abgelehnt. Ihnen kommt es vielmehr darauf an, das „Wie und Warum sprachlicher Veränderungen zu erklären“, die „nicht allein durch den jeweiligen Wortschatz, sondern ebenso durch die sozialen Verhältnisse“ zu erklären seien.25 Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist der des „linguistic turn“26, der 1967 aufkam und eine verstärkte Hinwendung zur Sprache bezeichnet. Die „konstitutive Rolle“27 der Sprache beziehungsweise von Symbolsystemen wurde zum Gegenstand einer zunehmend kritischen Untersuchung.
In erster Linie ist es dem Philosophen und Historiker Michel Foucault zu verdanken, klar aufgezeigt zu haben, dass die modernen Wissenschaften selbst Teil „sozialer Konstruktionsprozesse“28 sind. Landwehr meint mit diesem Begriff den Einfluss von „Bedeutungsmustern“ in jeder Gesellschaft, der dafür sorge, dass „bestimmte Sichtweisen auf diese Umwelt als Wissen“ anerkannt würden und andere nicht.29 Das Problem liege darin, dass Wirklichkeit und Wissen, die Produkte sozialer Konstruktionsprozesse seien, „üblicherweise als Gegebenes hingenommen“30 und daher nicht mehr hinterfragt würden. Er führt hierfür als einleuchtendes Beispiel die gängige Unterscheidung zwischen Glauben und Aberglauben an, die durch soziale Konstruktionsprozesse (bei entscheidender Mitwirkung der Kirchen) derart selbstverständlich „objektiviert“ worden sei, dass „man ihr nicht mehr ansehen kann, dass sie historisch entstanden und alles andere als naturnotwendig ist.“31
Foucault, der als Initiator der Diskurstheorie gelten kann, geht davon aus, dass in jeder Gesellschaft „die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen.“32
Was Foucault das „Prinzip der Ausschließung“33 nennt, sind die Normen, denen eine Gesellschaft unterliegt. Nur wer sich innerhalb der Grenzen einer bestimmten Normativität bewege, werde wahrgenommen und könne an dem Diskurs teilnehmen. Zu diesem Prinzip gehöre beispielsweise folgendes Verbot:
„Man weiß, dass man nicht das Recht hat, alles zu sagen, dass man nicht bei jeder Gelegenheit von allem sprechen kann, dass schließlich nicht jeder beliebige über alles beliebige reden kann. Tabu des Gegenstandes, Ritual der Umstände, bevorzugtes oder ausschließliches Recht des sprechenden Subjekts – dies sind die drei Typen von Verboten, die sich überschneiden, verstärken oder ausgleichen und so einen komplexen Raster bilden, der sich ständig ändert.“34
Aber auch die „Grenzziehung“ und die „Verwerfung“ seien wichtige Bestandteile dieses Prinzips.35 Als Beispiel nennt Foucault die von Menschenhand gezogene Trennlinie zwischen „Vernunft und Wahnsinn“36. Der für wahnsinnig Erklärte „kann vor Gericht nichts bezeugen, kein Rechtsgeschäft und keinen Vertrag beglaubigen“37 – sein Wort findet keine Beachtung. Der Wahnsinnige befindet sich außerhalb des Diskurses: Er darf nicht daran teilnehmen, weil er sich nicht an die gegebenen, von der Gesellschaft erzeugten Normen hält. Solche Grenzziehungen, die in der Regel von Institutionen getragen werden, können sich im Laufe der Zeit zwar verschieben, bleiben aber meist in ihrer Substanz unangetastet.
Ein weiteres System von Ausschließung durch Grenzziehung begründet die Unterscheidung zwischen „Wahrem und Falschem“38. Foucault meint damit den „Willen zur Wahrheit“39, der „seit Jahrhunderten unsere Diskurse durchdringt“40, und den ebenso deutlichen „Willen zum Wissen“41. Diese beiden prinzipiellen Formen von Willensäußerung seien im Laufe der Philosophie- bzw. Diskursgeschichte immer differenzierter untersucht worden: So habe der „Wille zur Wahrheit“ mit der Zeit eine ganz eigene Geschichte entwickelt: „eine Geschichte der Ebenen der Erkenntnisgegenstände, eine Geschichte der Funktionen und Positionen des erkennenden Subjekts, eine Geschichte der materiellen, technischen, instrumentellen Investitionen der Erkenntnis“.42
Entscheidend seien immer die Fragen (gewesen), die der jeweilige Diskursteilnehmer stelle, die Mittel, mit denen er ein bestimmtes Thema bearbeite, sowie die Ziele, die er mit seinem Beitrag verfolge.
In Foucaults Gedankengang spielt auch die Beziehung zwischen Wissen und Macht eine entscheidende Rolle. Jedes Individuum unterliegt danach bestimmten gesellschaftlichen Machteinflüssen, denen es sich nur schwer entziehen kann. Der französische Philosoph geht sogar davon aus, dass „die Individualität […] heute vollständig von der Macht kontrolliert“43 wird. Indikator dieser Kontrolle sei, dass es immer „irgendeine Behörde“ gebe, „die jederzeit sagen kann, wer jeder von uns ist“, und die Informationen über die Vergangenheit eines jeden Bürgers speichere.44 Würde die Anpassung des Einzelnen an die institutionell behaupteten Normen der Gesellschaft aber als selbstverständlich hingenommen, unterwerfe man sich blind diesen Machtstrukturen.
An diesem Punkt setzt kritische Diskursanalyse an: Sie möchte sichtbar machen, was (zu Unrecht) für selbstverständlich gehalten wird.
Wenn Diskurse gewisse Aussagepotenziale bewusst ausschließen und sich an vorgegebene Strukturen anpassen, tragen sie dazu bei, bestimmte Machteinflüsse in einer Gesellschaft zu stärken. Wer also Diskursanalyse betreibt, ist dazu aufgerufen, nicht nur Wissens-, sondern auch Machtkritik zu betreiben.45 Dies soll aber nicht heißen, dass ein Diskurs von einem Einzelnen oder einer Gruppe bestimmt werden kann. Obwohl jeder die Möglichkeit hat, daran teilzunehmen, sind doch Entwicklung und Ausgang des Diskurses nicht wirklich steuer- bzw. kontrollierbar: Keiner kann vorhersagen, „was letztlich dabei herauskommt“46.
Das konkrete Handeln des Subjekts in seinem jeweiligen geschichtlichen Kontext ist grundsätzlich nachvollziehbar, wenn man eine genaue Anschauung von der Gesellschaft hat, in der es lebt. Es wird sich der Spielregel des vorherrschenden öffentlichen Diskurses unterwerfen müssen, wenn es sich an ihm beteiligen möchte, und es „tut dies […] im Rahmen eines wuchernden Netzes diskursiver Beziehungen und Auseinandersetzungen“47. Die verschiedenen, jederzeit aber auch wieder veränderbaren Positionen eines Subjekts werden durch die Rezeption der dominierenden Positionen in der öffentlichen Debatte bestimmt, „durch dauerhafte und sich über lange Zeiträume erstreckende Konfrontation mit immer den gleichen oder doch sehr ähnlichen Aussagen“48.
Wie Margarete und Wolfgang Jäger richtig bemerken, ist eine Diskursanalyse also immer auch gleichzeitig eine Wirkungsanalyse.49 Die Wirkung eines Diskurses ist aber nicht an singulären Aussagen oder Symbolen festzumachen, sondern bestimmt sich durch Spezifika, die sich ständig wiederholen und immer wieder aufgegriffen werden. Diese Rekurrenzen sind die Merkmale eines Diskurses, und an ihnen lässt sich wiederum sein Verlauf ablesen und untersuchen. Nur so, meinen die beiden Duisburger Sprach- und Sozialforscher, werde Wissen im kollektiven Bewusstsein gespeichert und zu einem festen Bestandteil der Erfahrung gesellschaftlicher Wirklichkeit.50 Die Folgerung daraus ist, dass der Diskurs, der immer überindividuell ist, durch seine Rekursivität somit als „regulierende Instanz“51 gesehen werden kann.
Das Ergebnis einer historischen Diskursanalyse sollte also sein, „die Erkenntnisgrundlagen einer Zeit und einer Kultur zu beleuchten“ und die für den untersuchten Zeitraum „unhinterfragten, weil selbstverständlichen Wissensbestände“ offen zu legen.52
Eine wichtige Rolle spielt bei der Untersuchung dieses Prozesses der Zeitpunkt, an dem ein Diskurs „einen solchen Grad an Selbstverständlichkeit erreicht, dass er nicht mehr grundsätzlich in Frage gestellt wird, dass er jegliche Zweideutigkeit verliert und nicht mehr konkurrierenden Weltsichten ausgesetzt ist“53. Landwehr spricht in diesem Fall von einer „Naturalisierung des Diskurses“54. Gerade bei einer historischen Diskursanalyse ist der Zeitpunkt der Naturalisierung eines Diskurses oftmals sehr gut nachvollziehbar, da die untersuchten Ereignisse schon einige Zeit zurückliegen und der Diskurs dadurch vielleicht schon abgeschlossen, in jedem Fall aber weit fortgeschritten ist.
Die historische Diskursanalyse ist eine sehr effektive Methode, um einerseits die Machtstrukturen, die einer Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit aufgeprägt werden, zu erforschen und andererseits die Fragen und Probleme einzufangen, die die Menschen in diesem Zeitraum beschäftigt haben.
2.2 Begriffsdefinitionen
In Fragen der Terminologie orientiert sich diese Arbeit vor allem an dem von Margarete und Siegfried Jäger vorgestellten Modell55. Die beiden Wissenschaftler haben Begrifflichkeiten entwickelt, um Ordnung in „diskursives Gewimmel“ und das „Wuchern der Diskurse“ zu bringen.56
„Thematisch einheitliche Diskursverläufe“ als ein Teil des gesellschaftlichen Gesamtdiskurses werden von ihnen „Diskursstränge“ genannt.57 Zu den Diskurssträngen zählen alle Untersuchungsmaterialien, die ein gemeinsames Thema zum Gegenstand haben. Eine Analyse von Diskurssträngen wiederum ermöglicht das Herausarbeiten der Besonderheit von Aussagen, wobei die eher belanglosen „zufällige[n] Äußerungen (‚Geplapper’)“58 von den festen Aussagen, die sich ständig wiederholen und immer wieder aufgegriffen werden, zu unterscheiden sind.
Auf der darunter liegenden Ebene befindet sich das „Diskursfragment“59. Mit diesem Begriff ist ein Text oder Textteil gemeint, „der ein bestimmtes Thema behandelt“60. In den meisten Fällen gibt es innerhalb eines Textes thematische Überschneidungen, also Diskursfragmente, die unterschiedlichen Diskurssträngen zuzuordnen sind. Diese nicht seltenen Phänomene werden als „Diskurs(strang)verschränkungen“61 bezeichnet.
Eine weitere Kategorie bilden „diskursive Ereignisse und diskursiver Kontext“62. Ein Ereignis kann derart einschneidend sein, dass es auch den Diskurs tief greifend verändert. Im Zusammenhang mit dem Thema dieser Arbeit denke man beispielsweise nur an die plötzliche und zu diesem Zeitpunkt unerwartete Öffnung der DDR-Grenze zur Bundesrepublik am 9. November 1989. Mit diesem einschneidenden Ereignis nahm der Diskurs um die Deutsche Einheit eine neue Gestalt an.
Ein Diskurs bewegt sich mit seinem Thema auf verschiedenen „Diskursebenen“63. Hiermit werden diskursive Teilbereiche wie Wissenschaft(en), Politik, Medien, Literatur, Erziehung, Alltag, Geschäftsleben, Verwaltung usw. angesprochen. Margarete und Siegfried Jäger bezeichnen diese Ebenen auch als soziale Orte, „von denen aus jeweils gesprochen oder geschrieben wird“64.
Der Standpunkt einer Person oder eines einzelnen Mediums ist eine „Diskursposition“65. Die Zersplitterung in Positionen hilft, „die Vielstimmigkeit der untersuchten Diskurse bestimmen zu können“66. Eine Diskursposition ist das „Resultat der Verstricktheiten in diverse Diskurse, denen das Individuum ausgesetzt war und die es im Verlauf seines Lebens zu einer bestimmten ideologischen bzw. weltanschaulichen Position […] verarbeitet hat“67. Das Subjekt ist also ein Produkt seiner Erfahrungen, und aus ihnen heraus handelt es.
Der letzte in diesem Zusammenhang wichtige Begriff ist die „Diskursgemeinschaft“68: Dabei handelt es sich „um Gruppen, die durch die Anerkennung und Befolgung relativ homogener Aussagesysteme (Doktrinen, Ideologien, Diskurspositionen, ‚Wahrheiten’) zusammengehalten werden“69. Ein konkretes Subjekt kann aber dadurch, dass es einer Religion, einer Nation, einer sozialen Klasse oder einer Partei angehört, auch durchaus gleichzeitig verschiedenen Diskursgemeinschaften angehören.
Ebenfalls eine wichtige Rolle spielt bei Margarete und Siegfried Jäger das „System der Kollektivsymbolik“, von ihnen kurz „Sysykoll“ genannt.70 Kollektivsymbole seien daher ein so wichtiger Untersuchungsgegenstand bei einer Diskursanalyse, weil sie einerseits „rational wie auch emotional gefärbtes Wissen“ erzeugen und andererseits „komplexe Wirklichkeiten simplifizieren, plausibel machen und damit in spezifischer Weise deuten“.71 Sie treffen also meistens genau den Kern einer Aussage und versuchen ihn zugleich zu veranschaulichen. Dies führt dazu, dass sie dem Rezipienten oft eher in Erinnerung bleiben als ein seitenlanger Text. Eine Betrachtung von Kollektivsymbolen kann zwar nicht von einer vertiefenden Textanalyse entbinden, doch lässt sie eine klare Tendenz erkennen und eignet sich daher sehr gut als Untersuchungsgegenstand.
Die vorgestellten Termini werden helfen, Ordnung in die hier beabsichtigte Diskursanalyse zu bringen, indem sie diese strukturieren. Zudem kommt eine dermaßen differenzierte Begrifflichkeit denkbaren Ungenauigkeiten zuvor und trägt so zu einem besseren Verständnis der gewonnenen Ergebnisse bei.
3. Vorgehensweise: Die „friedliche Revolution“ im Licht historischer Diskursanalyse
3.1 Gegenstand der Arbeit
Im vorangegangenen Kapitel ist angedeutet worden, wie fruchtbar historische Diskursanalyse sein kann. Nun gilt es, den Untersuchungsgegenstand der Arbeit mit dieser wissenschaftlichen Methode zu verknüpfen, damit die Untersuchung selbst gedeihen kann und in Form origineller Einsichten Früchte trägt.
Ein Diskurs umfasst alle „textlichen, audiovisuellen, materiellen und praktischen Hervorbringungen […], die das Thema des Diskurses in irgendeiner Weise behandeln oder auch nur nebenher streifen“72. Im Rahmen einer Untersuchung des zeitgenössischen Diskurses zur „friedlichen Revolution“ in der DDR kann es nun nicht darum gehen, jeden einzelnen öffentlich publizierten Beitrag zu diesem Thema zu berücksichtigen: Dafür wäre einerseits das aufzuarbeitende Material zu einem so epochalen Ereignis zu umfangreich. Andererseits wäre eine solche quantitative Untersuchung auch nicht sinnvoll, weil der „hegemoniale Diskurs“73 an den „großen“, das heißt auflagenstärksten und damit auch einflussreichsten Medien abzulesen ist.
Eine in der Breite ausufernde Untersuchung würde zudem Gefahr laufen, das eigentliche Ziel aus den Augen zu verlieren und zu diffusen Resultaten zu führen, während die Ergebnisse, die bei der Untersuchung des vorherrschenden Diskurses gewonnen werden, im Großen und Ganzen vermutlich zueinander passen würden. Wie Landwehr richtig bemerkt, ist es daher auch Aufgabe des Analytikers „von dieser Gesamtheit an Äußerungen zum Diskurs“, die er als „imaginären Korpus“ bezeichnet, durch „gezielte Sammlung, Sichtung und Gewichtung die Auswahl eines konkreten Korpus vorzunehmen“.74
Aus diesem Grunde beschränkt diese Arbeit ihre Untersuchung auf eine politische Wochenzeitschrift und eine Tageszeitung aus der Bundesrepublik sowie auf zwei wöchentlich erscheinende Zeitungen aus der DDR. Im Blickpunkt stehen auf westdeutscher Seite „Der Spiegel“75 und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“76, auf ostdeutscher Seite die „Wochenpost“77 und der „Sonntag“78. Alle genannten Printmedien wurden unter dem Aspekt ausgewählt, dass sie sich in ihrer politischen Grundausrichtung deutlich unterscheiden, in hoher Auflage gedruckt und verbreitet wurden sowie in dem für die Analyse ausgewählten Zeitraum trotz kleinerer oder größerer Schnittmengen unterschiedliche Lesergruppen und insgesamt eine breite Leserschaft erreicht haben.
Hinzu kommt die Erfahrung, dass sich nicht nur kleinere Zeitungsredaktionen bei Bezugnahme auf den aktuellen Diskurs von den „großen“ journalistischen Meinungsführern leiten lassen, sondern auch Medien wie das Fernsehen oder das Internet. Umgekehrt müssen die genannten Medien natürlich auf neue Entwicklungen im öffentlichen Diskurs eingehen, wenn sie immer auf dem neuesten Stand sein und den Leser ausreichend informieren wollen.
Zeitungen und Zeitschriften haben gegenüber anderen Medien wie zum Beispiel dem Fernsehen den Vorteil, dass sie umfassender informieren: „Der Text einer Nachrichtensendung füllt kaum eine Zeitungsseite“, meint Oberreuter.79 Zudem sorgten „ständig dramatisierende Optik, Authentizität vortäuschende Bilderfolgen und vereinfachende Inhalte“80 in Fernsehsendungen für ein verzerrtes Weltbild. Printmedien hingegen seien „inhaltlich rationaler“, richteten sich „deutlicher an das Urteilsvermögen und die analytischen Fähigkeiten des Empfängers.“81
Der Diskurs um die deutsche Einheit ist nicht nur wegen der Gleichzeitigkeit voneinander abweichender Ansätze schwer zu überschauen, sondern stellt sich auch bei diachroner Betrachtung als höchst vielgestaltig dar. Die unzähligen Veröffentlichungen allein im zwanzigsten Jubiläumsjahr des Mauerfalls wiesen auch darauf hin, dass ein Ende des Diskurses noch lange nicht abzusehen ist. Eine historische Diskursanalyse wird also auch immer einen Zeitraum abstecken, für den eine nähere Untersuchung durchgeführt werden soll.
Diese Arbeit legt ihren Schwerpunkt auf die Monate zwischen Oktober 1989 und März 1990. Die für den Vergleich notwendige Betrachtung des Diskurses in der DDR erscheint erst ab Oktober 1989 sinnvoll, da vorher unter Bedingungen einer Zensur der DDR-Presse die unabhängig-kritische Berichterstattung, geschweige denn eine differenzierte Auseinandersetzung mit der politischen und gesellschaftlichen Wirklichkeit nicht möglich war.
In dieser Arbeit geht es um Begriff und Substanz der „friedlichen Revolution“ und deren Entstehungszusammenhang. Aus diesem Grund setzt diese Analyse bei der Untersuchung der genannten westdeutschen Medien schon vor den Ereignissen im Herbst des Jahres 1989 an. Denn genau wie die Ereignisse hat auch dieser Begriff selbst eine Vorgeschichte.
Als Zäsur können die ersten freien Wahlen am 18. März 1990 betrachtet werden, bei denen sich die DDR-Bürger mit großer Mehrheit für die Parteien aussprachen, die eine Wiedervereinigung vorangetrieben haben. Daher bietet es sich an, die Betrachtung der Diskurse mit diesem Zeitpunkt enden zu lassen.
3.2 Thematische Fragestellungen
Der gesamtgesellschaftliche Diskurs, um den es in dieser Arbeit gehen soll, ist Teil eines globalen (Welt-) Diskurses. Interessant ist auf globaler Ebene, dass sich dieser Weltdiskurs „seit 1989 zugleich homogenisiert (in der westlichen Welt) und umgepolt […] (von West gegen Ost tendenziell zu West gegen Orient, Islam)“82 zu haben scheint.
Daher stellt sich die Frage, ob man vor dem November 1989 angesichts zweier deutscher Staaten, die sich konkurrierenden Weltanschauungen hingegeben und erst nach dem Mauerfall langsam begonnen haben sich anzunähern, überhaupt von nur einem Diskurs sprechen kann, an dem beide Seiten teilnehmen. Handelt es sich vielleicht um zwei parallel oder sogar in verschiedene Richtungen laufende Diskurse? Ein gezielter Diskursvergleich auf der Basis ausgewählter Beiträge aus der Bundesrepublik und aus der DDR soll helfen, diese Fragen zu beantworten. Er soll zum einen die Differenzen und evtl. eine gegenseitige Annäherung oder sogar Verschmelzung der Diskurse aufzeigen, zum anderen die Emanzipierung der DDR-Medien von Zensur und SED-Parteilinie aufdecken. Vor diesem Hintergrund drängt sich nicht nur die Frage auf, warum die politische Wende in der DDR als „Revolution“ wahrgenommen wurde, sondern auch von wem, und welche Bedeutung diese Auslegung der damaligen Ereignisse für viele Menschen hatte.
Wie es scheint, hat das Bicentenaire der Französischen Revolution dazu beigetragen, dass die gesellschaftlichen und politischen Umwälzungen in der DDR das Prädikat „Revolution“ erhielten. Daher darf auch die bedeutendste aller Revolutionen der neueren und neuesten Geschichte nicht unbeachtet bleiben, zumal sie im Jahr 1989 nach 200 Jahren medial eine Wiedergeburt feierte.
Besonders das Zusammenspiel der Diskursstränge „friedliche Revolution“, „Wende“ und „Wiedervereinigung“, die untrennbar miteinander verbunden sind, spielt eine wesentliche Rolle in dieser Arbeit. Eine intensive Betrachtung des Verwendungskontextes dieser Begriffe soll aufzeigen, welch unterschiedliche Bedeutung sie für die Menschen in der Bundesrepublik und in der DDR hatten. Vor allem der andersartige Gebrauch und die verschiedenen Bedeutungsmuster von „Wende“ und „Revolution“ erscheinen bei dieser Gegenüberstellung interessant. Aber auch die Fragen, ob und wenn ja, auf welche Weise zwischen den Begriffen „friedliche Revolution“ und „Wiedervereinigung“ eine Kausalität konstruiert wird, ist von Bedeutung: War die „friedliche Revolution“ in der DDR wirklich nur die Vorbedingung für die deutsche Einheit, wie man aus heutiger Sicht vermuten könnte? Hängt diese Frage mit der womöglich zweifelhaften Erkenntnis zusammen, dass mit der DDR auch der Sozialismus gescheitert ist?
3.3 Untersuchungsschritte
Der Diskurs zur „friedlichen Revolution“ in den Jahren 1989 und 1990 soll mehreren Untersuchungsschritten folgen: Zunächst bietet es sich an, die unterschiedlichen Diskursstränge zu isolieren. Durch diese Betrachtung können die Merkmale eines bestimmten Strangs besser herausgestellt werden. Die Charakteristika der Diskursstränge bilden bei dieser Mikro- und Makroanalyse die Kapitelüberschriften. Diese sollen dem Leser zum besseren Verständnis der darauf folgenden Diskursanalyse einen leichteren Rückgriff auf die zuvor gewonnenen Einblicke ermöglichen.
Da sich aber die Diskurse in Ost- und Westdeutschland keineswegs parallel entwickeln, sondern teils unabhängig voneinander verlaufen, teils andere thematische Schwerpunkte setzen, müssen zunächst beide Seiten getrennt voneinander betrachtet werden. Besonders interessant ist bei dieser Gegenüberstellung die Beobachtung, welche vorherrschenden Themen die Diskurse bestimmen. Die einzelnen Diskursstränge sind unterschiedlich lang und verlaufen teilweise parallel, daher dürfen sie nicht als Teile einer einsinnigen chronologischen Abfolge betrachtet werden.
Die Analyse der Zeitschriften- bzw. Zeitungsartikel soll auf zwei Ebenen geschehen: In einem ersten Schritt richtet sich der Fokus auf die Makrostruktur eines Diskursfragments. Hierbei sollen die elementaren Kernaussagen gesammelt werden, von denen der Diskurs bestimmt wird. Sie lassen sich vor allem in der Textur finden. Die Textur umfasst die Anordnung und den Aufbau eines Textes und die gestalterische Form, zu der Bilder, Fotos oder Grafiken gehören. Außerdem können bei der Makroanalyse die Darstellungsprinzipien eine große Rolle spielen, unter denen „Vermittlungsstrategien zu verstehen“ sind, welche das Geschilderte „den Rezipienten plausibel machen sollen“, wie zum Beispiel die bewusste Verwendung einer metaphernreichen Sprache.83
Die Untersuchung der Mikrostruktur kann angesichts des umfangreichen Textkorpus nur stichprobenartig durchgeführt werden. „Argumentation, Stilistik und Rhetorik“84 sind hier Gegenstand des Interesses. Besonderer Wert muss dabei auf die Rhetorik, die fälschlicherweise oft nur als „schmückende Spielerei sprachlichen Ausdrucks“ wahrgenommen wird, gelegt werden, weil sie ein „Instrument gesellschaftlicher und politischer Manipulation und Kontrolle“ ist.85 Mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln verfolgt sie den Zweck, die Argumentation zu verdeutlichen und zu verstärken. Weil die Rhetorik eine beschreibbare Funktion erfüllt, lassen sich aus der Analyse rhetorischer Mittel oftmals dezidierte Einsichten in die Diskursstruktur gewinnen.
Laut Landwehr verfolgt die Rhetorik dabei zwei entgegengesetzte Ziele: Entweder sie versucht „auf rationaler Ebene strittige Sachverhalte mit sachlogischen Überzeugungsmitteln in Rede und Gegenrede“ aufzulösen, oder „der Opponent soll in der Argumentation auf pragmatischer Ebene bloßgestellt, besiegt oder entlarvt werden“.86 Bei letzterer Vorgehensweise bedient sich der Redner bzw. in diesem Fall der Verfasser des Textes zum Beispiel der „Verharmlosung, Übertreibung, Leugnung, Schwarz-Weiß-Malerei oder Diffamierung“87.
Ein weiterer wichtiger Bestandteil der Mikroanalyse wird die Untersuchung des Gebrauchs von einzelnen Wörtern sein, die meist in eindeutigerem Maße Aussagen transportieren als ganze Sätze. Man denke dabei nur an den Gehalt des für diese Untersuchung zentralen Begriffs: „friedliche Revolution“. In welchem Kontext stehen die untersuchten Wörter – in einem positiven oder negativen? Und welche Konnotationen sind an diesen Begriff geknüpft?
Aber nicht nur feststehende Begriffe und Substantive, auch alle anderen Wortarten können ihren Teil dazu beitragen, Aussagen zu machen: Adjektive zum Beispiel können einen Vorgang oder Umstand bewerten und Verben eine Tätigkeit oder Handlung treffend charakterisieren. Adverbien bauen Brücken zwischen verschiedenen Satzteilen und stellen dadurch auf verschiedenen Ebenen „Zusammenhänge her, die sich auf den Ort, die Zeit, die Art und Weise sowie die Begründung beziehen“88.
Aufschlussreich kann auch eine Betrachtung der Wortgruppen sein, „deren Verwendung bestimmte kontextuelle Normen einschließt“89. Der häufige Gebrauch von Wortgruppen wie Fachsprachen, Neologismen, Dialekten oder Fremdwörtern lässt Aussagen über den Verfasser, seine Umwelt und Herkunft sowie über die zeitlichen Umstände, in denen der Text entstanden ist, zu.
Zu guter Letzt muss noch darauf hingewiesen werden, dass Aussagen auch auf parasprachlicher Ebene zu finden sein können. Hierzu zählen nicht nur Interpunktion und Typographie, sondern auch visuelle Darstellungen wie Bilder, Statistiken oder Karten.90
Bei Makro- und Mikroanalyse darf aber der Kontext nicht außer Acht gelassen werden: Die Analyse geht schließlich der Frage nach, wie der Diskurs mit den bedingenden Fakten des gesellschaftlichen Umbruchs zusammenhängt. Denn der Diskurs ist – wie bereits deutlich wurde – nicht nur eine beliebige Ereignis- oder Zustandsbeschreibung, sondern er ist selbst Teil der Geschichte, wirkt auf die Zeitgenossen ein und beeinflusst ihr Handeln maßgeblich. Der historische Kontext muss also zwangsläufig in die Analyse einschlägiger Texte einfließen. Zur Herstellung des historischen Kontextes gehört auch eine Einordnung der untersuchten Quellen in die gesellschaftlichen Strukturen, denen die Presse in der alten Bundesrepublik bzw. in der DDR sich zuordnen musste.
Die dargestellten Untersuchungsschritte lassen die Strukturen des Diskurses sichtbar werden und kennzeichnen die Merkmale des gesamtgesellschaftlichen Diskurses. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass – wie Landwehr richtig bemerkt – nicht etwa die Aussagen den Diskurs ausmachen, sondern dass beide Ebenen sich gegenseitig beeinflussen und voranbringen.91
Auf die Mikro- und Makroanalyse der beiden Diskurse in West- und Ostdeutschland folgt eine Diskussion, die den aktuellen Forschungsstand in Bezug auf die Verwendung des Begriffs „friedliche Revolution“ mit einbeziehen soll. Die Klärung dieser Frage stellt eine entscheidende Voraussetzung dar, um den impliziten Bedeutungsstrukturen und Identitätsstiftungen auf den Grund zu gehen92.
Die in der Einzelanalyse offen gelegten Strukturen sollen die Richtung aufzeigen, die der Diskurs in dem untersuchten Zeitraum eingeschlagen hat. Einfluss, (Aus-) Wirkung und Bedeutung des Diskurses für das kollektive Bewusstsein werden im Zusammenhang mit den thematischen Fragestellungen dieser Arbeit diskutiert, wodurch die wichtigsten Strömungen bis zu den Wahlen am 18. März 1990 sichtbar werden. Die einzelnen Merkmale des historischen Prozesses und deren Veränderungen im Laufe der „friedlichen Revolution“, die durch die Einzelanalyse herausgearbeitet werden, sollen schließlich zeigen, wie damals Wirklichkeit konstruiert wurde und welchen Machteinflüssen das „Wissen“ der Menschen unterlag93.
4. Der Diskurs um die „friedliche Revolution“ in den westdeutschen Printmedien
4.1 „Am Leben bleiben“: Der Systemdefizitdiskurs
4.1.1 Die DDR wird als totalitärer Unrechtsstaat entlarvt
Die Aussage von George Bush, der die Berliner Mauer bei seinem Deutschland-Besuch Ende Mai 1989 „als Monument des Scheiterns des Kommunismus“94 bezeichnet, wird auf der Titelseite der FAZ abgedruckt. Für den amerikanischen Präsidenten ist der „kalte Krieg mit dem Ende der Teilung Europas“ beendet. Er strebe „die Selbstbestimmung für ganz Deutschland an“.95
Die Platzierung auf der ersten Seite zeugt von der Wichtigkeit dieser Aussage für die Menschen in der Bundesrepublik, die das Ziel eines gesamtdeutschen Staates nicht aus den Augen verloren haben. Die „Hoffnungen des Westens“ würden durch den neuen politischen Kurs des russischen Präsidenten Michail Gorbatschow weiter beflügelt: „Glasnost möge ein russisches Wort sein, Offenheit jedoch sei ein westliches Konzept.“96
In der Bundesrepublik hat sich bereits kurz nach dem Krieg ein Diskurs über die DDR etabliert, der mit dem typischen Vokabular des Kalten Krieges immer wieder grundsätzlich den Anspruch der alten „Sowjetzone“ in Frage stellte, ein zweiter deutscher Staat zu sein und – in bewusster Absetzung von dem als postfaschistisch angesehenen „Westdeutschland“ – in ihrer sozialistischen Gesellschaftsordnung den besten demokratischen Traditionen aus der deutschen Nationalgeschichte zum Durchbruch verholfen zu haben. Im Bezug auf die politische Führung des selbsternannten „Arbeiter- und Bauernstaates“ trug dieser Diskurs in der Regel durchgängig polemische Züge.
Im Jahre 1989 widmen der SPIEGEL wie auch die FAZ – um nur zwei Meinungsführer zu nennen – den aktuellen gesellschaftspolitischen Konflikten in der DDR gesteigerte Aufmerksamkeit. Sie betreiben selbst eine aufwendige Recherche und bieten Dissidenten unterschiedlicher Provenienz in ihren Blättern Raum zur Selbstdarstellung. Die durch den Protest gegen die nachgewiesenen Wahlfälschungen vom 7. Mai angeheizte und auf einen Kulminationspunkt zu treibende Auseinandersetzung zwischen einer zunehmend selbstbewusster agierenden mehrgliedrigen Bürgerrechtsbewegung und der Staatsführung rückt in den Fokus der Betrachtung. Stets schwebt bei der Berichterstattung die Frage im Raum, wie lange die DDR sich als Staat wohl noch behaupten kann.
Ein Beispiel dafür sind Darstellungen im SPIEGEL über den ehemaligen SED-Parteifunktionär Rolf Henrich, der in seinem neuen Buch „Der vormundschaftliche Staat“97 mit dem politischen System in seinem Land abrechnet.98 Henrich – so der SPIEGEL – führe die Position Rudolf Bahros weiter, der 1977 wegen seiner SED-kritischen Publikation „Die Alternative“99 „zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde“100. Aber während Bahro nach Ansicht des SPIEGEL nur den Sozialismus habe reformieren bzw. weiterentwickeln wollen, gehe Henrich einen Schritt weiter: Er „glaubt nicht mehr an Bahros optimistische Prognose“101.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der auf Henrich angewandte Begriff des „Dissidenten“102: Der Begriff bezeichnet ursprünglich jemanden, der „außerhalb einer staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft steht“103. Dieser Begriff ist während des Kalten Krieges auch schon zur Bezeichnung politisch Andersdenkender vor allem in sozialistischen Ländern angewendet worden. Er verdeutlicht, dass die offizielle Staatsdoktrin ebenso apodiktisch Forderungen an die Bürger richtet wie eine autoritätsfixierte „dogmatistische“ Religionsgemeinschaft: Auf Veränderung ausgerichtete „Dissidenten“ treffen auf die Härte und Unbeweglichkeit eines staatlichen „Dogmatismus“104. Offensichtlich handelt es sich – da sind sich Henrich und der SPIEGEL einig – bei dem politischen System in der DDR um eine „übertriebene Betonung und Ausbildung der Lehre“, die ein „unselbständiges von Glaubenslehren abhängiges Denken“ verlangt.105
Im April 1989 berichtet der SPIEGEL in dem Artikel „Notwendiges Ritual“ über die Reaktion der SED auf die Veröffentlichung des Henrich-Buches in der Bundesrepublik: Henrich wurde mit „Berufsverbot und Parteiausschluß“ bestraft, was für den SPIEGEL eine Art „Ritual“, also ein quasi-religiöser Brauch ist, der mit mechanistisch gehandhabter Systemlogik auf alle „Nestbeschmutzer“ angewandt wird, um die Ordnung im Staat aufrecht zu erhalten.106
Das ist nach Auffassung des SPIEGEL ein Indiz dafür, dass das Handeln der DDR-Führung in dieser Zeit immer stärker den Boden rational nachvollziehbarer politischer Entscheidungen verliert. Die SED renne dem „Glauben“ an einen funktionierenden Sozialismus hinterher und versuche alle, die sich ihr und dem gemeinsamen (ideologischen) Bekenntnis entgegenstellen, für „krank“ zu erklären und so aus dem Wege zu räumen. Der „Kranke“ erhalte „ärztlichen“ Beistand von der Partei, die sich dann gelegentlich nach dem „ideologischen Befinden“107 des Genossen erkundige.
Der SPIEGEL möchte unmissverständlich darauf aufmerksam machen, dass der Sozialismus, wie er von der DDR-Propaganda beschrieben wird, nicht realisierbar und weit entfernt von dem tatsächlichen Leben in der DDR ist – ein Spagat, der auf Dauer nicht gelingen könne. Da immer mehr DDR-Bürger die Diskrepanz zwischen Realität und Ideologie spürten, komme es dazu, dass sie „aus dem ganzen Land“ nun zu diesem „Guru […] pilgern“.108 Die auf Henrich angewandte Metapher „Guru“ (in Verbindung mit einer Pilgerschaft) kennzeichnet die vom „Staatsglauben“, dem Sozialismus, abweichende vermeintliche „Heilsbotschaft“ Henrichs, der in der DDR nach Meinung des SPIEGEL wie ein „religiöser Lehrer“109 verehrt wird. Das zögerliche und unsichere Vorgehen der SED gegen ihren ehemaligen Mitarbeiter gebe dem Verdacht Nahrung, dass sich selbst im „Sicherheitsapparat der SED Sympathisanten“110 für Henrich finden lassen. Die Verhöhnung der DDR-Führung findet ihren Höhepunkt in der Feststellung, dass Henrich nun durch das Berufsverbot noch mehr Zeit habe, „seine Kritik am SED-Staat zu vertiefen und zu verfeinern“111.
Wie die Demokratie in der DDR funktioniere, erläutert der SPIEGEL vor der Wahl am 7. Mai 1989. Es sei ein Aufbegehren der Bürger gegen die Obrigkeit zu spüren: In einem Dorf namens Neuglobsow hätten die Wähler den Wahlvorschlag der SED zur Gemeindevertretung nicht akzeptiert. Das sei deswegen von besonderer Bedeutung, weil die „Vorschläge der Nationalen Front zur Kommunalwahl“112 sonst überall akzeptiert worden seien. Der SPIEGEL sieht in dieser Verweigerung einen Hauch von „Glasnost in der DDR“113. Die Bürger von Neuglobsow hätten mit ihrer „Revolte“ die SED für ihre Arroganz und den „Filz des Parteiapparates“ abstrafen wollen.114 Die Einheimischen des Dorfes sprächen sogar von der „SED-Mafia“, weil es hochrangigen SED-Funktionären aus dem „90 Kilometer entfernten Ost-Berlin“ vielfach erlaubt worden sei, dort „günstige Grundstücke in Seenähe“ zu erwerben.115 Der SPIEGEL ironisiert so in seinem Artikel den nie aufgegebenen Anspruch des an Marx und Engels orientierten Sozialismus, bei allem gesellschaftlichen Handeln das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft und einer Beseitigung der „antagonistischen“ Klassengegensätze im Auge zu behalten.116
Am 17. April 1989 berichtet der SPIEGEL, dass die SED „Angst vor den Kommunalwahlen“ habe, weil erwartet werde, dass „Mauern und Wände“ mit Parolen gegen die Staats- und Parteiführung beschmiert würden.117 Aus diesem Grund wolle die SED Freiwillige einsetzen, die vom 5. bis 7. Mai „um alle Wohnbezirke patrouillieren“118 sollten: Weil zudem ausgewählte Parteimitglieder beauftragt würden, das Verhalten ihrer Nachbarn zu beobachten, vergleicht der SPIEGEL diese Maßnahmen mit den Aufgaben „nationalsozialistischer Blockwarte“119.
Die Bezeichnung „DDR-Führer“120 unter einem Bild, das die drei hochrangigen Politbüro-Mitglieder Willi Stoph, Erich Honecker und Horst Sindermann mit erhobenem rechtem Arm zeigt, ist eine vergleichende Anspielung auf den „Führer“ des Dritten Reiches. Auf dem Bild haben die abgelichteten SED-Funktionäre den rechten Arm in einer Stellung, die an die nationalsozialistische Grußgeste „Heil Hitler!“ erinnert.
Der nahe gelegte Vergleich mit dem Nationalsozialismus entspricht dem im Kalten Krieg regelmäßig angewandten Verfahren der Gleichsetzung des Stalinismus, unter dessen Einfluss die DDR in den ersten Jahren nach ihrer Gründung und auch nach Stalins Tod 1953 noch lange Zeit stand, mit dem Nationalsozialismus.121 Die DDR ist für den SPIEGEL ein Staat mit totalitärer Grundstruktur.122
Der SPIEGEL versucht mit sprachlichen Mitteln auch auf Widersprüche und Gegensätze in der DDR hinzuweisen. Und wieder begegnen dem Leser dabei Ausdrücke, die die Staatsfeier zu einem quasi-religiösen Ritual werden lassen: In einem Bericht über das erste „nationale Pfingsttreffen seit fünf Jahren“ zitiert er das FDJ-Lied „Bau auf, bau auf, Freie Deutsche Jugend, bau auf“.123 Der Imperativ von „bauen“ zielt auf eine kollektive Selbstverpflichtung der jungen „Aktivisten“, in der individualistische Ansprüche keinen Platz mehr haben. Nicht einmal die Teilnahme an diesem Treffen, bei dem angeblich 750.000 FDJler zusammenkamen, sei freiwillig, so der SPIEGEL. Es werde von vielen Jugendlichen als ein „notwendiges Übel“124 empfunden, Mitglied der FDJ zu sein.
Diese Aussage wird in Kontrast gesetzt zu den „ritualisierten Lobeshymnen“125, die auf dieser Feier vorgetragen werden. Das „zelebrierte […] Fest“ sei für die Jugend eine der wenigen Möglichkeiten, aus der „Alltagstristesse“ herauszukommen.126 Die Massen würden aber Erich Honecker nur „pflichtschuldig […] huldigen“127, weil es für sie keine Alternativen gebe.
Von einem zitierten FDJler namens Thomas erfährt der Leser nur sein Alter (21) und dass er „Student in Berlin“ sei.128 Jeder, der nicht in der FDJ sei, bekomme, so wird Thomas zitiert, Probleme „in der Uni, im Betrieb oder in der Schule“129. Auf 100 Mitglieder in der FDJ kämen nur zwei Aktivisten, die dann aber „auch nur Karriere machen“ wollten.130 Dass es unter dieser großen Zahl von FDJlern auch welche geben könnte, die hinter der Staatsideologie stehen und mit ehrlicher Begeisterung dabei sind, schließt der SPIEGEL implizit aus.
Ganz bewusst wird zur Sprache gebracht, dass es bei der Auseinandersetzung auch um einen Generationenkonflikt gehe: „Der Alte“131, gemeint ist Erich Honecker, mit seiner „Rentnerband im Politbüro“132 befinde sich in einem schon wegen seines Alters unüberbrückbaren Gegensatz zu den vielen Jugendlichen bei der FDJ-Versammlung. Der SPIEGEL hält viele Ausdrücke dieser Art für die DDR-Staatsführung parat: So spricht er zum Beispiel von der „Greisenriege im Politbüro“133 oder von den „SED-Geronten“134. Die „Geronten“ der DDR stehen allerdings in einem nicht zu übersehenden Kontrast zu den Mitgliedern der „Gerusia“135, des Ältestenrates in der griechischen Polis: Sie verkörpern nicht die Weisheit des Alters und einen Reichtum an wertvoller Lebenserfahrung, wie man am abfälligen Ton leicht erkennen kann, sondern stehen für physischen und psychischen Verfall und werden in dieser Hinsicht zu Symbolfiguren der alten DDR. Gegen die „kritisch und distanziert“ auftretende Jugend hätten sie keine Chance: „Noch rebelliert diese Jugend nicht“, aber es handele sich um eine „Generation in Wartestellung“.136
Das Politbüro wird als „SED-Olymp“137 bezeichnet und erinnert die Redakteure des SPIEGEL somit an den von Sterblichen nicht erreichbaren Ort aus dem griechischen Mythos. Dort leben die unantastbaren, über die irdische Menschenwelt bestimmenden und unsterblichen Götter. Angewandt auf die politischen Verhältnisse in der DDR heißt dies wohl, dass die „normal-sterblichen“ DDR-Bürger keinen Einfluss auf die Entscheidungen des Politbüros haben (sollen), den Mitgliedern absoluten Gehorsam schuldig sind und ihnen huldigen müssen, um sie gnädig zu stimmen. Die vermeintliche „Unsterblichkeit“ der DDR-Götter verweist auch auf die Zähigkeit, mit der sie ihre Macht verteidigen.
Die FAZ bezeichnet die Mitglieder des Politbüros als „mächtige Parteifürsten“138.
Honecker selbst erhält viele „Titel“, aber so gut wie keiner entspricht dem eines seriösen und anerkannten Politikers, geschweige denn Staatsmannes – nur vereinzelt ist die Rede von dem offiziellen Titel „Generalsekretär“139. Der SPIEGEL macht aus dem SED-Parteipolitiker sogar einen Adeligen und bezeichnet ihn metaphorisch als „SED-Fürst(en)“140 oder als „Kurfürst(en)“141. Honecker wird somit als ein Herrscher hingestellt, der seine Legitimation nicht vom Volk, sondern von einer „höheren Macht“, der Partei, erhalten hat.
Der Adelstitel „Fürst“ geht auf das lateinische „princeps“ zurück und steht dem „Ersten“ „in einer abgrenzbaren Gruppe“ zu.142 Der Fürst ist also das Oberhaupt in einer Gruppe privilegierter Personen, die die Macht im Staat innehaben. Dieser Bedeutung entspricht auch die Bezeichnung Honeckers als der „oberste Ostdeutsche“143.
Durch den Vergleich mit der Staatsform der Monarchie wird die DDR implizit als anachronistischer Staatstyp gekennzeichnet. Gerade im Hinblick auf die „Sozialistische Revolution“144 in Russland im Oktober 1917, in deren Tradition die Väter der DDR ihren Staat immer sehen wollten, muss diese Bezeichnung eine Provokation für jeden SED-Genossen sein. Die Oktoberrevolution löste schließlich, nach der kurzen Phase einer instabilen demokratisch-parlamentarischen Ordnung infolge der Februarrevolution, die Autokratie ab.145 Der vom SPIEGEL nahe gelegte Vergleich provoziert eine sich als sozialistisch verstehende Gesellschaft, die auf der ideologischen Grundlage des Historischen Materialismus ihr Handeln bestimmen will und den „kategorischen Imperativ“146, menschenunwürdige Verhältnisse umzustürzen, zur politischen Maxime erklärt hat.
4.1.2 Widersprüche, Gegensätze und Menschenrechtsverletzungen prägten die DDR-Gesellschaft
Die DDR habe bei „den Menschenrechten nichts dazugelernt“147, meint die FAZ in einem Artikel vom Juni 1989. Sie nennt den letzten Staatenbericht der DDR von 1989, der auf dem Internationalen Pakt „über bürgerliche und politische Rechte“ von 1976 beruhe, „ein bemerkenswertes Dokument für die Verschleierung des fehlenden Willens, Verpflichtungen aus dem Pakt zu erfüllen“.148 Die Kernpunkte der Kritik: „Selbstbestimmungsrecht als einmaliger Vollzug“, „Das Recht auf Leben meint etwas anderes“, „Mit Gewalt gegen das Recht auf Freizügigkeit“, „Selbst Verwandtenbesuche unterliegen Versagungsgründen“ und „Negative Äußerungen sind staatsfeindliche Hetze“.149
Die FAZ konstruiert das Bild eines Staates, das die (westdeutschen) Leser erschaudern und tiefes Mitgefühl mit den „Landsleuten“ in der DDR empfinden lassen muss. Ähnlich der SPIEGEL: Wie in einem Gefängnis würden die Bürger „zum Ausharren in ihrer Heimat DDR“ gezwungen, weil die „neue Ausreiseverordnung“ nicht praktisch umgesetzt werde.150 Anlass für diesen Vergleich ist eine Interviewäußerung des Konsistorialpräsidenten der Evangelischen Kirche von Berlin und Brandenburg, Manfred Stolpe – der SPIEGEL reiht ihn ein in eine Gruppe von „unbotmäßigen Untertanen“151 Erich Honeckers –, dass er mehr Reisefreiheit für die DDR-Bürger gefordert und dafür eine „rüde Attacke“152 der SED-Zeitung „Neues Deutschland“ ausgelöst habe.
Der Verfasser des SPIEGEL-Artikels nimmt Stolpe in Schutz und spricht mit Blick auf seine Kritiker von „einheitssozialistischen Betonköpfen“153. Für ihn sei die Herabwürdigung Stolpes allein schon deswegen nicht gerechtfertigt, weil Stolpe in besagtem Interview sich auch dafür stark gemacht habe, dass die drei Buchstaben DDR in Publikationen des Springer-Verlages nicht mehr in Anführungszeichen gesetzt werden sollten. Der SPIEGEL prangert massiv die fehlende Freiheit der Meinungsäußerung an, ebenso die hohen Strafen für den, der es wage, seine Meinung trotzdem öffentlich kundzutun.
In einem Spiegel-Interview äußert sich der Vorsitzende des Rates der DDR-Rechtsanwaltskollegien, Gregor Gysi, über das „Recht im SED-Staat“154. Obwohl Gysi als „Verteidiger systemkritischer DDR-Bürger einen guten Namen“155 hat, wehrt er sich hier vehement gegen die systemkritischen Fragen der westlichen Journalisten und verteidigt das geltende DDR-Recht.
Das bestimmende Thema des Interviews ist eine neue Ausreiseverordnung. Der SPIEGEL möchte von Gysi wissen, warum diese Verordnung bisher mehr Nachteile als Vorteile für „vergrätzte DDR-Bürger“156 bringe. Für die beiden interviewenden Spiegel-Redakteure Jeschke und Schwarz stellt die eingeschränkte Reisefreiheit ein Kernproblem dar, und sie treten hier geradezu als „Anwälte“ der verärgerten Bürger der DDR auf. Die Verwendung des häufig umgangssprachlich gebrauchten Wortes „vergrätzen“157 lässt diese Rolle deutlich werden.
Auf die durchaus provozierende Frage, ob „es nicht das einfachste“ sei, die DDR schaffe „Verhältnisse, unter denen die DDR-Bürger lieber hier bleiben“, antwortet Gysi, dass die „übergroße Mehrheit der Bevölkerung der DDR […] in diesem Lande verbleiben will“.158 Er relativiert das DDR-Problem, indem er auf die hohe Arbeitslosigkeit als gesellschaftliches Problem der BRD aufmerksam macht. Als direkte Entgegnung auf den Vorwurf der begrenzten Ausreisemöglichkeiten für DDR-Bürger argumentiert er mit Verweis auf die Fremdenfeindlichkeit in der BRD:
„Ein generelles Auswanderungsrecht hätte ein weltweites Einwanderungsrecht zur Voraussetzung. Deshalb diskutiere ich über diese Fragen lieber mit jenen, die sich aufrichtig für ein solches Recht unabhängig von der Nationalität der Aus- und Einwanderer einsetzen, als mit denjenigen, die keinen Tamilen in der Bundesrepublik sehen wollen, wohl aber alle DDR-Bürger.“159
Die FAZ nimmt Bezug auf diese Aussage Gysis und meint, dass eine „solche Betrachtung“160 nur dazu diene, „das individuelle Recht, seinen Staat zu verlassen, beiseite zu schieben“161.
Der SPIEGEL geht in dem Interview nicht auf die geschickt verwendeten rhetorischen Spitzen Gysis ein. Die Gestaltung der Seiten allerdings, auf denen es abgedruckt ist, muss auf den Betrachter wie eine Antwort wirken: Ein Foto mit der Unterschrift „Demonstration von Ausreisewilligen: ‚Die übergroße Mehrheit will bleiben’“162, auf dem die erste Reihe einer unüberschaubaren Menschenmenge zu sehen ist, lässt die Aussage Gysis als unwahr erscheinen, obwohl festzuhalten ist, dass Gysi durch die nachträgliche Verwendung des ihm im Interview nicht vorliegenden Fotos keine Chance hat, es in seine Argumentation einzubeziehen.
Einen ähnlichen Zweck verfolgt die Karikatur eines Ausreiseantragstellers, dem beim Besuch in der zuständigen DDR-Behörde eindringlich vor Augen geführt wird, welche Gefahren bei Westreisen auf ihn zukommen: Neonazis, Banküberfälle, Bettlerelend, Babyhandel und Drogenprobleme.163 Die DDR warnt ihre Bürger also vor Reisen in die Bundesrepublik, indem sie die westdeutsche Demokratie als faschistisch, unsozial, menschenverachtend kriminell und dekadent hinstellt.
So erreicht der SPIEGEL, dass die Aussagen Gysis letztendlich nicht ernst genommen werden können. Dem Leser des SPIEGEL wird untergründig vermittelt, dass Gysis Worten wenig Gewicht beigemessen werden kann. Die DDR halte einem Vergleich mit der Bundesrepublik nicht stand.
Ein verabredetes Treffen zwischen Funktionären von SPD und SED am Scharmützelsee in der Märkischen Schweiz nimmt der SPIEGEL zum Anlass, einen direkten Vergleich über die Verwirklichung der Menschenrechte in beiden Ländern anzustellen.164 Die Sozialdemokraten aus dem Westen und die Einheitsparteivertreter aus dem Osten hätten sich für ihre Übereinkunft vorgenommen, die Probleme und Versäumnisse bezüglich der Menschenrechte in ihrem Land offen anzusprechen und zu diskutieren.165 Der SED-Professor Max Schmidt sei dieser Abmachung aber nicht nachgekommen und habe eine übertriebene Lobesrede („Eloge“166 ) auf die DDR gehalten. Mit viel Ironie werden die Worte Schmidts begleitet, nach dessen Rede fälschlicherweise davon ausgegangen werden müsse, dass es um die Menschenrechte in der DDR wegen „neuer Reisemöglichkeiten“ und angesichts des Bürgerrechts, „Verwaltungsentscheidungen künftig vor Gericht anfechten zu können“, kaum besser bestellt sein könne.167 Schmidt habe dermaßen viel verschwiegen und anderes beschönigt, dass sich hinterher sogar „ein SED-Mann“ bei Susanne Miller, der Vorsitzenden der Historischen Kommission der SPD, dafür entschuldigt haben soll.168 Denn im Gegensatz zu Schmidt habe sie viele „Verstöße gegen Menschenrechte“169 in der Bundesrepublik beim Namen genannt.
Als Ursache für die „Sprachstörungen“ bei dieser Tagung habe das ZK-Mitglied Erich Hahn einen „Zusammenhang zwischen Meinungsfreiheit und Arbeitsproduktivität“ konstruiert, und Letztere sei nun einmal in der DDR weitaus schlechter als in der Bundesrepublik.170 Der SPIEGEL kommentiert diese Aussage mit Häme: Erst, wenn die Wirtschaft in Schwung gebracht werde, könne also wieder mehr Meinungsfreiheit zugelassen werden – „beim Entwicklungstempo der DDR-Wirtschaft eine Jahrtausend-Perspektive.“171
Für den SPIEGEL ist der Verlauf dieses Treffens symptomatisch und beleuchtet die geistige Erstarrung der politischen Nomenklatura der DDR: Im Anschluss an ein Zitat des SPD-Vordenkers Johano Strasser, in dem dieser die Menschenrechtsverletzungen in der DDR als „Ausfluß des spießigen Gehabes einer Klasse“ bezeichnet, „die durch jede freie Meinungsäußerung ihr Machtmonopol gefährdet sieht“, stellt der SPIEGEL verallgemeinernd fest, dass dies „nicht bloß für die Diskussion am Scharmützelsee“ gelte – ohne diese These aber mit Beispielen zu belegen.172
Die SED-Basis sei hin und her gerissen zwischen der Starrsinnigkeit der SED-Führung und dem Reformdruck, der von der Sowjetunion ausgehe. So erklärt sich der SPIEGEL die in seinen Augen zögerlichen, widersprüchlichen und beschönigenden Aussagen der SED-Genossen.173
In diesem Artikel kommt die Haltung des SPIEGEL zum DDR-Regime deutlich zum Ausdruck. Die Sichtweise und die Art der Darstellung können als typisch für die Berichterstattung des Hamburger Nachrichtenmagazins gekennzeichnet werden, weil sich die Mischung aus Ironie und Polemik bei Aussagen über die SED, insbesondere die Mitglieder des Politbüros, auch in anderen Artikeln finden lässt. Bei der Recherche fällt auf, dass der SPIEGEL auch gern auf Ereignisse zurückgreift, die auf den ersten Blick wenig berichtenswert erscheinen (zum Beispiel eine „Revolte“ in Neuglobsow). Die Redakteure des Magazins suchen durch solche Berichte ihre These von einer in sich widersprüchlichen DDR-Gesellschaftsstruktur und einer nur defensiv agierenden politischen Führung zu erhärten.
[...]
1 Günter Grass, Kurze Rede eines vaterlandslosen Gesellen, in: Ders., Ein Schnäppchen namens DDR. Letzte Reden vorm Glockengeläut, Göttingen 1993, S. 7-14. Hier S. 8.
2 Rudolf Augstein (Hg.), Der Spiegel, Nr. 48/27. November 1989, Hamburg: Spiegel-Verlag, S. 1.
3 Brigitte Zimmermann/Klaus Polkehn/Manfred Labahn u. a., Wochenpost, Nr. 1/5. Januar 1990, Berlin: Berliner Verlag, S. 1.
4 Vgl. Theodor Schieder, Theorie der Revolution, in: Revolution und Gesellschaft – Theorie und Praxis der Systemveränderung, Freiburg 1973, S. 13-42. Hier S. 14: „Das Wort ´Revolution` selbst entstammt dem Bereich der Astronomie und verweist auf die Bewegung der Himmelskörper. Nikolaus Kopernikus hat es in seinem Werk „De revolutionibus orbium coelestium“ (gedruckt Nürnberg 1543) in dieser Bedeutung endgültig durchgesetzt. Mit der kopernikanischen Wende der Naturbetrachtung verbindet sich daher auch die Vokabel ´Revolution`.“
5 Achim Landwehr, Historische Diskursanalyse, Frankfurt am Main 2008, S. 128.
6 Hannah Arendt, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, München 2008, S. 252.
7 Arendt, Vita Activa oder Vom tätigen Leben, S. 253.
8 Ehrhart Neubert, Unsere Revolution. Die Geschichte der Jahre 1989/90, München 2008, S. 18 f.
9 Neubert, Unsere Revolution, S. 18.
10 Heinrich Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, in: Eugen Biser/ Lothar Bossle/Hans Filbinger, u. a., Die Medien – das letzte Tabu der offenen Gesellschaft. Die Wirkung der Medien auf Politik und Kultur, Mainz 1986, S. 47-59. Hier S. 52.
11 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 52.
12 Otto Roegele, zitiert in: Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53.
13 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53.
14 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53 f.
15 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53 f.
16 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 54.
17 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 54 f.
18 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 54 f.
19 Vgl. Maurice Halbwachs, Das kollektive Gedächtnis, Frankfurt am Main 1991: Als „kollektives Gedächtnis“ bezeichnet Halbwachs das Gedächtnis einer Gruppe von Menschen, das von dem individuellen Gedächtnis jedes Einzelnen zu unterscheiden sei.
20 Margarete Jäger/Siegfried Jäger, Deutungskämpfe. Theorie und Praxis Kritischer Diskursanalyse, Wiesbaden 2007, S. 15.
21 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 18.
22 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 18.
23 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 27 f.
24 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 28.
25 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 28.
26 Richard Rorty (Hg.), The Linguistic Turn: Recent Essays in Philosophical Method, Chicago 1967.
27 Philipp Sarasin, Geschichtswissenschaft und Diskursanalyse, Frankfurt am Main 2003, S. 11 f.
28 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 18.
29 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 18 f.
30 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 19.
31 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 19.
32 Michel Foucault, Die Ordnung des Diskurses, in: Ders., Die Ordnung des Diskurses. Mit einem Essay von Ralf Konersmann, Frankfurt am Main 2007, S. 7-49. Hier S. 10 f.
33 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 11.
34 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 11.
35 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 11.
36 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 11 f.
37 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 12.
38 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 13.
39 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 15.
40 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 14.
41 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 15.
42 Foucault, Die Ordnung des Diskurses, S. 15.
43 Michel Foucault, Analytik der Macht, Frankfurt am Main 2005, S. 71.
44 Foucault, Analytik der Macht, S. 71.
45 Vgl. Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 17 f.
46 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 24.
47 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 22.
48 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 22.
49 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 32.
50 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 23.
51 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 23.
52 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 129.
53 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 129.
54 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 129.
55 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe.
56 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 25.
57 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 25.
58 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 26.
59 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 27.
60 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 25.
61 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 29 f.
62 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 27.
63 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 28
64 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 28.
65 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 28 f.
66 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 28.
67 Margret Jäger, Fatale Effekte. Die Kritik am Patriarchat im Einwanderungsdiskurs, Duisburg 1996, S. 47, zitiert in: Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 28 f.
68 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 30 f.
69 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 31.
70 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 39 f.
71 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 39 f.
72 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 102.
73 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 254.
74 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 102 f.
75 Augstein (Hg.), Der Spiegel, Hamburg: Spiegel-Verlag. Im Folgenden soll die übliche in Artikeln wieder zu findende Schreibweise des SPIEGEL ohne bestimmten Artikel und in Großbuchstaben verwendet werden!
76 Fritz Ullrich Fack/Joachim Fest/Jürgen Jeske u. a., Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt am Main: F.A.Z.-Verlag. Im Folgenden wird das Kürzel „FAZ“ verwendet!
77 Brigitte Zimmermann/Klaus Polkehn/Manfred Labahn u. a., Wochenpost, Berlin: Berliner Verlag.
78 Wilfried Geißler/Herbert Hensel/Regina General u. a. (Hg.), Sonntag, Berlin: Aufbau-Verlag.
79 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53.
80 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53.
81 Oberreuter, Der Einfluß der Medien auf die politische Kultur, S. 53.
82 Jäger/Jäger, Deutungskämpfe, S. 30.
83 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 114.
84 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 117.
85 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 117.
86 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 119.
87 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 119.
88 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 123.
89 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 123 f.
90 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 123 f.
91 Landwehr, Historische Diskursanalyse, S. 127.
92 Am Leben bleiben, in: Der Spiegel, Nr. 24/12. Juni 1989, S. 27-28. Hier S. 27.
93 Gemeint sind hier und in den folgenden Kapitelüberschriften „Diskursstränge“. Aus Gründen der Vereinfachung und der Ästhetik soll aber nur von „Diskurs“ gesprochen werden.
94 Bush: Der kalte Krieg endet mit dem Ende der Teilung Europas, in: FAZ, Nr. 124/1. Juni 1989, S. 1.
95 Bush: Der kalte Krieg endet mit dem Ende der Teilung Europas, S. 1.
96 Bush: Der kalte Krieg endet mit dem Ende der Teilung Europas, S. 1.
97 Rolf Henrich, Der vormundschaftliche Staat. Vom Versagen des real existierenden Sozialismus, Hamburg 1989.
98 „Die Wahrheit öffentlich machen“, in: Der Spiegel, Nr. 13/27. März 1989, S. 77-81. Hier S. 77.
99 Rudolf Bahro, Die Alternative. Zur Kritik des real existierenden Sozialismus, Frankfurt am Main 1977.
100 „Die Wahrheit öffentlich machen“, S. 77.
101 „Die Wahrheit öffentlich machen“, S. 77.
102 „Die Wahrheit öffentlich machen“, S. 79.
103 Art. Dissident, in: Matthias Wermke/Kathrin Kunkel-Razum/Werner Scholze-Stubenrecht (Hg.), Duden. Band 5: Das Fremdwörterbuch, Mannheim 2007, S. 241.
104 „Die Wahrheit öffentlich machen“, S. 77. Vgl. auch Art. Dogma, in: Paul Grebe (Hg.), Der große Duden. Band 5: Fremdwörterbuch, Mannheim 1960, S. 147: „Dogma […]: festgelegte religiöse od. philosophische Lehrmeinung; (kirchlicher) Glaubenssatz mit dem Anspruch unbedingter Geltung; ungeprüft hingenommene Behauptung.“
105 Grebe, Der große Duden, S. 147.
106 Notwendiges Ritual, in: Der Spiegel, Nr. 14/3. April 1989, S. 43.
107 Notwendiges Ritual, S. 43.
108 Notwendiges Ritual, S. 43.
109 Art. Guru, in: Wermke/Kunkel-Razum/Scholze-Stubenrecht (Hg.), Duden. Band 5: Das Fremdwörterbuch, S. 382: „Guru […]: a) (als Verkörperung eines göttlichen Wesens verehrter) religiöser Lehrer im Hinduismus; b) Idol; von einer Anhängerschaft als geistiger Führer verehrte u. anerkannte Persönlichkeit“
110 Notwendiges Ritual, S. 43.
111 Notwendiges Ritual, S. 43.
112 Sex und Suff, in: Der Spiegel, Nr. 14/3. April 1989, S. 114-116. Hier S. 114.
113 Sex und Suff, S. 114.
114 Sex und Suff, S. 114.
115 Sex und Suff, S. 116.
116 Vgl. Hartmut Zimmermann/Horst Ulrich/Michael Fehlauer, DDR-Handbuch. Band 2: M-Z, Frankfurt am Main 1985, S. 1297: Der Staat „ist ein Produkt der Geschichte, das mit dem Zerfall der Urgesellschaft und dem Auftreten antagonistischer Klassengegensätze entstanden sein und in der klassenlosen kommunistischen Gesellschaft der Zukunft absterben soll.“
117 An sich ernsthaft, in: Der Spiegel, Nr. 16/17. April 1989, S. 113-116. Hier S. 113.
118 An sich ernsthaft, S. 113.
119 An sich ernsthaft, S. 113.
120 „Das droht die DDR zu vernichten“, in: Der Spiegel, Nr. 33/14. August 1989, S. 18-26. Hier S. 21.
121 Vgl. Hans-Ulrich Thamer, Der Nationalsozialismus, Stuttgart 2002, S. 450 f: „Von Anfang an waren die beiden antagonistischen politikwissenschaftlichen Strukturmodelle des Faschismus bzw. Totalitarismus, die der Erklärung moderner Diktaturen dienten, auch politische Kampfbegriffe. […] Das zeigte sich vor allem in der Phase des Kalten Krieges und des Ost-West-Gegensatzes, wo der antitotalitäre Konsens, der Stalinismus und Nationalsozialismus gleichsetzte, zum Grundmuster der politischen Normen der westlichen Welt einschließlich der Bundesrepublik wurde, während auf der östlichen Seite der kommunistische Faschismusbegriff politisch durchgesetzt wurde, der seinerseits bürgerlich-kapitalistische Herrschaften und nationalsozialistische Bewegungen und Systeme in eine enge Beziehung bzw. eine Gleichsetzung brachte.“
122 Art . totalitär, in: Wermke/Kunkel-Razum/Scholze-Stubenrecht (Hg.), Duden. Band 5: Das Fremdwörterbuch, S. 1045: „totalitär […] 2. (abwertend) mit diktatorischen Methoden jegliche Demokratie unterdrückend, das gesamte politische, gesellschaftliche, kulturelle Leben sich total unterwerfend, es mit Gewalt reglementierend“
123 Machtvolles Bekenntnis, in: Der Spiegel, Nr. 21/22. Mai 1989, S. 50-52. Hier S. 50.
124 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
125 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
126 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
127 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
128 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
129 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
130 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
131 Machtvolles Bekenntnis, S. 50.
132 Machtvolles Bekenntnis, S. 52.
133 Ratlosigkeit in Ost und West, in: Der Spiegel, Nr. 38/18. September 1989, S. 14-17. Hier S. 16.
134 Ratlosigkeit in Ost und West, S. 16. Vgl. auch Art. geronto…, Geronto…, in: Wermke/ Kunkel-Razum/Scholze-Stubenrecht (Hg.), Duden. Band 5: Das Fremdwörterbuch, S. 364: „geronto… […] ‚alte Menschen betreffend, auf Alter (u. Erfahrung) beruhend’“
135 Vgl. Gerhard Greifswald, Art. Gerontes, in: Konrat Ziegler/Walter Sontheimer (Hg.), Der Kleine Pauly. Lexikon der Antike in fünf Bänden. Band 2: Dicta Catonis bis Iuno, München 1979, Sp. 771-772. Hier Sp. 771: „Gerontes […] In vorhom. und hom. Zeit hochbetagte Ratgeber der Könige […], in Troja Greise, die nicht mehr in den Krieg ziehen […]. G. hatten das Recht der Speisung auf staatliche Kosten“
136 Machtvolles Bekenntnis, S. 52.
137 Sehr allein, in: Der Spiegel, Nr. 31/31. Juli 1989, S. 25.
138 Der zweite Mißgriff, in: FAZ, Nr. 261/9. November 1989, S. 1.
139 Segen des Herrn, in: Der Spiegel, Nr. 25/19. Juni 1989, S. 31-32. Hier S. 32.
140 Segen des Herrn, S. 32.
141 „Das droht die DDR zu vernichten“, S. 26.
142 Herbert Zielinski, Art. Fürst, in: Robert-Henri Bautier/Peter Berghaus/Hermenegild Biedermann u. a. (Hg.), Lexikon des Mittelalters. Band IV: Erzkanzler bis Hiddensee, München 2003, Sp. 1029-1037. Hier Sp. 1029.
143 Segen des Herrn, S. 32.
144 Manfred Hildermeier, Russische Revolution, Frankfurt am Main 2004, S. 36.
145 Hildermeier, Russische Revolution, S. 11.
146 Vgl. Günter Bartsch, Schulen des Marxismus, Troisdorf 1973, S. 13: „Marx stellte den kategorischen Imperativ auf, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist’.“
147 Günter Wetzel, Bei den Menschenrechten nichts dazugelernt, in: FAZ, Nr. 124/1. Juni 1989, S. 13.
148 Wetzel, Bei den Menschenrechten nichts dazugelernt, S. 13.
149 Wetzel, Bei den Menschenrechten nichts dazugelernt, S. 13.
150 Herber Rückschlag, in: Der Spiegel, Nr. 3/16. Januar 1989, S. 22-23. Hier S. 22.
151 Herber Rückschlag, S. 23.
152 Herber Rückschlag, S. 22.
153 Herber Rückschlag, S. 22.
154 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, in: Der Spiegel, Nr. 11/13. März 1989, S. 36-47. Hier S. 36.
155 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 36.
156 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 36.
157 Vgl. Art. vergrätzen, in: Matthias Wermke/Kathrin Kunkel-Razum/Werner Scholze-Stubenrecht (Hg.), Duden. Die deutsche Rechtschreibung, Mannheim 2009, S. 1124: „landsch. für verärgern“
158 „ Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 39.
159 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 39.
160 Wetzel, Bei den Menschenrechten nichts dazugelernt, S. 13.
161 Wetzel, Bei den Menschenrechten nichts dazugelernt, S. 13.
162 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 39.
163 „Wir haben unterschiedliche Gewalten“, S. 45.
164 Spießiges Gehabe, in: Der Spiegel, Nr. 17/24. April 1989, S. 40.
165 Spießiges Gehabe, S. 40.
166 Spießiges Gehabe, S. 40.
167 Spießiges Gehabe, S. 40.
168 Spießiges Gehabe, S. 40.
169 Spießiges Gehabe, S. 40.
170 Spießiges Gehabe, S. 40.
171 Spießiges Gehabe, S. 40.
172 Spießiges Gehabe, S. 40.
173 Spießiges Gehabe, S. 40.
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