Kaufpreismechanismen. Locked Box vs. Completion Accounts


Term Paper, 2019

15 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1.Einleitung

2.Abgrenzung kaufpreisrelevanter Stichtage
2.1 Signing Date
2.2 Closing Date
2.3 Effective Date

3. Locked Box-Mechanismus
3.1 Grundlegendes
3.2 Wertabflussverbot (No Leakage)
3.3 Verzinsung und Kaufpreisanpassung

4.Completion Accounts-Mechanismus
4.1 Grundlegendes
4.2 Erstellung und Überprüfung der Completion Accounts
4.3 Herleitung des Kaufpreises

5 . Kaufpreismechanismen im zeitlichen Verlauf

6 . Vergleichende Gegenüberstellung

7 . Situationsbedingte Auswahl (Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der Regel ist die vertragliche Festlegung und Gestaltung des Kaufpreises in M&A Transaktionen eine der Kernpunkte, auf die sich die Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer konzentrieren. Während sich ein Großteil dieses Aufwands allerdings auf die Ausarbeitung von Garantiefällen und Haftungsverhältnissen beziehen, deren tatsächlicher Eintritt zur Vertragsunterzeichnung noch vollkommen ungewiss ist, wird dem Kaufpreismechanismus häufig nur nachrangige Bedeutung eingeräumt. Da dessen direkter und unmittelbarer Einfluss auf den finalen Kaufpreis allerdings unbestreitbar besteht, ist eine umfassende und rechtlich sowie wirtschaftlich sichere Ausarbeitung der Kaufpreisanpassungsklauseln für beide Vertragsparteien erforderlich.

Die Wahl und Ausgestaltung eines Kaufpreismechanismus in Unternehmenskaufverträgen ist ein stark von entgegengesetzten Interessen und möglichen Konfliktpotenzialen behafteter Aspekt der Unternehmenskaufverhandlungen mit u. U. signifikanten wirtschaftlichen Auswirkungen, der in dieser Arbeit näher untersucht werden soll.

Dazu werden mit dem Completion-Accounts-Mechanismus und dem Locked-Box-Mechanismus, zwei der in der M&A Praxis am häufigsten angewandten Kaufpreismechanismen vergleichend gegenübergestellt. Zunächst erfolgt eine Abgrenzung verschiedener wichtiger Stichtage, die den Verlauf des Abschlusses von M&A Transaktionen charakterisieren. Die betreffenden Stichtage und vor allem auch die diesbezüglichen Vorgänge, innerhalb der Zeitspannen zwischen den Stichtagen, sind für die Unterscheidung der hier behandelten Mechanismen von erheblicher Bedeutung. Aufbauend auf ihnen sollen die beiden Kaufpreismechanismen zunächst in Bezug auf Zweck, Herangehensweise, Berechnung und Einfluss auf die Kaufpreisfindung, sowie jeweilige Besonderheiten vorgestellt werden. Anhand dessen erfolgt eine vergleichende Einordnung in ihre naturgemäß verschiedenen zeitlichen Abläufe. Die Mechanismen werden hinsichtlich einiger ausgewählter Kriterien miteinander verglichen und wesentliche Unterschiede herausgearbeitet, welche wiederum als Grundlage für die innerhalb des Fazits getroffenen Aussagen zur Anwendbarkeit und der situationsabhängigen Vorzüge des einen gegenüber dem anderen Mechanismus, dienen werden.

2. Abgrenzung kaufpreisrelevanter Stichtage

Aufgrund ihrer Relevanz für die Abgrenzung und Unterscheidung der in dieser Arbeit untersuchten Kaufpreismechanismen insbesondere im Hinblick darauf, welche Prozesse einer M&A Transaktion ihnen zeitlich zwischengelagert sind, sollen im Folgenden zunächst drei verschiedenartige Stichtage erläutert werden.

2.1 Signing Date

Der Stichtag bzw. Zeitpunkt des Signings stellt in M&A Transaktionen den Tag der Kaufvertragsunterzeichnung durch die Vertragsparteien dar.1 In einem Gesamtblick auf den Verlauf des Kaufs/Verkaufs eines Unternehmens findet das Signing folglich erst kurz vor der erfolgreichen Beendigung der Transaktion statt. Eine zufriedenstellende oder zumindest die Kaufentscheidung nicht negativ beeinflussende Due Diligence hat zumeist zu dem Zeitpunkt des Signings bereits stattgefunden, oder steht kurz vor Vollendung. Ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft kommt mit der Vertragsunterzeichnung zustande und führt zu einer rechtlichen Bindung der Vertragsparteien an die vertraglichen Rechte und Pflichten, die es dem Verkäufer ermöglichen weitestgehend gefahrlos dem Käufer weitere relevante Kaufinformationen zur Verfügung zu stellen.2

Käufer und Verkäufer haben innerhalb des Kaufvertrags bereits sämtliche kaufrelevanten und insbesondere kaufpreisrelevanten Aspekte und Bedingungen festgelegt.

2.2 Closing Date

In Abgrenzung zum Signing stellt das Closing Date den Zeitpunkt des vollständigen Vollzugs des Kaufvertrags dar, also den Übergang der als Kaufobjekt festgelegten Anteile bzw. des verkauften Betriebs.3 Der Grund des zeitlichen Auseinanderfallens von Signing und Closing besteht in sog. Closing Conditions i.S.d. § 158 BGB, einer kaufvertraglich geregelten, aufschiebenden Bedingungen, deren quantitativer und qualitativer Eintritt für die Wirkung des Kaufvertrags unabdinglich ist.4 Derartige Bedingungen können bspw. in Form des Erfordernisses der Erteilung notwendiger Kartellgenehmigungen, einer abschließenden Zusicherung von kaufpreiszahlungsnotwendiger Fremdfinanzierung oder des Übergangs wesentlicher Mitarbeiter i.S.d. § 613a BGB bestehen.5 Des weiteren können diese auch die Ermittlung kaufpreisrelevanter Faktoren oder MAC (Material Adverse Change; Käufergarantie entgegen einer signifikante Verschlechterung der Unternehmenslage zwischen Signig und Closing) Nicht-Eintrittsklauseln sein.6

Mit dem Closing findet also der dingliche Vollzug des beim Signing geschlossenen Kaufvertrags statt.

2.3 Effective Date

Als dritten der Stichtage ist an dieser Stelle das Effective Date anzuführen, das Datum des wirtschaftlichen Übergangs des vertraglichen Kaufobjekts. Aufgrund der Tatsache, dass es sich bei M&A Transaktion oftmals um zeitlich langwierige Prozesse handelt, wird im Kaufvertrag ebenfalls geregelt, ab welchem Zeitpunkt sowohl die Chancen einer Verbesserung als auch die Risiken einer Verschlechterung der Unternehmenslage von dem Veräußerer auf den Erwerber übergehen.7 Definiert ist das Effective Date also als Übergangsdatum des wirtschaftlichen Risikos.

In der Praxis ist es üblich das kaufvertragliche Effective Date vor- bzw. zurückzudatieren auf die Finanzinformationen, die der Ermittlung des Kaufpreises zugrunde gelegt wurden.8 Vom Signing ausgehend kann der Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs somit sowohl in der Zukunft als auch in der Vergangenheit liegen, welches, in der jeweiligen Ausprägung, ein entscheidender Faktor für die Distinktion der im Folgenden dargestellten Kaufpreismechanismen ist.9

3. Locked Box-Mechanismus

3.1 Grund legendes

Nachdem eingangs unterscheidungsrelevante Stichtage dargelegt wurden, erfolgt nun die Erläuterung des Locked Box-Kaufpreismechanismus.

Grundsätzlich besteht das Ziel des dieses Mechanismus in der Straffung des Kaufprozesses dadurch, dass auf eine Anpassung des Kaufpreises hinsichtlich der Entwicklung der Unternehmensperformance vor dem Closing verzichtet wird.10 Diese Straffung erfolgt sowohl bzgl. der zu erwartenden Dauer der Transaktion als auch des Aufwands der beiden Vertragsparteien bis zum Closing und darüber hinaus entsteht. Dies ist u.A. Ausdruck des Umstands, dass für die Ermittlung des Kaufpreises i.d.R. der letzte verfügbare, in Bezug auf das Kaufobjekt erstellte und durch einen Abschlussprüfer geprüfte Jahresabschluss verwendet wird, anstatt eigens für die Transaktion einen zusätzlichen Abschluss aufzustellen.11 Dies hat ebenfalls zur Folge, dass der finale Kaufpreis zum Zeitpunkt des Signings bereits endgültig beziffert werden kann, da bereits alle wertbeeinflussenden Unternehmenskennzahlen (Nettofinanzverbindlichkeiten und Nettoumlaufvermögen) innerhalb des letzten Jahresabschlusses feststehen.12 Die Vertragsparteien unterzeichnen somit im beiderseitigen Einverständnis in Bezug auf den Kaufpreis. Da das Effective Date (Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs), wie bereits dargelegt, regelmäßig auf den Stichtag des der Kaufpreisberechnung zugrunde gelegten Jahresabschlusses zurückdatiert wird, liegt das Effective Date beim Locked Box Mechanismus bereits längerfristig in der Vergangenheit.13

Ein faktischer Kontrollübergang über das zu kaufende Unternehmen findet, unabhängig vom gewählten Kaufpreismechanismus, erst mit dem Closing statt, vermeintlich widersinniger Weise trägt der Käufer dennoch bereits das wirtschaftliche Risiko des weiterhin bis zum Closing unter der Kontrolle des Verkäufers stehenden Unternehmens. Folglich besteht von Seiten des Verkäufers im Sinne dieses Umstands ein besonderes Interesse vertragliche Vorkehrungen zu treffen, die eine Wertextraktion aus dem Unternehmen durch den Verkäufer unterbinden.14

3.2 Wertabflussverbot (No Leakage)

Genau in diesem Umstand besteht die Hauptfunktion des Locked Box Mechanismus. Der Käufer ist bis zur Ausübung seiner eigenen Kontrollfunktion in dem Unternehmen davon abhängig, dass der Verkäufer keine „wertmindernden Handlungen vornimmt und insbesondere keine wertmindernden Entnahmen tätigt“.15 Dies wird über eine vertragliche sog. ‚No Leakage‘- Klausel sichergestellt, welche derartige Mittel- und Wertabflüsse verbietet. Wertabflussverbote gibt es u.A. hinsichtlich Dividendenausschüttungen, Provisionen (etwa einmalig anfallende Zahlungen für Aufnahme von Krediten), Verzicht auf Regressansprüche gegen den Verkäufer und anderweitige Zahlungsabflüsse außerhalb des operativen Geschäfts, bspw. in Form von Verrechnung von Transaktionskosten, die dem Zielunternehmen im Konzern in Rechnung gestellt werden.16 Zahlungen zur Aufrechterhaltung des operativen Geschäfts, wie Lieferantenverbindlichkeiten oder Gehälter der Angestellten sind hingegen erlaubte Mittelabflüsse. Ein funktionierender Locked Box Mechanismus ist darauf ausgelegt, dass sich sämtliche Bewegungen im Nettoumlaufvermögen in Bewegungen in gleicher Höhe in den Nettofinanzverbindlichkeiten spiegeln und somit der Unternehmenswert unverändert bleibt, vorausgesetzt es hat keine unerlaubten Wertabflüsse gegeben.17

3.3 Verzinsung und Kaufpreisanpassung

Da die Kaufpreiszahlung erst zum Closing erfolgt, sämtliche Gewinne des Zielunternehmens ab dem Zeitpunkt des wirtschaftlichen Übergangs aber bereits dem Käufer zustehen und somit nicht in einer Kaufpreiserhöhung resultieren, bedarf es beim Locked Box Mechanismus einer Verzinsung des Kaufpreises zugunsten des Verkäufers.18

Diese Verzinsung kann als Entschädigung für entgangene Gewinne aus dem laufenden Unternehmen betrachtet werden, da diese, würde bei der Locked Box der wirtschaftliche Übergang des Kaufobjekts nicht auf den letzten Bilanzstichtag zurückdatiert, dem Verkäufer zustünden.19 Üblicherweise wird dazu der zwischen Effective Date und Closing Date zu erwartende Gewinn „ […] als Rendite-Prozentsatz im Verhältnis zu dem zu zahlenden Kaufpreis […]“20 als ausgleichender Zinssatz in den Kaufvertrag aufgenommen. Alternativ bestehen Berechnungsgrundlagen für finanzielle Ausgleichsmöglichkeiten auch bspw. in den Kapitalkosten des Verkäufers, den inkrementellen Fremdkapitalkosten des Verkäufers oder in einem risikofreien Zinssatz, welcher den Umstand in Betracht zieht, dass der Verkäufer mit dem wirtschaftlichen Übergang auch keine wirtschaftlichen Risiken mehr trägt.21

Der Kaufpreis ermittelt sich bei der Locked Box einerseits aus dem im Bieterwettbewerb erfassten Unternehmenswert und andererseits aus einer Kaufpreisanpassung. Das zum Bilanzstichtag vorhandene Nettoumlaufvermögen wir an dem durchschnittlich im Unternehmen gebundenen Nettoumlaufvermögen gemessen und führt je nach Differenz zu einer Erhöhung oder Reduzierung des Kaufpreises.22 Eine weitere Anpassung des Kaufpreises erfolgt mit der erläuterten Verzinsung. Da der finale Kaufpreis aber bereits bei Kaufvertragsunterzeichnung final quantifiziert wurde und nur noch im Falle von unerlaubten Wertabflüssen korrigiert wird, ist bei der Locked Box ein Fixkaufpreis gegeben.

[...]


1 Vgl. Risse/Kästle (2010) in M&A und Corporate Finance von A-Z, 3. Aufl. 2018

2 Vgl. Berens/Brauner/Strauch (2011) in: Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, S. 52 f.

3 Vgl. Eilers/Koffka/Paul (2018): Private Equity, Rn. 1-2

4 Vgl. Kästle/Oberbracht (2018): Unternehmenskauf - Share Purchase Agreement S.116 ff.

5 Vgl. Pomp (2015): Praxishandbuch Financial Due Diligence, S.282 f.

6 Vgl. Bergau (Hrsg.) (2015): Der Unternehmenskauf unter Beteiligung von Private Equity Unternehmen, S. 474 ff.

7 Nowack (2017): Relevante Stichtage im Rahmen von Unternehmenstransaktionen (für PSP München)

8 Ebd.

9 Vgl. Pomp (2015): Praxishandbuch Financial Due Diligence, S.284 f.

10 Vgl. Gruhn (2013) in Lucks (Hrsg.): M&A Projekte erfolgreich führen, S. 280

11 Vgl. Wilhelmi/Stürner (Hrsg.) (2019): Post -M&A-Schiedsverfahren, S. 203 f.

12 Vgl. Gruhn (2013) in Lucks (Hrsg.): M&A Projekte erfolgreich führen, S. 281

13 Vgl. Pomp (2015): Praxishandbuch Financial Due Diligence, S.295 f.

14 Vgl. Deloitte (2018). Locking in Value, S. 4

15 Rehbein/Kocybik/Gildemeister/Metzner (2013) in: M&A Review 11/2013, S. 439

16 Vgl. Bergau (Hrsg.) (2015): Der Unternehmenskauf unter Beteiligung von Private Equity Unternehmen, S. 460ff.

17 PwC (2014): To lock or not to lock – An introduction to the Locked Box closing mechanism, S. 4

18 Vgl. Berens/Brauner/Strauch (2011) in: Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen, S. 334

19 Vgl. Ziehms/Breimhorst/Burtoft/Schneider (2016) in: M&A Review 12/2016, S. 3

20 Gruhn (2013) in Lucks (Hrsg.): M&A Projekte erfolgreich führen, S. 280

21 Vgl. Ziehms/Breimhorst/Burtoft/Schneider (2016) in: M&A Review 12/2016, S. 4 ff.

22 Vgl. Pomp (2015): Praxishandbuch Financial Due Diligence, S.296 ff.

Excerpt out of 15 pages

Details

Title
Kaufpreismechanismen. Locked Box vs. Completion Accounts
College
Leuphana Universität Lüneburg
Course
Ausgewählte Fragen des internationalen Rechts - Internationaler Unternehmenskauf
Grade
1,3
Author
Year
2019
Pages
15
Catalog Number
V471609
ISBN (eBook)
9783668954670
ISBN (Book)
9783668954687
Language
German
Keywords
Kaufpreismechanismen Completion Accounts Closing Accounts Locked Box
Quote paper
David Port (Author), 2019, Kaufpreismechanismen. Locked Box vs. Completion Accounts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/471609

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