AO-SF Verfahren. Diagnostik und Kind-Umfeld-Analyse


Dossier / Travail de Séminaire, 2018

21 Pages, Note: 1,3

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Anamnese und Kind-Umfeld-Analyse

3. Beobachtungssituation

4. Testergebnisse und Interpretation
4.1 Kurzbeschreibung des KT 3-4
4.2 Beobachtung während der Durchführung
4.3 Auswertung und Schlussfolgerung
4.4 Testreflexion

5. Förderplanung und Förderbedarfsanalyse

6. Gesamtresümee

I. Literatur

1. Einleitung

Im Rahmen des Seminars „Gezielte Förderdiagnose im Förderschwerpunkt Lernen: Praxisnahe Auswahl und Handhabung von Diagnosematerialien und -verfahren im Rahmen der AO-SF“ hatten die Studierenden in Anlehnung an das AO-SF Verfahren die Möglichkeit, sich in einer Schülerbeobachtung mit anschließender Testung zu probieren. Im Rahmen der Ausbildung zu sonderpädagogischen Fachkräften ist es von großer Wichtigkeit, Routine in der Beobachtung und Einschätzung von Schülerinnen und Schülern zu gewinnen, da diese elementare Bestandteile eines sonderpädagogischen Gutachtens sind. Dieses sonderpädagogische Gutachten ist die Grundlage für die Feststellung eines sonderpädagogischen Unterstützungsbedarfs sowie die weitere schulische Förderung eines Schülers oder einer Schülerin und ist in der „Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung“ (AO-SF) festgelegt. Wird in einer solchen Begutachtung festgestellt, dass die Schülerin oder der Schüler einen sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf hat, so hat er oder sie auch ein Anrecht auf diese Förderung. Ein Hauptbestandteil dieser Förderung ist der sogenannte Förderplan, in welchem der aktuelle Leistungsstand sowie mögliche Förderziele und Maßnahmen festgehalten werden (vgl. Widlak & Witt, 2010).

In dieser Arbeit soll ein sonderpädagogisches Gutachten anhand des Schülers Jonas B[1]. dargestellt werden. Dafür wird in Kapitel zwei zunächst eine kurze Anamnese sowie eine Kind-Umfeld-Analyse vorgestellt, welche die Lebensumstände sowie die schulischen Leistungen des Jungen beschreiben. In Kapitel drei wird die Beobachtung des Schülers während zwei Schulstunden beschrieben, um einen Einblick in seine Lernsituation zu gewinnen. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Durchführung eines diagnostischen Verfahrens, welches in Kapitel vier dargestellt wird. Zunächst wird das Diagnoseinstrument vorgestellt sowie dessen Auswahl begründet, woraufhin die Beobachtung während der Testung beschrieben wird. Anschließend daran soll das Ergebnis dargelegt und ausgewertet werden, sodass eine abschließende Testreflexion erfolgen kann. Das fünfte Kapitel widmet sich dem Entwurf und der Beschreibung eines Förderplans für Jonas B., welcher auf seinen Förderbedarf abgestimmt ist. Abschließend soll ein Gesamtresümee über die Arbeit an dem sonderpädagogischen Gutachten gezogen werden.

2. Anamnese und Kind-Umfeld-Analyse

Jonas B. ist zu dem Zeitpunkt der Beobachtung 9;11 Jahre alt und besucht im vierten Schulbesuchsjahr die dritte Klasse der Gebrüder-Grimm-Grundschule in Holzwickede[2]. Er lebt mit seiner Mutter und seinem älteren Bruder in Holzwickede.

Aus dem Gespräch mit der Klassenlehrerin ergibt sich, dass sich der Junge sehr zurückhaltend und ruhig verhalte. Es falle ihm schwer, auf seine Mitschülerinnen und Mitschüler zuzugehen. Die Klassenlehrerin versuche ihn häufig mit in den Unterricht einzubeziehen, was ihrer Aussage nach auch gelingt. Von ihr erfahre ich auch, dass Jonas häufig den Klassenraum verlasse, um seiner Aussage nach die Toiletten aufzusuchen, jedoch vermutet die Klassenlehrerin, dass er dies als Ausrede benutze, um sich dem Unterricht zu entziehen.

Im Gespräch mit dem Sonderpädagogen erfahre ich, dass Jonas zunächst eine Regelgrundschule besuchte. Nachdem in der Schuleingangsphase auffiel, dass er Probleme mit den Unterrichtsinhalten hatte und generell kaum mit Mitschülerinnen und Mitschülern sowie den Lehrkräften sprach, würde ein AOSF Verfahren angestrebt. Das Verfahren bestätigte eine Lernbeeinträchtigung, sodass der Junge fortan im gemeinsamen Lernen seiner Grundschule beschult wurde. Sein älterer Bruder besucht ebenfalls die Grundschule im Zuge des gemeinsamen Lernens, da auch bei ihm eine Lernbeeinträchtigung festgestellt wurde.

Der Sonderpädagoge gibt an, dass es selten gelinge, Jonas in den Unterricht zu integrieren, da sowohl seine mathematischen als auch seine schriftsprachlichen Fähigkeiten nicht ausreichten, um dem Unterrichtsgeschehen zu folgen. Dem Gespräch kann ich ebenfalls entnehmen, dass er kaum Kontakt zu seinen Klassenkameraden habe, welche sich teilweise über ihn lustig machen würden. Im Fach Deutsch sei es ihm nach Aussage des Sonderpädagogen möglich, auf Satzebene zu lesen, dies nehme allerdings viel Zeit in Anspruch, da er sich die Wörter einzeln erliest. Im Fach Mathematik könne er selbstständig sowohl Additionsaufgaben, Subtraktionsaufgaben, Multiplikationsaufgaben als auch Divisionsaufgaben im Zehnerraum lösen. Da die übrigen Schülerinnen und Schüler seiner Klasse bereits auf höherem Niveau lesen, schreiben und rechnen könnten, erledige er fast ausschließlich auf ihn zugeschnittene Aufgaben und nehme deshalb kaum an unterrichtlichen Diskussionen teil. Auch aus Projektarbeiten werde er häufig herausgezogen. Jonas erhält für seine Arbeitszeiten während des Unterrichts einen Wochenplan, außerdem bekommt er einen Hausaufgabenwochenplan, nach welchem er zuhause arbeiten kann.

Jonas erhält sonderpädagogische Unterstützung im Unterricht, sodass er in der meisten Zeit eigene Aufgaben bearbeiten kann und vom übrigen Unterrichtsgeschehen abgekoppelt ist. Des Weiteren nimmt er an einer kleinen Fördergruppe nach dem Unterricht teil, in welcher explizit die Konzentration geschult wird. Dem Sonderpädagogen zufolge gelinge es Jonas sehr gut, sich über eine Unterrichtsstunde hinweg zu konzentrieren. Auch die selbstständige Arbeitsorganisation habe er mit dem Sonderpädagogen über einen langen Zeitraum hinweg eingeübt. Als zusätzliche sonderpädagogische Maßnahme soll ein Integrationshelfer hinzugezogen werden, um ihm dabei zu helfen, Kontakt zu Mitschülern und Mitschülerinnen aufzunehmen und ihn so mehr in die Klassengemeinschaft zu integrieren.

3. Beobachtungssituation

In der Klasse befinden sich 19 Schülerinnen und Schüler, 11 davon sind Jungen, 8 Mädchen. In der ersten Stunde, die um 8:00 Uhr beginnt, schreiben die Schülerinnen und Schüler eine Klassenarbeit in dem Fach Deutsch zum Thema Lernwörter. Währenddessen arbeitet Jonas eigenständig an Arbeitsblättern im Fach Mathematik zu dem Thema „Das kleine 1:1“. In dieser Zeit ist die Klassenlehrerin die gesamte Stunde über anwesend. In der zweiten Unterrichtstunde, welche um 8:45 Uhr beginnt, findet Mathematikunterricht statt, wobei er auch hier an eigenen Mathematikaufgaben zum oben genannten Thema arbeitet. In dieser Stunde wird die Klasse von einer Lehramtsanwärterin unterrichtet, wobei auch hier die Klassenlehrerin anwesend ist. Die Schülerinnen und Schüler befinden sich die gesamte Zeit über in ihrem Klassenraum.

Joans ist von altersgemäßer Statur, er trägt ordentliche und saubere Kleidung, die der Witterung angemessen ist. Seine Arbeitsmaterialien sind vollständig und in gepflegtem Zustand. Schon zu Beginn des Unterrichts wirkt Jonas müde, er gähnt häufig und stützt sich an umstehenden Möbeln ab. Zu Beginn der ersten Unterrichtsstunde um 8:10 Uhr setzt er sich auf seinen Platz und legt ein Mathematikarbeitsblatt auf den Tisch, welches er zuhause bearbeitet hat. Die Klassenlehrerin fordert ihn auf, diesen Zettel in seinen Schnellhefter für das Fach Mathematik abzuheften. Jonas kann dies sofort umsetzen und holt sich selbstständig um 8:15 Uhr ein neues Arbeitsblatt zum Thema „Das kleine 1:1“. Während der Bearbeitung rechnet er mit den Fingern und bewegt die Lippen lautlos. Dieses Verhalten setzt sich während der gesamten Arbeit fort. Um 8:20 Uhr beginnt die Klassenlehrerin, Lernwörter zu diktieren, welche die Schülerinnen und Schüler korrekt notieren müssen, trotzdem kann Jonas ruhig an seinen Mathematikaufgaben weiterarbeiten. Um 8:32 Uhr ist die Klassenarbeit beendet und die Mitschülerinnen und Mitschüler reden aufgeregt miteinander. Jonas blickt kurz auf, konzentriert sich aber direkt wieder auf seine Arbeit. Dieses Verhalten zeigt er ebenfalls um 8:35 Uhr und 9:00 Uhr. Um 8:39 Uhr hat er sein Arbeitsblatt beendet und sucht sich selbstständig ein neues Blatt, wieder zum selben Thema. Um 8:42 Uhr betritt die Lehramtsanwärterin die Klasse, weshalb er für einige Sekunden aufblickt. Obwohl die Klasse nun vom Deutschunterricht in den Mathematikunterricht wechselt, arbeitet Jonas ohne Unterbrechung weiter. Um 8:45 Uhr hat er seine Aufgabe beendet und will diese der Lehramtsanwärterin zeigen, diese nimmt ihn allerdings nicht wahr, da er lediglich etwas Unverständliches flüstert. Nach kurzer Zeit setzt er sich wieder auf seinen Stuhl. Um 8:55 Uhr fordert die Klassenlehrerin die Schülerinnen und Schüler auf, an die Tafel zu schauen, worauf eine Frontalphase folgt. Er reagiert nicht und betrachtet sein Arbeitsblatt. Daraufhin kommt die Lehramtsanwärterin an seinen Platz und bespricht die abgeschlossene Mathematikaufgabe mit ihm. Sie macht Jonas auf einen Fehler aufmerksam, dieser kann ihn selbstständig korrigieren, auch hier rechnet er mit den Fingern. Um 9:00 Uhr fordert die Klassenlehrerin die Klasse erneut auf, an die Tafel zu schauen, auch jetzt reagiert er nicht. Die Mitschülerinnen und Mitschüler arbeiten nun an Aufgaben in ihrem Heft weiter und es wird zunehmend unruhiger. Ab 9:15 Uhr scheint Jonas sich weniger konzentrieren zu können. In den nächsten 15 Minuten bricht er seine Aufgabe immer wieder ab, um sich umzusehen oder den Kopf auf die Stuhllehne zu legen. Um 9:20 Uhr spricht er zum ersten Mal seit Beginn der Beobachtung einen Mitschüler an und erzählt ihm, dass er Hunger habe. Dabei spricht er freundlich und ruhig. Um 9:35 Uhr zeigt er der Klassenlehrerin seinen bearbeiteten Mathematikzettel. Danach sitzt er ruhig auf seinem Platz. Kurz vor der Hofpause um 9:35 Uhr sollen die Schülerinnen und Schüler pro Tischgruppe einen Tipp für die nächsten Fußballspiele der Weltmeisterschaft abgeben. An Jonas Gruppentisch wird er aus dem Gespräch ausgeschlossen, versucht aber auch nicht, sich einzubringen. Anschließend verlässt er die Klasse und geht in die Pause.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Jonas das Unterrichtsgeschehen nicht zu verfolgen scheint. Ebenso wirkt er auch nicht interessiert an den Aktivitäten seiner Mitschülerinnen und Mitschüler. Hier bestätigt sich für mich die Aussage des Sonderpädagogen, dass es Jonas schwerfalle, auf andere Kinder zuzugehen. Auch von seinen Mitschülerinnen und Mitschülern wurde er während der Beobachtung außer in einer Situation nicht beachtet. Während der Beobachtung tritt er auch kaum in Interaktion mit den Lehrkräften, er will ihnen lediglich die bewältigten Arbeiten zeigen. Von den Lehrkräften bekommt er auch kaum Anweisungen und er fordert keinerlei Hilfe ein. Aus dem Gespräch mit dem Sonderpädagogen konnte ich erfahren, dass die Arbeitsorganisation sehr stark geübt wurde und Jonas dazu angehalten wurde, sich selbstständig Material zu besorgen, wenn er dem Unterricht nicht mehr folgen könne. Diese Selbstorganisation konnte ich im Unterricht beobachten, da Jonas in der Lage ist, sich neue Materialien zu besorgen und die bearbeiteten Blätter eigenständig einzuräumen. Allerdings führt diese Haltung dazu, dass Jonas während der beiden Unterrichtsstunden ausschließlich an eigenem Material arbeitet und auch seitens der Klassenlehrerin und der Lehramtsanwärterin keinerlei Versuch unternommen wird, Jonas in den Unterricht zu integrieren. Er scheint sehr konzentriert zu arbeiten, da er trotz größerer Lautstärke in der Klasse über 60 Minuten an seinen Aufgaben arbeiten konnte. Allerdings hat er die beiden Zettel, die er in dieser Zeit bearbeitet hat, nicht vollständig lösen können und zum Teil abgebrochen. Der Sonderpädagoge teilte mir mit, dass Jonas häufig konzentriert wirke, dabei aber eher „abschalte“. Aus diesem Grund nehme er auch an der Konzentrationsfördergruppe des Sonderpädagogen teil. Da es aus räumlichen Gründen nicht möglich war, direkt neben Jonas zu sitzen, konnte ich die Effizienz seiner Arbeit nicht ausreichend beobachten. Aus diesem Grund will ich die Konzentrationsleistung zwei Wochen nach der Beobachtung testen, um mir selbst ein Bild über die Konzentration machen zu können.

4. Testergebnisse und Interpretation

Im folgenden Kapitel wird das pädagogisch-psychologische Diagnostikinstrument KT 3-4 vorgestellt sowie dessen Einsatz begründet. Anschließend wird die Testdurchführung beschrieben, die Ergebnisse werden ausgewertet und interpretiert.

4.1 Kurzbeschreibung des KT 3-4

Bei dem KT 3-4 handelt es sich um einen Aufmerksamkeits- und Konzentrationstest für Kinder in der dritten und vierten Klasse im Alter zwischen 8;6 bis 11;11 Jahren, welcher von Renate Heck-Möhling unter Mitarbeit von J. Reinhard und J. Böhle erstellt wurde. Der Test kann sowohl im Klassensetting als auch als Einzeltest durchgeführt werden. Der Test dauert in der Regel 20 Minuten, in dieser Zeit soll der Proband Würfelabbildungen miteinander vergleichen und übereinstimmende Bilder durchstreichen. Dabei muss der Proband sowohl die Augenanordnung sowie die Kennzahlen ober- und unterhalb des Würfels beachten. Die Dauer des Tests ist so angelegt, dass die schulrelevante Konzentrationsdauer zugrunde gelegt wird. Ein Vorteil des Tests liegt darin, dass weder schriftsprachliche noch rechnerische Kenntnisse erforderlich sind, um ihn zu bewältigen. Die Autorin des KT 3-4 definiert die Konzentrationsleistung als zügige und korrekte Bearbeitung einer Anzahl gleicher Aufgaben über einen längeren, pädagogisch relevanten Zeitraum (vgl. Heck-Möhling, 1993).

Für die Normierung wurde eine Stichprobe von 3.220 Kindern aus dritten und vierten Klassen im gesamten Bundesgebiet (Ausnahme: Bayern) erhoben. Der Test wurde jeweils im ersten und zweiten Schulhalbjahr durchgeführt.

Die Ergebnisse der Stichproben wurden mit den Ergebnissen des Konzentrationstests KLT sowie dem d2 verglichen, um die Validität zu überprüfen. Außerdem wurden die Testergebnisse mit Lehrerbeurteilung abgeglichen. Das Kriterium Konzentration wird den Ergebnissen zufolge durch den KT 3-4 mit ausreichender Validität erfasst (vgl. Heck-Möhling, 1993).

Die Reliabilität wurde durch die Split-half-Methode sowie durch einen Retest erhoben. Mit einem Wert von rtt=.99 ergeben sich exzellente Werte sowohl für die Stichprobe beider Geschlechter als auch beider Jahrgangsstufen. Bei der Retest-Methode wurde der Test nach sechs Wochen wiederholt, wobei sehr unterschiedliche Werte erhoben wurden. In dem ersten Schulhalbjahr der dritten und vierten Klassen ergeben sich Retestkoeffizienten zwischen rtt=.53 bis hin zu rtt=66, für das zweite Schulhalbjahr ergeben sich Werte von rtt=.62 bis hin zu rtt=.91 (vgl. Heck-Möhling, 1993). Reliabilitäten zwischen .80 und .90 werden als mittelmäßig bezeichnet, ab einem Wert von >.90 spricht man von einer hohen Reliabilität (vgl. Bortz & Döring, 2006). Dementsprechend besitzt der KT 3-4 eine befriedigende Zuverlässigkeit.

Die Durchführungsobjektivität des Tests ist in hohem Maße gegeben, da eine genaue Instruktion vorgegeben wird. Die Auswertungsobjektivität wird ebenfalls durch genaue Vorgaben und Auswertungsschlüssel sichergestellt, welche das Auswerten außerdem erleichtern (vgl. Heck-Mähler, 1996).

Wie zuvor angegeben, stellte der Sonderpädagoge bei Jonas B. eine erhebliche Konzentrationsschwäche fest, weshalb er bereits an einer Fördergruppe speziell für die Konzentrationsförderung teilnimmt. Da sich Jonas in der beobachteten Unterrichtssituation zwar ruhig mit seinen Arbeitsblättern beschäftigt, diese aber kaum oder falsch gelöst wurden, soll der Konzentrationstest durchgeführt werden. Mit 9;11 Jahren und dem Besuch der dritten Klasse liegt Jonas in der Zielgruppe dieser Version des Konzentrationstests, außerdem wird das Resultat von seinen unterdurchschnittlichen Lese-Rechtschreibleistungen und mathematischen Leistungen nicht verfälscht. Die Bearbeitungsdauer von 20 Minuten ist ausreichend kurz, um ihn nicht zu überfordern oder frustrieren.

4.2 Beobachtung während der Durchführung

Als Jonas dazu aufgefordert wird, den Klassenraum zu verlassen, um ein Lernspiel auszuprobieren, wirkt er müde und lustlos, kommt der Aufforderung aber trotzdem ohne Widerspruch nach. Er geht sehr langsam in den separaten Raum und zieht dabei seinen Rucksack hinter sich her. Der separate Raum ist aufgeräumt, neben einem großen Gruppentisch samt Stühlen hängen dort wenige Lernplakate. Jonas setzt sich unaufgefordert an den Tisch und holt sein Etui aus seinem Rucksack, daraufhin vergewissert er sich durch einen kurzen Blick zur Testleiterin, ob dieses Vorgehen korrekt ist. Als ihm der Test erklärt wird, schaut er ruhig auf seine Materialien und scheint zuzuhören. Er scheint die Instruktionen verstanden zu haben, die erste Übungsaufgabe löst er korrekt. Insgesamt spricht er während der Instruktionsphase nicht mit der Testleiterin.

Während der Testzeit arbeitet Jonas sehr leise. Er vergleicht die Würfel miteinander, indem er zunächst seinen Stift auf den ersten Würfel legt und mit seinem Zeigefinger den zu vergleichenden Würfel markiert. Bereits bei den ersten Würfelbildern wird deutlich, dass Jonas zwar die Anordnung der Würfelaugen korrekt erkennt und vergleicht, jedoch den Kennzahlen ober- und unterhalb der Würfel keine Beachtung schenkt. Er vergewissert sich vor jedem Umblättern durch Blockkontakt bei der Testleiterin, ob er umblättern soll, weitere Fragen hat er während des Tests keine. In den ersten 10 Minuten vergleicht er die Würfelbilder sehr gewissenhaft und gründlich, was viel Zeit beansprucht. Nach 10 Minuten beginnt er, schneller durchzustreichen und weniger intensiv zu vergleichen. Nachdem 15 Minuten des Tests vergangen sind, fragt Jonas, ob er auf die Toilette gehen dürfe, während dieser Pause wird die Bearbeitungszeit angehalten. Als er zurückkommt, setzt er sich sofort wieder und nimmt seine Arbeit auf, jedoch hat sich seine Mimik verändert. Zuvor wirkte er abwesend und unbeteiligt, nun scheint er unglücklich zu sein. Auf die Nachfrage, ob alles in Ordnung ist, gibt er keine Antwort. Nach 20 Minuten ist der Test beendet. Daraufhin wird der Test d2-R vorgestellt und erklärt, währenddessen schaut Jonas nicht auf die Testmaterialien, sondern auf die Testleiterin. Auf die Nachfrage, ob er den Test ausprobieren möchte, antwortet er zunächst nicht. Nach einiger Überlegung schüttelt er den Kopf und steht wortlos auf. Er nimmt seinen Rucksack und macht sich unaufgefordert auf den Weg zu seiner Klasse. Auf den Versuch der Testleiterin, sich zu verabschieden, reagiert er nicht.

4.3 Auswertung und Schlussfolgerung

Insgesamt beinhaltet der Fragebogen 30 Items pro Seite, was bei 13 Seiten einer Gesamtitemzahl von 390 entspricht. Davon sind auf jeder Seite 10 korrekte Items, was einer Gesamtanzahl von 130 korrekter Items entspricht. Für die Testauswertung werden zunächst alle richtig gelösten Items (RL) ausgezählt und auf den jeweiligen Seiten des Testbogens eingetragen. Es werden außerdem zwei Arten von Fehlern unterschieden:

Fehlertyp A (FA) = richtige Antworten wurden ausgelassen

Fehlertyp B (FB) = es wurden falsche Items als richtig markiert

Die Fehler werden ebenfalls gezählt und auf den Seiten eingetragen. Anschließend werden noch alle Items zusammengezählt, welche von dem Probanden bearbeitet wurden, dabei ist es unerheblich, ob sie korrekt oder falsch gelöst wurden. Für Jonas ergeben sich folgende Werte:

Korrekt gelöste Items: 38

Fehlertyp A: 1

Fehlertyp B: 29

Gesamtzahl bearbeiteter Items: 121

Diese Rohwerte müssen anschließend in Vergleichswerte umgewandelt werden. Die Autorin sieht dafür T-Normen und Prozentrangplätze vor, welche anhand von Tabellen im Manual abgelesen werden können. In den nachfolgenden Tabellen werden die Werte für Jonas zusammengefasst. Dabei werden sowohl die Werte entsprechend der Gesamtnorm sowie die Werte entsprechend der geschlechterspezifischen Norm abgebildet, um ein umfassendes Urteil zuzulassen. Da der Test immer zwischen dem ersten und zweiten Schulhalbjahr unterscheidet, wurden hier die Vergleichsnormen für das zweite Schulhalbjahr gewählt

Richtig gelöste Items: Gesamtnormen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Richtig gelöste Items: Geschlechterspezifische Normen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gesamtzahl bearbeiteter Items: Gesamtnormen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gesamtzahl bearbeiteter Items: Geschlechterspezifische Normen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Fehleranalyse ergibt, dass Jonas mit einer Anzahl von einem Fehler des Fehlertyps A einen Prozentrang von 62 erreicht. Mit einer Anzahl von 29 Fehlern des Typs B wird er dem Prozentrang 9 zugeordnet. Die Gesamtfehleranzahl von 30 ergibt für ihn einen Prozentrang von 14.

Für die Interpretation der Daten ist die Art der Normwertskalen bedeutend. Für den KT 3-4 wurden sowohl T-Werte als auch Prozentränge verwendet. Eine T-Wert Skala hat ihren Mittelwert bei 50 Punkten, die Streuung wurde auf 10 Punkte festgelegt. Das bedeutet, dass ein Wert von 50 Punkten der durchschnittlich zu erwartende Wert wäre, <40 Punkte wäre demnach unterdurchschnittlich und >60 überdurchschnittlich. Die Prozentränge geben an, wie viele Personen aus der Vergleichsgruppe einen gleich guten oder schlechteren Wert erzielt haben. Ein Prozentrang von 50 bedeutet, dass 50% der Vergleichsgruppe gleich gut oder schlechter abgeschnitten haben (vgl. Amelang et al., 2006).

Die Variable richtig gelöster Items ist die wichtigste des KT 3-4, da sie ein Indiz für Arbeitsgenauigkeit und -sorgfalt ist (vgl. Heck-Möhling, 1996). Mit einem T-Wert von 41 liegt Jonas noch im untersten Bereich der zu erwartenden Abweichung, wäre jedoch noch nicht als unterdurchschnittlich einzuordnen. Im geschlechterspezifischen Vergleich erzielt er sogar einen T-Wert von 46, was ebenfalls im Normbereich liegt. Betrachtet man den Prozentrang wird allerdings deutlich, dass nur 19% der gesamten Vergleichsgruppe gleich gut oder schlechter abschneiden, im Vergleich mit der männlichen Stichprobe sind 34% genauso gut oder schlechter. Das lässt die Vermutung zu, dass Jonas Arbeitsgenauigkeit und-sorgfalt im Vergleich mit seinen Altersgenossen, sowohl in der gesamten als auch in der geschlechterspezifischen Stichprobe, unterdurchschnittlich ist.

Die Variable der Gesamtzahl bearbeiteter Items ist ein Indikator für das Arbeitstempo. Mit einem T-Wert von 47 Punkten in der gesamten und der geschlechterspezifischen Vergleichsgruppe liegt J. im Normbereich. Die Prozentränge von 40 und 39 zeigen, dass er auch im Bereich Arbeitstempo unterdurchschnittliche Leistungen zeigt.

Bei der Fehleranalyse wird deutlich, dass Jonas kaum Fehler des Typs A macht. Mit einem Fehler liegt er in dem Prozentrang 61, das zeigt, dass 61% der Vergleichsgruppe genauso gut oder schlechter waren, was eine normale bis leicht überdurchschnittliche Leistung kennzeichnet. Mit 29 Fehlern des Typs B liegt er allerdings auf dem Prozentrang 9, was auf eine eindeutig unterdurchschnittliche Leistung schließen lässt. Der Gesamtfehlerwert von 30 bedeutet einen Prozentrang von 14, was ebenfalls auf eine unterdurchschnittliche Leistung hinweist.

Während der Testsituation wurde beobachtet, dass Jonas die Aufgaben relativ zügig bearbeitet. Trotzdem sind seine Ergebnisse in diesem Bereich unterdurchschnittlich. Die Tatsache, dass er 20 Fehler des Typs B macht, obwohl er in der Übungsaufgabe unter Anleitung die Aufgabenstellung zu verstehen schien, lässt den Schluss zu, dass er sich nur auf den Vergleich der Würfelaugen fokussiert hat. Deshalb kam es überdurchschnittlich häufig zu einer Markierung falscher Items und selten zu einer Nichtmarkierung richtiger Items.

4.4 Testreflexion

Die Einschätzung, dass Jonas sich in Arbeitssituationen nicht gut konzentrieren kann, ist gerechtfertigt, die Auswahl des Testinstruments war demnach sinnvoll. Es ist trotzdem anzumerken, dass in einem echten AOSF Verfahren die revidierte Version des KT 3-4 hätte verwendet werden müssen. In dieser Situation war die nicht revidierte Form die einzig zugängliche. Der revidierten Form liegen aktuellere Stichproben zugrunde, sodass eine genauere Einschätzung möglich wäre. Die Testsituation hat ihren Übungszweck jedoch voll erfüllt, da sowohl die Testsituation, -durchführung und -auswertung dieselbe ist wie mit dem KT 3-4 R.

5. Förderplanung und Förderbedarfsanalyse

Der für die Grundschule zuständige Sonderpädagoge hat bereits eine Lernbeeinträchtigung bei Jonas festgestellt. Für Schülerinnen und Schüler mit einem solchen sonderpädagogischen Förderbedarf ist die Erstellung eines individuellen Förderplans essentiell, denn dieser sollte Grundlage für jede weitere Planung der zu erlernenden Unterrichtsinhalte sein. Im folgenden Kapitel sollen die Gütekriterien eines guten Förderplans vorgestellt werden, auf deren Grundlage die Aspekte des Förderplans für JONAS B. vorgestellt werden. Am Ende wird ein übersichtlicher Förderplan präsentiert, welcher in Jonas Schulakte übernommen werden könnte.

Förderpläne sollten sowohl Ziele in den Fächern als auch gleichwertige Ziele in den Entwicklungsbereichen Motorik, Wahrnehmung, Kognition, Soziabilität, Emotionalität, Kommunikation enthalten (Schumacher 2004, zitiert nach Flott-Tönjes et al., 2010, 13). Des Weiteren haben Widlak und Witt (2010) Gütekriterien formuliert, welche einen besonders guten Förderplan auszeichnen. Demnach sollte Förderplane fachlich und sachlich richtig, vielschichtig, begrenzt und schwerpunktsetzend, kommunizierbar und gewinnbringend, individuell, ökonomisch in der Erstellung, unterrichtsrelevant, dokumentierend sowie evaluierbar sein. Diese Kriterien sollen im weiteren Verlauf des Kapitels erläutert werden.

Sie sollten fachlich und sachlich richtig sein: Einem guten Förderplan sollten die Theorien des Lernens sowie der Entwicklung zugrunde liegen, des Weiteren müssen Erkenntnisse der allgemeinen Didaktik und Methodik berücksichtigt werden. Je nach Fach sollten ebenfalls die Aspekte der jeweiligen Fachdidaktik eingebracht werden, um die Fördermöglichkeiten im Fach voll auszuschöpfen. Bei einer förderorientierten Zielsetzung tritt die Vermittlung von Fachwissen zwar in den Hintergrund, die fachliche und fachdidaktische Richtigkeit darf jedoch nie vernachlässigt werden. Ein für Jonas konzipierter Förderplan würde neben dem förderorientierten Ziel der Verbesserung der Konzentration ebenfalls die Ziele für eine Verbesserung im Bereich Mathematik und Lesen beinhalten, da seine Leistungen auch hier nicht regelgerecht sind.

Sie sollten vielschichtig sein: Der Förderplan sollte den Entwicklungsstand der Schülerin oder des Schülers abbilden, dazu gehört neben dem Förderbedarf unbedingt auch die Anerkennung der jeweiligen Stärken. Für die Beeinträchtigungen sollten Förderziele sowie konkrete Förderangebote formuliert werden.

Im weiteren Verlauf sollen die Entwicklungsstände in den Bereichen Kognition, Lesen sowie Mathematik beschrieben werden. Ein ausgewogener Förderplan kann diverse Aspekte umfassen (siehe hierzu den Punkt „Sie sollten begrenzt und schwerpunktsetzend sein“). Für Jonas würde die Zusammenfassung seines Entwicklungsstandes wie folgt aussehen:

Kognition: Im Bereich Kognition hat sich diese Untersuchung vor allem auf den Aspekt Konzentration fokussiert, da diese bei Jonas auffällig unterdurchschnittlich schien. Jonas schafft es, sich für ca.10-15 Minuten zu konzentrieren. Positiv anzumerken sei die Tatsache, dass Jonas sich scheinbar nicht durch äußere Einflüsse ablenken lässt. In der Testsituation wird deutlich, dass er es nicht schafft, sich auf jeden Aspekt der Aufgabe zu konzentrieren, weshalb er Teilaufgaben schlicht weglässt. Hier wäre eine Förderung der Konzentrationsdauer zu empfehlen, das konkrete Förderziel wird wie folgt formuliert: „Jonas kann sich 10 Minuten auf die vollständige Bearbeitung einer einfachen Lernaufgabe konzentrieren“. Dem Ziel der Bearbeitung einer vollständigen Aufgabe sollte vor dem Ziel der längeren Konzentration Vorrang gegeben werden. Die Umsetzung könnte innerhalb des Klassenverbandes geschehen, da sich Jonas. kaum ablenken lässt, dies wäre auch die ökonomischste Lösung für die Klassenlehrerin. Dazu könnten ihm Visualisierungshilfen zur Seite gestellt werden, sodass er die genaue Aufgabenstellung jederzeit nachschauen kann, ohne sich bei der Klassenlehrerin rückversichern zu müssen. Die Lernaufgaben könnten vom Umfang her so reduziert werden, dass sie ihn vom Komplexitätsniveau her nicht überfordern, um die Motivation nicht zu beeinträchtigen. Da Jonas. seine Arbeit gut selbst organisieren kann, könnte das Prinzip des Wochenplans beibehalten werden. Er sollte weiterhin die Konzentrationsgruppe besuchen, wo er mithilfe des Sonderpädagogen gezielt an seiner Konzentration arbeiten kann. Da in der Testung deutlich wurde, dass Jonas schwierige Aufgaben nicht angeht, sondern sie abbricht (Versuch der Testung mit dem d2) bevor er es versucht, könnte ebenfalls über ein Belohnungssystem nachgedacht werden, welches ihn für die vollständige Bearbeitung von Aufgaben belohnt. Dies könnte seine Arbeitsmotivation aufrechterhalten.

Mathematik: Den Aussagen der Klassenlehrerin und des Sonderpädagogen zufolge ist es Jonas möglich, selbstständig sowohl Additionsaufgaben, Subtraktionsaufgaben, Multiplikationsaufgaben als auch Divisionsaufgaben im Zehnerraum lösen. Die Übertragung auf den Zwanzigerraum fällt ihm jedoch schwer, da ihm der Zehnerübergang Schwierigkeiten bereite. Das Förderziel im Bereich Mathematik wäre demzufolge „Jonas kann selbstständig Aufgaben mit Zehnerübergang lösen und sucht sich, wenn nötig, eigenständig Unterstützungsmaterial“. Um dieses Förderziel zu erreichen, könnte Jonas vermehrt Aufgaben zum Thema Zahlenzerlegung bearbeiten, da ihm die Strategie der Zerlegung bei der Bewältigung des Zehnerübertrags helfen wird, und im besten Fall das automatisierte Rechnen im Hunderterbereich anbahnt. Dazu können Visualisierungshilfen wie Zahlenscheiber, Rechenschiffe etc. verwendet werden, um die Zerlegung zu verdeutlichen. Auch diese Maßnahme kann im Klassenverbund stattfinden.

Lesen: Es ist Jonas möglich, auf Satzebene zu lesen, allerdings benötigt er dafür noch viel Zeit, da er sich die Wörter zum Teil noch erliest. Dies geschieht nach Aussage der Klassenlehrerin und des Sonderpädagogen dann aber meist fehlerfrei. Demnach könnte zunächst das Silbenlesen eingeübt werden, um anschließend das Ganzwortlesen anzubahnen. Das Förderziel lautet in diesem Fall „Jonas kann sich Silben erlesen.“ Hierfür könnten Silbentrainingsprogramme wie der Kieler Leseaufbau genutzt werden, da hier das Silbenlesen nach Schwierigkeitsgrad trainiert wird. Wahrscheinlich müsste er nicht auf der leichtesten Stufe einsteigen, da er bereits über einige Lesefähigkeiten verfügt. Auch die Quantität der Leseanlässe könnte gesteigert werden, indem er nach Möglichkeit an einer Leseförderung außerhalb des Unterrichts teilnimmt, da er auf diese Weise mehr Übung im Lesen erhalten würde.

Sie sollten begrenzt und schwerpunktsetzend sein: Ein wichtiger Aspekt des guten Förderplans ist seine Übersichtlichkeit. Selbstverständlich könnte zu jedem Schüler und jeder Schülerin ein Förderplan für jeden Entwicklungsbereich und jedes Fach erstellt werden. Jedoch wäre dies im Unterrichtsalltag kaum umsetzbar, weshalb es sinnvoll ist, sich auf die Aspekte zu beschränken, welche vorrangig gefördert werden sollten. Im Fall von Jonas wäre dies zunächst die Konzentration sowie die Fähigkeiten in den Fächern Mathematik und Lesen.

Sie sollten kommunizierbar und gewinnbringend sein: Dieses Kriterium betont die Notwendigkeit, dass in die Erstellung und Durchführung des Förderplans möglichst alle Personen miteinbezogen werden, die an der Diagnostik und Förderung der jeweiligen Schülerin oder des jeweiligen Schülers beteiligt sind. Das umfasst neben der sonderpädagogischen Fachkraft auch die Eltern und das Kind selbst. Im gemeinsamen Unterricht sollte auch die Klassenlehrperson miteinbezogen werden. Eventuell sind auch außerschulische Institutionen wie z.B. Logopäden, Therapeuten o.Ä. einzubinden. Auf diese Weise ist jede Instanz über den jeweiligen Ist-Stand und das Ziel informiert, sodass alle an einem Strang ziehen können, um das Förderziel zu erreichen. Im Fall von Jonas sollten neben dem Sonderpädagogen und der Klassenlehrerin auch Jonas selbst sowie seine Mutter einbezogen werden. Für den Fall, dass es zu einer Bewilligung der Intergrationsfachkraft käme, könnte diese auch informiert werden.

Sie sollten individuell sein: Auch wenn ein Fach- oder Sozialziel meist von der gesamten Klasse erreicht werden soll, sind Förderpläne stets für den individuellen Lerner zu erstellen.

Sie sollten ökonomisch in der Erstellung sein: Ein Förderplan sollte die Balance zwischen Zeit und Nutzen stets berücksichtigen. Im Alltag einer Lehrkraft findet sich häufig nicht viel Zeit, umfassende Förderpläne über mehrere Seiten zu erstellen, da diese für jeden Schüler und jede Schülerin in der Klasse nötig sind. Deshalb sollte er die wichtigsten Aspekte knapp zusammenfassen, um zu gewährleisten, dass diese auch wirklich im Unterricht genutzt werden können. Im besten Fall besteht die Möglichkeit, die Förderpläne fortzuschreiben, um nicht in jedem Halbjahr ein komplett neues Raster erstellen zu müssen. Falls es an der Grundschule ein Muster für Förderpläne gibt, wäre der Förderplan diesem Muster anzupassen.

Sie sollten unterrichtsrelevant sein: Ein Förderplan soll Grundlage für die Umsetzung der Lerninhalte im Unterricht sein, deshalb muss er nah an den unterrichtlichen Inhalten geschrieben werden.

Sie sollten dokumentierend sein: Sowohl die konkreten Förderziele als auch die Maßnahmen, welche zum Erreichen der Ziele notwendig sind, sollten schriftlich festgehalten werden, um für alle Beteiligten einsehbar zu sein. Für den Fall, dass Vertretungsunterricht stattfinden muss oder die Schülerin oder der Schüler an eine neue Klassenlehrerin übergeben wird, kann so der individuelle Lernweg des Kindes nachvollzogen werden.

Sie sollten evaluierbar sein: Die Förderziele und Maßnahmen sollten so festgehalten werden, dass deren Erreichen messbar ist. Das dient der objektiven Beurteilung des Lernwegs und kann unter Umständen Grundlage für einen Zeugniskommentar sein. Für eine Überprüfung eignen sich standardisierte Tests oder eigens konzipierte Tests (z.B. Arbeitsblätter), welche den Fortschritt sichtbar machen können. Auch die Beobachtung in Unterrichtssituationen kann Informationen über das Erreichen eines Ziels vermitteln.

(vgl. Widlak & Witt, 2010).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

6. Gesamtresümee

Ziel dieser Arbeit war es, sowohl die Beobachtung des Schülers Jonas als auch die Ergebnisse der Testung zusammenzufassen. Darauf aufbauend wurde das Prinzip des Förderplans beschrieben und ein individueller Förderplan für Jonas aufgestellt. Diese Arbeit hat deutlich gemacht, wie umfangreich und vielschichtig die Arbeit eines Sonderpädagogen ist, welcher neben dem Unterrichtsalltag für pädagogische Gutachten zuständig ist. Eine Beobachtung ist keinesfalls so leicht wie es sich anhört, was dadurch deutlich wird, dass Jonas zwar konzentriert und still zu arbeiten schien, jedoch nach genauerer Betrachtung seiner Arbeitsergebnisse und nach Rücksprache mit dem Sonderpädagogen deutlich wurde, dass er große Schwierigkeiten dabei hat, sich zu konzentrieren. Erst eine gezielte Beobachtung und die Kontrolle sowie der Austausch mit dem schulischen Umfeld der Schülerinnen und Schüler lassen einen gesicherten Rückschluss darauf zu, wo die Stärken und Schwächen liegen. Erst daraus ergibt sich der Entwicklungsbereich, welcher diagnostisch überprüft werden sollte. Dies alles muss berücksichtig werden, wenn ein Förderplan erstellt werden soll, welcher die wirklichen Förderbedarfe abdeckt. Deshalb ist es für alle angehenden sonderpädagogischen Fachkräfte wichtig, sich in diesen Dingen zu üben, um im späteren Berufsalltag fundierte Entscheidungen über einen nötigen Förderbedarf treffen zu können. Denn diese Beurteilung ist die Grundlage für die Entscheidungen von Eltern, ob sie ich Kind auf eine Förderschule schicken möchte oder im gemeinsamen Unterricht beschulen lassen, und davon hängt meist der gesamte weitere Lebensweg ab. Die Tatsache, dass die nicht revidierte Version des Testinstruments verwendet wurde, schmälert die Belastbarkeit der genauen Daten, jedoch können sie trotzdem für eine Begründung des Förderplans genutzt werden.

Das Schreiben eines Förderplans sollte nicht nur von angehenden sonderpädagogischen Fachkräften geübt werden, sondern auch von den weiteren Lehramtsstudentinnen und -studenten. Denn ein Förderplan kann nicht nur im Rahmen der sonderpädagogischen Förderung erstellt werden, sondern auch für die Schüler einer Regelschulklasse. Hier kann der Fokus vermehrt auf den fachlichen Zielen liegen. Leider findet dieser Aspekt, genau wie viele weitere Inhalte, die für die Inklusion wichtig sind, noch wenig Eingang in das reguläre Lehramtsstudium, was in gemeinsamen Seminaren häufig deutlich wird. Im Zuge der Inklusion ist dies jedoch unverzichtbar.

I. Literatur

Albers, S.; Flott-Tönjes, U.; Oberlack, S.; Ross-Boelhauve, R.; Schumacher, H.; Thamm, J.; Widlak, Ch. & Witt, H (2010). Förderzielorientierte Unterrichtsplanung. In: U. Flott-Tönjes, S. Albers, M. Ludwig, H. Schumacher, B. Storcks-Kemming, J. Thamm & H. Witt (Hrsg.), Fördern planen. Ein sonderpädagogisches Planungs- und Beratungskonzept für Förderschulen und Schulen des Gemeinsamen Lernens (S. 12-71) Bornheim: Vds NRW

Amelang, M.; Zielinski, W. & Schmidt-Atzert, L. (2006). Psychologische Diagnostik und Intervention. Heidelberg: Springer

Bortz, J. & Döring, N (2006). Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Heidelberg: Springer

Heck-Möhling, R. (1993). Konzentrationstest für 3. Und 4. Klassen: KT 3-4. Weinheim: Beltz

Widlak, Ch. & Witt, H. (2010). Förderplan(ung). In: U. Flott-Tönjes, S. Albers, M. Ludwig, H. Schumacher, B. Storcks-Kemming, J. Thamm & H. Witt (Hrsg.), Fördern planen. Ein sonderpädagogisches Planungs- und Beratungskonzept für Förderschulen und Schulen des Gemeinsamen Lernens (S. 80-101) Bornheim: Vds NRW

[...]


[1] Name geändert

[2] Namen und Ort geändert

Fin de l'extrait de 21 pages

Résumé des informations

Titre
AO-SF Verfahren. Diagnostik und Kind-Umfeld-Analyse
Université
University of Dortmund
Note
1,3
Année
2018
Pages
21
N° de catalogue
V496153
ISBN (ebook)
9783346012029
ISBN (Livre)
9783346012036
Langue
allemand
Mots clés
ao-sf, verfahren, diagnostik, kind-umfeld-analyse
Citation du texte
Anonyme, 2018, AO-SF Verfahren. Diagnostik und Kind-Umfeld-Analyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496153

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