Seit Anbeginn der ersten bescheidenen Formen von Verwaltung in den frühesten Tagen menschlicher Zivilisation ist diese immer wieder problemhaft im Verhältnis zu den Herrschenden aufgetreten; das Verhältnis von Bürokratie und Führung war immer auch ein gespanntes. Die Entwicklung des modernen Staates, der ohne die okzidentale Auffassung des Rechts und die Bürokratie nicht möglich gewesen wäre (Eisermann), ließ die Frage nach der eigentlichen Macht der Bürokratie dringender werden, den Zweifel an der Bürokratie als lediglich neutrales Instrument der Herrschenden wachsen und die Befürchtungen, sie entfalte vielmehr eine Eigendynamik, gegen die sich die staatlichen Herrscher kaum durchsetzen können, augenscheinlich werden? Den wohl umfassendsten Ansatz zur Klärung dieser Aspekte finden wir nun bei Max Weber, der mit seiner idealtypischen Darstellung der Bürokratie und ihrem Verhältnis zur politischen Macht an Diskussionen anknüpfte, die die nur schwer realisierbaren Kontrollmöglichkeiten einer Bürokratie durch eine gewählte Volksvertretung thematisierten und neben Forderungen, die ausgebildeten Beamten der Bürokratie, die sich zunehmend dem Willen der Herrschenden entzieht, Volksvertretern zu unterstellen, oder in der Verwaltung auch ehrenamtlich tätige Beamte anzustellen, die eine Art Direktkontrolle über die Bürokraten durch das Volk ausüben sollten, auch als drastischste Maßnahme die Abschaffung der Bürokratie forderten; letzteres in Webers Augen freilich unmöglich. Bei ihm finden wir nicht nur eine kritische Behandlung der Bürokratie, die in engstem Zusammenhang mit der Frage nach Art, Ursprung und Wirkungsweise der politischen Führung bearbeitet wurde, sondern auch eine Erklärung zu der wohl drängendsten Frage, wie angesichts der steigenden Unentbehrlichkeit und der dadurch bedingten steigenden Machstellung des staatlichen Beamtentums Mächte vorhanden sein können, die die ungeheure Übermacht dieser stets an Bedeutung wachsenden Schicht in Schranken halten und sie wirksam kontrollieren. Weber beantwortet diese Frage, indem er den Laien affirmiert, den Nicht-Fachmann, den Politiker als leitende Figur im Beamtenapparat und damit als Gegengewicht zum bürokratischen „stahlharten Gehäuse“.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Die Gefahr der zunehmenden Bürokratisierung
- I. 1 Die Rationalisierung der modernen Lebensverhältnisse
- I. 2 Politik und Bürokratie im Rahmen legal-rationalistischer Herrschaft
- I. 2. 1 Max Webers Herrschaftstypologie
- I. 2. 2 Die Überlegenheit der Bürokratie in der legal-rationalistischen Herrschaft
- I. 2. 3 Die Politik in der legal-rationalistischen Herrschaft
- II. Webers Ansätze zur Kontrollierung der Bürokratie
- II. 1 Der charismatische Führer an der Spitze der Bürokratie
- II. 2 „Idealer“ Beamter versus „idealen“ politischen Führer
- II. 3 Bedingungen für eine bürokratische Usurpation
- II. 4 Die Möglichkeiten der politischen Führung – Die Parteien
- II. 5 Die zwei die Bürokratie kontrollierenden Größen: Monarch und Parlament
- II. 5. 1 Der Monarch
- II. 5. 2 Das Parlament
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Rolle des Politikers als Kontrolleur der Bürokratie in Max Webers Bürokratietheorie. Der Fokus liegt auf den Herausforderungen der zunehmenden Bürokratisierung in modernen Gesellschaften und den Möglichkeiten, die Macht der Bürokratie durch politische Führung in Schach zu halten.
- Die Rationalisierung der modernen Lebensverhältnisse und die Rolle der Bürokratie
- Max Webers Herrschaftstypologie und die Überlegenheit der Bürokratie in der legal-rationalistischen Herrschaft
- Die Bedeutung des politischen Führers als Gegengewicht zur Bürokratie
- Die Möglichkeiten zur Kontrolle der Bürokratie durch politische Institutionen wie Parteien, Monarchie und Parlament
- Die Bedeutung des Laien als politischer Führer und seine Rolle in der Verwaltung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problematik des Verhältnisses von Bürokratie und Führung in der Geschichte dar und führt in Max Webers Bürokratietheorie ein. Kapitel I untersucht die zunehmende Bürokratisierung als Folge der Rationalisierung der modernen Lebensverhältnisse und beleuchtet die Rolle der Bürokratie in der legal-rationalistischen Herrschaft. Kapitel II widmet sich Webers Ansätzen zur Kontrolle der Bürokratie und analysiert die Bedeutung des politischen Führers als Gegengewicht zum bürokratischen Apparat. Es werden verschiedene Möglichkeiten der Kontrolle durch politische Institutionen wie Parteien, Monarchie und Parlament diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Bürokratie, der Rationalisierung, der Herrschaftstypologie, der politischen Führung, dem Laien als Kontrolleur, den Möglichkeiten zur Kontrolle der Bürokratie und den verschiedenen politischen Institutionen. Die Arbeit analysiert Max Webers Theorien und stellt seine Ausführungen zur Beziehung zwischen Bürokratie und politischer Führung dar.
- Citar trabajo
- Dominik Jesse (Autor), 2004, Der Dilettant als Kontrolleur der Wissenden oder Zur politischen Führung in Max Webers Bürokratietheorie, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/51132