Urkundenparodie im Mittelalter an Beispiel Vigil Rabers Consistory Rumpoldi II


Dossier / Travail de Séminaire, 2000

24 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einführung – Hauptthemen der Parodie im Mittelalter
1. Minne
2. Bibel und Liturgie
3. Astrologische und prophetische Schriften
4. Urkundenparodie

Die Urkundenparodie am Beispiel eines Morgenbriefes
1. Die Textsorte „Urkunde“ im Mittelalter
2. Die Urkundenparodie eines Morgengabebriefes
- Bau und Formelhaftigkeit
- Kontext
- Form und Sprache
- Publikum und Geschichte
- Fazit

Literatur

Quellentexte

Parodie – In der Literatur die verspottende,

verzerrende oder übertreibende Nachahmung

eines schon vorhandenen ernstgemeinten

Werkes (auch eines Stils, einer Gattung) oder

einzelner Teile daraus unter Beibehaltung der

äußeren Form (Stil und Struktur), doch mit anderem,

nicht dazu passendem Inhalt.[1]

Die Parodie bedeutet ursprünglich, dem griechischen parydia entsprechend, einen „Nebengesang“ oder „Gegengesang“.[2]

Einführung – Hauptthemen der Parodie im Mittelalter

Minne

Aus der Literatur des Mittelalters sind nur wenige Überlieferungen parodistischer Texte in deutscher Sprache erhalten. Das Parodieren ist nämlich die Sache gebildeter Stände, und die Sprache der Gebildeten im Mittelalter war das Latein. Das heißt, dass das Parodieren zunächst in der Hand von niederen Klerikern und Vaganten lag. Die letzten propagierten diese Gattung meist auf der Landstrasse oder im Wirtshause, d.h. überwiegend nicht in dem Medium der Schriftlichkeit. Dies führte zu dem heutigem Mangel von schriftlichen Aufzeichnungen dieser Dichtung. Die Texte jedoch, die uns heute vorliegen geben uns ein Bild davon, welcher Witz und Geist in dem mittelalterlichem Menschen steckte. Die Parodien haben zu der Zeit meist zwei Ziele: zum einen die Bibel und Liturgie, zum anderen die Minnedichtung ins Lächerliche zu ziehen. Dabei scheuen sie weder Anstößigkeit noch Skrupel vor dem Heiligen.

Der Tannhäuser und Steinmar gehörten zu den bekanntesten Parodisten dieser Zeit welche die Minnedichtung verspottet haben. Bei diesen Parodien wurden meist die Rollen der Frau und des Mannes vertauscht und ihre Attribute gegen sie eingesetzt. Das höfische Leben wurde in den dörpelichen Bereich transponiert, so dass die Bauernhochzeiten z.B. mit den Mitteln und der Sprache der hohen Minne umschrieben worden sind, das Thema jedoch Schlägereien und erotische Exzesse waren. Der Frauendienst fand nicht mehr bei Hofe zwischen dem Ritter und seiner geliebten frouwe, sondern vielmehr zwischen dem Hirten und der Rübensammlerin statt:

„Sumerzît, ich fröwe mich dîn,

daz ich mac beschouwen

eine süeze selderîn,

mînes herzen frouwen.

Eine dirne, die nâch krûte

Gât, die hân ich zeinem trûte

mir erkorn:

ich bin ir ze dienst erborn.“[3]

Auch der Frauendienst selbst wurde parodiert, indem die Minnethematik von der Forderung der Frau ins Maßlose überzogen wurde. Durch diese Technik schlugt der Ernst des Minneliedes in ein lustiges Lügenlied um:

„Ein boum stet in Indian,

groz, den will si von mir han.

minen willen tuot si gar,

seht, ob ich irz allez her gewinne.

Ich muoz bringen ir den gral,

des da pflac her Parzival,

und den apfel, den Paris

gap durch minne Venus der gütinne,“[4]

Die Epen wurden ebenfalls nicht verschont, so z.B. Wittenweilers „Ring“. Die Eposparodie beginnt mit einem Turnier, wo auch der Protagonist Bertschi Triefnas (mit zwei Mistgabeln im Wappen) vorgestellt wird. Beendet wird das Stück in einer blutigen Schlacht am Hochzeitstage. An dieser nehmen viele Helden der Sagen und Epen des Mittelalters teil. An dieser Parodie wurde die Eposstruktur belassen, die Geschehenise wurden aber ins Absurde hin übertrieben (mehr noch als beim Epos sowieso üblich ist!).

Bibel und Liturgie

Der Bereich der Bibel- und Liturgieparodien ist überwiegend anonym. Meist wurden bekannte Lieder und Psalme (wie das Ave Maria oder pater noster) parodiert, indem die Form und Melodie gewahrt wurde, der Text jedoch ein bekannter Gassenhauer oder eine profane Dichtung war.

„Wol uff ir gesellen in die tabern

„Aurea luce rutilat“

Ach lieben gesellen ich drunck so gern

„Sicut cervus desiderat“

Ich weisz kein bessern uff myn won

„A solis ortu cardine“

Uns ist ein fol fasz uffgeton

„Jam lucis ortu sydere““[5]

Hier werden zwei Lieder geschickt verknüpft, und somit ihr Kontrast zueinander unterstrichen: Die Kneipenschlägerei wird in die Form eines Psalms gepresst.

Dem werden die Kontrafakturen entgegengesetzt, welche ein weltliches Lied in ein geistliches umdichten. Die Kontrafakturen haben sogar Parodien als Vorlage, wie im Fall der Steinmarschen „Summerzît, ich fröwe mich dîn...“, wo es dann heißt „Himmelrîche, ich fröwe mich dîn...“, und aus der Rübensammlerin die Mutter Gottes wird.

Astrologische und prophetische Schriften

Eine beliebte Art der Parodie im Mittelalter waren auch die Parodien astrologischen Ursprungs. So zum Beispiel die Lasstafelnparodien. Die Lasstafeln gehörten mit zu den frühesten Erzeugnissen des Buchdrucks. Sie gaben, ausgehend von dem Lauf des Mondes, die günstigen Zeiten für den Aderlass im Jahr an. Da sie sehr bekannt waren, eigneten sie sich besonders gut für die Parodisten.

Eine Lasstafel wurde nach bestimmten festen Mustern verfasst, so dass zuerst die wichtigsten Daten eines Jahres genannt worden sind, der Sonnenbuchstabe, etc. Erst zum Ende der Tafel folgten die wichtigen Daten, die für medizinische Zwecke günstig waren. Anschließend folgten noch die genauen Zeiten der Voll- und Neumonde.

Zu den parodistischen Techniken gehörte die Störung der Kompatibilitätsbeziehung, so dass die Form belassen wurde und bestimmte Erwartung weckte, der Text jedoch ein völlig anderer war:

„Nach dem vnd man zalt dausent eyer vnnd cccc pratwürst

vnd lxxx pfaffen seidlein des aller pesten knie mostes“[6]

liest man, anstatt von:

„Ls man czelt nach Cristi gepurt .M.CCCC. vnd in

dem .lxxxvj. iar“[7]

Eine weitere Technik war die Versetzung des ernstes medizinischen Themas in den Bereich der Ehe, des Beischlafs und des intimen Bereichs:

„Darum ist dise tafel gesetzt [...] nach mitlem lauff des

mannß zwüschenn dem nabel vnd der kniescheyben

kunfftige newen mär vnd pruch der lewt gesetzt

als harnach volget“[8]

Diese Technik beruhte sehr oft auf der gleichen Schreib-, und vielleicht auch Sprechweise der Worte „Mann“ und „Mond“. Dadurch fand man einen bequemen Weg um zwischen den Themen zu wechseln, und das unter Wahrung der Form.

Die Trivialaussagen bildeten die dritte der am häufigsten verwendeten Techniken der Parodie in den Lasstafeln:

„Ydt ock de Vische lenger leven im Water

alse vp drögem Lande“

„In dissem Mane [Juli] wert schön grön Graß wassen

averst vpt leste

wenn men ydt affmeyet

wert dörre Höuw daruth werden.“[9]

Urkundenparodie

Ein weiterer Bereich der mittelalterlichen Parodie war die Urkundenparodie, auf die ich im weiterem Verlauf dieser Arbeit näher eingehen werde. In diesen Texten wurde überwiegend das automatisierte, formelhafte Schreiben und die rechtliche Bedeutung ins Lächerliche gezogen. Es wurden also die formalen Strukturen zum großen Teil beibehalten, das Sprachniveau sankt allerdings fast unter das Niveau der Gosse, und die Sachverhalte die beschrieben wurden, wurden sehr stark verändert und in andere (meist bäuerliche) Bereiche transponiert.

[...]


[1] von Wilpert, Gero: Sachwörterbuch der Literatur; 7 Auflage – Stuttgart: Kröner, 1989

[2] Rotermund, Erwin: Lyrische Parodien, Wiesbaden 1964

[3] Rotermund, Erwin

[4] Rotermund, Erwin

[5] Schweikle, Günther: Parodie und Polemik in mittelhochdeutscher Dichtung, Stuttgart, 1986

[6] Pfister, Silvia: Parodien astrologisch-prophetischen Schrifttums, Pfister. – Baden – Baden: Körner, 1990

[7] Pfister, Silvia

[8] Pfister, Silvia

[9] Pfister, Silvia

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Urkundenparodie im Mittelalter an Beispiel Vigil Rabers Consistory Rumpoldi II
Université
Free University of Berlin
Note
1,3
Auteur
Année
2000
Pages
24
N° de catalogue
V52752
ISBN (ebook)
9783638483780
ISBN (Livre)
9783638662345
Taille d'un fichier
430 KB
Langue
allemand
Mots clés
Urkundenparodie, Mittelalter, Beispiel, Vigil, Rabers, Consistory, Rumpoldi
Citation du texte
Bartosz Nowak (Auteur), 2000, Urkundenparodie im Mittelalter an Beispiel Vigil Rabers Consistory Rumpoldi II , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/52752

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