Systematisierung des Prozessmodells nach R. Schwarzer


Lesson Plan, 2007

70 Pages, Grade: 1,3


Excerpt


1 Inhalt

2 Bedingungsebene
2.1 Bedingungen der Lerngruppe
2.2 Bedingungen der Lehrenden
2.2.1 Zu meiner Person
2.2.2 Bisherige Unterrichtserfahrungen
2.2.3 Persönliche Zielsetzungen hinsichtlich der Lehrtätigkeit
2.2.4 Verhältnis zur Lerngruppe
2.3 Bedingungen der Organisation
2.4 Curriculare und gesetzliche Bedingungen

3 Entscheidungsebene
3.1 Inhaltsstruktur Visualisierung des Inhaltes anhand eines Mindmap
3.2 Fachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik (Sachanalyse)
3.2.1 Einleitung
3.2.2 Gesundheitspsychologie
3.2.2.1 Allgemeines
3.2.2.2 Themenfelder der Gesundheitspsychologie
3.2.2.3 Anwendungsgebiete der Gesundheitspsychologie
3.2.2.4 Theoretische Konzepte der Gesundheitspsychologie
3.2.3 Theorien und Modelle des Gesundheitsverhaltens
3.2.3.1 Psychologischer Erklärungsansatz
3.2.3.1.1 Allgemeines
3.2.3.1.2 Modelle und Theorien: Einteilung & Zusammenfassung
3.2.3.1.3 Das sozial-kognitive Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (Health Action Process Approach) nach R. Schwarzer
3.2.4 Spezielle gesundheitsrelevante Verhaltensweisen und deren mögliche Konsequenzen
3.2.4.1 Safer sex: Kondombenutzung
3.2.4.1.1 Ungewollte Schwangerschaft
3.2.4.1.2 Parasitäre Infektionen (Ein- und Mehrzeller)
3.2.4.1.3 Bakterielle Infektionen
3.2.4.1.4 Infektion mit Candida albicans
3.2.4.1.5 Virale Infektionen
3.3 Didaktische Reduktion
3.4 Themenstruktur der Unterrichtsreihe
3.5 Handlungsstruktur der Unterrichtsreihe
3.6 Herleitung der Lernsituation
3.7 Einbettung der Lehrprobe in die Unterrichtsreihe
3.8 Themen- und Handlungsstruktur der Lehrprobe
3.8.1 Themenstruktur der Lehrprobe (visualisiert):
3.8.2 Handlungsstruktur der Lehrprobe (visualisiert):
3.9 Übergeordnete Ziele der Lehrprobe
3.10 Gewählter didaktischer Ansatz
3.11 Allgemeindidaktische Prinzipien
3.12 Methoden, Medien und Sozialformen

4 Artikulationsschema

5 Literaturangaben
5.1 Publizierte Literatur
5.2 Literatur aus dem Internet
5.3 Literatur aus Zeitschriften/ Broschüren

6 Anhang: Verzeichnis

ABBildungen:

Abbildung 3-1: Sozial-kognitives Prozessmodell gesundheitlichen Handelns (modifiziert nach Schwarzer, 2003, S. 91)

Abbildung 3-2 Themenstruktur der Reihe

Abbildung 3-3Fortsetzung Themenstruktur der Reihe

Abbildung 3-4 Handlungsstruktur der Reihe

Abbildung 3-5 Schematische Darstellung der Themenstruktur der Lehrprobe

Abbildung 3-6 Fortsetzung der schematischen Darstellung der Themenstruktur der Lehrprobe

Abbildung 3-7 Handlungsstruktur der Lehrprobe

Tabellen:

Tabelle 3-1: Herleitung der Lernsituation gemäss den Richtlinien des Landes NRW (2004)

Tabelle 3-2: Fortsetzung Herleitung der Lernsituation gemäss den Richtlinien des Landes NRW (2004)

Tabelle 3-3 Einbettung der Lehrprobe in die Unterrichtsreihe (markierte Spalte: Lehrprobe)

Tabelle 3-4:Fortsetzung der Reihenplanung

Tabelle 4-1 Artikulationsschema der Lehrprobe

Tabelle 4-2 Artikulationsschema Fortsetzung

Tabelle 4-3 Artikulationsschema Fortsetzung 2

Tabelle 4-4 Artikulationsschema Fortsetzung 3

2 Bedingungsebene

Aufgrund meiner begrenzten Unterrichtserfahrungen in dieser Lerngruppe enthalten die Ausführungen zur Bedingungsebene neben meinen eigenen auch eine Reihe von Wahrnehmungen anderer Kollegen.

2.1 Bedingungen der Lerngruppe

Bei der unterrichteten Lerngruppe handelt es sich um eine Klasse des vollschulischen Bildungsganges der Fachoberschule. Der Bildungsgang „Fachhochschulreife und berufliche Kenntnisse“ in der Fachrichtung Sozial- und Gesundheitswesen bereitet auf das Studium an einer Fachhochschule vor. Diese Ausbildung dauert zwei Jahre. Die Fachhochschulreife wird durch eine staatliche Prüfung am Ende der Jahrgangsstufe 12 erworben.

Die Klassenstärke in der Fachrichtung „Soziales und Gesundheit“, in dem der Unterricht erfolgt, beträgt zur Zeit sechs, insgesamt besteht die homogene weibliche Lerngruppe jedoch aus 16 Teilnehmerinnen (TN). Das Alter variiert dabei von 17 bis 19 Jahren. Die jungen Frauen sind allesamt ledig und kinderlos. Alle Teilnehmerinnen verfügen über den Sekundarabschluss eins; vier erreichten den Abschluss an einer Realschule, zwei erwarben die Fachoberschulreife nach Klasse zehn der Hauptschule, Typ B. Zwei der TN absolvierten nach ihrem Schulabschluss bereits einen Bildungsgang an der Liebfrauenschule. Dabei erwarb eine TN die berufliche Grundbildung im Berufsfeld „Hauswirtschaft und Ernährung“, die Zweite eine identische Qualifikation im Bereich „Sozial- und Gesundheitswesen“.

Jede der sechs TN führte in der Jahrgangsstufe 11 bereits ein Jahrespraktikum im sozialen Bereich durch. Die TN waren zur Hälfte in pflegerischen Institutionen tätig und zur anderen Hälfte in erzieherischen Einrichtungen. Diese Verteilung deckt sich mit den zukünftigen Berufswünschen der TN. Eine der TN stammt gebürtig aus dem Ausland. Obwohl sie schon seit einigen Jahren in Deutschland lebt, sind Sprachbarrieren zu erwarten. Es ist sowohl für die übrigen TN als auch für mich als Dozentin teilweise sehr schwierig, der TN inhaltlich zu folgen. Sie macht jedoch den Eindruck, dem Unterrichtsinhalt folgen zu können. Die Problematik bei ihr besteht eher in der Ausformulierung von Sätzen.

Mit dieser Sprachproblematik gehen die anderen TN rücksichtsvoll um, auch wenn es zum Teil erhebliche Verzögerung im Unterrichtsablauf gibt, da viele Begrifflichkeiten nicht bekannt sind und erläutert werden müssen.

In der jetzigen Form befinden sich die TN bereits in der Mitte des zweiten und letzten Jahres ihrer Schulausbildung. Die Gruppenstrukturen sind demnach gefestigt. Es haben sich zwei kleine „Grüppchen“ gebildet. Eine der TN ist eher eine Einzelgängerin, und es fällt ihr etwas schwerer, sich in die bestehenden Gruppierungen zu integrieren. Problematisch kann das unter Umständen bei einer von außen gelenkten Gruppenbildung sein, da es mehrere TN gibt, die lieber zusammen arbeiten möchten. Allerdings sind gerade diese Konstellationen für den Lernerfolg wenig sinnvoll. Das hat für mich als Dozentin zur Folge, dass ich mich womöglich einschalten muss, um die Gruppenfindung für die Betroffenen zu erleichtern.

Die Leistungsfähigkeit und das Konzentrationsvermögen sind mäßig ausgeprägt. Oftmals können die TN auf Vorwissen nicht zurückgreifen und Informationen nicht in Zusammenhängen abrufen. Weiterhin fehlt es vielen TN an Methodenkompetenz. Vielfach sind sie nur mit begrenzten Lernmethoden ausgestattet. Das gestaltet die Auswahl der Methoden etwas schwieriger. Oftmals erfolgt der Unterricht in Gesprächen, bei denen sich nur wenige TN aktiv integrieren. Die TN wenden die Methode des Mindmap, der Kartenabfrage sowie die Erstellung eines Flussdiagramms problemlos an.

Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit sind der Lerngruppe als Sozialformen im Unterricht vertraut. Relativ gut ist der Umgang mit Gruppenarbeiten. Gruppenregeln wie Zeitwächter, Präsentator etc. sind hinlänglich bekannt. Während meiner ersten Unterrichtsstunden habe ich die Erfahrung gemacht, dass man als Lehrkraft die TN öfter darauf hinweisen muss, sonst werden diese Regeln nicht konsequent umgesetzt. Bei der Präsentation von Gruppenergebnissen fällt es den TN nicht allzu schwer, sich vor der Gesamtgruppe zu artikulieren. Hier kommt ein positiver Aspekt der sehr kleinen Lerngruppe zum Tragen.

Es ist in der Gruppe notwendig, klare Zeitabsprachen zu treffen, da die TN dazu neigen bei einer ungenauen Zeitangabe von der eigentlichen Aufgabe abzuschweifen. Die meisten TN sind geübt in der Erarbeitung von Texten, beanspruchen dafür dennoch viel Zeit. Ein Teil der Lerngruppe zeigt allerdings Schwierigkeiten bei der Unterscheidung von wesentlichen und unwesentlichen Aspekten, sie können diese nur schwer aussondern und zusammenfassen.

Bezüglich der Personalkompetenz ist die Reflektionsfähigkeit unterschiedlich ausgebildet. Die TN üben selten oder gar keine konstruktive Kritik. Manchen fällt es schwer, die eigene Leistung realistisch einzuschätzen. Drei der TN sind eher ruhig und distanziert bei der Plenumsarbeit, tragen aber in Gruppenarbeiten einen deutlichen Anteil zum Ergebnis bei.

Die TN verfügen bezüglich der Thematik über folgende Fachkompetenz: Sie sind vertraut mit dem Salutogenesemodell nach Antonovsky, dem Modell des Gesundheitsverhaltens „Phasen der Veränderungen“, sie definieren die Begriffe „Gesundheit und Krankheit“. Sie haben sich bereits mit gesundheitsrelevantem Verhalten in anderen Sinnzusammenhängen beschäftigt. Bekannt sind zudem Verhaltensweisen und mögliche Konsequenzen bei „Nichtbeachtung“ zu den Gesichtspunkten „Ernährung“, körperliche Aktivität“ und „Rauchen“.

Die Lerngruppe hat partiell Aspekte der Gesundheitsförderung bearbeitet.

2.2 Bedingungen der Lehrenden

2.2.1 Zu meiner Person

Ende September 2000 schloss ich meine dreijährige Ausbildung zur Krankenschwester erfolgreich ab. Danach folgten drei Jahre Berufstätigkeit, wobei ich vor allem in der chirurgischen und Intensiv-/ Anästhesieabteilung beschäftigt war.

Im Oktober 2003 nahm ich ein Studium, Studiengang Pflege auf und beendete meine Vollzeitbeschäftigung auf eigenen Wunsch. Dort bemerkte ich jedoch zeitig, dass im Studium Schwerpunkte gesetzt waren, die meinen Interessen nicht entsprachen. Aus diesem Grund folgte 2004 ein Wechsel zum Studiengang Pflegepädagogik.

Seit Beginn des Studiums arbeite ich nebenberuflich in der ambulanten Kranken- und Altenpflege.

2.2.2 Bisherige Unterrichtserfahrungen

Zu Beginn meines Studiums erstreckten sich meine Erfahrungen betreffend „Unterricht“ lediglich auf Wundberatungen von Patienten und deren Angehörigen, sowie Anleitungen zur selbstständigen Wundversorgung.

In meinem ersten Praktikum an einer Krankenpflegeschule unterrichtete ich in Form von Team-Teaching 16 Stunden zu dem Thema „Atmung“. Auch das zweite Praktikum führte ich wieder zusammen mit einer Kollegin durch. Auch hier setzten wir auf die schon bewährte Form des Team-Teachings. Jedoch legten wir beide Wert darauf, auch „allein“ vor den Seminarteilnehmern zu (be-) stehen. So gestalteten wir das Seminar in der berufsqualifizierenden Weiterbildungsmaßnahme zum Teil gemeinsam und auch in Anteilen eigenständig. In dem dritten Kurzzeitpraktikum war es mir ein großes Anliegen, vollständig autark zu arbeiten. Es ist doch eine andere Erfahrung, eigenverantwortlich zu agieren, ohne Stütze im Hintergrund. Auch war mir in dem letzten Praktikum die Lerngruppe sehr wichtig. Ich habe mich bewusst an einem Berufskolleg beworben, um für mich die Lehrtätigkeit an anderer Stelle zu testen.

2.2.3 Persönliche Zielsetzungen hinsichtlich der Lehrtätigkeit

Für mich gilt, dass ich die Unterrichtserfahrungen aus den Kurzzeitpraktika samt der verbesserungswürdigen und positiven Faktoren in dieses Praxissemester einbringen möchte. Die in den letzten vier Semestern erlernten und eingeübten Methoden und die Kenntnisse weiterer didaktischer Ansätze möchte ich in diesem Semester in die Praxis umzusetzen.

Diesmal konzentriere ich mich auf die Stoffvermittlung bezogen auf multiple Lerngruppen. Zudem erwarte ich vom Praxissemester eine gewisse Routine in der Vorbereitung, der Durchführung und natürlich in der Nachbereitung von Unterrichtsinhalten.

Weiterhin möchte ich eine gute Kommunikation mit den Lerngruppen erreichen. Ich versuche sie für die Unterrichtsthemen zu motivieren.

Neu für mich ist die Unterrichtsvorbereitung parallel in mehreren Klassen. In diesem Praxisabschnitt unterrichte ich in mehreren sehr heterogenen Lerngruppen. Hier sehe ich für mich eine große Chance, meine berufliche Handlungskompetenz weiter auszubauen. Ich muss zwangsläufig immer wieder auf unterschiedliche Lerngruppen eingehen, und auch die Unterrichtsinhalte immer wieder auf die sehr heterogenen Lerngruppen zuschneiden.

2.2.4 Verhältnis zur Lerngruppe

Bereits nach wenigen Stunden meines Unterrichtes fühle ich mich von der Lerngruppe als Dozentin akzeptiert. Zwischen der Lerngruppe und mir herrscht ein freundlicher Umgangston. Die Lerngruppe ist mir gegenüber aufgeschlossen und interessiert. Das Verhältnis ist offen und ehrlich. Für die noch ausstehenden Stunden, wünsche ich mir, dieses Verhältnis weiter ausbauen und die Teilnehmerinnen für das Unterrichtsthema hinreichend begeistern zu können.

2.3 Bedingungen der Organisation

Das Berufskolleg bietet eine Vielzahl an verschiedenen Bildungsgängen mit dem Schwerpunkt „Ernährung und Hauswirtschaft“ sowie „Sozial- und Gesundheitswesen“. Diese lassen sich untergliedern in:

- Berufsfachschule

- Ernährung und Hauswirtschaft
- Kinderpfleger/in
- Sozialhelfer/in

- Einjährige Berufsfachschule

- Ernährung und Hauswirtschaft
- Sozial- und Gesundheitswesen

- Fachoberschule

- Ernährung und Hauswirtschaft
- Sozial- und Gesundheitswesen

- Zweijährige Berufsfachschule

- Sozial- und Gesundheitswesen

- Fachschule für Sozialwesen:

- Sozialpädagogik
- Heilerziehungspflege (schulisch und berufsbegleitend)
- Heilpädagogik

- Bildungsgang Allgemeine Hochschulreife

An diesem Berufkolleg, einer sogenannten staatlich anerkannten Ersatzschule, können die Fachoberschulreife, Fachhochschulreife und die Allgemeine Hochschulreife als schulische Abschlüsse erzielt werden. Innerhalb der Berufsbildung können Abschlüsse als Heilpädagoge/in, Heilerziehungspfleger/in, Sozialhelfer/in, Kinderpfleger/in erworben werden. Insgesamt werden etwa 830 Lernende von einem Kollegium von etwa 60 Lehrenden unterrichtet.

Ferner zu den organisatorischen Bedingungen der Räumlichkeiten:

Der „Klassenraum“ für den Unterricht liegt im Erdgeschoss im „Altenteil“ der Schulanlage. Der Raum an sich ist nicht als Klassenraum ausgelegt und nicht schultypisch ausgestattet. Er wird jedoch aufgrund der Lerngruppengröße als solcher genutzt. Sonst dient diese Räumlichkeit dem Kollegium als kleiner Konferenzraum. Der Raum ist ausreichend hell.

Zur Verfügung steht eine genügend große Klapp- Tafel und genug Kreide, ein Overhead- Projektor und Gardinen, um den Raum etwas abzudunkeln. Die Tische sind in einer Ovalform angeordnet, so dass die Teilnehmerinnen (TN) sich beinahe gegenübersitzen. Diese Anordnung ist sehr positiv zu sehen im Zusammenhang mit Unterrichtsgesprächen und Diskussionsrunden. Eher störend wirkt diese Raumeinteilung bei Gruppenarbeiten: Die TN müssen sich bezüglich ihrer Lautstärke sehr zurück nehmen, bzw. eine Gruppe ist oftmals gezwungen, den Raum zu verlassen. Zugleich wirkt sich die Raumgröße und -aufteilung bei der Projektion von Overhead-Folien nachteilig aus. Ungeachtet von welcher Position die Folien projiziert werden, ist die Sicht von einigen TN zwangsläufig etwas eingeschränkt.

Die Stunden sind aufgeteilt in 90-Minutentakten. Diese 90 Minuten werden durch einen Gong signalisiert. In einem naheliegendem Raum wird montags in den ersten beiden Unterrichtsstunden das Fach „Musik“ gelehrt, wodurch es zu akustischen Störungen kommen kann.

2.4 Curriculare und gesetzliche Bedingungen

Die Schule richtet sich nach dem Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15. Februar 2005 (Landtag Nordrhein-Westfalen, 2005) sowie nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung Berufskolleg (APO-BK) vom 26. Mai 1999 (Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein-Westfalen, 1999). Die gesetzlichen Bedingungen für die Bildungsgänge der Fachoberschule der Klassen 11, 12 und 13 ergeben sich aus den Richtlinien und Lehrplänen zur Erprobung für das Berufskolleg in Nordrhein-Westfalen vom 14. Juni 2004 gemäß der APO-BK Anlagen C9, C10, C11, D29 Ministerium für Schule, Jugend und Kinder des Landes Nordrhein- Westfalen, 2004). Ein schulinternes Curriculum besteht für diesen Bildungsgang nicht (weiteres vgl. Punkt 3.6 „Herleitung der Lernsituation“).

3 Entscheidungsebene

3.1 Inhaltsstruktur Visualisierung des Inhaltes anhand eines Mindmap

(Anlage A)

3.2 Fachwissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Thematik (Sachanalyse)

3.2.1 Einleitung

„Eine Angewohnheit kann man nicht aus dem Fenster werfen. Man muss sie die Treppe hinunterboxen, Stufe für Stufe.“ (Mark Twain)

Um Gesundheitsverhalten zu erfassen und um Erklärungen abzuleiten, muss man sich unter anderem mit dem Teilgebiet der Psychologie, der Gesundheitspsychologie, auseinandersetzen. Die Gesundheitspsychologie befasst sich mit dem menschlichen Verhalten und Erleben, besonders im Hinblick auf gesundheitliche Risiken, Schädigungen, aber auch, wie ein Optimum an Gesundheit zu erreichen ist.

3.2.2 Gesundheitspsychologie

3.2.2.1 Allgemeines

Wenn man sich mit diesem Teilgebiet der Psychologie auseinandersetzt, kommt man zwangsläufig zu der Frage: Was ist Gesundheit? Was ist Krankheit?

Es existieren vielfältige Ansätze zur Definition von Gesundheit und Krankheit. Diese orientieren sich an verschiedenen Gesundheitsnormen in den verschiedenen Kulturkreisen (vgl. BZgA, 2001, S. 15). Vorstellungen über die Definition von Gesundheit und Krankheit variieren demnach in den unterschiedlichen Gesellschaften und/oder Gruppen, in denen wir uns bewegen. Im Alltag wird Gesundheit entweder „negativ“ oder „positiv“ auslegt. Eine sogenannte „negative“ Sichtweise von Gesundheit und Krankheit prägt das biomedizinische Modell, entstanden im 19. Jahrhundert. Gesundheit wird in diesem Modell als Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen definiert. Krankheit hingegen wird als Abweichung von einer Norm verstanden und ausschließlich auf genetische und externe Ursachen zurückgeführt.

Mit externen Ursachen sind beispielsweise Bakterien und Viren gemeint. Somit gibt es nach diesem Modell keine Verantwortung für die eigene Gesundheit, Körper und Geist werden getrennt wahrgenommen (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 18-19). Abgelöst wird diese Denkweise im 20. Jahrhundert mit der Erweiterung des Modells durch den Sozialmediziner Engel. Engel entwickelt ein Modell, in dem sowohl die somatischen als auch psychosoziale Faktoren zur Erklärung von Erkrankungen hinzugezogen werden (vgl. BZgA, 2001, S. 17). Eine Idealnorm von Gesundheit setzt die weit verbreitete Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von 1948: „Gesundheit ist der Zustand eines vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit und Gebrechlichkeit“.

Die Konzepte von Gesundheit und Krankheit sind also nicht eindeutig definierbar. Es besteht heutzutage allerdings eine weitgehende Einigkeit darüber, dass Gesundheit/Krankheit mehrdimensional betrachtet werden muss. Das bedeutet, dass neben physischem und psychischem Wohlbefinden zur Gesundheit/Krankheit auch Leistungsfähigkeit, Selbstverwirklichung und Sinnfindung dazu gehört (BZgA, 2001, S. 16). Diese Meinung vertritt auch das Fach der Gesundheitspsychologie.

Krankheit und Gesundheit werden nicht länger als dichotome Zustände angesehen, sondern als Endpunkte auf einem Kontinuum erfasst. Um die Belastung einer Erkrankung zu verstehen, werden Auftretenszeitpunkt, Chronizität und die Einschränkung im Alltag herangezogen. Die Unterscheidung in gesund/krank ist abhängig vom subjektivem Befinden eines Betroffenen, den sozialen und moralischen Werten und Normen in seiner Lebenswelt. Betont wird in dem biopsychosozialen Modell die aktive Rolle, die Individuen sowohl bei der Förderung und Erhaltung ihrer Gesundheit, als auch in Genesungsprozessen übernehmen.

Diese aktive Rolle der Betroffenen zu unterstützen ist eines der Ziele der Gesundheitspsychologie.

Ein weiterer, großer Teil der Gesundheitspsychologie beschäftigt sich mit dem Verstehen von Faktoren, die das Gesundheitsverhalten und eventuelle Änderungen des Verhaltens beeinflussen. Zu diesem Thema existieren unterschiedliche Modelle und Theorien, auf die im weiteren Verlauf noch näher eingegangen wird. Diesen Modellen liegt ebenfalls das biopsychosoziale Modell zugrunde. Denn diese Modelle können nur mit der Annahme existieren, dass das Individuum für die eigene Gesundheit mit verantwortlich ist (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 20-21).

Gesundheitspsychologie beschäftigt sich demnach mit dem Verhalten, den Kognitionen, Emotionen und der Motivation bei Erkrankungen, von gesundheitlichen Risiken und Präventionsmaßnahmen. Es geht um die Analyse und Beeinflussung gesundheitsbezogener Verhaltensweisen des Menschen auf individueller und gemeinsamer Ebene. Schwarzer (1997) definiert diese noch recht junge Wissenschaft in einem Vorwort folgendermaßen:

„Gesundheitspsychologie ist ein [...] Beitrag zur Psychologie zur a) Förderung und Erhaltung der Gesundheit, b) Verhütung und Behandlung von Krankheiten, c) Bestimmung von Risikoverhaltensweisen, d) Diagnose und Ursachenbestimmung von gesundheitlichen Störungen, e) Rehabilitation und f) Verbesserung des Systems der gesundheitlichen Versorgung. [...]“ (Schwarzer, 1997, Vorwort).

Die Gesundheitspsychologie integriert dabei Erkenntnisse aus verschiedensten Teilgebieten der Psychologie, z. B. aus der Verhaltens- und Sozialpsychologie, sowie die biopsychosoziale Sichtweise von Gesundheit und Krankheit. Um deutlicher zu machen, worin die Besonderheiten der Gesundheitspsychologie liegen, soll kurz auf ihre Beziehungen zur Verhaltensmedizin und zur Gesundheitswissenschaft (Public Health) eingegangen werden. Die Verhaltensmedizin stellt ein breites interdisziplinäres Feld dar, während die Gesundheitspsychologie als ein Integrationsfach innerhalb der Psychologie angesehen wird. Beide Ansätze gehen von dem Anspruch aus, dass dem Verhalten eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Bewältigung von Krankheiten zukommt. Die Verhaltensmedizin befasst sich mit den Entstehungsbedingungen, der Prävention und der Behandlung von Krankheiten, wobei die Behandlungskonzepte überwiegend im Bereich der klinischen Verhaltenstherapie liegen. Verhaltensmedizin stellt eine Schnittstelle zwischen Medizin und Sozialwissenschaften dar. Gesundheitspsychologie dagegen ist nicht interdisziplinär, sondern sie versteht sich als ein neues psychologisches Fach.

Public Health wird im allgemeinen definiert als Wissenschaft und Praxis der Krankheitsverhütung, Lebensverlängerung und der Förderung psychischen und physischen Wohlbefindens durch gemeindebezogene Maßnahmen. Sie befasst sich interdisziplinär mit der Vorbeugung und Eindämmung von Krankheiten und erarbeitet Empfehlungen für gesundheitspolitische und sozialtechnologische Maßnahmen (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 23- 25; Weitkunat, Haisch& Kessler, 1997, S. 11- 28).

3.2.2.2 Themenfelder der Gesundheitspsychologie

Ein Gegenstand der Gesundheitspsychologie stellt die Erforschung des Gesundheitsverhaltens dar, die im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch ausführlich behandelt wird. Weitere Themenfelder sind: Persönlichkeit und Gesundheit, Stress und Gesundheit, Gesundheitsförderung, soziale Unterstützung und Gesundheit (Ressourcen). Im Folgenden werden diese Themen kurz vorgestellt.

Persönlichkeit und Gesundheit: Hier wird der Frage nachgegangen, ob es Eigenschaftszusammensetzungen und Persönlichkeitsprofile gibt, die eine Disposition zu einer widerstandsfähigeren Gesundheit bzw. Krankheit schaffen. In der Psychosomatik vermutet man schon lange eine Verbindung zwischen einigen Erkrankungen und bestimmten Persönlichkeitseigenschaften. Aus diesem Bereich entstammen auch die sogenannten „Typenmodelle“, entwickelt von H. Dunbar (1943) und F. Alexander (1950). Diese stehen heute jedoch in der Kritik, u. a. wurden diese Aussagen nie validiert. Heute erforscht man in der Gesundheitspsychologie Persönlichkeitseigenschaften und Zusammensetzungen von Personen-Umwelt-Bedingungen, die dazu beitragen, dass Menschen trotz widriger Umstände gesund bleiben (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 123- 146; Schwarzer, 2004, S. 1- 2).

Stress und Gesundheit: Stress wird in dieser Disziplin als Prozess gesehen, der denkbar pathogen wirkt. Der Begriff „Stress“ ist dabei mehrdeutig zu verstehen. Er kann ein Reaktionsmuster auf belastende Reize, Konstellationen von Reizen, die zu solchen Belastungsreaktionen führen oder ein Zusammenwirken von Personen- und Umweltmerkmalen bezeichnen, die ständigen Veränderungen unterworfen sind. Die Gesundheitspsychologie betrachtet in diesem Zusammenhang die verschiedenen Bewältigungsstrategien, die den Individuen zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zu den Stresstheorien der Medizin und Naturwissenschaften wird hier der Schwerpunkt auf die Ressourcen der erfolgreichen Bewältigung gelegt. Ob jemand aufgrund von Stress erkrankt, ist nicht nur abhängig von der stressbesetzten Situation, sondern ebenso von den eingesetzten Bewältigungsstrategien und deren Erfolg (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 89- 122; Schwarzer, 2004, S. 2).

Gesundheitsförderung: Gerade für Interventionsprogramme sind die Erkenntnisse der Gesundheitspsychologie in diesem Bereich von großem Nutzen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Förderung von Gesundheitsverhaltensweisen. Bei chronischen Erkrankungen zielt die Gesundheitspsychologie zudem auf die Vermittlung von Bewältigungsstrategien, die eine Reduktion des Stresserlebens zur Folge haben (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 231- 239; Schwarzer, 2004, S. 4).

Soziale Unterstützung und Gesundheit: Der Schwerpunkt dieses Themengebietes liegt auf der Analyse, in welchem Maß soziale Unterstützung die Gesundheit schützen. Dabei liegt das Augenmerk sowohl auf den Varianten sozialer Interaktionen in Notsituationen, als auch mit den Eigenschaften sozialer Netzwerke an sich.

Von den sozialen Ressourcen weiß man, dass sie den Genesungsprozess günstig beeinflussen. Die Gesundheitspsychologie prüft, welche emotionalen und gesundheitlichen Bedingungen und Konsequenzen den sozialen Ressourcen nachfolgen. Sie differenziert und definiert die Varianten der sozialen Unterstützung (vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S. 147- 180; Schwarzer, 2004, S. 2- 3).

3.2.2.3 Anwendungsgebiete der Gesundheitspsychologie

Wichtige Anwendungsfelder der Gesundheitspsychologie finden sich beispielsweise bei allen Erkrankungen, die auf einen individuellen Lebensstil zurückzuführen sind. An dieser Stelle könnten durch Veränderungen ungesunder oder riskanter Gewohnheiten bedeutende Effekte erzielt werden. Zu den ungesunden Gewohnheiten zählen z. B. das Rauchen, der Bereich der Ernährung, körperliche Aktivität, Kondombenutzung und das Sonnenschutzverhalten. Die gesundheitspsychologischen Modelle und Theorien zur Gesundheitsverhaltensänderung unterstützen Individuen bei der möglichen Änderung ihres ungesunden Lebensstils. Zudem bietet die Gesundheitspsychologie einen wichtigen Beitrag zur Ausbildung von Bewältigungsstrategien von Erkrankungen, wie HIV, Krebs, KHK, etc.(vgl. Knoll, Scholz & Rieckmann, 2005, S.193- 230).

3.2.2.4 Theoretische Konzepte der Gesundheitspsychologie

Biopsychosoziales Modell (u. a. Punkt 3.2.2.1.):

Der Sozialmediziner Engel entwickelte ein Modell zum Gesundheits- und Krankheitsverständnis, welches aus dem Zusammenspiel von drei Komponenten besteht:

- Biologische Faktoren, dazu zählen:
- genetische Prädispositionen wie z. B. Körpergröße, Intelligenz, Erbkrankheiten
- physiologische Funktionsmerkmale, z. B. Funktionstüchtigkeit der Organe
- Psychologische Faktoren:
- kognitive Fähigkeiten
- emotionale Kompetenzen
- motivationale Befähigungen
- Soziale Faktoren:
- Gruppenzugehörigkeit
- soziale Unterstützung
- politische Verhältnisse
- sozio-ökonomische Bedingungen
- sozio-ökologischer Kontext

Gesundheit und Krankheit werden nicht als dichotome Zustände verstanden. Sie werden in einem umfassenden reziproken Verhältnis gesehen, in dem jede Komponente die andere auf vielfältige Weise beeinflussen kann (vgl. Kämmerer, 2006, S. 16- 23).

Salutogenesemodell: „Salutogenese“ bezeichnet die Gesamtheit biologischer, psychischer und sozialer Ressourcen, die Gesundheit zu fördern- und nicht nur die Risiken zu verhindern- vermögen“[...] (vgl. Schwartz, 2003, S. 141). Die ursprünglich pathogenistische Sichtweise, die Gesundheit und Krankheit als dichotome Zustände beschreibt, wird in einer neueren Sichtweise durch A. Antonovsky seit Anfang der 70er Jahre erweitert. Antonovsky fragt in seinem saltogenetischen Ansatz, warum Menschen trotz vieler potenziell gesundheitsgefährdender Einflüsse gesund bleiben. Gesundheit und Krankheit wird auf einem Kontinuum verstanden, auf dem ein Individuum als mehr oder weniger gesund/krank eingestuft werden kann (BZgA, 2001, S. 26). Menschen bewegen sich ständig in krankmachenden Bedingungen. Sie bemühen sich dem etwas entgegenzusetzen, damit der Organismus seine Ordnung aufrecht erhalten kann (Brieskorn-Zinke, 2004, S. 76, 77). Antonovsky stellt in seinem Paradigma der Salutogenese folgende Konstrukte vor:

- Gesundheits-Krankheits- Kontinuum, die Pole des Kontinuums „völlige Gesundheit/körperliches Wohlbefinden“ und „völlige Krankheit/körperliches Missempfinden“ sind nicht zu erreichen für den Menschen. Jeder gesunde Mensch trägt „kranke“ Anteile in sich, ebenso wie jeder kranke Mensch „gesunde“ Anteile in sich trägt.
- Generalisierte Widerstandsressourcen, unter diesem zweiten Kernstück versteht Antonovsky vielfältige Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen. Generalisiert bezieht sich darauf, dass diese Faktoren in unterschiedlichen Situationen wirksam werden. Widerstand bedeutet hier, dass diese Faktoren die gesundheitliche Widerstandsfähigkeit fördern.
- Kohärenzgefühl: mit Kohärenzgefühl ist laut Antonovsky ein Regulationspotenzial gemeint, mit dem das Individuum in der Lage ist Spannungszustände zwischen Stressoren und Widerstandsressourcen aufzulösen. Kohärenzgefühl meint die Grundhaltung die Welt sinnvoll und zusammenhängend zu erleben (Brieskorn-Zinke, 2004, S. 75- 83).

Subjektive Gesundheits-/Krankheitstheorien: Gemeint ist mit diesen Theorien, dass der Betroffene krankheitsbezogenes Wissen aufbaut. Er setzt sich mit seiner Erkrankung auseinander, das heißt, es werden Annahmen formuliert über das Wesen der Krankheit, es werden Erklärungen gesucht und Deutungen vorgenommen. Aus diesem Wissen bauen sich subjektive Theorien auf, die zwei Funktionen erfüllen. Eine Funktion ist, das Weltbild des Betroffenen nach einer schwerwiegenden Diagnose neu zu organisieren und Vertrauen zurück zu gewinnen. Eine andere Funktion für „Nichtbetroffene“ ist weiterhin an die eigene Unverwundbarkeit glauben zu können (Schwarzer, 1997, S. 4, 5).

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Details

Title
Systematisierung des Prozessmodells nach R. Schwarzer
College
University of Applied Sciences Münster
Grade
1,3
Author
Year
2007
Pages
70
Catalog Number
V70184
ISBN (eBook)
9783638619172
File size
777 KB
Language
German
Keywords
Systematisierung, Prozessmodells, Schwarzer
Quote paper
Christiane Mathmann (Author), 2007, Systematisierung des Prozessmodells nach R. Schwarzer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70184

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