Ohne Hauptschulabschluss in den dualen Ausbildungsberuf

Herausforderungen, Unterstützung und Perspektiven für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss in Deutschland


Dossier / Travail, 2020

25 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Zahlen und Fakten in Deutschland.

3. Berufsbildungsperspektiven
3.1 Übergangssystem
3.1.1 Berufsorientierung
3.1.2 Berufsausbildungsvorbereitung
3.1.3 Einstiegsqualifizierung
3.1.4 Sonstige Hilfen beim Übergang
3.2 Duale Berufsausbildu
3.3 Schulische Berufsausbildun

4. Gründe für den Schulabbruc

5. Vorurteile und Ungleichheiten
5.1 Geschlecht und soziale Herku
5.2 Migratio

6. Einmündung in den dualen Ausbildungsberu
6.1 Einmündungsquote der Ausbildungsinteressierten (EQI
6.2 Bewerbereinmündungsquote (BEQ
6.3 Rechnerische Einmündungsquote (REQ

7. Fazit

Literaturverzeichni

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anteil der Abgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss an der Bevölkerung im Alter von 15 bis 18 Jahren in Deutschland 2001

Abbildung 2: Verteilung der Neuzugänge auf die drei Sektoren des Berufsbildungssystems 2012 nach schulischer Vorbildung und Staatsangehörigkeit

Abbildung 3: Entwicklung der Einmündungsquote Ausbildungsinteressierte Frauen und Männer (in %)

Abbildung 4: Die regionale Einmündungsquote ausbildungsinteressierter junger Frauen und Männer in duale Berufsausbildung in Abhängigkeit des Ausbildungsanteils der Dienstleistungsberufe im Jahr 2019

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Mehr Schüler/-innen gingen 2018 ohne Hauptschulabschluss ab

Tabelle 2: Verbleibstatus der ausbildungsinteressierten Personen im Jahr 2019 in Deutschland

1. Einleitung

Sie machen die Minderheit der deutschen Schulabgänger/-innen aus und werden aufgrund dessen oft nicht beachtet. Dennoch gibt es sie. Die Schulabgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss. In einer Zeit, in der gefühlt jede/-r zweite ein Abitur erlangt, sowie ein Studium beginnt, in der das Leistungsdenken und der damit verbundene eigene Leistungsanspruch stetig steigen, bleiben diejenigen ohne Hauptschulabschluss oftmals auf der Strecke. Den eigenen Erwartungen und den Erwartungen des eigenen Umfeldes nicht gerecht werden zu können, schafft Frust und Verunsicherung. Werde ich eine Arbeitsstelle ohne Schulabschluss finden? Kann man ohne Schulabschluss überhaupt genug Geld verdienen, um davon leben zu können? Werde ich zwangsläufig abhängig von Sozialhilfe, obwohl ich auf eigenen Beinen stehen möchte? All diese Fragen könnten im Kopf eines/einer Jugendlichen herumspuken, der/die seinen/ihren Hauptschulabschluss nicht erlangt hat.

Um diese Fragen beantworten zu können, wird im Folgenden untersucht, welchen Herausforderungen, Unterstützungsmöglichkeiten und Perspektiven Jugendliche ohne Hauptschulabschluss gegenüberstehen. Dafür werden zunächst allgemeine Zahlen und Fakten aufgezeigt, die das Auftreten der Zielgruppe in Deutschland repräsentieren. Daraufhin werden die verschiedenen Berufsperspektiven anhand der Sektoren der Berufsbildung dargestellt. Anschließend werden Gründe für den Schulabbruch herausgearbeitet und danach Ungleichheiten, sowie Vorurteile von Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss herausgestellt. Nachkommend werden die Einmündungsquoten in die duale Berufsausbildung betrachtet und analysiert, um dann abschließend zu einem Fazit in Bezug auf die Leitfrage zu gelangen.

2. Zahlen und Fakten in Deutschland

Bundesweit verlässt rund ein Zehntel der Schüler/-innen die allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss. Dies betraf in ganz Deutschland im Jahr 2002 etwa 85.000 Schüler/- innen (Eichhorn & Huter, 2004, S. 11). Eichhorn und Huter (2004, S.11) sehen in dieser Personengruppe ein hohes Problempotenzial, da die zukünftigen Lebens- und Erwerbschancen von Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss bedeutend schlechter seien als die von Jugendlichen, welche einen Bildungsabschluss vorweisen können. Daher sei die Aussicht auf ein Scheitern auch im Berufsleben für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss sehr groß. Innerhalb Deutschlands lassen sich jedoch auch Unterschiede feststellen in Bezug auf den Anteil der Bevölkerung, welcher die allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss verlässt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anteil der Abgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss an der Bevölkerung im Alter von 15 bis 18 Jahren in Deutschland 2001 (Quelle: Statistische Monatshefte Niedersachsen. Niedersächsisches Landesamt für Statistik. 7, 2004.)

Dies wird anhand von Abbildung 1 deutlich. Insbesondere in Nordrhein-Westfalen, Rheinland­Pfalz, Baden-Württemberg, sowie Bayern ist die Quote der Abgänger-/innen ohne Hauptschulabschluss bei Jugendlichen im Alter zwischen 15-18 Jahren mit unter 2,5% sehr gering. In Thüringen und Sachsen-Anhalt ist diese hingegen doppelt bis dreimal so hoch. Im Schnitt betrug die Quote der Abgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss im Jahr 2001 damit ca. 3,2%. Ungeachtet dessen, dass es in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2001 nur wenige Abgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss gab, sind die Zahlen in den vergangenen Jahren auf bis zu 6,1% gestiegen und haben sich somit beinahe verdreifacht. Dies geht aus einer weiteren Statistik von Information und Technik Nordrhein-Westfalen, dem statistischen Landesamt Nordrhein-Westfalens, hervor (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Mehr Schüler/-innen gingen 2018 ohne Hauptschulabschluss ab (Quelle: Information und Technik Nordrhein-Westfalen, 17.Mai 2019.)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Allein für Nordrhein-Westfalen existieren demnach im Sommer 2018 11.522 Schulabgänger­innen ohne Hauptschulabschluss, Tendenz steigend. Zudem scheint dabei im Vergleich das männliche Geschlecht häufiger ohne Hauptschulabschluss die allgemeinbildende Schule abzuschließen als das weibliche Geschlecht (vgl. Tabelle 1).

3. Berufsbildungsperspektiven

Nach dem Abschluss aus der allgemeinbildenden Schule gleiten die ehemaligen Schüler/- innen in einen Übergangsbereich, in dem es sich zu orientieren gilt und eine Berufswahlentscheidung zu treffen. Vielen fällt dies sehr schwer, da sie sich nicht festlegen können oder ihr Abschluss nicht für den Berufsweg reicht, den sie gerne einschlagen würden. Gerade Schulabgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss fehlen dabei oftmals die Perspektiven und es fällt ihnen schwer, den Start in eine Ausbildung zu bewältigen. Nur 29% von ihnen gelingt es, einen Ausbildungsplatz zu finden, während die restlichen 71% sich häufig von einer Bildungsmaßnahme zur nächsten hangeln (Liessem & Nowak, 2019, o.S.).

3.1 Übergangssystem

Das Übergangssystem kann im Allgemeinen als einer von drei Sektoren der Berufsbildung betrachtet werden. Er umfasst Maßnahmen außerschulischer Bildungseinrichtungen und schulischer Bildungsgänge, die zu keinem qualifizierenden Berufsabschluss führen (Autorengruppe Bildungsberichterstattung, 2012, S. 106). Demnach kann in diesem Übergangssystem zum einen ein höherer allgemeinbildender Schulabschluss, sowie nötige Kompetenzen erworben werden, zum anderen dient er durch den Erwerb von Qualifizierungen aber auch als Vorbereitung für die Einmündung in eine Berufsausbildung. Von den Schulabgängern/-innen ohne Hauptschulabschluss landen etwa 71% im Übergangssystem (Liessem & Nowak, 2019, o.S.). Demzufolge beginnt nur ein Viertel der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss eine vollqualifizierende Ausbildung und häufig erleben diejenigen, welche sich im Übergangssystem befinden, auch wiederholte Schleifen in diesem (Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB), 2020, o.S.). Das Übergangssystem umfasst mehrere verschiedene Bildungsmaßnahmen bzw. -angebote. Diese können als vorberufliche Bildung bezeichnet werden, da sie eben nicht für einen Beruf qualifizieren, sondern lediglich die Ausgangssituation für den/die Jugendliche/n verbessern und dadurch seine/ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz erhöhen (Bundesausschuss für Berufsbildung, 1972, S. 5). Die verschiedenen Bildungsmaßnahmen werden nachfolgend erläutert.

3.1.1 Berufsorientierung

Die Berufsorientierung, als eine Bildungsmaßnahme des Übergangssystems, soll Schulabgänger/-innen dazu befähigen, „eine möglichst „passgenaue“ Berufswahlentscheidung treffen zu können“ (Bylinski, U., 2020, S. 26). Häufig wird die Berufsorientierung bereits innerhalb der allgemeinbildenden Schulen angeboten, um eine erste Berufsorientierung zu erhalten. Eine erweiternde Berufsorientierung können Schülerinnen und Schüler durch die Agenturen für Arbeit erlangen oder in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten (Bylinski, 2020, S. 26). Innerhalb dieser überbetrieblichen Berufsbildungsstätten wird das Interesse der Jugendlichen an einer dualen Ausbildung geweckt, indem der Ausbildungsalltag realistisch dargestellt wird. Dies soll den Übergang von der Schule zum Beruf erleichtern und den Blick auf die vielen verschiedenen Berufsfelder erweitern (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2018, o.S.). Ziel der Berufsorientierung in Berufsbildungsstätten ist es zudem, den Jugendlichen ein Betriebspraktikum zu ermöglichen, welches auf die eigenen Interessen, Fähigkeiten und Vorstellungen ausgerichtet ist. Dies bereitet die Jugendlichen auf den Arbeitsalltag vor und bietet zudem die Möglichkeit, von Unternehmen, in denen man das Betriebspraktikum ausübt, einen Ausbildungsplatz angeboten zu bekommen (Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2018, o.S.). Generell wird die Berufsorientierung als ein „lebenslanger Prozess der 7 Annäherung und Abstimmung zwischen Interessen, Wünschen, Wissen und Können des Individuums auf der einen und Möglichkeiten, Bedarf und Anforderungen der Arbeits- und Berufswelt auf der anderen Seite [betrachtet]“ (Butz, 2008, S. 50).

3.1.2 Berufsausbildungsvorbereitung

Eine weitere Maßnahme des Übergangssystems bzw. der vorberuflichen Bildung stellt die Berufsausbildungsvorbereitung dar. Sie „dient dem Ziel, durch die Vermittlung von Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit an eine Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf heranzuführen“ (§1 Abs. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG)). Ist dieses Ziel aus individuellen Gründen nicht erreichbar, wird die Aufnahme einer Berufsbeschäftigung angestrebt. Die Zielgruppe der Berufsausbildungsvorbereitung umfasst Schulabgänger/-innen unter 25 Jahre, die ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und keine berufliche Erstausbildung besitzen. Aber auch Jugendliche, welche die Ausbildungs- bzw. Berufsreife noch nicht erlangt haben, sowie diejenigen, welche durch weitere Förderungen ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern können, werden in der Zielgruppe miteingeschlossen (BIBB, 2020, S. 240). Laut Berufsbildungsgesetz richtet sich die Berufsausbildungsvorbereitung zudem zusätzlich an Personengruppen, die sozial benachteiligt sind oder Lernschwierigkeiten haben und aufgrund dessen „deren Entwicklungsstand eine erfolgreiche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf noch nicht erwarten lässt“ (§68 Abs. 2 BBiG). Die Dauer einer Berufsausbildungsvorbereitung umfasst i.d.R. maximal elf Monate, lässt sich in Ausnahmefällen aber auch verlängern. Eine Begründung für die Verlängerung einer Berufsausbildungsvorbereitung wäre dabei z.B. eine vorliegende Behinderung (BIBB, 2020, S. 241). Verallgemeinert lässt sich die Berufsausbildungsvorbereitung in schulisch und außerschulisch unterteilen. Die außerschulische Berufsausbildungsvorbereitung ist an Bildungsträgern angesiedelt, wie z.B. der Bundesagentur für Arbeit. Dort können Jugendliche berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen erhalten, die zum Erwerb der Ausbildungsreife bzw. Berufseignung befähigen sollen und die Vermittelbarkeit am Arbeits- bzw. Ausbildungsmarkt durch weitere Förderung erhöht (Bylinski, 2020, S. 26). Die schulische Berufsausbildungsvorbereitung wird hingegen von berufsbildenden Schulen vertreten. Dort werden das Ausbildungsvorbereitungsjahr (AJ) oder das Berufsvorbereitungsjahr (BJ) als reguläre Bildungsgänge angeboten. Innerhalb des BJs kann dabei z.B. auch ein Schulabschluss nachgeholt und dadurch die Berufsschulpflicht erfüllt werden. Aufgrund von Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen sind viele Jugendliche jedoch schulmüde, weshalb sie der Schule häufig fernbleiben (Bylinski, 2020, S. 26; Liessem & Nowak, 2019, o.S.). Diese Jugendliche sollten daher auf „Angebote der Jugendhilfe wie Schulsozialarbeit und Jugendberufshilfe, wo junge Menschen in ihrem Lerntempo und Lernmodus individuelle und sozialpädagogisch begleitete Lern- und Qualifizierungsformen erleben[, aufmerksam gemacht werden]“ (Liessem & Nowak, 2019, o.S.).

3.1.3 Einstiegsqualifizierung

Die Einstiegsqualifizierung dient ebenfalls der Ausbildungsvorbereitung und ist als Förderung zu verstehen. Jugendliche erwerben hierbei Grundkenntnisse in einem Beruf, welche die Chancen erhöhen, anschließend übernommen zu werden und sich dadurch einen Ausbildungsplatz zu sichern (Liessem & Nowak, 2019, o.S.). Die beruflichen Grundkenntnisse richten sich dabei „an d[ie] Inhalte[...] eines anerkannten Ausbildungsberufes“ (BIBB, 2020, S. 241). Die Einstiegsqualifizierung vermittelt und vertieft zudem Grundlagen für das Erlangen von beruflicher Handlungsfähigkeit und richtet sich dabei v.a. an Jugendliche, welche aus individuellen Gründen eine eingeschränkte Vermittlungsperspektive haben und als Ausbildungsbewerber/-innen bei der Agentur für Arbeit gemeldet sind, welche noch nicht vollkommen über die erforderliche Ausbildungsreife verfügen, sowie an sozial benachteiligte und lernbeeinträchtigte Ausbildungssuchende (§54a Abs. 2 Sozialgesetzbuch (SGB) III). Damit kann die Einstiegsqualifizierung als eine Art Türöffner für Jugendliche mit erschwerten Vermittlungsperspektiven verstanden werden. Sie umfasst eine Dauer von mindestens sechs und maximal zwölf Monaten und hat darüber hinaus auch nicht vollzeitschulpflichtige Jugendliche zur Zielgruppe, welche das 25.Lebensjahr noch nicht erreicht haben, sowie Ausbildungsinteressiere, die nach dem 30.September der jeweiligen Jahres noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben (BIBB, 2020, S. 241). Des Weiteren hat sich die Einstiegsqualifizierung innerhalb der letzten Jahre vielerorts zu einer beliebten Bildungsmaßnahme entwickelt, um Flüchtlinge an die Ausbildungsbetriebe heranzuführen (BIBB, 2020, S. 241-242).

3.1.4 Sonstige Hilfen beim Übergang

An Übergangspassagen bzw. sogenannten kritischen Übergängen existieren bereits viele Maßnahmen, welche Jugendliche absichern und ihnen Anschlussstellen bieten sollen. Dies soll dazu beitragen, einen Ausbildungsabschluss gewährleisten zu können. Jugendliche mit speziellem Förderbedarf, sowie mit ungünstigen Ausgangsvoraussetzungen haben darüber hinaus aber auch viele Hürden, welche sie in ihrem Bildungs- und Erwerbsleben meistern müssen, weshalb Hilfen beim Übergang von verschiedensten Seiten finanziert werden. Die Berufseinstiegsbegleitung wird so z.B. über das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) finanziert (BBIB, 2020, S. 237). Außerdem werden die Beratung und Begleitung von Jugendlichen zusätzlich durch die Kooperation der verschiedenen rechtskreisübergreifenden Kommunen unterstützt, welche als sogenannte Jugendberufsagenturen fungieren. Deren Ziel ist es, lokal alle Jugendlichen zu erreichen und ihnen passgenau die bestmögliche Beratung und Begleitung aus dem breiten Angebotsspektrum zu bieten. Um dies gewährleisten zu können, sind in Deutschland bereits an über 370 Standorten Jugendberufsagenturen gebildet worden. (BBIB, 2020, S. 237).

3.2 Duale Berufsausbildung

Als zweiter Sektor der Berufsbildung kann die duale Berufsausbildung benannt werden. Die duale Berufsausbildung erfolgt, wie der Name es bereits vermuten lässt, überwiegend in einem dualen System. Dies bedeutet, dass die Ausbildung einerseits in einem Betrieb und andererseits in der Berufsschule erfolgt. Die Auszubildenden machen ihre Ausbildung demnach an zwei kooperierenden Lernorten (Schmitz, k.D., o.S.). Das Ziel der dualen Berufsausbildung ist es einerseits, „die notwendigen Kompetenzen und Qualifikationen für die Ausübung einer qualifizierten Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt zu vermitteln“ (Schmitz, k.D., o.S.) und andererseits, Berufserfahrung zu ermöglichen. Dadurch wird Auszubildenden nach erfolgreichem Abschluss eine unmittelbare Ausübung ihres Berufes als qualifizierte Fachkraft ermöglicht. Die Dauer der dualen Berufsausbildung beträgt, je nach Beruf, i.d.R. zwei bis drei Jahre, kann aber auch dreieinhalb Jahre betragen. Um in eine duale Berufsausbildung zu starten, bedarf es zudem keine formalen Zugangsvoraussetzungen und ist demnach auch für Schulabgänger/-innen ohne Hauptschulabschluss möglich. Die meisten Auszubildenden verfügen mit dem Eintritt in eine duale Berufsausbildung jedoch über eine Hochschulzugangsberechtigung oder einen mittleren Schulabschluss (Schmitz, k.D., o.S.). Strukturell ist die duale Berufsausbildung so aufgebaut, dass die Auszubildenden die überwiegende Zeit in der Woche im Betrieb verbringen. Lediglich an ein bis zwei Tagen in der Woche werden die Auszubildenden in der Schule unterrichtet. Innerhalb der dualen Berufsausbildung müssen so von Auszubildenden 840 Theorie- und 3600 Praxisstunden erbracht werden (Schmitz, k.D., o.S.; Zöller, 2018, o.S.). Zudem sind in einer Ausbildungsordnung die betrieblich zu erwerbenden Handlungskompetenzen vorgegeben, welche „vom Ausbildungsbetrieb in einem individuellen Ausbildungsplan konkretisiert w[erden]“ (Schmitz, k.D., o.S.). Generell ist eine duale Ausbildung bundeseinheitlich geregelt und findet nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und der Handwerksordnung (HwO) statt (Zöller, 2018, o.S.). Für die Berufsschule werden hingegen, für den berufsbezogenen Unterricht, explizite Rahmenlehrpläne erstellt, welche für alle anerkannten Ausbildungsberufe gelten und sowohl inhaltlich als auch zeitlich mit den jeweiligen Ausbildungsordnungen abgestimmt sind. Außerdem ist die Teilnahme an der Berufsschule für die Auszubildenden i.d.R. verpflichtend, weshalb sie dazu vom Betrieb freigestellt werden. Die Finanzierung erfolgt auf Seiten der Betriebe. Diese übernehmen die betrieblichen Kosten und zahlen den Auszubildenden eine Vergütung, während der Besuch der Berufsschule für die Auszubildenden kostenfrei bleibt. Mit jedem Ausbildungsjahr steigt die Höhe der Vergütung, welche „durchschnittlich etwa ein Drittel des Anfangsgehalts für eine ausgebildete Fachkraft [beträgt]“ (Schmitz, k.D., o.S.). Die duale Berufsausbildung ist auch international anerkannt, da es dadurch gelingt, einen unkomplizierten Übergang von den allgemeinbildenden Schulen in den Beruf zu gestalten. (Schmitz, k.D., o.S.).

3.3 Schulische Berufsausbildung

Den dritten und letzten Sektor der Berufsbildung formt die schulische Berufsausbildung. Diese ist „auf eine berufliche Grundqualifizierung zur Weiterführung einer Berufsausbildung bzw. die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit ausgerichtet“ (Schmitz, k.D., o.S.). Die schulische Berufsausbildung wird etwa von einem Viertel aller Auszubildenden in Deutschland ausgeübt. Sie wird von Berufsfachschulen als Bildungsgang angeboten und findet größtenteils auch ausschließlich in diesem Setting statt. Eine Praxiserfahrung ist in einer schulischen Berufsausbildung lediglich mittels eines Praktikums vorgesehen, welches in einer 2-jährigen Ausbildung mindestens 4 Wochen umfasst (Zöller, 2018, o.S.). Generell beträgt die Dauer eines schulischen Ausbildungsganges, welcher sich mit der Vermittlung von Teilbereichen einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Grundqualifikation beschäftigt, ein bis zwei Jahre. Ausbildungsgänge, die mit der Qualifikation für eine Berufstätigkeit abschließen, dauern hingegen zwei bis drei Jahre. Hierunter fallen insbesondere die Berufe des Gesundheitswesens, welche nicht landes-, sondern bundesrechtlich geregelt sind, wie z.B. Pflegeberufe oder die Ergo- bzw. Physiotherapeutenberufe (Schmitz, k.D., o.S.). Diese Ausbildungen gelten als schulische Ausbildungen, da der Großteil der Ausbildung in Berufsfachschulen absolviert wird. Sie sind jedoch dual strukturiert. Dies bedeutet, dass z.B. Auszubildende der Krankenpflege trotz schulischer Ausbildung eine feste Anzahl an Praxisstunden in Betrieben, sprich z.B. Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen, ausüben müssen (Zöller, 2019, o.S.). Dabei lässt sich als formale Zugangsvoraussetzung, je nach Ausbildungsberuf, bei einer schulischen Berufsausbildung ein Hauptschulabschluss oder ein mittlerer Schulabschluss benennen. Die Inhalte der jeweiligen schulischen Berufsausbildung sind darüber hinaus in verschiedenen Rahmenlehrplänen festgelegt, welche in den Schulgesetzen der Länder enthalten sind. Innerhalb einer schulischen Berufsausbildung erhalten die Auszubildenden, im Gegensatz zur dualen Berufsausbildung, keine Vergütung (Zöller, 2018, o.S.).

4. Gründe für den Schulabbruch

Es gibt viele Gründe, die einen Jugendlichen dazu bewegen, die Schule abzubrechen und ohne Schulabschluss in den Übergangsbereich zu starten, egal an welcher allgemeinbildenden Schulform er/sie sich gerade befindet. Um ein besseres Verständnis dafür zu bekommen, warum viele Jugendliche ihren Hauptschulabschluss nicht schaffen, wird nachfolgend auf eben diese Gründe eingegangen.

Der Begriff des Schulabbruchs wird in internationalen Diskussionen auch als Dropout bezeichnet (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 28-30). Risikofaktoren, die diesen begünstigen, lassen sich in stabile und variable Risikofaktoren unterteilen. Dabei sind stabile Risikofaktoren „geschichtliche oder demografische Charakteristika der Schüler, Familien, Peers, Schulen oder Gemeinden (z.B. gesellschaftliche Rahmenbedingungen)“ (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 30). Häufig kommen stabile Risikofaktoren zum Einsatz, wenn eine große Personengruppe zusammengestellt werden soll. Sie sind nur gering veränderbar und geben auch nur begrenzt nützliche Hinweise, um Präventionsmaßnahmen gegen einen Dropout ableiten zu können (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 30-31). Variable Risikofaktoren liefern hingegen erfolgversprechendere Hinweise zur Entwicklung von Präventionsmaßnahmen. Diese setzen sich nämlich aus „den Schulabbruch bedingende Verhaltensweisen oder Praktiken der Schüler, Familien, Peers, Schulen oder Gemeinden, beispielsweise d[er] Erziehungskompetenz der Eltern [zusammen]“ (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 31). Ein geringer sozioökonomischer Status, ein geringes Bildungsniveau der Eltern, eine hohe Geschwisterzahl oder zerrüttete Familienverhältnisse sind somit Beispiele für variable Risikofaktoren seitens der Familie, die zu einem Schulabbruch führen. Aber auch eine Lernbehinderung, Disziplinprobleme innerhalb des Unterrichts, häufige Klassenwiederholungen, Mobbingerfahrungen oder schlechte Schulleistungen können Gründe für den Schulabbruch eines/einer Schulabgängers/Schulabgängerin sein (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 33). Darüber hinaus begünstigen variable Risikofaktoren einen früheren Schulabbruch eher als stabile Risikofaktoren und beeinflussen das Problemverhalten der Jugendlichen häufiger negativ als die stabilen Risikofaktoren. Außerdem erfahren die variablen Risikofaktoren im Entwicklungsprozess der Jugendlichen auch häufigere Neuanpassungen. Nichtsdestotrotz sind die variablen Risikofaktoren leichter gezielt beeinfluss- bzw. veränderbar, weshalb Interventionen und Präventionsmaßnahmen an dieser Art von Risikofaktor ansetzen sollten (Hennemann, Hagen & Hillenbrand, 2010, S. 31).

5. Vorurteile und Ungleichheiten

Bereits in den allgemeinbildenden Schulen haben viele Jugendliche mit Vorurteilen und Ungleichheiten zu kämpfen, welche oftmals auch Auslöser für eine minder gute Schulleistung oder einen erschwerten Start ins Berufsleben bzw. beim Zugang zur Ausbildung darstellen können. Aufgrund dessen werden diese im Folgenden genauer betrachtet.

[...]

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Résumé des informations

Titre
Ohne Hauptschulabschluss in den dualen Ausbildungsberuf
Sous-titre
Herausforderungen, Unterstützung und Perspektiven für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss in Deutschland
Université
University of Applied Sciences Münster
Note
2,0
Auteur
Année
2020
Pages
25
N° de catalogue
V934373
ISBN (ebook)
9783346255563
ISBN (Livre)
9783346255570
Langue
allemand
Mots clés
ohne, hauptschulabschluss, ausbildungsberuf, herausforderungen, unterstützung, perspektiven, jugendliche, deutschland
Citation du texte
Hannah Marquardt (Auteur), 2020, Ohne Hauptschulabschluss in den dualen Ausbildungsberuf, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/934373

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