Welchen Führungsstil der Full Range Leadership Theory nutzen gestresste Führungskräfte?


Bachelorarbeit, 2015

54 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Stress
2.2 Full Range Leadership Theory
2.2.1 Laissez-Faire
2.2.2 Transaktionale Führung
2.2.3 Transformationale Führung
2.3 Hypothesenherleitung

3 Methode
3.1 Stichprobe
3.2 Forschungsdesign
3.3 Messinstrumente
3.4 Auswertungsstrategie

4 Ergebnisse
4.1 Deskriptive Statistik
4.2 Überprüfung der Hypothesen

5 Diskussion
5.1 Interpretation der Ergebnisse
5.2 Stärken, Limitationen und Konsequenzen für die zukünftige Forschung
5.3 Implikationen für die Praxis
5.4 Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Deskriptive Statistiken, Interkorrelationen und interne Konsistenz

Tabelle 2: Hierarchische Regressionsanalyse mit Kontrollvariablen

Tabelle 3 Interkorrelationstabelle der transformationalen Facetten und Stress

1 Einleitung

„ Wie viele Zeitfenster an sieben Tagen und 24 Stunden gibt es noch, während denen man frei ist von jeder beruflichen und privaten Verpflichtung?“ (Nowack, 2013).

Diese Frage stellt Carsten Schloter seinem Interviewer und richtet damit die Auf­merksamkeit auf den aktuellen Stresspegel der Gesellschaft. Einige Wochen später wird er tot in seiner Wohnung aufgefunden. Medien zufolge haben Stress und seine negati­ven Konsequenzen auf Körper und Geist maßgeblich dazu beigetragen, dass der erfolg­reiche CEO keinen anderen Ausweg mehr sah als den Suizid. Dass er damit keinen Ein­zelfall in der Führungsebene darstellt, verdeutlicht wie verheerend die Folgen von Stress für die Betroffenen sein können.

Auch die Techniker Krankenkasse erkennt die Relevanz der Thematik und veröffent­licht einen Gesundheitsreport zur Stresslage der Nation. Demzufolge tritt Stress zwar in nahezu allen Lebenslagen auf, Zeitnot, Termindruck und die steigende Verantwortung am Arbeitsplatz tragen jedoch maßgeblich dazu bei, dass sich ein Großteil der Bevölke­rung überlastet fühlt (Meusch, 2013). Dabei leiden nicht nur die Betroffenen selbst an den Folgen dieser Überlastung. Auch in wirtschaftlicher Hinsicht sind die Konsequen­zen von Stress deutlich spürbar. Demnach betragen die Kosten von Fehlzeiten, welche als Ausfall an Bruttowertschöpfung definiert sind, in Deutschland ca. 65 Milliarden Euro (Bamberg, & Hoppe, 2013).

Allerdings muss Stress keineswegs nur negative Konsequenzen haben und kann so­gar dazu führen, dass Personen über sich selbst hinauswachsen und Höchstleistungen erbringen. Kommt es allerdings zu Dauerstress, wirkt sich dieser negativ auf die Psyche und schlussendlich auch auf die Leistungsfähigkeit aus (Lohmann-Haislah, 2012).

Wie gravierend die Folgen sein können macht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) deutlich, indem sie Stress als „einer der größten Gefahren des 21. Jahrhunderts" deklariert (Dettmer, Shafy, & Tietz, 2011). Dieser Gefahr sind vor allem Führungskräfte ausgesetzt. Acht von zehn Managern geben an gestresst zu sein. Drei von zehn sogar unter Dauerdruck zu stehen (Meusch, 2013). Dabei gilt Führung als wichtigster Erfolgs­faktor einer Organisation.

Bass (1985) belegt, dass neben den operativen Aufgaben von Führungskräften, die Mitarbeiterführung bei der Erreichung der Unternehmensziele eine ausschlaggebende Rolle spielt. Er entwickelt die Full Range Leadership Theory (FRLT), welche eine Bandbreite an unterschiedlich effektiven Führungsstilen beinhaltet.

Doch welchen Einfluss üben die negativen Folgen von Stress auf das Führungsver­halten von Führungskräften aus?

Ob gestresste Führungskräfte in der Lage sind ihre Mitarbeiter effektiv zu führen und ihrer Vorbildfunktion gerecht zu werden, lässt sich trotz zahlreicher Studien derzeit nicht hinreichend beantworten, da die existierenden Studien häufig das Wohlergehen der Führungskraft und die Auswirkungen auf ihr Verhalten außer Acht lassen. Zahlrei­che Forschungsergebnisse belegen, wie sich die Konstrukte Stress bzw. Führung und im speziellen die unterschiedlichen Führungsstile auf das Verhalten der Mitarbeiter aus­wirken. Wie sich der Trend des steigenden Stresspegels einer Führungsperson auf sei­nen gezeigten Führungsstil auswirkt, wurde jedoch trotz der alarmierenden Schlagzeilen bis dato nicht hinreichend erforscht.

Ziel dieser Studie ist es daher diese Forschungslücke zu füllen und zu überprüfen, welchen Führungsstil der FRLT gestresste Führungskräfte nutzen. Die Ergebnisse sol­len zukünftig dabei helfen Organisationen aufzuzeigen in welchem Maße sich das Stressempfinden der Führungskräfte schlussendlich auf den Unternehmenserfolg aus­wirkt. Diese Erkenntnis soll Offenheit für Stresspräventionen und ähnliche Maßnahmen schaffen und die Führungskräfte damit entlasten.

Zu diesem Zweck werden im Theorieteil zunächst die zentralen Konstrukte der Stu­die vorgestellt. Darauf aufbauend werden, gestützt auf Theorie und Empirie, drei zu untersuchende Hypothesen hergeleitet. Im Anschluss daran wird das methodische Vor­gehen beschrieben, indem die Vorgehensweise der Datenerhebung- und Auswertung erläutert wird. Anschließend folgt die Darlegung der Ergebnisse, welche daraufhin dis­kutiert und interpretiert werden.

2 Theoretischer Hintergrund

Im folgenden Abschnitt wird zunächst die unabhängige Variable Stress untersucht und beschrieben. Um die Forschungsfrage, die dieser Studie zugrunde liegt, beantworten zu können, wird der Fokus dabei besonders auf die Analyse der negativen Konsequenzen von Stress gelegt.

2.1 Stress

Der Ursprung des Begriffs Stress liegt in der Materialwissenschaft, in der er physikali­sche Kräfte bzw. Belastungen bezeichnet, die auf feste Körper einwirken und diese un­ter Umständen verformen. Erst im Jahr 1940 überträgt der Biochemiker Hans Selye den Begriff in die Medizin und zeigt durch seine Forschungsergebnisse, dass sich Belastun­gen auch auf Körper und Geist auswirken (Kaluza, 2012). Er definiert Stress daher als „unspezifische Reaktion des Körpers auf jede an ihn gestellte Anforderung.“ (Litzcke, & Schuh, 2013, S.6; Tache, & Seyle, 1985) und prägt damit das Verständnis von Stress bis heute.

Die externen Anforderungen bzw. Reize, mit denen der menschliche Körper kon­frontiert wird, bezeichnet Selye als Stressoren. Diese treten in nahezu allen Lebensbe­reichen auf und stellen den Auslöser für Stress dar (Selye, 1976; Tache, & Seyle, 1985). Im beruflichen Kontext sind es vor allem psychische und soziale Stressoren wie Versa­gensängste, Zeitmangel und soziale Konflikte die dazu führen, dass Organisationsmit­glieder gestresst sind und sich überfordert fühlen (Litzcke, & Schuh, 2013; Nelson, Basu, & Purdie, 1998). Dabei müssen die Wirkungen von Stressoren nicht zwangsläufig schlecht sein. Eine klar definierte Deadline kann bspw. als Herausforderung wahrge­nommen werden und zu Höchstleistungen motivieren. Darüber hinaus führen derartige Challenge-Stressoren dazu, dass die betroffenen Personen über sich hinauswachsen und sich weiterentwickeln.

Entwickelt sich allerdings Dauerstress oder werden die Stressoren als Bedrohung wahrgenommen, führt dies zu Überforderung und folglich zu einer abnehmenden Per­formance der Betroffenen (Podsakoff, LePine, & LePine, 2005; Webster, Beehr, & Christiansen, 2010).

Wie sich Hindrance-Stressoren und ihre negativen Konsequenzen auf den Führungs­stil betroffener Führungskräfte auswirken, wird diese Studie im weiteren Verlauf her­ausarbeiten. Zunächst wird jedoch anhand des transaktionalen Stressmodells nach La­zarus geprüft wo die Ursache von Stress liegt und wie sich der Prozess der Wahrneh­mung im Einzelnen vollzieht.

Lazarus spricht in seinem Stresskonzept von einer gegenseitigen Wechselbeziehung zwischen dem Menschen und seiner Umwelt. Stress ist daher keinesfalls als stabiler Zustand anzusehen. Vielmehr ist er als dynamischer Prozess zu verstehen, welcher erst durch eine Kombination aus situativen Gegebenheiten und der subjektiven Wahrneh­mung der eigenen Fähigkeiten und Ressourcen entsteht. Entscheidend ist folglich, wie eine Situation eingeschätzt wird und ob die eigenen Ressourcen dazu ausreichen, diese zu bewältigen (Folkman, 1984; Folkman, Lazarus, Gruen, & DeLongis, 1986). Der de­taillierte Ablauf dieses Prozesses lässt sich folgendermaßen beschreiben. Die externen Reize (Stressoren) werden zunächst in zwei Phasen bewertet (Appraisal). In der pri­mären Einschätzung wird geprüft, ob die Situation eine Herausforderung oder eine Be­drohung darstellt. Im Falle einer Bedrohung ist sie als relevant einzustufen und es treten negative Empfindungen wie Angst oder Ärger auf, welche im weiteren Verlauf redu­ziert werden sollen (Folkman, 1984). In der sekundären Einschätzung werden daraufhin die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten geprüft, welche genutzt werden können die unangenehme Situation zu meistern. Sollten diese jedoch nicht ausreichend vorhanden sein und die persönlichen Bewältigungsmöglichkeiten als unzureichend empfunden werden entsteht negativer Stress (Folkman, Lazarus, Dunkel-Schetter, DeLongis, & Gruen, 1986). Im Bewältigungsprozess (Coping) wird anschließend mithilfe einer Co- pingstrategie versucht mit der Situation umzugehen. Hierbei werden zwei zentrale Stra­tegien unterschieden. Zum einen besteht die Möglichkeit die Situation selbst zu verän­dern (Problem-Focused Coping), zum anderen können die empfundenen Emotionen gesteuert werden (Emotion-Focused Coping), um folglich den Bezug zur Situation zu ändern (Folkman, Lazarus, Gruen et al., 1986).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass eine Situation, die längerfristig als un­kontrollierbar empfunden wird, zu Stress führt. Die daraus resultierenden Auswirkun­gen beeinflussen sowohl die Kognitionen und Emotionen der Betroffenen, als auch ihr vegetativ-hormonelles und muskuläres System. In Bezug auf den Aufgabenbereich einer Führungsperson bedeutet Stress eine reduzierte Konzentration und Aufmerksamkeit im Berufsalltag. Außerdem führen kognitive Störungen zu vermehrten Denkblockaden und einem Anstieg der Vergesslichkeit. Besonders kritisch für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen ist die Tatsache, dass Stress zu einer Reduktion der Kreativität führt und das noch bevor es zu einer allgemeinen Beeinträchtigung des Denkvermögens kommt (Litzcke, & Schuh, 2013).

Auch körperliche Beeinträchtigungen wie „zitternde Hände, Rückenschmerzen, Stot­tern oder Spannungsschmerzen (...)“ (Stauder, 2009, S.15) bleiben auf Dauer nicht ver­borgen und können zu Arbeitsunfähigkeit und somit dem Verlust von wichtigen Ent­scheidungsträgern im Unternehmen führen.

Zudem konnten zahlreiche empirische Studien belegen, dass Stress am Arbeitsplatz negativ mit wichtigen erfolgsbezogenen Faktoren wie der allgemeinen Arbeitszufrie­denheit, der Motivation oder der generellen Performance korreliert (Lowe, Kroeck, & Sivasubramaniam, 1996; Podsakoff et al., 2005; Webster et al., 2010). Ferner ist den Ergebnissen der Metaanalyse von Podsakoff, LePine, & LePine (2007) zu entnehmen, dass Stress positiv mit der Kündigungsabsicht der Betroffenen korreliert (r = .30). Dar­über hinaus konnte ein positiver Zusammenhang zwischen Stress und Burnout festge­stellt werden (r = .24), wobei Burnout als eine emotionalen Erschöpfung definiert wer­den kann (Crawford, LePine, & Rich, 2010).

Dass sich psychische und physische Folgen von Stress auch auf das Verhalten der betroffenen Person auswirken, ist anhand der beschriebenen negativen Konsequenzen einleuchtend. Fraglich bleibt jedoch, wie der Führungsstil gestresster Führungskräfte beeinflusst wird. Um dieser Frage nachzugehen ist es notwendig zunächst das Konstrukt der Führung zu definieren.

2.2 Full Range Leadership Theory

In nahezu allen Bereichen ist effektive Führung der Schlüssel zum Erfolg. Demzufolge können zahlreiche Studien belegen, dass sie sowohl auf Regierungsebene ganzer Län­der, als auch in Organisationen und Teams eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt.

Aufgrund der unterschiedlichen Arten von Führung lassen sich zahlreiche Definitionen unterscheiden. Eine dieser Definitionen stammt von Brodbeck, Maier und Frey. Dem- nach bedeutet Führung „(...) andere Personen zu beeinflussen, zu motivieren oder in die Lage zu versetzen, zum Erreichen kollektiver Ziele in Gruppen und Organisationen bei­zutragen“ (Brodbeck, Maier, & Frey, 2002, S. 329f.).

Diese Studie beschäftigt sich im speziellen mit Personalführung in Organisationen und Teams, in denen die Führungskräfte das Bindeglied zwischen der Organisation und den Mitarbeitern darstellen. Ihre Aufgabe ist es strategische Entscheidungen zu treffen und zielorientierte Aufgaben zu verteilen, um zu gewährleisten, dass der Unterneh­menserfolg generiert wird (Byrne et al., 2014). Was darüber hinaus allerdings nicht au­ßer Acht gelassen werden darf, ist die Bedeutung von Mitarbeiterführung. Hierbei kommt es besonders darauf an, dass Führungskräfte Anreize schaffen, die über die mo­netären Reize hinausreichen. Dass eine derartige Anreizgestaltung jedoch nicht durch jeden Forschungsstil gewährleistet wird zeigt die Führungsforschung mittels unter­schiedlicher Theorien. Die bekannteste wird im Folgenden näher erläutert.

Unter einer Vielzahl unterschiedlicher Modelle stellt die FRLT durch ihre hohe Ak­zeptanz in der Management- und Führungsliteratur eines der populärsten und bedeu­tendsten Führungskonzepte dar. Sie wird durch zahlreiche empirische Ergebnisse ge­stützt und ist daher im Bereich der Führung nicht mehr wegzudenken (Antonakis, & House, 2002). Bass und Avolio konnten mithilfe ihrer Studien unterschiedliche Dimen­sionen von Führungsverhaltensweisen herausarbeiten, welche wiederum in der FRLT gebündelt werden (vgl. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Full Range Leadership Theory

Bereits im Jahr 1978 definiert Burns die transaktionale Führung als eine nutzenorien­tierte Wechselbeziehung zweier Parteien, in der das Eigeninteresse durch den Austausch von Ressourcen verwirklicht wird. Als Gegenpol dieses Führungsstils nennt er die transformationale Führung. Die Vermittlung von Zielen höherer Ordnung, sowie von gemeinsamen Visionen und Werten führt zu einer Transformation der Geführten und zu einer starken Verbundenheit innerhalb einer Gruppe (Bass, 1985; Lowe et al., 1996; Antonakis, & House, 2002).

Aufbauend auf diesen Überlegungen entwickelt Bass (1985) die Transaktiona- le/Transformationale Theorie, welche die Basis der FRLT darstellt. Im Gegensatz zu Burns geht er jedoch davon aus, dass eine effektive Führung sowohl transaktionale als auch transformationale Verhaltensweisen beinhaltet. Als Grundlage einer effektiven und erfolgreichen Führung nennt er die transaktionale Führung. Besonders gute Ergebnisse werden allerdings erst durch eine Kombination mit transformationalen Verhaltenswei­sen erzielt (Avolio, & Bass, 1995; Antonakis, & House, 2002; Lowe et al., 1996), wel­che laut Kirkbride (2006) auch die aktivste Dimension der FRLT darstellt.

Die dritte Dimension des Modells stellt sowohl die passivste, als auch die ineffek­tivste Form der Führung dar und sollte daher weitestgehend vermieden werden (An- tonakis, & House, 2002). Durch diese drei Dimensionen bildet die FRLT ein in sich geschlossenes Modell. Die unterschiedlichen Führungsstile und ihre einzelnen Kompo­nenten werden im Folgenden näher beschrieben.

2.2.1 Laissez-Faire

Das zentrale Merkmal von Laissez-Faire ist durch die Abwesenheit jeglichen Führungs­verhaltens gekennzeichnet, weshalb dieser Führungsstil auch als nonleadership be­zeichnet wird (Rowold, & Heinitz, 2007; Yammarino, Spangler, & Bass, 1993). Dem­nach zeigen Laissez-Faire Führende nur sehr wenig Interesse für ihre Arbeit und ihre Angestellten. Sie vermeiden es Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu über­nehmen, sodass ihre Beschäftigten größtenteils auf sich allein gestellt sind. Außerdem sind sie bei Problemen schwer zu erreichen und geben ihren Mitarbeitern weder Ar­beitsanweisungen, noch Hilfestellungen oder Feedback (Einarsen, Aasland, & Skogstad, 2007; Kirkbride, 2006).

Der Vorteil der beschriebenen Verhaltensweisen von Laissez-Faire Führenden ist, dass ihre Mitarbeiter die Gelegenheit haben selbst Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Durch den Rückzug der Führungsperson aus dem Tagesge­schäft haben sie die Möglichkeit ihren eigenen Einfluss zu maximieren und folglich ihren persönlichen Erfolg zu steigern (Deluga, 1990).

Zahlreiche Forschungsergebnisse können jedoch belegen, dass die negativen Konse­quenzen dieses Führungsstils, bzw. des Nichtvorhandenseins jeglicher transformationa- ler oder transaktionaler Führungsverhaltensweisen, überwiegen. Dementsprechend lässt sich eine negative Korrelation zwischen Laissez-Faire und berufsbezogenen Faktoren wie Arbeitszufriedenheit, Motivation und der generellen Performance feststellen (Judge, & Piccolo, 2004). Zusätzlich konnte belegt werden, dass Laissez-Faire im Zusammen­hang zu Rollenkonflikten der Geführten steht (Einarsen et al., 2007). Darüber hinaus weisen sowohl die Metaanalyse von Heinitz et al. (2011), als auch die von Judge & Pic­colo (2004) nach, dass nicht nur die Arbeitsweise der Mitarbeiter unter Laissez-Faire Führenden leidet. Vielmehr reduzieren die destruktiven Verhaltensweisen die Füh­rungseffektivität an sich und beeinträchtigen somit den gesamten Unternehmenserfolg.

2.2.2 Transaktionale Führung

Der transaktionale Führungsstil setzt sich insgesamt aus drei Dimensionen zusammen. Dabei erfasst diese Studie die Verhaltensweisen von Contingent Reward, welche die aktivste und zugleich effektivste Dimension darstellt. Neben dieser kennzeichnen die aktive und passive Form des Fehlermonitoring (Management-by-Exception acti- ve/passive) den transaktionalen Führungsstil (Avolio, Bass, & Jung, 1999) .

Transaktionale Führung im Sinne der bedingten Belohnung ist die klar definierte Wechselbeziehung (Transaktion) zwischen einer Führungskraft und ihren Mitarbeitern. Demnach werden Aufgaben, Belohnungen und Rollenaufteilungen vorab bestimmt. Die Belohnungen sprechen dabei keineswegs nur die monetären Reize der Mitarbeiter an. Vielmehr werden greifbare Gegenleistungen wie zusätzliche Urlaubstage versprochen bzw. menschliche Bedürfnisse durch Lob und Anerkennung befriedigt (Kirkbride, 2006). Da auch die negativen Konsequenzen, die bei einem unerwünschten Arbeitser­gebnis zum Tragen kommen, im Vorhinein besprochen werden, spricht man insgesamt von einem regulierten und fairen Austausch (Antonakis, Avolio, & Sivasubramaniam, 2003; Bono, & Judge, 2004).

Um zu prüfen, ob den Mitarbeitern genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, die erwünschte Leistung erbracht wird oder die Aufgabenstellung Probleme verursacht, beobachtet und kontrolliert die Führungskraft ihre Angestellten. Dieses Verhalten ge­währleistet, dass die Geführten schlussendlich konstruktives Feedback erhalten und dadurch die Möglichkeit haben sich weiterzuentwickeln.

Judge & Piccolo (2004) konnten in ihrer Metaanalyse zeigen, dass die beschriebenen Verhaltensweisen der transaktionalen Führung hohe Korrelationen zur Arbeitszufrie­denheit (r = .64) und Motivation (r = .59) der Mitarbeiter aufweisen. Außerdem wird auch die Führungseffektivität positiv beeinflusst (r = .55), was dazu führt, dass transak­tionale Führung effektiver einzustufen ist als Laissez-Faire. Sie bildet durch die klare Rollen- und Pflichtenverteilung allerdings nur die Grundlage effektiver Führung, da die Mitarbeiter nicht dazu motiviert werden Leistungen zu erbringen, welche über die defi- nierten Ziele hinausgehen (Kirkbride, 2006). Erst die transformationale Führung ver­setzt die Mitarbeiter dazu, über ihr eigenes Interesse hinaus zu handeln, die Unterneh­menswerte als ihre eigenen anzunehmen und Höchstleistungen zu bringen (Bass, 2010).

2.2.3 Transformationale Führung

Das Interesse an transformationaler Führung ist aufgrund ihrer bewiesenen Effektivität enorm hoch. Sie zählt zu den meist erforschten Führungsstilen und wurde neben der charismatischen Führung in den Jahren zwischen 1990 und 2003 häufiger erforscht als alle anderen Führungsstile zusammen (Judge, & Piccolo, 2004).

Die transformationale Führung baut auf der transaktionalen auf, ergänzt diese jedoch um einige ausschlaggebende Faktoren. Podsakoff, MacKenzie, Moorman und Fetter (1990) gelingt es auf Basis bestehender Literatur sechs zentrale Verhaltensweisen einer transformationalen Führungsperson zu identifizieren (Rowold, & Heinitz, 2007). Diese werden im Folgenden kurz erläutert.

Visionen aufzeigen: Die Führungskraft bemüht sich permanent neue Wege für das Team bzw. die Organisation zu finden und strebt nach Fortschritt und positiver Verän­derung. Sie entwickelt eine erstrebenswerte Vision und begeistert ihre Mitarbeiter als eine Art Visionär.

Vorbild sein: Die Führungsperson wird ihrer Vorbildfunktion durch ihr beispielhaftes Verhalten gerecht. Das gezeigte Verhalten entspricht den kommunizierten Werten, so­dass sich die Geführten daran orientieren können.

Gruppenziele fördern: Das Verhalten der Führungskraft zielt darauf ab, die Gemein­schaft innerhalb eines Teams zu fördern und die Mitarbeiter zu motivieren für Gruppen- ziele-/ und Bedürfnisse einzustehen. Dadurch schafft sie eine starke Verbundenheit und Zusammenhalt.

Hohe Leistungserwartung: Die Führungskraft bringt offen zum Ausdruck was sie von ihren Mitarbeitern erwartet. Qualität, hohe Leistung und voller Einsatz ihrer Mitar­beiter ist ihr besonders wichtig und wird daher vorausgesetzt.

Individuelle Unterstützung: Die Gefühle der Mitarbeiter werden mit Respekt behan­delt. Die Führungskraft erkennt Stärken und Schwächen der Mitarbeiter, geht auf diese ein und unterstützt jeden individuell dabei sich weiterzuentwickeln. Das Verständnis für die Angestellten und ein respektvoller Umgang miteinander schafft Vertrauen gegen­über der Führungsperson, was sich wiederum im Arbeitsalltag widerspiegelt.

Geistige Anregung: Die Führungskraft fordert ihre Angestellten auf, die persönliche Arbeitsweise, sowie die Prozesse am Arbeitsplatz permanent zu hinterfragen. Damit gibt sie ihnen die Möglichkeit neue Erkenntnisse zu gewinnen und das eigene Handeln zu optimieren (Deluga, 1990; Podsakoff, MacKenzie, Moorman, & Fetter, 1990; Rowold, & Heinitz, 2007).

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Kombination der einzelnen Facetten dazu führt, dass die Mitarbeiter einen tieferen Sinn in ihrer Tätigkeit sehen. Sie sind im Vergleich mit den anderen Führungsstilen der FRLT erstmals dazu bereit ihre persönli­chen Interessen hinter die der Gemeinschaft bzw. der Organisation zu platzieren und ihr Möglichstes zu geben, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Ihr Ausmaß an Motiva­tion, verbunden mit der Unterstützung ihrer Führungskraft, führt dazu, dass ihre Leis­tungen und Arbeitsergebnisse ein Ausmaß annehmen, welches sie selbst nicht für mög­lich gehalten hätten (Bass, 1985; Yammarino et al., 1993).

Gegenüber der transaktionalen Führung führt die beschriebene zusätzliche Anstren­gung (extra effort) zu einer generellen Effektivitätssteigerung von r = .55 zu r = .64. Zudem steigt die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit der Führungskraft im Vergleich so­gar noch stärker von r = .55 zu r = .71 (Judge, & Piccolo, 2004). Dieser zusätzlich durch die transformationale Führung erzeugte positive Effekt wird in der Literatur als Augmentationseffekt bezeichnet (Felfe, 2006).

In Anbetracht dieser Forschungsergebnisse ist festzuhalten, dass die transformationa­le Führung den mächtigsten Führungsstil FRLT darstellt (Judge, & Piccolo, 2004; Rowold, & Heinitz, 2007).

Die aufgeführten Ergebnisse verdeutlichen, in welchem Ausmaß sich der Führungs­stil auf den gesamten Unternehmenserfolg auswirkt und wie stark der Unternehmenser­folg dementsprechend von ihm abhängig ist. Gleichzeitig wird die Relevanz der voran­gegangenen Forschungsfrage deutlich. Um den Erfolg einer Organisation beizubehalten bzw. seine Effektivität weiterhin zu steigern, gilt es zu prüfen, wie sich der stetig stei­gende Stresspegel auf das Führungsverhalten der Führungskräfte auswirkt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Zusammenhang zwischen Stress und Führungsstilen der FRLT

Die herausgearbeiteten Zusammenhänge zwischen den Variablen werden in Abbil­dung 2 grafisch veranschaulicht. Es wird deutlich, dass die unabhängige Variable Stress Auswirkungen auf das Führungsverhalten ausübt. Wie diese Zusammenhänge im spezi­ellen ausgeprägt sind, wird in der Hypothesenherleitung erläutert.

2.3 Hypothesenherleitung

Bevor geprüft werden kann, wie sich Stress auf den Führungsstil einer Führungskraft auswirkt, ist es notwendig zu verdeutlichen, in welcher Verfassung sie sich befindet bzw. welche Faktoren zum Status Quo führten.

Da sich diese Studie mit dem Verhalten gestresster Führungskräfte beschäftigt, kann mit Bezugnahme auf das transaktionale Stressmodell nach Lazarus davon ausgegangen werden, dass Anforderungen der Umwelt, sei es privater oder beruflicher Natur, bereits als Bedrohung wahrgenommen wurden. Konflikte im Privatleben spielen in Bezug auf das Stresserleben allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Hingegen stellt Arbeit für etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung den Stressfaktor Nr. 1 dar (Meusch, 2013). Demnach lässt sich schlussfolgern, dass die Aufgaben am Arbeitsplatz in der primären Einschätzung bereits zu negativen Gefühlen geführt haben. Im beruflichen Kontext können das beispielsweise Versagensängste sein bzw. die Sorge den gestellten Anforde­rungen nicht gerecht zu werden. In der sekundären Einschätzung wurde anschließend ein persönlicher Ressourcenmangel festgestellt, sodass negativer Stress entstanden ist. Um diesen schnellstmöglich zu bewältigen wird nun eine Copingstrategie gewählt. Auch dieser Schritt führt zu einer starken Belastung der ohnehin knappen Ressourcen (Folkman, Lazarus, Dunkel-Schetter et al., 1986; Folkman, Lazarus, Gruen et al., 1986). Da es jedoch in der Natur des Menschen liegt seine Ressourcen zu schützen bzw. neue hinzuzugewinnen, liegt das größte Bestreben der Führungskraft darin, sich von diesem Verlust zu erholen. Gleichzeitig beanspruchen die Anforderungen am Arbeitsplatz al­lerdings permanent weitere Ressourcen, sodass eine vollständige Regenerierung zumin­dest kurzfristig nicht möglich scheint. Vielmehr ist davon auszugehen, dass weitere Ressourcen komplett aufgebraucht werden und folglich die Überlastung und somit der Stresspegel der Führungskraft weiter ansteigt. Diese Abfolge lässt sich dadurch begrün­den, dass Personen mit wenigen Ressourcen nur beschränkte Möglichkeiten besitzen neue Ressourcen hinzuzugewinnen und nahezu prädestiniert dafür sind weitere Res­sourcen zu verlieren (Hobfoll, 1989).

Dass Stress zu einer reduzierten Arbeitszufriedenheit, sowie einer abnehmenden Mo­tivation und Performance führt wurde bereits erläutert (Podsakoff et al., 2005). Darüber hinaus leidet ein entscheidender, Erfolg versprechender Faktor unter den negativen Konsequenzen. Die Metaanalyse von Podsakoff et al. (2007) belegt, dass sich Stress in einem hohen Ausmaß auf das organisationale Commitment auswirkt. Dieses beschreibt die Identifikation mit den Zielen und Werten des Unternehmens. Ein hohes organisatio­nales Commitment wird durch einen hohen Grad an Loyalität und den Wunsch be­stimmt, auch in Zukunft ein Teil der Organisation zu sein. Da Stress sich allerdings de­struktiv auf das organisationale Commitment auswirkt, distanziert sich die betroffene Führungskraft emotional von ihrer Organisation, sodass sie sich schlussendlich nicht mehr mit ihr identifizieren kann. Die emotionale Distanz führt wiederum dazu, dass die Kluft zwischen den organisationalen Zielen und Werten und den persönlichen Vorstel­lungen immer weiter wächst (Meyer, & Allen, 1991), sodass es schlussendlich sogar zur Kündigungsabsicht seitens der Führungsperson kommt (Podsakoff, LePine, & LePine, 2007).

In Bezug auf das Verhalten der Führungskraft ist folglich davon auszugehen, dass die emotionale Distanz zu einer Organisation und ihren Werten und Zielen dazu führt, dass sie sich auch von den Mitgliedern dieser Organisation, die diese Werte akzeptieren und annehmen, distanziert. Neben dem fehlenden Engagement hinsichtlich ihrer operativen und strategischen Aufgaben, wird infolgedessen auch das Engagement im Hinblick auf die Mitarbeiterführung schwinden. Je mehr Stress sich anhäuft, desto stärker wächst der Wunsch das Unternehmen zu verlassen, um der als unbezwingbar empfundenen Situati­on zu entfliehen. Gleichzeitig entsteht neben der emotionalen Distanz, eine soziale Iso­lation (Eppel, 2007, S.76f.).

Neben diesen Effekten führt das fehlende Commitment dazu, dass die Werte der Or­ganisation nicht vorgelebt und weitervermittelt werden können. Folglich ist davon aus­zugehen, dass einer Vorbildfunktion nicht gerecht werden kann. Das Fehlen von Moti­vation, verknüpft mit dem beschriebenen Erschöpfungszustand, führt außerdem dazu, dass weder Aufgaben verteilt, noch Hilfestellungen angeboten werden.

Die beschriebenen Zusammenhänge lassen schlussendlich darauf schließen, dass eine gestresste Führungskraft dazu tendiert sehr passiv zu führen und nur ein Minimum an Ressourcen in die Mitarbeiterführung zu investieren. Folglich lässt sich die erste Hypo­these wie folgt formulieren.

Hypothese H1: Je höher das Stresserleben der Führungskraft, desto mehr wird Laissez- Faire geführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Der Wirkmechanismus von Stress auf Laissez-Faire

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Ende der Leseprobe aus 54 Seiten

Details

Titel
Welchen Führungsstil der Full Range Leadership Theory nutzen gestresste Führungskräfte?
Hochschule
Technische Universität Dortmund  (Lehrstuhl für Personalentwicklung & Veränderungsmanagement)
Note
1,5
Autor
Jahr
2015
Seiten
54
Katalognummer
V937532
ISBN (eBook)
9783346264923
ISBN (Buch)
9783346264930
Sprache
Deutsch
Schlagworte
HRM, Führung, Stress, Führungsmodell, Full Range Leadership Theory, Laissez-Faire, Transaktionale Führung, Transformational Führung
Arbeit zitieren
Elena Wotschel (Autor:in), 2015, Welchen Führungsstil der Full Range Leadership Theory nutzen gestresste Führungskräfte?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/937532

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