Über die Gedanken eines Anderen nachzudenken bedeutet, sich an dessen Vorstellungen zu orientieren: In diesem Sinne soll ein Gedanke an die «Intuition der Dauer» am Anfang und im Mittelpunkt eines Projektes stehen, welches sich der Wiederbelebung einer Beschreibung von Unbeschreiblichem verschrieben hat. Vorliegende Reflexionen über die Möglichkeiten und Wirklichkeiten der Intuition entspringen der Motivation, ein derartiges Projekt zu verwirklichen: Sie sollen in diesem Sinne der Entwicklung einer Vorstellung von der Philosophie Henri Bergsons, von deren Werdegang sowie von deren zentralem Motiv - einem zur Abstraktion gleichsam verurteilten Gedanken an die Dauer - gewidmet sein. Da es, wie gezeigt werden soll, rein theoretisch ein «Ding der Unmöglichkeit» darstellt, im Rahmen des Abstrakten auch nur eine einzige treffende Äußerung über die Dauer zu tätigen, können sich unsere aktuellen Bemühungen nur darauf beschränken, im Laufe gedanklicher Streifzüge einen Gedanken an die «Intuition der Dauer» im Visier zu behalten. Letztere nun wollen wir im Folgenden umkreisen, wobei wir uns schließlich doch eine Perspektive auf eine möglicherweise zu verwirklichende Verständigung über die Dauer erhoffen: betrachten wir sie also als eine Quelle der Motivation.
Was die Gliederung anbelangt, so hat sich eine Darstellung der Ansichten Bergsons sowie meiner persönlichen Interpretationen im Rahmen von vier Kapiteln angeboten. Sie sind thematisch und in chronologischer Reihenfolge an den vier philosophischen Hauptwerken3 Bergsons orientiert und entsprechen im wesentlichen meiner Vorstellung von einer im Hinblick auf eine Verwirklichung der «Intuition der Dauer» zu durchlaufenden zyklischen
Entwicklung, welche sich - zur Veranschaulichung - auf vier Entwicklungsstadien des Bewußtseins abbilden läßt.4 Im Sinne dieser Gliederung wird in einem ersten Kapitel Bergsons Abhandlung Über die unmittelbaren Gegebenheiten des Bewußtseins5 besprochen und das, was ich als meine persönliche Vorstellung von der «Intuition der Dauer» bezeichnen will, zur Sprache gebracht werden. In einem zweiten Kapitel wird - ausgehend von einer Reflexion über die «Bedingtheit des Zeitgefühles» - Bergsons Erörterung Über die Beziehung zwischen Körper und Geist6 im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit stehen [...]
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Die Intuition der Dauer
- 1.1. Die Ursprünge einer Lebensphilosophie
- 1.2. Über die unmittelbaren Gegebenheiten des Bewußtseins
- 1.3. Eine Geschichte zur Dauer zur Welt
- 2. Die Begabung zur Wahrnehmung
- 2.1. Die Anfänge einer Lebenszeit
- 2.2. Über die Beziehung zwischen Körper und Geist
- 2.3. Im Interesse der Veränderlichkeit
- 3. Die Begegnung mit dem Anderen
- 3.1. Das Lachen
- 3.2. Das Unheimliche
- 3.3. Die schöpferische Entwicklung
- 4. Die Konkretion des Schöpferischen
- 4.1. Die philosophische Intuition und die Wahrnehmung der Veränderung
- 4.2. Die zwei Quellen der Moral und der Religion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit beschäftigt sich mit der Philosophie Henri Bergsons und insbesondere mit seinem zentralen Konzept der "Intuition der Dauer". Sie verfolgt das Ziel, die Möglichkeiten und Wirklichkeiten dieser Intuition im Kontext der Bergson'schen Philosophie zu erforschen und die Bedeutung der Dauer für Bergsons Denken zu beleuchten.
- Die Intuition der Dauer als Grundlage einer Lebensphilosophie
- Die Beziehung zwischen Dauer, Bewußtsein und Wahrnehmung
- Die Rolle der Dauer in der Begegnung mit dem Anderen
- Die Konkretion des Schöpferischen im Kontext der Dauer
- Die Bedeutung der Dauer für Bergsons Philosophie der Moral und Religion
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 0: Einleitung: Die Einleitung stellt die grundlegende Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit vor und führt in Bergsons Konzeption der "Intuition der Dauer" ein. Sie erklärt die Motivation für das Projekt und die Art und Weise, wie die Reflexionen über die Intuition der Dauer strukturiert sind.
- Kapitel 1: Die Intuition der Dauer: Dieses Kapitel untersucht die "Intuition der Dauer" als zentralen Aspekt von Bergsons Philosophie. Es analysiert die Ursprünge dieser Intuition in Bergsons Lebens- und Denkentwicklung, untersucht die unmittelbaren Gegebenheiten des Bewußtseins und betrachtet die Dauer als einen grundlegenden Faktor in Bergsons Weltbild.
- Kapitel 2: Die Begabung zur Wahrnehmung: Dieses Kapitel betrachtet die Beziehung zwischen der Dauer und der menschlichen Wahrnehmung. Es untersucht die Anfänge der Lebenszeit und die Verbindung zwischen Körper und Geist im Kontext der Dauer. Zudem wird die Bedeutung der Veränderlichkeit in Bezug auf die Wahrnehmung erörtert.
- Kapitel 3: Die Begegnung mit dem Anderen: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, wie die Dauer in der Begegnung mit dem Anderen zum Tragen kommt. Es analysiert verschiedene Aspekte wie das Lachen, das Unheimliche und die schöpferische Entwicklung im Lichte der Dauer.
- Kapitel 4: Die Konkretion des Schöpferischen: Dieses Kapitel untersucht die Rolle der Dauer in der Entwicklung des Schöpferischen. Es fokussiert auf die Verbindung zwischen philosophischer Intuition, Wahrnehmung der Veränderung und der Bedeutung der Dauer für Bergsons Philosophie der Moral und Religion.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Intuition der Dauer, Henri Bergson, Lebensphilosophie, Bewußtsein, Wahrnehmung, Veränderung, Schöpferisches, Moral, Religion, Anderes.
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- Sarah Kolb (Autor), 2002, Die Dauer und das Andere, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/9792