Der Einsatz von iPads und Augmented Reality zum Thema ‚Abfallverwertung‘ im Sachunterricht der Grundschule


Bachelorarbeit, 2019

41 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mediendidaktik und Medienkompetenz
2.1 Mediendidaktik und Medienpädagogik in der Grundschule
2.2 Aktuelle Medienlandschaft an Grundschulen
2.3 Medienkompetenz und Medienbildung im Sachunterricht

3. Der Einsatz von Tablets im Grundschulunterricht
3.1 Grundlagen zu Tablets am Beispiel des Apple iPad
3.2 Das Tablet als Lernmedium - Möglichkeiten und Erfahrungen
3.3 Augmented Reality im Bereich der Bildung
3.4 Möglichkeiten von Augmented Reality in der Grundschule

4. Didaktisches Konzept zum Einsatz von iPads im Sachunterricht am Thema „Abfallverwertung“
4.1. Zielgruppe und Lernsituation
4.2. Das Thema „Abfallverwertung“ im Sachunterricht
4.3. Methodische und mediale Umsetzung mit Hilfe des iPads und Augmented Reality
4.4. Überlegungen zur Evaluation

5. Schlussbetrachtung

6. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Mediales Lernen im Sachunterricht (Quelle: Peschel, 2016, S.38)

Abbildung 2: iPac-Modell (Quelle: Kearney et al., 2012, S.7)

Abbildung 3: Beispiel einer Magic Lens (Quelle: Broll, 2013, S.247)

Abbildung 4: Abfallaufkommen der Bundesrepublik Deutschland, (Quelle: Statistisches Bundesamt, 2017)

1. Einleitung

„Während vor einigen Jahren bereits reine Telefonier- und SMS-Handys‘ Einzug in einen Großteil der Jacken- und Hosentaschen von Schülerinnen und Schülern erhielten, steuert die neue Generation der Smartphones unaufhaltsam einer nahezu hundertprozentigen Abdeckung entgegen." (Grote/Kneißel, 2015, S.9). Laut der KIM-Studie (Kindheit, Internet, Medien) des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest (2017) haben 28% der Sechs- bis 13-Jährigen Zugang zu einem Tablet PC, 84% aller Befragten steht mindestens ein Smartphone im Haushalt zur Verfügung und 97% verfügen über Internetzugang, einen Laptop oder einen Computer und ein internetfähiges Handy. Jedes zweite Kind nutzt diese Medien mehrmals in der Woche. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass digitale Medien nicht mehr aus dem Alltag von Schüler*innen wegzudenken sind und dass die Kinder offenbar nebenbei zu Experten in der Bedienung der mobilen Endgeräte geworden sind. Wäre es nicht sinnvoll, dass auch pädagogische Einrichtungen diese nebenbei erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit digitalen Medien aufgreifen und in den Schulalltag integrieren? Oder sollte weiterhin mit analogen Materialen und Methoden gearbeitet werden, um den Kindern die bestmögliche Ausbildung bieten zu können? Der immer aktuellen und weitreichender werdenden Diskussion über das Für und Wider zum Einsatz digitaler Medien, insbesondere Tablet-PCs, wird diese Arbeit nachgehen. Um diese Diskussion und die Abwägung fundiert zu unterstreichen, werden zu Beginn notwendige Begrifflichkeiten zur Mediendidaktik und -kompetenz in der Grundschule geklärt und dargelegt. Des Weiteren wird beleuchtet inwieweit digitale Medien bereits Einzug in deutsche Grundschulen gefunden haben und wie diese eingesetzt werden. Außerdem wird der Bildungsauftrag des Schulfaches Sachunterricht im Hinblick auf die Medienerziehung und die Verortung von digitalen Medien in diesem Fach betrachtet. Für den Einsatz im Unterricht bieten sich Tablets aufgrund ihrer Größe und Handhabung an. Hierbei stehen verschiedene Betriebssysteme und Modelle zur Verfügung. Diese Arbeit wird sich auf Tablets der Marke „Apple", das iPad, konzentrieren. Dabei wird auch auf die von Apple angebotenen Apps (Applications), welche Programmanwendungen für mobile Endgeräte darstellen, im Bereich der Bildung eingegangen. Zudem werden die technischen Eigenschaften und Grundlagen eines Tablets anhand des Apple iPads verdeutlicht. Nachfolgend werden vorhandene Erfahrungen mit dem Apple iPad als Lernmedium an deutschen Schulen dargelegt und die daraus resultierenden Möglichkeiten, die dieses Medium im Bereich der Bildung von Kindern im Alter von sechs bis elf Jahren bietet. Hierfür wird unter anderem die Projektskizze „iP@dagogik 2015" von Björn Grote und Jens Christian Kneißel, welche das mobile Lernen und Lehren mit iPads an allgemeinbildenden Schulen der Stadt Hamm in Nordrhein-Westfalen abbildet und näher erläutert, herangezogen. Da es bereits einige wissenschaftliche Arbeiten und Forschungen zu digitalen Medien im Unterricht gibt und seit mehreren Jahren auch im Bereich der T ablets bzw. mobilen Endgeräte in der Bildung geforscht wird, beleuchtet diese Arbeit, im theoretischen Sinn, ein weiteres mögliches Feld im Lehren und Lernen mit Tablets. Augmented Reality, nicht zu verwechseln mit der Virtual Reality, stellt als technisch erweiterte Wahrnehmung der Realität, ein interessantes Feld im Hinblick auf Lehr- und Lernprozesse dar. Die Technologie steht noch am Anfang aller Möglichkeiten und wurde dies hingehend noch kaum erforscht. Mithilfe von Marcus Tönnis (2010) Werk „Augmented Reality: Einblicke in die Erweiterte Realität" wird ein Überblick zu den Grundlagen und Möglichkeiten im Bereich der Bildung gegeben. Ergänzend zu diesem Werk dienen hier u.a. das Kapitel „Augmentierte Realität" von Wolfgang Broll (2013) im Gesamtwerk „Virtual und Augmented Reality" von Dörner, Broll, Grimm und Jung (2013). Auch hier wird erörtert inwieweit sich diese Technologie speziell für die Grundschule eignen könnte und im Zusammenhang mit dem Apple iPad umgesetzt werden kann. Um die theoretischen Überlegungen auch praktisch erproben zu können, wird im finalen Kapitel ein konkretes Unterrichtsvorhaben geplant und im Format eines groben Unterrichtsentwurfs dargelegt. Augmented Reality und das iPad werden in dieser Arbeit mit einem aktuellen Thema der Gesellschaft verknüpft.

„Im Jahr 2016 betrug das Brutto-Abfallaufkommen in Deutschland 411,5 Millionen Tonnen." (Umweltbundesamt, 28.03.2019). Trotz hoher Verfügbarkeit an diversen Trennungssystemen und Entsorgungsmöglichkeiten in Deutschland landen hohe Mengen Abfall in der Natur oder werden nicht ordnungsgemäß entsorgt. Einige Produkte und die enthaltenen chemischen Substanzen sind schwer bis gar nicht abbaubar und stellen somit eine große Bedrohung für das Grundwasser, die Flora und Fauna und die Luftreinhaltung dar. „Abfallverwertung" als Teilbereich des Großthemas „Müll" ist sowohl im Bildungsplan (2016) des Faches Sachunterricht verankert, als auch ein Thema, das einen hohen Lebensweltbezug zu den Kindern darstellt. Im Rahmen dieses Vorhabens wird das theoretische Konzept einer App für das iPad entwickelt, die Augmented Reality und Abfallverwertung zusammenführen soll. Abschließend werden die aufgezeigten Einsatzmöglichkeiten und ein Ausblick auf das weitere Vorhaben im Blick auf die Überprüfung von sich bietenden Chancen und Risiken dargelegt.

2. Mediendidaktik und Medienkompetenz

Mediendidaktik als solche, stellt eine Teildisziplin der Erziehungswissenschaft mit Bezügen zur Psychologie, Informatik, Informations-, Medien- und Kommunikationswissenschaften dar (vgl. Kerres, 2018, S.54). Zudem steht sie in enger Verbindung zu den Begriffen der Medienerziehung, Medienpädagogik, Mediensozialisation und der Medienkompetenz, die teilweise auch synonym verwendet werden. Nach Peschel (2015) beschreiben diese Begriffe häufig ähnliche Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven. Eine trennscharfe Unterscheidung ist bisher nicht möglich, da eine endgültige Aussage zur Positionierung der Disziplinen zueinander weiterhin in Diskussion steht. „Die Mediendidaktik befasst sich mit den Funktionen, der Auswahl, dem Einsatz (einschließlich seiner Bedingungen und Bewertungen), der Entwicklung, Herstellung und Gestaltung sowie den Wirkungen von Medien in Lehr- und Lernprozessen. Das Ziel der Mediendidaktik ist die Optimierung von Lernprozessen mithilfe von Medien." (DeWitt/Czerwionka, 2007, S.32) Sie untersucht vor allem die Lernprozesse, die, in Abhängigkeit von „kulturellen und institutionellen Bedingungen" (Kerres, 2018, S.52), während dem Lernen mit Medien stattfinden. Schon vor mehr als 350 Jahren wurde durch den Pädagogen und Philosophen Johann Amos Comenius mit dem „Orbis sensualium pictus" das erste Lernmedium in den Unterricht integriert. Doch erst in den 1960er Jahren wurde der Einsatz von Medien als Dimension des Lehrens und Lernens erörtert (vgl. Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen, 2013, S.163). Bildung in der digitalen Welt dreht sich weniger um die reine Fähigkeit, Geräte ausreichend bedienen zu können. Vielmehr braucht es die Kompetenz, die digitale Welt in ihren vielen Dimensionen, die unser Leben prägen, zu beherrschen (vgl. Kerres, 2018, S.69). Allerdings existiert ein wechselseitiges Bedingungsgefüge, das vorerst Kompetenzen voraussetzt, um mit den Anforderungen und dem subtilen Wirken der Digitalisierung mithalten zu können, doch das danach, wenn die Technik effizienter wird, genau diese entkräftigt und eine Erneuerung der Kompetenzen einfordert.

2.1 Mediendidaktik und Medienpädagogik in der Grundschule

Dem didaktischen Einsatz von Medien liegen in der Regel lerntheoretische Ansätze zugrunde. Der behavioristische Ansatz, welcher vor allem in Verbindung mit B.F. Skinner und seinem Konzept der operanten Konditionierung bekannt ist, orientiert sich an äußerlich erkennbaren Verhaltensmustern und benennt auffallende Verhaltensänderungen als abgeschlossenen Lernprozess. Diese Vorstellung lässt sich auch in digitalen Lernprogrammen als Vermittlung von Faktenwissen wiederfinden (vgl. Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen, 2013, S.169). Anders als im Behaviorismus werden nach DeWitt und Czerwionka (2007) Verhaltensänderungen im Kognitivismus nicht als abgeschlossenen Lernprozess angesehen, sondern als Folge der internen Verarbeitungsprozesse. Lernen mit Medien ist hier eine Informationsaufnahme und - speicherung, die stets durch das bisherige Vorwissen, Erfahrungen und Fähigkeiten der Lernenden beeinflusst wird. Eine Lernumgebung kann hier so gestaltet sein, dass die Lehrperson durch Instruktion eine aktive Auseinandersetzung der Kinder mit den Medien und den Wissensinhalten anleitet. Beim Konstruktivismus liegt der Fokus eher auf der selbstbestimmten Wissensaneignung und der individuellen Selbststeuerung des Lernprozesses. Somit nehmen die Lehrenden die Rolle der Moderatoren, Beratern und Begleiter ein, während die Kinder sich selbstständig neue Wissensbereiche erschließen und verschiedene Lösungswege erarbeiten und erproben können. Dieser lerntheoretische Ansatz lasse sich nach Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen (2013) gut im Rahmen von Simulationen, virtuellen Programmen und einer kooperativen Lernform in der Schule einsetzen. Ein weiterer Ansatz, der Pragmatismus, konzentriert sich auf handlungs- und erfahrungsorientiertes Lernen. Im Pragmatismus werden Medien vor allem als Werkzeuge angesehen, die sich dem Lernkontext unterordnen (vgl. DeWitt/Czerwionka, 2007). Dabei werden den Kindern Aufgaben angeboten, die mit Hilfe digitaler Medien bewältigt werden können. Im Gegensatz zu den vorhergehenden Ansätzen, sieht der Konnektivismus den Menschen als vernetztes Individuum. Nach Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen (2013) stehen hier, aufgrund von ständig und immer schneller wandelnden Informationen, informelle und vernetzte Lernprozesse mit dem Aspekt der sozialen Mediennutzung im Fokus. Je nach lerntheoretischem Ansatz, liegen verschiedene Möglichkeiten vor, Medien in Lehr- und Lernprozessen der Grundschule einzusetzen. Tulodziecki und Herzig (2004) unterscheiden hier zwischen insgesamt fünf mediendidaktische Unterrichtskonzepten, die nachfolgend näher erläutert werden. Beim Lehrmittelkonzept werden Medien vor allem unterstützend als Hilfsmittel, in Form von Bildern, Filmen oder Projektoren, eingesetzt. Die Lernenden sind hierbei passiv-rezipierend. Im Rahmen des Arbeitsmittelkonzeptes soll das Medium die Lernenden zur Selbsttätigkeit aktivieren, während die Lehrperson eine strukturgebende, moderierende Rolle einnimmt. Dieses Konzept kann am Einsatz von Filmen, Büchern oder Internetseiten mit einhergehender Aufgabenstellung für die Schüler*innen verdeutlicht werden. Wie bereits im Namen erkennbar kommen beim Bausteinkonzept extra für den Unterricht konzipierte Medienangebote als einzelne Bausteine oder eigenständige Einheiten zum Einsatz. Dies kann z.B. ein Unterrichtsvideo oder Schulfilm sein. Auch hier nehmen die Lernenden eine rezipierende und passive Rolle ein. Das Systemkonzept ähnelt dem Bausteinkonzept. Der Unterschied besteht darin, dass hier zu einem konzipierten Medienangebot, wie dem Unterrichtsfilm, eine ganze Reihe an Filmen plus gedrucktem Begleitmaterial als Medienverbundsystem auftritt. Ein gängiges Beispiel stellen hierfür Materialkisten, die zusätzlich Audiodateien, Anschauungsmaterial, Kopiervorlagen und weiterführende Informationen enthalten, dar.

Das Lernumgebungskonzept definiert die Aufgabe der Lehrperson darin, eine Lernumgebung bereitzustellen, die die Lernenden zum selbstständigen Lernen motiviert, anregt und diese dabei unterstützt. Durch virtuelle Laboratorien oder Planspiele am Computer bzw. an mobilen Endgeräten können unterschiedlichste Themenfelder spielerisch erlernt werden, wie beispielsweise die Demokratieerziehung. Laut Kerres (2018) dominiert in der Mediendidaktik zudem das Konzept der Gestaltungsorientierung. Dabei geht es demnach um die Potenziale der digitalen Medien im Bildungsbereich und wie sich diese am Besten einsetzen lassen. Ziel dabei sei es, die Umwelt als gestaltbar wahrzunehmen und digitale Lernangebote zu konzipieren, so dass der Lernerfolg nicht vom Medium, dem Artefakt, ausgeht, sondern vom didaktischen Konzept und Lehr-Lernarrangement. Die Idee dahinter soll verdeutlichen, dass Bildung nicht durch die Technik verändert wird oder das pädagogische Wirken vom Medium selbst ausgeht, sondern immer vom didaktischen Konzept, dass diesem Medium und dessen Einsatz zugrunde liegt. Eine weitere Methode, um digitale Medien im Grundschulunterricht einzusetzen, ist die Handlungsorientierung, welche den aktiven Umgang mit den Medien fokussiert. So kann nach Moser (2010) ein differenziertes Bewusstsein über die Besonderheiten im Umgang mit Medien erreicht werden, wenn die Schüler*innen selbst Artefakte, wie Filme, Hörspiele, Präsentationen und andere Formen der Dokumentation produzieren. Generell spricht man im Zuge des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien vom Begriff des E-Learnings (vgl. Süss, Lampert & Trültzsch-Wijnen 2013, S.173). Im Rahmen der Grundschule ist überwiegend die Form von Präsenzunterricht, in der Lehrende und Lernende anwesend sind, in Kombination mit E-Learning anzutreffen. Beim Einsatz von Medien in Lehr- und Lernkontexten sind neben dem Präsenzunterricht jedoch weitere Formen des E-Learnings nach Schulmeister (2006) bekannt. Er führt am Beispiel der Hochschullehre noch die präsenzbegleitende Lehr- und Lernform, das Blended Learning (= Hybrides/Gemischtes Lernen von Präsenz- und Onlineseminar) und virtuelle Seminare an. Hierbei wäre es denkbar, vor allem die beiden begleitenden bzw. vermischten Formen des E-Learnings in der Grundschule in konkreten Situationen einzusetzen. Inwieweit dieser Einsatz insbesondere in so einer gemischten Lehr- und Lernform sinnvoll und gewinnbringend wäre, würde den Rahmen dieser Arbeit jedoch übersteigen.

2.2 Aktuelle Medienlandschaft an Grundschulen

Laut Statistischem Bundesamt (2018) waren im Schuljahr 2016/2017 etwa 33 500 Schulen in Betrieb. Davon wurden, aufgrund der flächendeckenden Anordnung, 15 500 Grundschulen erfasst. Zur technischen Ausstattung dieser Schulen sind jedoch keine zuverlässigen Statistiken und andere seriösen Datenquellen aufzufinden. Lediglich eine privat geführte und ständig aktualisierte Liste der Internetseite tablet-in-der-schule.de (10.04.2019) gibt einen groben Überblick zur Anzahl der Schulen, die regelmäßig Tablets im Unterricht einsetzen oder eigene Tablet-Klassen führen. Laut ihren Recherchen, mit letztem Stand im März 2019, existieren zurzeit etwa 267 Schulen, die Tablets zur Verfügung haben. Dabei sollte beachtet werden, dass diese Zahl alle Schularten umfasst. Die Anforderung an eine digitale Bildung in der Grundschule ergibt sich überwiegend aus der veränderten Lebenswelt, in der Kinder aufwachsen und sich zurechtfinden müssen. Dies zeigt sich deutlich in der im Jahr 2016 vom Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest durchgeführten KIM-Studie. Demnach besteht bei zwei Drittel der Sechs- bis 13-jährigen großes Interesse an Handys, Smartphones, Computer, Laptops, diverse Konsolen-, Computer- und Onlinespiele, sowie dem Internet (vgl. Mpfs, 2016). Häufig steht der Erwerb von Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien in direkter Relation zur familiären Situation der Kinder (vgl. Irion/Eickelman, 2018). Wenn kein gesunder, kritisch-reflexiver Umgang mit Medien im familiären Umfeld gelebt und behandelt wird, ist die Förderung von digitalen Kompetenzen in der Schule, die den Grundstein für weiterführende Bildungsprozesse schafft, umso notwendiger. „Schulische Bildung hat die Aufgabe, Heranwachsende auf künftige Lebensaufgaben vorzubereiten.“ (Irion/Eickelman, 2018, S.8) Mit Hinblick auf die sich schnell wandelnde Technologie, die bis zur Volljährigkeit der jetzigen Erstklässler*innen kaum absehbar ist, sollte das Hauptaugenmerk auf der Ausbildung und Festigung eines reflektierten und kritischen Umgangs mit Medien gelegt werden. Zudem sollten die Kinder durch zielgerichtetes Kompetenztraining dazu befähigt werden, ihre Strategien selbstbestimmt und gut durchdacht in unterschiedlichsten Anforderungsmomenten des späteren Alltags der jeweiligen Situation anzupassen und in der lebenslangen digitalen Bildung eigenständig auszubauen. Denn „auch wenn Kinder, im Gegensatz zu früheren Generationen, als ,Digital Natives‘ mit digitalen Medien aufwachsen, müssen sie die Potenziale der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien [...] wahrnehmen und Risiken [...] bewerten können.“ (GDSU, 2013, S.84) Zur Frage, inwieweit die Kompetenzen von Grundschulkindern im Umgang mit Medien ausgebildet sind, liegen bisher keine spezifischen Untersuchungen vor. Im Gegenteil dazu wurden in der Sekundarstufe bereits Vergleichsstudien und andere Forschungen speziell zur Medienkompetenz und zur Nutzung von digitalen Medien durchgeführt (vgl. Gatterer, 2013). Im Bereich der Grundschulforschung kann man sich lediglich anhand der Ergebnisse der großen Vergleichsstudien in der Grundschule, wie TIMS und IGLU von 2015 und 2016, ein Bild der Nutzung von digitalen Medien im Fachunterricht machen. Vor allem im Vergleich zu anderen Ländern, wie Australien, Dänemark und den Niederlanden zeigen die Studien für Deutschland eine eher unterdurchschnittliche Nutzung digitaler Medien im Unterricht (vgl. Irion/Eickelman, 2018). Demnach ergeben sich im Sachunterricht, dass etwa die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler der vierten Klasse monatlich den Computer zur Informationsbeschaffung nutzen. Mindestens einmal im Monat trainieren etwa 22% der Kinder ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit dem Computer, indem sie recherchieren, Dokumente erstellen oder Lernspiele spielen. Konkreten Erforschungen von Naturphänomenen, Erkunden von Simulationen oder dem Durchführen von Experimenten und Versuchen widmen sich 10-14% aller Befragten (vgl. Martin et al., 2016, nach Irion/Eickelman, 2018). Auch bei einem Blick in die Bildungspläne, Lehrwerksverbünde und auf den Markt für digitale Medien im Bereich der Bildung wird deutlich, dass die mediendidaktische Entwicklung den technischen und lebensweltlichen Ansprüchen nicht gerecht wird (vgl. Gervé, 2015). Nach Gervé (2015) hat dies unterschiedliche Gründe. Einerseits sind Programme für Computer oder Tablet meist englischsprachig und, genau wie Internetangebote, meist unstrukturiert und ohne intensive Auf- und Vorbereitung der Lehrperson kaum für eine selbstständige Benutzung seitens der Kinder einsetzbar. Dazu kommen Störungen, Wartungen und Aktualisierungen der Netzwerktechnik, Hard- und Software, die vor allem zeitliche Ressourcen einfordern und die Nutzung in Gruppen erschwert. Auch die fachgerechte Weiterbildung für Lehrkräfte, sowie die Verfügbarkeit von konkreten Materialien und Unterrichtskonzepten ist kaum bis unregelmäßig vorhanden. Zudem führt Gervé (2015) problematischen Umgang mit sensiblen und persönlichen Daten an, die über Lernplattformen oder externe Austauschprogramme, wie Dropbox, ungesichert verbreitet werden. Andererseits lassen sich digitale Medien in handlungs- und problemorientierte Unterrichtskonzepte integrieren. Die Schüler*innen finden analoge und digitale Quellen, vergleichen und prüfen Originale und eigenständige Repräsentanten ihrer Ergebnisse und tauschen Auffassungen mit Hilfe von vorhandenen Medienbausteinen, wie die Profuktion von Text, Bild, Ton und Film, aus. Der fehlenden Ausstattung soll nun mit dem, von der Bundesregierung Ende 2018 bzw. Anfang 2019 beschlossenen, „DigitalPakt Schule" entgegengewirkt werden. Demnach sollen pro Schulkind 500 Euro für Investitionen in einen digitalen Unterrichtsalltag zur Verfügung stehen (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 01.05.2019). Sobald die Bundesländer die Förderrichtlinien veröffentlicht haben, können Lehrkräfte über die Schulleitung und den Schulträger Förderanträge für digitale Medien und Lehrerfortbildungen stellen.

2.3 Medienkompetenz und Medienbildunq im Sachunterricht

Unsere Lebenswelt ist digital tief durchdrungen (vgl. Irion, 2016). Über diverse digitale Endgeräte wie Smartphones, Tablets und Laptops oder das anderweitig genutzte Internet kann sich problemlos ein Zugang zu vielfältigen und aktuellen Informationen geschaffen werden. Apps ermöglichen die Gestaltung des eigenen Endgerätes nach den individuellen Interessen und Bedürfnissen des Nutzers. Dies führt dazu, dass mobile, digitale Medien viele verschiedene technische Geräte in einem einzigen Gerät vereinen und Menschen weltweit vernetzen. Dies stellt die Lebenswelt dar, in der die Kinder heute aufwachsen, in der sie sich orientieren müssen und an die der Sachunterricht als Fach der Grundschule, mit dem zentralen Prinzip der Lebensweltorientierung anknüpft. „Die besondere Aufgabe des Sachunterrichts besteht darin, Schülerinnen und Schüler darin zu unterstützen, ihre natürliche, kulturelle, soziale und technische Umwelt sachbezogen zu verstehen, sie sich auf dieser Grundlage bildungswirksam zu erschließen und sich darin zu orientieren, mitzuwirken und zu handeln." (GDSU, 2013, S.9) Zudem ist die Medienbildung, im Bereich der technischen Umwelt, integrativ in den themenspezifischen Leitperspektiven des Sachunterrichts verankert. „Die Reflexion eigener Medienerfahrungen und der bewusste Umgang mit vielfältigen Medien in der Schule unterstützen eine reflektierte und verantwortungsbewusste Auswahl und Nutzung von Medien." (Bildungsplan Sachunterricht, 2016, S.4). Wie bereits erwähnt, lassen sich die Begrifflichkeiten im Rahmen des medialen Lernens kaum voneinander abtrennen, da aus jeder Teildisziplin andere Positionierungen und Definitionen vorliegen. Im Rahmen des Sachunterrichts versuchen Peschel und Gervé (2013) den Zusammenhang der verschiedenen Begriffe jedoch mithilfe einer Grafik aufzuzeigen (vgl. Abb.1). Diese zeigt, dass die Medienpädagogik alle medialen Prozesse im pädagogischen Kontext beschreibt und als Ziel eine Medienbildung, über die Entwicklung von Kompetenzen, ermöglichen will. Die Medienerziehung ist demnach ein Teilgebiet der Medienpädagogik und führt über Aufklärung, Anleitung und Orientierung zur Medienbildung. Die Medienerziehung schafft dabei bedeutsame Situationen im Umgang mit Medien in einem geschützten und bewusst geöffneten Raum. Der Begriff der Medienbildung stellt nach Peschel und Gervé (2013) einen Teil der Allgemeinbildung dar, die sich als selbstbestimmt-reflexive und verantwortlich-partizipative Informations-, Ausdrucks- und Kommunikationsfähigkeit äußert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Mediales Lernen im Sachunterricht (Quelle: Peschel, 2016, S.38).

Mediales Lernen im Sachunterricht Ziel des mediendidaktischen Unterrichts, welche mediengestützte Lehr- und Lernprozesse instruiert, ist die Entwicklung der Medienkompetenz, die das Potenzial darstellt, in unterschiedlichen Situationen verantwortungsvoll mit Medien umzugehen, sie zielgerichtet einsetzen und selbstbestimmt gestalten zu können. Somit stellen digitale Medien im Sachunterricht „Werkzeuge zur Welterschließung“ (Gervé, 2015, S.496) dar, indem das Lehren und Lernen, sowohl mit, als auch über Medien stattfindet. Die Vermittlung von Medienkompetenz, als Ziel der Medienerziehung, soll laut dem Perspektivrahmen der Gesellschaft für Didaktik des Sachunterrichts (2013) Mittelpunkt der medialen Auseinandersetzung im Sachunterricht sein. Dabei liegt das besondere Augenmerk auf einer Kompetenz im Umgang mit Medien in unterrichtlichen und außerunterrichtlichen Lernszenarien, die gemäß der individuellen Entwicklung angemessen sein soll. Dies führt zu einer reflektierten Auswahl und einem angemessenen Umgang mit unterschiedlichsten Medien, welche auf die Lebenswelt, sowie auf die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen einwirken und somit wichtige Elemente der Medienerziehung darstellen (vgl. GDSU, 2013). Der Sachunterricht, der im Vergleich zu anderen Schulfächern lediglich in der Grundschule verortet ist, kommt nur mit einem Teilgebiet der allgemeinen Medienpädagogik und der Mediendidaktik in Kontakt (vgl. Peschel 2015). „Diese [Mediendidaktik] behandelt den Grundschulbereich dann auch eher randständig, was in fehlenden mediendidaktischen Ausführungen für die Grundschule bzw. die Grundschulfächer speziell dem Sachunterricht sichtbar wird“ (Peschel, 2015, S.173). „Neben Modellen, Abbildungen, Texten, Aufgaben und offenen Arbeits- und Experimentiermaterialien können digitale Medien vielfältig genutzt werden, um nicht direkt Wahrnehmbares zugänglich zu machen oder um auf verborgene Aspekte zu fokussieren.“ (Gervé, 2015, S.497) So ermöglichen digitale Medien die Vernetzung der originalen Begegnung, als eine Methode des Sachunterrichts, mit der medialen Dokumentation und Sicherung von Wissen. Sie sind, aus Sicht der konstruktivistischen Didaktik, ideal als kombinierbare Bausteine und mehrperspektivische Werkzeuge zur individuellen und sozialen Erschließung von Weltwissen einsetzbar (vgl. Gervé, 2015). Dabei sollen sie die direkte Begegnung mit Sachen, welche sich durch einen sinnlichen Zugang und die Unmittelbarkeit auszeichnet, nicht ersetzen, sondern dem didaktischen Kontext dienen (vgl. Peschel/Gervé, 2013). Aus sachunterrichtsdidaktischer Perspektive, nach Peschel (2015), eignen sich digitale Medien, gerade aufgrund der Mehrperspektiven, um sachunterrichtliche Lernprozesse umzusetzen. So können die Medien selbst unter technischen, sozialwissenschaftlichen, historischen, geographischen oder naturwissenschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Darüber hinaus spielt eine kritischreflexive Auseinandersetzung mit den Potenzialen und Herausforderung digitaler Medien eine wichtige Rolle bei der Erschließung der Umwelt und sollte deshalb zentral sein. Auch das sorgsame Nutzungsverhalten ist Teil der Medienerziehung im Sachunterricht und lässt sich durch die Auseinandersetzung mit Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren des Internets und anhand der Diskussion über verschiedene Hardware und deren Einfluss auf die Nutzung thematisieren (vgl. Peschel, 2015).

Laut Gervé (2015) werden in einem anspruchsvollen Sachunterricht digitale Medien vor allem als Werkzeuge genutzt. Dazu zählen Suchmaschinen oder Kinderseiten im Internet, wie beispielsweise. blinde-kuh.de, kidipedia.de, kindernetz.de, Primärquellen, wie die Internetseiten der Stadt, Museen und Firmen, Standardprogramme des Computers (z.B. Word, Powerpoint etc.) oder des Tablets mit den jeweiligen Apps (z.B. Apples iMovie, BookCreator, iStopMotion, Bestimmungshilfen, Kompass, Taschenlampe, Lupe etc.), sowie weitere Software von externen Anbietern. Zudem kann auf digitalisierte Filme über das FWU Institut für Film und Bild in Wissenschaft und Unterricht und die MedienLB (Medien für Lehrpläne und Bildungsstandards GmbH) oder über diverse Mediatheken im Internet, zum Teil mit Begleitmaterialien, zurückgegriffen werden. Weiter stehen Lernsoftwares und wenige Apps für iPad oder Android-Tablets im Grundschulbereich zur Verfügung. Darüber hinaus bieten sich zu Tablet, PC, Smartphone und Laptop weitere mediale Geräte für den Einsatz im Sachunterricht an, wie z.B. Whiteboards bzw. Smartboards und Beamer, Digitalkameras, Hörstifte und USB-Mikroskope, E-Book-Reader und Mikrofone. Jedes Medium verlangt jedoch die Einbettung in ein sinnvolles sachunterrichtsdidaktisches Konzept seitens der Lehrperson, um den Unterricht bildungswirksam bereichern zu können (vgl. Irion, 2017).

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Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Der Einsatz von iPads und Augmented Reality zum Thema ‚Abfallverwertung‘ im Sachunterricht der Grundschule
Hochschule
Pädagogische Hochschule Weingarten
Note
2,0
Autor
Jahr
2019
Seiten
41
Katalognummer
V987990
ISBN (eBook)
9783346347077
ISBN (Buch)
9783346347084
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Augmented Reality, iPad, Digitale Medien, Müllvermeidung, Sachunterricht, Grundschule
Arbeit zitieren
Denise Friedrich (Autor:in), 2019, Der Einsatz von iPads und Augmented Reality zum Thema ‚Abfallverwertung‘ im Sachunterricht der Grundschule, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/987990

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