Fastnachtspiel

Stoffe, Motive, Charaktere


Referat (Ausarbeitung), 2009

12 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Obszönität als ein hervorstechendes Kennzeichen im Fastnachtspiel
1.1 Verschlüsselung des Sexualbereichs durch Verbildlichung
1.2 Grobianismus in Schimpfszenen
1.3 ‚Arztspiele’ und Obszönität

2. Die Bauernfigur als Repräsentant der Geschlechtlichkeit und menschlichen Fehlverhaltens.

3. Menschliches Fehlverhalten als Thema im Fastnachtspiel..

4. Stoffe und Motive

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einleitung

Im Rahmen des Seminars ‚Fastnachtspiel‘ beleuchtet meine Ausarbeitung im Speziellen die beliebtesten Stoffe, Motive und Charaktere des Fastnachtspieles im 15. und 16. Jahrhundert. Angesichts des geringen Umfangs dieser Ausarbeitung kann nur ein grober Überblick geliefert werden. Die Ausarbeitung berücksichtigt aber die literarische Tradition, in der die Fastnachtspiele stehen, und vergleicht diese mit den genannten Topoi und auch hinsichtlich ihrer Darstellungsweise.

1. Obszönität als ein hervorstechendes Kennzeichen im Fastnachtspiel

Bezeichnend für den Gehalt der Spiele ist die Lust am Groben, Unflätigen, Obszönen und Grotesken, so gerade aus dem Sexual- und Fäkalienbereich. Die Komik der Fastnachtspiele basiert hauptsächlich auf derbsinnlicher Sprache und Gestik.[1]

„Bevorzugte Themen sind vergebliches Liebeswerben, Untreue, nicht eingehaltenes Eheversprechen, Aufschneiderei und Zank, wobei Schimpfrede, gerichtliche Auseinandersetzungen, Disputation, Streit- und Prügelszenen dominieren. Das Derbe, Unflätige, Schamlose, Groteske dringt auch in Bereiche ein, wo man es nicht erwarten würde.“[2]

Doch dies muss insofern etwas relativiert werden, als dass dies nicht ausschließlich auf alle Fastnachtspiele zutrifft. Weiterhin stellt Catholy heraus, dass die Obszönität beim ersten Typus, dem Reihenspiel, eine größere Bedeutung gehabt hätte als beim Typus des Handlungsspieles, bei dem dies eher gelegentlich aufgetreten sei.[3] Wie sich die Obszönität in den Fastnachtspielen darstellte, soll im Folgenden aufgezeigt werden.

1.1 Verschlüsselung des Sexualbereichs durch Verbildlichung

Werden Verdauungsfunktionen und andere Themen des Fäkalienbereiches unverhüllt präsentiert, erfährt dagegen die Darstellung der Triebspähre fast durchweg eine Entfremdung, eine Maskierung. Die Darstellungen des Sexualbereichs zwischen Mann und Frau waren allein dadurch schon karikiert, dass Männer die Frauenrollen übernahmen. Aber einen hohen Grad an komischer Objektivierung und Distanzierung erhält der sexuelle Bereich durch den Gebrauch von Bildern, Metaphern, Vergleichen und Rätseln. Gerade Bezeichnungen für Organe und Handlungen des Trieblebens werden durch Ausdrücke aus einem anderen Bereich ersetzt.[4] Catholy begründet dies damit, dass die Triebsphäre dadurch ihre drohende Absolutheit verliere, sie würden daher verharmlost und so weniger dämonisch wirken.[5] Aber auch deswegen wird das komische Moment noch verstärkt. Eine weitere Entfremdung bzw. Distanzierung ergibt sich auch dadurch, dass die Metaphern meist aus der Welt des Bauern, aber auch des Ritters oder des Spielmanns, und nicht aus dem städtisch-bürgerlichen Alltag der Fastnachtsgesellschaft genommen wurden. Hierfür ein paar Beispiele [6] :

- bäuerliche Welt: schopf (Vorhalle, Scheune), scheune, hacke, flegel, futter- wanne, garbe, wieslein mähen, dreschen
- ritterliche Welt: schild, speer, degen
- Welt des Spielmanns: schellen, geige, fiedelbogen, gaugelbüchse (Taschenspie- lerbüchse), pritscheschlagen
- soziologisch undefiniert: reien springen, rocken (Spinnstube), häuslein, wurst, na- geln, harte eier schälen

Auch Bilder aus der Zoologie wurden genommen, die aber hauptsächlich aus der vertrauten und gezähmten Tierwelt entstammten und damit nicht etwas Wildes oder Ungezähmtes beschreiben wollten. Beispiele hierfür sind Esel, Fohlen, Maulwurf, Igel, Fisch.

Doch Termini des Sexualbereichs verbildlicht widerzugeben ist kein besonderes Merkmal der Fastnachtspiele, sondern kennzeichnet jede komische Dichtung des Erotischen. Entsprechungen und sogar Übereinstimmungen[7] finden sich immer wieder in der mittelhochdeutschen Novellistik, gerade bei der Verbildlichung durch Ausdrücke aus der bäuerlichen Welt, so z.B. in der erotischen Schwankdichtung des 13. und 14. Jahrhunderts[8] und in der Literatur von Neidhart und Oswald von Wolkenstein.[9] Ein Unterschied besteht allerdings beim Fastnachtspiel in der Häufung der Bilder und dem größerem Eigengewicht des Spiels mit den Bildwörtern. Da die Handlung bei Fastnachtspielen im Gegensatz zu Novellen in den Hintergrund tritt, liegt das Gewicht auch auf Bilderrätseln und Wortspielen, die das Publikum erst enträtseln musste. Ein Beispiel für Wortspiele ist z.B. die doppeldeutige Verwendung von Ortsnamen.[10] Beispiel: Der Ort Trippstill wird verändert zu Treffentrüll. Als trülle bezeichnete man eine Dirne, so dass der Ort zu einem Ort wird, in dem man Dirnen trifft.[11] Diese Entschlüsselung musste der Zuschauer leisten.

[...]


[1] Vgl. Catholy, Eckehard (1961): Das Fastnachtspiel des Spätmittelalters. Gestalt und Funktion. Tübingen: Niemeyer (= Hermaea, Germanistische Forschungen, N.F. 8), 232 und Ders. (1966): Fastnachtspiel. Stuttgart: Metzler, 41.

[2] Greco-Kaufmann, Heidy (1994): Vor rechten lütten ist guot schimpfen. Der Luzerner Marcolfus und das Schweizer Fastnachtspiel des 16. Jahrhunderts. Bern et al.: Peter Lang (= Deutsche Literatur von den Anfängen bis 1700, 19), 96.

[3] Vgl. Catholy (1961: 232 f.).

[4] Vgl. Ebd., 239 ff und Catholy (1966: 42 ff.).

[5] Vgl. Ebd., 241.

[6] Vgl. Ebd., 242.

[7] Gelegentlich werden sogar die gleichen Bilder verwendet. Vgl. Ebd., 247.

[8] Die Verwendung der geschlechtlichen Metaphorik in Fastnachtspielen knüpft in besonders starkem Maße an die erotische Schwankdichtung. Vgl. Ebd.

[9] Vgl. Ebd., 247 f.

[10] Vgl. Ebd., 248 ff.

[11] Vgl. Ebd., 250.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Fastnachtspiel
Untertitel
Stoffe, Motive, Charaktere
Hochschule
Technische Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Fastnachtspiel
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V131656
ISBN (eBook)
9783640414871
ISBN (Buch)
9783640413478
Dateigröße
620 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fastnachtspiel, Stoffe, Motive, Charaktere
Arbeit zitieren
Annika Singelmann (Autor:in), 2009, Fastnachtspiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/131656

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