Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Übergang“ (Transition)
2.1 Bezeichnung und Definition
2.2 Übergang vom Kindergarten in die Grundschule
2.3 Die Rolle des Kindergartens und der Schule
3. Methodenteil - Eigene Untersuchung
3.1 Vorstellung der Gesprächspartner
3.2 Durchführung
4. Gestaltung des Übergangs
4.1 Grundlagen
4.2 Übergangsgestaltung mit dem Vorschulkind
4.2.1 Vorschulprogramme
4.2.2 Bilderbücher
4.2.3 Sprache, Literacy und andere Vorläuferfertigkeiten
4.3 Übergangsgestaltung mit Einbezug der Schule und den Eltern
4.3.1 Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule
4.3.2 Elterngespräche
5. Fazit
6. Schluss
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Mit dem siebten, vereinzelt auch mit dem sechsten Lebensjahr, stehen die meisten Kinder vor ihrer ersten größeren Veränderung im Leben. Der Schuleintritt rückt immer näher und die letzten Besorgungen nach Rucksack, Mäppchen und Heften werden zusammen mit den Eltern erledigt. Es ist nachvollziehbar, dass solch ein großes Ereignis für das Vorschulkind der Höhepunkt in seinem noch so jungen Leben ist. Genau deshalb hat das derzeitige persönliche Umfeld des Kindes, seine Familie und die vorschulische Einrichtung, eine wichtige Rolle beim Übergang vom Kindergarten in die Grundschule.
Ein gelungener Start in die Schule hängt von einem guten Übergangsprozess ab. Der sollte, vor allem aus Sicht des Kindergartens und aus Sicht der pädagogischen Fachkräfte, verantwortungsbewusst und kindgerecht gestaltet werden. „Das Kind ist dann ein kompetentes Schulkind geworden, wenn es sich in der Schule wohl fühlt, die gestellten Anforderungen bewältigt und die Bildungsangebote für sich optimal nutzt. Man kann davon ausgehen, dass ein gelungener Start in die Schule die schulische Laufbahn in der Grundschule und darüber hinaus positiv beeinflusst.“ (Griebel, 2010) Um dem Kind diesen positiven Einfluss so gut wie möglich zu gewähren, muss ein optimaler Übergangsprozess bewerkstelligt werden.
60 Prozent der Vorschulkinder zeigen zu verschiedenen Zeitpunkten während der Übergangsphase Anpassungsstörungen (vgl. Beelmann, 2000). Ob dies auf die Folgen eines mangelhaften Übergangsprozesses hindeutet, ist unklar. Auch wenn sich Experten darüber einig sind, dass der Übergang vom Kindergarten zur Grundschule ein einschneidendes und wichtiges Erlebnis für das Kind ist, gibt es in Deutschland nur wenige Studien über den Gestaltungsprozess selber. Daher fehlen auch Befunde oder Ergebnisse über geeignete und weniger geeignete Methoden zur Übergangsgestaltung. (vgl. Hellmich, 2007) Demnach werden zu diesem Thema in der Literatur oftmals nur theoretische Annahmen und Begründungen herangezogen.
Die vorliegende Hausarbeit betrachtet den Übergangsprozess vom Kindergarten zur Grundschule etwas näher und legt dabei den Fokus auf die Übergangsgestaltung von Seiten der pädagogischen Fachkräfte. Die Arbeit setzt sich hauptsächlich aus einer Literaturrecherche zusammen und bezieht sich zusätzlich auf drei Interviews, welche mit pädagogischen Fachkräften aus drei verschiedenen Einrichtungen durchgeführt wurden. Das Ziel ist es, die Ideen und Umsetzungen der Übergangsgestaltung kennenzulernen und diese mit der Literatur zu vergleichen. Die Frage, welche die folgende Hausarbeit beantworten möchte, lautet daher:
Wie gestalten pädagogische Fachkräfte den Übergang vom Kindergarten in die Grundschule?
Im Folgenden soll zunächst der Begriff „Übergang“ näher definiert und ein allgemeiner Einblick in den Übergangsprozess vom Kindergarten zur Grundschule aufgezeigt werden. Im Anschluss folgt ein kurzer Methodenteil, welcher die Vorgehensweise der Interviews beschreibt und die Gesprächspartner vorstellt. Der Hauptteil und somit der Mittelpunkt der Arbeit, befasst sich mit der Gestaltung des Übergangsprozesses und bezieht sowohl aktuelle Literatur, als auch die Ergebnisse der Interviews mit den drei pädagogischen Fachkräften mit ein. Abschließend soll der Schlussteil die wichtigsten Befunde noch einmal aufgreifen und ein Fazit ziehen.
2. „Übergang“ (Transition)
2.1 Bezeichnung und Definition
Ein Übergang, auch als Transition bezeichnet, ist eine markante Veränderung im Leben eines Menschen, welche ihn selber oder sein nahes Umfeld betreffen. Der Start ins Berufsleben, neue Beziehungen oder eben auch die Übergänge von den Kindergärten in die Grundschulen, stellen ausschlaggebende Veränderungsprozesse dar. (vgl. Welzer, 1993) So sind Kinder, Jugendliche, Erwachsene und auch ältere Menschen im Laufe ihres Lebens stets mit Übergängen konfrontiert. Diese finden in den privaten und beruflichen Bereichen eines Individuums statt und fallen je nach Situation positiv oder negativ aus.
Die einhergehenden Veränderungen eines Übergangs stellen Jung und Alt vor Herausforderungen, die sie bewältigen müssen. In solchen Phasen verlässt ein Mensch „einen alten und tritt in einen neuen Zustand ein. Ein solcher Übergang ist nicht einfach ein abrupter Sprung, er geschieht nicht „auf einmal“, sondern er hat eine zeitliche Struktur.“ (Bellenberg & Forell, 2013)
Ein Übergangsprozess kann Angst einflössen oder aber viel Vorfreude entfachen und die Lust auf etwas Neues machen. Die Entwicklung eines solchen Übergangs hängt stets vom persönlichen Umfeld der betreffenden Person ab und wie dieses den Prozess mitgestaltet und unterstützt. (vgl. Griebel, 2008) Die Transition von der frühkindlichen Einrichtung zur Grundschule ist für ein Vorschulkind der erste größere Schritt in seinem jungen Leben. „Übergänge sind im deutschen Bildungssystem entscheidende Weichenstellungen für Bildungserfolg, beruflichen Einstieg und gesellschaftliche Partizipation. Deshalb hat die Bewältigung von Bildungsübergängen einen maßgeblichen Einfluss auf die Bildungsbiografien von Kindern und Jugendlichen.“ (Bellenberg & Forell, 2013)
2.2 Übergang vom Kindergarten in die Grundschule
Für Vorschulkinder steht, wie bereits erwähnt, mit dem Übergang vom Kindergarten in die Grundschule eine große Veränderung bevor. Experten gehen davon aus, dass der Schuleintritt für die Kinder mit gewaltigen Gefühlen begleitet wird. (vgl. Faust, 2013) Für die zukünftigen Grundschüler beginnt ein ganz neuer Lebensabschnitt, in dem sie sich zum ersten Mal ein stückweit von ihren Eltern abkapseln und selbstständiger werden. Sie stehen ab dem Schuleintritt neuen Herausforderungen und Erfahrungen gegenüber und werden Teil einer neuen Gesellschaft. (vgl. Jonkmann et al., 2010)
Obwohl eine solche markante Veränderung bevor steht, freuen sich die meisten Kinder auf die Schule. „Sie sind neugierig und wissensdurstig, warten ungeduldig darauf, endlich lesen, schreiben und rechnen zu lernen bzw. schon erworbene Fähigkeiten und Kenntnisse anzuwenden und vorzeigen zu dürfen“ (Schorch, 2007). Es ist deshalb unter anderem eine Aufgabe der vorschulischen Einrichtung und die der ErzieherInnen, diese Freude aufrechtzuerhalten und die Kinder durch eine gute Vorbereitung selbstbewusst und „schulfähig“ zu machen. Unter Schulfähigkeit versteht man dabei, „die Summe ganz bestimmter Verhaltensmerkmale und Leistungseigenschaften eines Kindes, die es braucht, um im Anfangsunterricht und der weiteren Schulzeit Lernimpulse wahrzunehmen, aufzugreifen und im Sinne einer Lernauseinandersetzung zu nutzen, um persönlichkeitsbildende (im emotionalen, motorische sowie sozialen Bereich) und inhaltliche Weiterentwicklungen (im kognitiven Bereich) anzunehmen und umzusetzen“ (Witzlack, G., in Krenz, 2006).
Ein Übergangsprozess ist gut gelungen, wenn sich ein Kind nach dem Schuleintritt emotional und sozial angenommen fühlt und die gestellten Anforderungen bewältigen kann (vgl. Griebel, 2006). Deshalb ist es wichtig, den Übergang so zu gestalten, dass dieser dem Kind in seiner wichtigen Phase die besten Möglichkeiten dazu bietet. Wird der Übergangsprozess zum Schulanfang nicht ausreichend und kompetent bewältigt, kann sich dies negativ auf die zukünftige Entwicklung des Kindes auswirken. „Eine erfolgreiche Bewältigung stärkt die Kompetenz von Kindern, während sich bei Nichtbewältigung die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch nachfolgende Übergänge nicht adäquat bewältigt werden können“ (Hense & Buschmeier, 2002). So müssen sich alle beteiligten Personen bewusst machen, dass die Transition weitreichende Folgen auf das spätere Leben des Kindes haben kann.
Zwölf Prozent der Kinder zeigen Unsicherheit und Nervosität beim Schulbeginn auf (vgl. Broström, 2003). Solche Störungen können dazu führen, dass das Vorschulkind das Gelernte vom Kindergarten nicht mehr in der Schule anwenden kann (vgl. Griebel & Niesel, 2002). Um dies zu vermeiden, müssen sich die frühkindlichen Einrichtungen und die Grundschulen im Klaren sein, wie wichtig der Übergangsprozess für die Entwicklung des Kindes ist. Vor allem liegt es an den pädagogischen Fachkräften diesen bestmöglich durchzuführen um dem Kind alle Möglichkeiten und Sicherheiten zu geben.
2.3 Die Rolle des Kindergartens und der Schule
Die Aufgabe des Kindergartens und die der Schule ist es, eine gute Basis für das Kind zu schaffen um damit einen erfolgreichen Schuleintritt zu gewährleisten. Dies geschieht am besten, wenn die Einrichtung und die Schule, zusammen mit den Eltern, in ständigem Austausch ist und dem Vorschulkind dadurch hilft mit Veränderungen und Belastungen richtig umzugehen. (vgl. Akgün, 2007) Die Erziehungs- und Bildungspläne vieler Bundesländer in Deutschland erhalten vermehrt Informationen und Anweisungen zu der Übergangsgestaltung vom Kindergarten in die Grundschule. Dass ein Kind in der Einrichtung genug Förderung erhält und sich dadurch weiterentwickeln kann, ist nur eine von mehreren Anforderungen. Zudem enthält der Bildungsplan auch Informationen darüber, wie die Schule und der Kindergarten miteinander kooperieren sollen, damit ein gelungener Übergang stattfinden kann. (vgl. Orientierungsplan BaWü, 2011)
„Der Bildungsauftrag des Kindergartens schließt die Förderung der Kompetenzen zur Übergangsbewältigung ein und stattet das Kind so aus, dass es bereit ist, ein Schulkind zu werden, während die Schule dafür verantwortlich ist, dass das Kind ein Schulkind wird“ (Griebel, 2010). Beide Institutionen müssen sich dessen bewusst sein, dass die Aufgabe der Übergangsgestaltung ernst genommen werden soll und sie diese demnach auch sorgsam erfüllen müssen. Die pädagogischen Fachkräfte haben es nicht nur zur Aufgabe die Kinder in den sprachlichen oder mathematischen Bereichen zu fördern, sondern müssen sie gleichzeitig auch auf der sozialen Ebene vorbereiten und deren Persönlichkeit stärken. „In verdichteter Form muss das Kind mit Unsicherheit, mit neuen Personen und Räumen, mit den eigenen Erwartungen und den Erwartungen von Eltern und Lehrern umgehen lernen. Dazu benötigt es in besonderem Maße Sozialkompetenzen, Frustrationstoleranz, Selbstbewusstsein und die Bereitschaft, in einer neuen Gruppe zu lernen.“ (Akgün, 2007)
Es liegt unter anderem an den pädagogischen Fachkräften im Kindergarten den Übergang so kindgerecht wie möglich zu gestalten und diesen gleichzeitig so schulvorbereitend wie mögliche durchzuführen. So sollen sie die Vorschulkinder mit dem Thema „Grundschule“ vertraut machen, Strategien entwickeln, wie sie den Übergang am besten gestalten und das Kind während dieser ganzen Zeit begleiten. (vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2012) Die ErzieherInnen sind in dieser Phase -nach den Eltern- die engsten Ansprechpartner für das Kind, wenn es um den bevorstehenden Schuleintritt geht. Sie tragen zudem die Verantwortung für die Planung der Lern- und Bildungsprozesse, wie auch für die gesamte Schulvorbereitung selber (vgl. Freud & Roßbach, 2011).
Das Kind in seiner Entwicklung zu beobachten und es bei Defiziten zu fördern, ist eine weitere wichtige Aufgabe beider Institutionen (vgl. Akgün, 2007). Der Kindergarten und die Schule haben somit einen bedeutungsvollen Einfluss und tragen gleichzeitig auch eine große Verantwortung, den Übergang für das Kind gewissenhaft und kindgerecht zu gestalten. „Erzieherinnen und Lehrerinnen zielen unter anderem auf die Förderung der Basiskompetenzen und schulnahen Vorläuferkompetenzen der Kinder. Sie nehmen aber auch entscheidenden Einfluss auf die Moderation und Kommunikation des Übergangsprozesses.“ (Akgün, 2007) Es liegt größtenteils an ihnen, wie gut vorbereitet das Kind sich am Ende der Kindergartenzeit fühlt und wie stark seine Vorfreude oder seine Angst vor dem Schulanfang ist.
3. Methodenteil - Eigene Untersuchung
Die vorliegende Hausarbeit bezieht sich neben den Literaturquellen auch auf die drei durchgeführten Interviews mit den pädagogischen Fachkräften. So wurden zwei Erzieherinnen aus jeweils einer Kindertagesstätte und einem Kinder- und Jugendpflegeheim, sowie eine Kindheitspädagogin aus einem Waldkindergarten zum Thema „Übergangsgestaltung vom Kindergarten zur Grundschule“ befragt. Die Fragen zielten dabei auf die Gestaltungsarten, auf den Wert des Übergangs in der Einrichtung und auf die Idee hinter der Durchführung ab.
3.1 Vorstellung der Gesprächspartner
GS ist 58 Jahre alt und arbeitet in einer Kindertagesstätte in Stuttgart-Münster. Die Einrichtung besteht aus zwei Krippengruppen und einer Kindergartengruppe mit Kindern zwischen drei und sechs Jahren. Da die Kindertagesstätte erst seit knapp einem Jahr eröffnet ist, verfügt sie noch über kein eindeutiges Konzept und hat noch nicht viele Übergänge durchgeführt (13).
AS ist 29 Jahre alt und arbeitet als Erzieherin in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung im Schwarzwald. Die Institution wird als „Oase für Heimkinder“ bezeichnet und ähnelt einem Kinderheim. Die Einrichtung spezialisiert sich auf schwer erziehbare Kinder und Jugendliche. Die Altersspanne im Heim variiert dabei zwischen Vorschulkindern und Siebzehnjährigen. Die Besonderheit der „Oase für Heimkinder“ liegt darin, dass die ErzieherInnen und Fachkräfte als Eltern angesehen werden und alle Entscheidungen für die Kinder treffen (44-46). Das Heim arbeitet eng mit dem Jugendamt zusammen und hat dessen Anweisungen zu befolgen (94-95). Die leiblichen Eltern werden über jeden Prozess informiert, sofern sie dies überhaupt möchten (53-54).
NS ist 26 Jahre alt und arbeitet als Kindheitspädagogin in einem Waldkindergarten in Stuttgart. Die Kinder besuchen die Einrichtung ab dem 23. Monat und bleiben bis zum Schuleintritt. Die Institution ist eine Elterninitiative, in dem die Eltern als Vorgesetzte der ErzieherInnen und Fachkräfte agieren. Der Waldkindergarten verfügt über eine Kooperationsschule mit der ein regelmäßiger Austausch existiert. Momentan gibt es 16 Kinder und diese dürfen jeden Tag bis 14 Uhr in der Einrichtung bleiben. (2-7)
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