Die gesellschaftskritischen Themen und Interpretationen des Autors in Tony Kushners Angels in America


Diplomarbeit, 2004

41 Seiten, Note: 2


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

I. Vorwort

II. Der Autor Tony Kushner

III. Das Stück: Engel in Amerika - Schwule Variationen über gesellschaftliche Themen
1. Personendarstellung
2. Teil Eins: Die Jahrtausendwende naht
I. AKT: Schlechte Nachrichten (Herbst 1985)
II. AKT: In Vitro
III. AKT: Noch-Nicht-Bewußt, der Dämmerung nach Vorwärts
3. Teil Zwei: Perestroika
I. AKT: Spluuutsch
II. AKT: Die Epistel
III. AKT: Bauchkrämpfe
IV. AKT: John Brown’s Body
V. AKT: Himmel, ich bin im Himmel Epilog: Bethesda

IV. Hervorgehobene Themen
1. Der Kalte Krieg
2. Engel, Mormonen, Religionen
3. Homosexualität
4. Aids
5. Liebe

V. Nachwort

Literaturverzeichnis

I. Vorwort

Ich habe mich für das Stück Engel in Amerika von Tony Kushner ent- schieden, da mich dieses Stück schon beim ersten Mal, als ich es gelesen habe fasziniert hat. Das war wohl 1997 oder 98, auf der Suche nach ge- eigneten Vorsprechmonologen für die Schauspielschulen. Auch habe ich einmal einen Monolog als Prior angefangen. Es gibt einige schöne längere Textpassagen, die zusammengestrichen eine schöne Szene für Prior er- geben können. Besonders fasziniert hat mich natürlich die Darstellung der schwulen Figuren in diesem Stück, da ich sie als sehr gelungen und als sehr natürlich empfinde. Auch bin ich von einer Art schwulem Humor, der das Stück durchzieht, sehr begeistert. Es ist nicht nur die Art und Weise, was die schwulen Charaktere mit einbringen, sondern eher der gesamte Umgang mit den Situationen, in die die Charaktere kommen. Sei es der Engel, der sich, fast schon selbstironisch, in seiner Offenbarung unter- bricht, um im Himmel noch einmal nachzufragen und sich dann über die miserable Organisation beschwert. Und dass die Figuren in vielen Situati- onen zwar vor die Wahl gestellt sind, das was passiert eigentlich nicht annehmen zu wollen, aber letztendlich alleine durch das Vorhandensein der Situation gar nicht anders können als sie anzunehmen. Es gibt keine andere Wahl, da jede Situation, so unreal oder unlogisch sie auch sein mag, die Charaktere im Hier und Jetzt beeinflusst.

Das Stück von Tony Kushner hat unter anderen Preisen den Pulitzer-Preis und den Tony-Award bekommen und wurde erst letztes Jahr von HBO als sechsteiliger Fernsehfilm mit Al Pacino, Merryl Streep und Emma Thomp- son erfolgreich von Mike Nichols verfilmt. Auch für die Fernsehfassung schrieb Kushner das Drehbuch. Es wurde Wort für Wort umgesetzt. Und in den Jahren ab 1994, nachdem das Stück in Deutschland zum ausländi- schen Stück des Jahres gewählt worden war, lief es erfolgreich in Zürich, Hamburg, Berlin, Wiesbaden, Essen, Wien, Dortmund, Kiel und Nürnberg, sowie in anderen, oftmals auch Laienproduktionen.

Umso mehr erstaunte es mich, dass ich weder im Internet, noch in den Universitätsbibliotheken in Berlin und in Wien deutschsprachige Literatur zu Engel in Amerika oder zu Tony Kushner allgemein gefunden habe.

Ich habe mich entschieden, die Gliederung meiner Arbeit dem Stück selbst anzupassen. Deswegen gehe ich einfach den Handlungen nach. Ich denke, dass die Geschichte und die Dramaturgie des Stückes so am besten verstanden wird, ohne große Gedankesprünge vornehmen zu müssen. Das Stück ist an sich mit den 8 Hauptfiguren, deren Gesichten sich ständig gegenseitig beeinflussen, schon komplex genug.

Auch habe ich auf exakte Seitenverweise bei den Zitaten verzichtet, da die Zitate, wie ich sie verwende, nicht dazu dienen, bestimmte Dinge zu beweisen, sondern für ein besseres Verständnis der jeweils besprochenen Situation dienen sollen.

II. Der Autor Tony Kushner

Tony Kushner wurde 1956 in einer Kleinstadt in Louisiana in Amerika als Sohn einer jüdischen Künstlerfamilie geboren. Seine Mutter, eine Berufs- musikerin, Fagottistin, spielte in einer Amateurtheatertruppe. „Sie war eine Star-Tragödin der Theatertruppe in der Kleinstadt, wo ich aufwuchs. Sie spielte sehr ausdruckstark und gefühlvoll, eine ihrer besten Rollen war Linda Loman in Arthur Millers `Tod eines Handlungsreisenden´. Das ge- hört zu meinen dichtesten Erinnerungen aus der Kindheit: Meine Mutter auf der Bühne.“ (1) Sein Vater war Klarinettist und Dirigent. Sein Bruder spielt das Erste Horn bei den Wiener Symphonikern und seine Schwester ist Malerin. „Ich habe intensiv daran gearbeitet, kein Musiker zu werden.

In meiner Kindheit gab es eine Menge Streit darüber zwischen meinem Vater und mir.“ (1)

Auf der Columbia University hat Kushner seinen Abschluss gemacht, in den siebziger Jahren kam er dann von Louisiana nach New York, wo er in der Telefonzentrale eines Krankenhauses arbeitete und ein Regiestudium an der New York University bei Carl Weber, der am Berliner Ensemble ge- lernt hatte, begonnen hat. „Mitte der siebziger Jahre, da hab ich mir dann Hunderte von Aufführungen und Stücken angeschaut, es war eine gute Phase fürs Theater. Der Broadway war noch nicht völlig tot, die amerika- nische Avantgarde wurde sehr lebendig. … Mein Timing war richtig, ich hatte Glück.“ (1)

In den Dramatiker-Beruf kam Kushner über die Hintertür. Im letzten Stu- dienjahr beschloss er, mit der Erlaubnis von Carl Weber, als Diplomarbeit ein Stück zu verfertigen. Als sein wirklich erstes Stück nennt Kushner al- lerdings `A Bright Room Called Day´, das er 1984 schrieb und das er dann selbst in New York herausbrachte. 1987 wurde `A Bright Room Cal- led Day´ dann am Eureka Theater in San Francisco noch einmal inszeniert - seine erste professionelle Produktion. Kushner hat sich während seines Regiestudiums intensiv mit Brecht, Marx und Walter Benjamin beschäf- tigt, auch durch den Einfluss von Carl Weber. Er selbst bedauert, dass er es nie geschafft hat deutsch zu lernen. „Obwohl ich mal eine Übersetzung von Goethes `Stella´ gemacht habe, immer brav mit dem Wörterbuch in der Hand. Es hat Wochen gedauert, und ich habe zwischendrin dauernd Carl Weber angerufen und gefragt: `Was bedeutet das und das und das?´ Ein lebenslänglicher Wunsch, Deutsch zu lernen.“ (1)

Erst sehr spät, mit 26, bekennt sich Kushner zu seiner Homosexualität. Die Zeit seines Coming Out's war für ihn auch eine sehr politische Zeit.

„Mein Coming Out als schwuler Mann und die Teilnahme an den Act-Up- Gruppen war das bislang wichtigste politische und persönliche Ereignis in meinem Leben.“ (1) Als den Beginn seines politischen Engagements nennt Kushner die Ausläufer der Anti-Vietnam-Bewegung in den siebziger Jahren und noch wichtiger war für ihn die `euphorische´ Aufbruchs- Stimmung des Mc-Govern-Wahlkampfs gegen Nixon. Auch die homopho- be Einstellung der jüdischen Tradition, welche auch nichtgläubige Juden noch bestimmt, war ausschlaggebend. Er bezeichnet sein Coming Out, nach einer langen Phase der „Unsicherheit, ob ich eventuell doch hetero- sexuell werden könnte oder sollte oder wollte“ (1) als nicht furchtbar, nur schwierig.

Den ersten Teil von ´Angels in America` schrieb Kushner als Auftragsarbeit, angeregt durch Oscar Eustis vom Eureka Theater. Wichtig war für ihn, dass wenn er ein Stück über Aids schreiben wolle, so muss es auch von Roy Cohn handeln, der zu diesem Zeitpunkt an Aids starb.

III. Das Stück: Engel in Amerika - Schwule Variationen über gesellschaftliche Themen

Das Stück „Engel in Amerika“ mit dem Untertitel „Schwule Variationen über gesellschaftliche Themen“ spielt im New York der 80er Jahre, der Jahre von Reagan, konservativ-rechter, christlich-geprägter Politik, der Ausläufer der McCarthy Ära, des Höhepunktes des Kalten Krieges und Kommunismushasses, und der Jahre des Ausbruchs der Aids Epidemie. Auf all diese Themen geht der politisch engagierte Tony Kushner ein.

Das Stück ist in zwei Teile eingeteilt, der erste Teil: Die Jahrtausendwen- de naht (Millennium Aproaches) und der zweite Teil Perestrojka. Die Stü- cke schließen zeitlich aneinander an, die Hauptfiguren sind die gleichen, die sich im Laufe beider Stücke entwickeln und kennen lernen.

Für beide Stücke gibt Kushner die Anmerkung zur Inszenierung, dass dem Stück eine sparsame Aufführungsweise gut tut, mit minimalem Bühnenbild und schnellen Umbauten ohne Blackouts. Umbauten sollten von den Schauspielern und den Technikern gleichermaßen durchgeführt werden, das gesamte Geschehen sollte von den Schauspielern angetrieben sein, Theatertechnik sollte zu sehen sein, aber die magischen Momente, wie das Auftauchen von Halluzinationen und der Engel sollten voll ausgespielt werden und großes Erstaunen hervorrufen.

1. Personendarstellung

Roy M. Cohn ist ein erfolgreicher New Yorker Anwalt und inoffizieller Macht-Makler. Er ist die einzige historische Gestalt in Kushner Stück, auch wenn sich Kushner auf die eigene Dosis künstlerischer Freiheit beruft. Die Handlungen, die dieser Figur zugeschrieben werden, sind allerdings in den entsprechenden Quellen und Akten zu finden. Die historische Figur des Roy Cohn war der Sohn eines mäßig seriösen New Yorker Richters, der schon früh gelernt hatte, worauf es ankommt, wenn es einem nur auf den Erfolg ankommt. Seit seiner frühen Karriere operierte er als Hauptbe- rater in McCarthys Senatskomitee zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe mit einem Netz aus Beziehungen, Abhängigkeiten, Bestechung und unwiderstehlicher Großmäuligkeit gegenüber „Geschäftsfreunden“ in Gericht, Exekutive und Mafia. Dieses Beziehungsgeflecht erlaubte es ihm 30 Jahre lang, erstaunliche Prozessergebnisse jenseits aller juristischen Vernunft zu erzielen, sowie alle Angriffe des Justizministeriums und meh- rere einschlägige Anklagen zu überstehen. Seine eigene Homosexualität hat er in dieser Zeit weder getarnt noch verschwiegen noch verdrängt. Sie kam in seiner Welt nicht vor, das genügte ihm - und seiner Welt auch, weshalb er auf einer Luxusjacht mit Lustknaben Hof halten und gleichzeitig sehr wirkungsvoll gegen die Gleichstellung von Homosexuel- len kämpfen konnte. Zu seinen Klienten zählten Norman Mailer, Frank Si- natra, Edgar Hoover, Donald Trump, Richard Nixon, Ronald Reagan und etliche Mafia-Paten. Eine im Stück aufgegriffene Tat von Cohn ist der Fall Rosenberg. Das jüdisch-amerikanische Ehepaar Ethel und Julius Rosen- berg wurde 1951 in den USA wegen Spionage für die Sowjetunion zum Tode verurteilt und zwei Jahre später trotz zahlreicher internationaler Pro- teste hingerichtet. Der Fall Rosenberg illustriert in extremer Weise die an- tikommunistische Stimmung in den USA der McCarthy-Ära.

Tony Kushner zeigt in dieser historischen Figur eindeutig, wie sehr Politik vom Machtbestreben der Machtinhaber lebt. Er zeigt die Figur des Roy Cohn als einen skrupellosen Menschen, dessen einziges Bestreben es ist, noch mehr Macht zu erreichen. Oftmals geht es nur darum, das, was er sich kurzfristig in den Kopf gesetzt hat, zu erreichen. Durch Roy Cohn zeigt Tony Kushner die Doppelmoral, die gerade konservativen Politikern anhaftet. Zugleich zeigt er den unverständlichen Hass, der diese anti- kommunistischen Politiker antreibt. Roy Cohn ist nicht zuletzt eine histori- sche Gestalt die für die damalige Zeit Werte gebend war. Roy Cohn wird nie als eine positiv fühlende Gestalt dargestellt, immer nur als ein macht- getriebenes Monstrum, deren einziges Ziel es ist zu gewinnen.

Joseph Porter Pitt (Joe) ist Bürovorsteher von Richter Theodore Wilson vom Bundesappellationsgericht, Zweiter Gerichtsbezirk. Er ist um die 30 Jahre alt, Mormone, verheiratet und führt mit seiner Frau ein typisches kleines bürgerliches Leben, in das Homosexualität und Aids genauso we- nig hineinpasst wie die Tablettensucht seiner Frau, mit der er mittlerweile etwas genervt umgeht. Er ist ein Schützling von Roy Cohn, der ihm an- bietet eine Stelle in Washington anzunehmen, was eine enorme Verbesse- rung seiner Karrierechancen mit sich brächte. Im Laufe des Stückes wird er den an der Aids-Erkrankung seines Freundes leidenden Louis Ironson kennen lernen und verliebt sich in ihn.

In der Figur von Joe zeigt Tony Kushner einen Menschen, der sein Leben lang durch seine strenge Mormonenreligion und seinen Beruf als Bürovorsteher im Gericht in einer sicheren Welt war. Seine Welt hat Re- geln, über die er nicht mehr nachzudenken hatte, bis er an den Punkt kommt, an dem sein Leben zusammenbricht, ausgelöst durch die Homo- sexualität, welche er sich plötzlich einzugestehen versucht. Leider erfährt man von Joe gegen Ende des Stückes sehr wenig, sein Leben scheint un- terzugehen, es gibt weder ein positives noch ein negatives Ende. Er ist gefangen in der reglementeren Welt, aus der er kommt und überfordert mit dem Zusammenbruch dieser Welt, er muss sich komplett neu orien- tieren, was Kushner leider im Stück unter den Tisch fallen lässt.

Haper Amaty Pitt ist Joe's Frau. Sie leidet an Platzangst und ist valium- süchtig. Die meiste Zeit verbringt sie zu Hause, ist seit über einem Jahr dabei das Schlafzimmer neu zu streichen, was nicht so einfach ist, da sie sich nicht alleine ins Schlafzimmer traut. Sie hat einen imaginären Freund, Herr Lüg, ein Reisebüroangestellter, der in Kleidung und Sprechweise an einen Jazzmusiker erinnert. Er trägt ein IOTA-Abzeichen am Revers, die Internationale Organisation der Touristik-Angestellten. Harper flüchtet sich durch die Valiumtabletten immer öfter in ihre Traum- welt, in der sie Herr Lüg an abgelegene Ort bringt, an denen sie keine Angst mehr haben muss, wie zum Beispiel die Antarktis.

Im Grunde ist Harper in keiner anderen Situation als Joe, mit dem Unterschied, dass sie sich schon seit langer Zeit aus ihrer Welt flüchtet. Insofern beweist sie sich im Stück auch als die Stärkere der beiden, wenn auch nur dadurch, dass sie es mit Hilfe von Drogen schafft, sich auch ein- fach mal gehen zu lassen. Sie nimmt die Welt, in der sie lebt, schon lange nicht mehr ernst. Harper lebt in ihrer Welt und kommt so einfacher durch das Leben.

Prior Walter ist homosexuell und an Aids erkrankt. Er arbeitet gelegent- lich als Partyservice-Lieferant oder als Innenausstatter in Nachtclubs und lebt hauptsächlich von bescheidenen, mündelsicher angelegten Wertpa- pieren. Er hat sein Vorleben als Drag Queen abgelegt und lebt mit seinem Freund Louis Ironson zusammen. Er ist 30 Jahre alt und die eigentliche Hauptfigur des Stücks, da die Kontinentalen Herrschergewalten, der Engel Europa, der Engel Africanii, der Engel Ozeanien, der Engel Asiatica, der Engel Australien, der Engel Antarktis und der Engel Amerika ihn aus- erkoren haben der Prophet zu sein, der den Menschen eine wichtige Bot- schaft überbringen muss. Prior ist von dieser Idee nicht sehr begeistert.

Prior ist als die positive Gestalt im Stück zu sehen. Anhand von Pri- or Walter zeigt Tony Kushner, einen lebenden, fühlenden Menschen, der durch ein großes Leiden hindurch muss. Fast wird diese Figur zu einer Art Jesus, wie oftmals die Hauptfiguren in Filmen von Lars von Trier. Jedoch mit dem Unterschied, dass Kushner seine Hauptfigur am Ende des Stü- ckes als Sieger zeigt.

Louis Ironson ist Textverarbeiter am Bundesappellationsgericht, Zweiter Gerichtsbezirk. Er ist Priors Freund und kommt nicht besonders gut damit klar, dass Prior an Aids sterben wird. Er leidet darunter.

Die Figur des Louis ist wohl die unverdorbenste aller Figuren. Zu- tiefst menschlich, verfahren in seine Ängste und Nöte, flieht er vor seinen Gefühlen. Er sucht Sicherheit, findet sie aber nicht. Sein ausgeprägtes Rechtsbewusstsein allerdings lässt ihn sein Rückgrat wieder finden oder behalten.

Belize Frühere Drag Queen und Ex-Liebhaber von Prior. Staatlich geprüf- ter Krankenpfleger. Ursprünglich hieß er Norman Arriaga; der Travestie- Name Belize ist irgendwie an ihm hängen geblieben. Er ist immer noch ein guter Freund von Prior und arbeitet in dem Krankenhaus, in dem er Roy Cohn versorgen wird. Belize ist ein schwarzer Afroamerikaner.

Belize ist der eigentlich gute Engel des Stücks. Auch vom Leben geprägt, hat er eine gewisse Abgebrühtheit der Welt gegenüber, die aber seinen Sinn für Menschlichkeit nicht überdeckt. Er ist der starke, ruhende Charakter, der gute Freund.

Hannah Porter Pitt ist die Mutter von Joe. Eigentlich lebt sie in Salt La- ke City von der Offiziersrente ihres verstorbenen Mannes, aber aufgrund der Veränderungen im Leben ihres Sohnes kommt sie nach New York und beginnt im Mormonen-Zentrum zu arbeiten. Sie ist gläubigste Mormonin.

Der Charakter von Hannah zeigt sich vor allem durch ihre Härte, die sie der Welt und sich gegenüber empfindet. Ihre Welt besteht aus religiösen Regeln und Ordnungen. Ihre Veränderung wird symbolisch gezeigt, sie beginnt wohl nach ihrer spirituellen Erfahrung mit dem Engel zu erwachen. Kushner zeigt dies nur in der letzten Szene. Wir erahnen ihre Veränderung nur im Nachhinein, abgesehen vom Epilog.

2. Teil Eins: Die Jahrtausendwende naht

Der erste Teil von „Engel in Amerika“ spielt in der Zeit von Herbst 1985 bis zum Spätwinter 1985 - 86.

I. AKT: Schlechte Nachrichten (Herbst 1985)

Die Szene beginnt auf einer jüdischen Beerdigung. Isidor Chemelwitz, ein sehr alter Rabbi hält eine eher allgemein gehaltene Grabrede auf Sarah Ironson, die Großmutter von Louis, der mit Prior an der Beerdigung teil- nimmt. Schon in der Rede wird eine gewisse Art von Humor klar, die das Stück durchzieht. Der Rabbi kannte die alte Frau aus dem Altersheim gar nicht, sagt das ungeniert und spricht stattdessen von den Juden, „die wir haben den Ozean überquert und mit uns gebracht nach Amerika die rus- sischen und litauischen Dörfer… …diese Überfahrt, die sie gemacht, ihr werdet niemals erleben, denn so große Reisen existieren nicht mehr in dieser Welt.“ (2) Kushner zeigt in dieser Szene das aussterbende jüdische Kulturverständnis, dass von den in Amerika geborenen Juden nur sehr schwer weitergelebt wird. Auch Louis bemerkt, dass er von diesem Juden- tum nicht mehr betroffen ist.

Anschließend lernen wir Roy Cohn und Joe Pitt kennen. Sie befinden sich in Roys Arbeitszimmer mit den klassischen Insignien eines Machtinhabers. Er telefoniert ununterbrochen und kommandiert am Telefon mehrere Menschen gleichzeitig umher. Der verschüchterte und ihm untergebene Joe wartet geduldig, bis Roy ihn zwischen verschiedenen Telefonaten eine Stelle in Washington anbietet. Joe ist erfreut und überrascht, will aber erst mit seiner Frau reden. Die Macht Roys über Joe wird klar, und seine Art und Weise ihn zu beeinflussen.

Wir lernen Harper, Joes Frau, kennen. Sie hört Radio und führt Selbstge- spräche nachdem sie Valium eingenommen hat. Herr Lüg erscheint das erste Mal bei Harper und fragt sie nach ihrem Reiseziel. Auch Harper be- greift, dass er eine Halluzination ist, beginnt aber sich interessiert mit ihm zu unterhalten. Herr Lüg verschwindet, als Joe nach Hause kommt. „Küsschen… unter Partnern?“ (2). Das Verhältnis zwischen Joe und Har- per wird von Anfang an als ein selbstverständliches und fast schon sachli- ches, wenn auch liebevolles gezeigt. Es herrscht Respekt unter Partnern.

Louis und Prior sitzen vor der Leichenhalle und reden über alltägliche Dinge.

[...]

Ende der Leseprobe aus 41 Seiten

Details

Titel
Die gesellschaftskritischen Themen und Interpretationen des Autors in Tony Kushners Angels in America
Hochschule
Anton Bruckner Privatuniversität  (Institut für Schauspiel)
Veranstaltung
Schauspiel
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
41
Katalognummer
V31052
ISBN (eBook)
9783638321655
ISBN (Buch)
9783638651134
Dateigröße
673 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Themen, Interpretationen, Autors, Tony, Kushners, Angels, America, Schauspiel
Arbeit zitieren
Markus Wechsler (Autor:in), 2004, Die gesellschaftskritischen Themen und Interpretationen des Autors in Tony Kushners Angels in America, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/31052

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