Standortanalyse für Windkraftanlagen mit der Beteiligung der Öffentlichkeit, Investoren und kommunalen Verwaltung


Masterarbeit, 2015

129 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Hintergründe und Problemstellung
1.2 Zielstellungen
1.3 Aufbau der Arbeit

2 DEFINITIONEN UND ERLÄUTERUNGEN
2.1 Geodäten, Geoinformationssysteme und Standortanalysen
2.2 Aufbau und Funktionsweise einer W indkraftanlage

3 RAUMPLANERISCHE RAHMENBEDINGUNGEN FÜR DEN AUSBAU DER WINDENERGIE
3.1 Das Raumordnungsgesetz (RÜG)
3.2 Die regionalplanerische Steuerung der W indkraftnutzung
3.3 Bedeutung des Raumordnungsverfahrens für den Ausbau der Windenergie

4 STAKEHOLDER-SPEZIFISCHE ANFORDERUNGEN AN WKA-STANDORTANALYSEN
4.1 Kommunale Verwaltung
4.2 POTENTIELLE INVESTOREN
4.3 Öffentlichkeit

5 METHODEN UND ALGORITHMEN GIS-GESTÜTZTER WKA-STANDORTANALYSEN
5.1 GIS-basierte WKA-Flächenpotentialanalysen
5.2 Anzahl der installierbaren WKä & Ausschluss nach Mindestflächengröbe
5.3 GIS-gestützte Analysen zur Landschaftsbildbeeinträchtigung durch WKä
5.3.1 3D Visualisierung
5.3.2 Sichtbarkeitsanalysen

6 FALLBEISPIEL DAHME-SPREEWALD - FLÄCHENPOTENTIALANALYSE FÜR WKA
6.1 Darstellung der Grundlagen für das Fallbeispiel
6.1.1 Abgrenzung und Beschreibung des Untersuchungsgebietes
6.1.2 Grundlagen zur verwendeten Software
6.1.3 Geodätisches Bezugssystem der Geodaten
6.1.4 Datengrundlagen
6.2 Grundannahmen
6.2.1 Beschreibung der Referenz-Windkraftanlage
6.2.2 Windhöffigkeit
6.2.3 Kriterienkatalog für Tabuzonen und Restriktionsflächen
6.2.4 Kriterium der Hangneigung
6.2.5 Kriterien der Mindestflächengröße und der Anordnung der WKA
6.3 Ablauf der GIS-basierte Flächenpotentialanalyse für WKä
6.3.1 Ermittlung der Ausschlussflächen nach Windhöffigkeit
6.3.2 Ermittlung der Tabuzonen
6.3.3 Ermittlung der Eignungs- und Restriktionsflächen
6.3.4 Ausschluss nach dem Kriterium Hangneigung
6.3.5 Ermittlung der optimalen WKA-Verteilung
6.3.6 Quantifizierung des Flächenpotentials und der potentiell installierbaren WKA

7 FALLBEISPIEL BERGHOLZ-REHBRÜCKE - ANALYSE DER LANDSCHAFTSBILDBEEINFLUSSUNG
7.1 Datengrundlage des Fallbeispiels
7.2 3D-Modellierung von geplanten Windkraftprojekten
7.3 Sichtbarkeitsanalysen für geplante Windkraftprojekte

8 FALLBEISPIEL MÄRKISCHE HEIDE - ERMITTLUNG ÖKONOMISCHER & ÖKOLOGISCHER KENNZAHLEN
8.1 Beschreibung des Untersuchungsgebietes - die Gemeinde Märkische Heide
8.2 Ergänzende Erläuterungen
8.3 Berechnung der ökonomischen und ökologischen Kennzahlen
8.3.1 Berechnung der Windleistungspotentiale pro WKA und Fläche
8.3.2 Berechnung des Stromertragspotentials pro Fläche
8.3.3 Berechnung der potentiellen Jahresauslastung der WKA am Standort
8.3.4 Berechnung des Anteils des Stromertragspotentials am Stromjahresverbrauch
8.3.5 Berechnung der CO2 Vermeidung

9 ERGEBNISSE DER WKA-STANDORTANALYSEN FÜR DAS FALLBEISPIEL MÄRKISCHE HEIDE
9.1 Potentielles WKA-Entwicklungsgebiet
9.1.1 Lagebeschreibung, Landnutzung und Restriktionskriterien
9.1.2 Standortbezogenes Ressourcenangebot und Ertragspotentiale
9.1.3 Gemeindebezogene Kennzahlen
9.2 Potentielles WKA-Entwicklungsgebiet
9.2.1 Lagebeschreibung, Landnutzung und Restriktionskriterien
9.2.2 Standortbezogenes Ressourcenangebot und Ertragspotentiale
9.2.3 Gemeindebezogene Kennzahlen
9.3 Potentielles WKA-Entwicklungsgebiet
9.3.1 Lagebeschreibung, Landnutzung und Restriktionskriterien
9.3.2 Standortbezogenes Ressourcenangebot und Ertragspotentiale
9.3.3 Gemeindebezogene Kennzahlen
9.4 Potentielles WKA-Entwicklungsgebiet
9.4.1 Lagebeschreibung, Landnutzung und Restriktionskriterien
9.4.2 Standortbezogenes Ressourcenangebot und Ertragspotentiale
9.4.3 Gemeindebezogene Kennzahlen
9.5 Potentielles WKA-Entwicklungsgebiet
9.5.1 Lagebeschreibung, Landnutzung und Restriktionskriterien
9.5.2 Standortbezogenes Ressourcenangebot und Ertragspotentiale
9.5.3 Gemeindebezogene Kennzahlen

10 WEBBASIERTE DARSTELLUNG DER STANDORTANALYSE FÜR DAS FALLBEISPIEL MÄRKISCHE HEIDE
10.1 Bedeutung des Internets für Investoren, Öffentlichkeit und kommunale Verwaltung
10.2 Aufbau der Website

11 SCHLUSSBETRACHTUNG UND FAZIT

12 QUELLENANGABEN

Verzeichnisse

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau einer Windkraftanlage

Abbildung 2: Darstellung der geometrischen Operation "Ausschneiden"

Abbildung 3: Darstellung der geometrischen Operation "Puffer"

Abbildung 4: Darstellung der geometrischen Operation "Vereinigen"

Abbildung 5: Darstellung der geometrischen Operation "Radieren"

Abbildung 6: Darstellung des 3D-Analyst Algorithmus "Slope"

Abbildung 7: Darstellung einer Dreiecksvermaschung zu einem TIN

Abbildung 8: Geographische Lage des Fallbeispiels Landkreis Dahme-Spreewald

Abbildung 9: Darstellung der Jahresmittel der Windgeschwindigkeit in 100m über Grund im Landkreis Dahme­Spreewald

Abbildung 10: Darstellung der Ausschlussflächen (rot) nach Windhöffigkeit

Abbildung 11: Darstellung der "Harten" und "Weichen Tabuzonen" im LDS

Abbildung 12: Darstellung Ausschlussflächen nach Windhöffigkeit und "Tabuzonen"

Abbildung 13: Darstellung der "Restriktionsflächen" und deren Überlagerung mit Ausschlussflächen

Abbildung 14: Darstellung der Neigungswinkel

Abbildung 15: Darstellung der SQL-Abfrage für die Mindestflächengröße

Abbildung 16: Darstellung (Kartenauszug) des generierten Punktrasters mit dem Tool "Netz erstellen"

Abbildung 17: Darstellung der halbautomatisierten, geometrischen Methode zur Ermittlung der optimalen Anordnung von WKA-Standorten pro Fläche

Abbildung 18: Darstellung der alternativen Anordnungsmethode für WKA

Abbildung 19: Darstellung der finalen "Eignungs- und Restriktionsflächen" im LDS

Abbildung 20: 3D-Darstellung des TIN des Testgebietes

Abbildung 21: Import bzw. Zuordnung der 3D-Symbole (WKA.dae) zu den Punkt-Features

Abbildung 22: Frontal-Nah-Ansicht der 3D-Visualisierung

Abbildung 23: Schrägluft (Fern) Ansicht der 3D-Visualisierung

Abbildung 24: 3D-Visualisierung der WKA-Sichtbarkeit

Abbildung 25: WKA-Sichtbarkeitskarte in 2D mit Orthophoto

Abbildung 26: Lageplan des Untersuchungsgebietes Märkische Heide und der Potentiellen WKA- Entwicklungsgebiete

Abbildung 27: Lageplan des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes 19

Abbildung 28: Lageplan des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes 20

Abbildung 29: Lageplan des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes 20

Abbildung 30: Lageplan des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes 23

Abbildung 31: Lageplan des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes 24

Abbildung 32: Darstellung der Startseite (Web-GIS) und der obersten Menüstruktur

Abbildung 33: Beispiel eines Pop-up-Fensters für "Restriktionsflächen"

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Auflistung der verwendeten Geodaten

Tabelle 2: Angaben zu den erzeugten Geodaten aus WMS-Diensten

Tabelle 3: Auswahl der relevanten Parameter der Referenzanlage Vestas V112-3.0 MW

Tabelle 4: Umrechnung mittlere Windgeschwindigkeit von 80m auf 100m und 120m

Tabelle 5: Tabuzonen Siedlungs-, Gewerbe- und Erholungsbereiche

Tabelle 6: Restriktionsflächen Denkmalschutzbereiche außerhalb v. Siedlungen

Tabelle 7: Tabuzonen für Verkehrsinfrastrukturen

Tabelle 8: Tabuzonen für Strom-, Wasser- & Kommunikationsinfrastrukturen

Tabelle 9: Tabuzonen von Natur-, Arten- und Landschaftsschutzgebieten

Tabelle 10: Restriktionsflächen von Natur-, Arten und Landschaftsschutzgebieten

Tabelle 11: Tabuzonen Wasser- und Trinkwasserschutz

Tabelle 12: Restriktionsflächen Trinkwasserschutz und Hochwasserflächen

Tabelle 13: Tabuzonen für sonstige Flächennutzungen

Tabelle 14: Restriktionsflächen von sonstigen Nutzungen

Tabelle 15: Variablen und Parameter zur Berechnung des Flächenbedarfs von WKA

Tabelle 16: Ergebnisvergleich der angewandten Methoden

Tabelle 17: Zusammenfassung der Ergebnisse der GIS-basierten Flächenpotentialanalyse für LDS

Tabelle 18: Datenbeschreibung und Quellenangabe

Tabelle 19: Darstellung der bereits bestehenden oder geplanten WKA in der Gemeinde Märkische Heide

Tabelle 20: Variablen und Parameter zur Berechnung des Windleistungspotentials

Tabelle 21: Variablen und Parameter zur Berechnung des Energieertragspotenzials der WKA-Flächen

Tabelle 22: Darstellung der bestehenden Landnutzungen für das Potentielle WKA-EG

Tabelle 23: Darstellung der durchschneidenden linearen Tabuzonen des Potentiellen WKA-EG

Tabelle 24: Darstellung der Restriktionskriterien für das Potentielle WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 25: Kennzahlen zum Ressourcenangebot, Leistungs- und Ertragspotential des Pot. WKA-EG

Tabelle 26: Zusammenstellung der Kennzahlen zu dem Potentiellen WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 27: Darstellungen der bestehenden Landnutzungen für das Potentielle WKA-EG

Tabelle 28: Darstellung der durchschneidenden lineare Tabuzonen des Potentielle WKA-EG

Tabelle 29: Darstellung der Restriktionskriterien für das Potentielle WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 30: Ressourcenangebot des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes

Tabelle 31: Zusammenstellung der Kennzahlen zu dem Potentiellen WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 32: Darstellung der bestehenden Landnutzungen für das Potentielle WKA-EG

Tabelle 33: Darstellung der durchschneidenden linearen Tabuzonen des Potentielle WKA EG

Tabelle 34: Darstellung der Restriktionskriterien für das Potentielle WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 35: Ressourcenangebot des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes

Tabelle 36: Zusammenstellung der gemeindebezogenen Kennzahlen zu dem Potentiellen WKA-EG

Tabelle 37: Darstellung der bestehenden Landnutzungen für das Potentielle WKA-EG

Tabelle 38: Darstellung der Restriktionskriterien für das Potentielle WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 39: Ressourcenangebot des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes

Tabelle 40: Zusammenstellung der gemeindebezogenen Kennzahlen des Potentiellen WKA-EG

Tabelle 41: Darstellung des bestehenden Landnutzungen für das Potentielle WKA-EG

Tabelle 42: Darstellung der durchschneidenden linearen Tabuzonen des Potentiellen WKA-EG

Tabelle 43: Darstellung der Restriktionskriterien für das Potentielle WKA-Entwicklungsgebiet

Tabelle 44: Ressourcenangebot des Potentiellen WKA-Entwicklungsgebietes

Tabelle 45: Zusammenstellung der gemeindebezogenen Kennzahlen des Potentiellen WKA-EG

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Hintergründe und Problemstellung

Die Europäische Union, die deutsche Bundesregierung und die Landesregierungen haben in den ver­gangen Jahren ambitionierte Klimaschutzziele formuliert. Für das Erreichen dieser Klimaschutzziele kommt neben einer Steigerung der Energieeffizienz, besonders der Energieerzeugung eine Schlüssel­rolle zu. Dies ist dadurch begründet, dass eine konventionelle Energieerzeugung auf Verbrennungs­prozessen von fossilen Energieträgern, wie Kohle und Erdgas beruht, bei denen Treibhausgase wie CO2 emittiert werden. Treibhausgase gelten als Ursache für den Klimawandel und der damit verbun­denen Aufheizung der Erdatmosphäre. Klimaschutz bedeutet demnach die weitestmögliche Reduzie­rung von Treibhausgasen zur Begrenzung des Klimawandels. Der entscheidende Vorteil der erneuer­baren Energien gegenüber fossilen Energieträgern ist, dass sie außer bei den so genannten Vorketten wie Produktion und Transport keine Treibhausgase emittieren. Weitere Gründe für den verstärkten Ausbau der Erneuerbaren Energien sind in der Versorgungssicherheit zu sehen, da sie unendlich und in Deutschland verfügbar sind. Dagegen sind die fossilen Brennstoffe erstens endlich und müssen zweitens aus Drittstaaten importiert werden. Insbesondere der Atomausstieg nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima im Jahre 2011 läutete die große energiepolitische Reform in Deutschland ein, mit dem Ziel eine Energieversorgung mit 100 % Erneuerbaren Energien zu erreichen - die Ener­giewende.

Die Bundesregierung hat sich mit dem „Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung“ im Jahre 2010 das Ziel gesetzt, bis 2020 35 % des Stromverbrau­ches in Deutschland durch erneuerbare Energiequellen zu decken (vgl. Stadermann 2012: 8). Im Jahre 2010 hatte von allen Erneuerbaren Energien die Windenergie bereits mit 6,2% den weitaus größten Anteil am Stromverbrauch in Deutschland. Auch wenn die zukünftigen Potentiale für viele eher bei Offshore[1] -Anlagen gesehen werden, wurden im Jahr 2010 immerhin 99,5% des Windstroms onshore[2] erzeugt (Gerstner 2013). In dem Bundesland Brandenburg werden bereits 30% des Stromverbrauchs von Berlin und Brandenburg durch Windkraftanlagen (WKA) gedeckt. Daraus lässt sich ableiten, dass der Windenergie bei der genannten ambitionierten Zielsetzung eine Schlüsselrolle zukommt. Dabei ist die Nutzung der Windenergie kein unumstrittenes Thema. Die Energiewende im Allgemeinen genießt zwar eine breite gesellschaftliche und politische Akzeptanz. Geht es jedoch darum, geeignete Standor­te für Windkraftanlagen zu finden, zeigt sich auch sehr schnell das damit verbundene Konfliktpotenti­al. Eine grundlegende Ursache dieses Konfliktpotentials liegt in der räumlich dezentralen Verteilung der Windenergieerzeugung. Durch den dezentralen Ausbau der Windenergieerzeugung entstehen be­sonders in Deutschland, dass mit 230 Einwohnern pro km mit die höchste Bevölkerungsdichte in der EU (Rang 5) hat[3], ganz andere Konfliktlagen , als bei der konventionellen Energieversorgung, die überwiegend räumlich zentral verteilt ist. Denn auch die vermeintlich sauberen Windkraftanlagen erzeugen neben Strom auch negative externe Effekte[4], die durch ihre Größe, Gestalt und Rotorbewe­gung begründet sind. Diese negativen externen Effekte verteilen sich dementsprechend dezentral über das Land und führen zu vielschichtigen Konfliktpotentialen. Die raumbezogenen Probleme sind dabei überwiegend in den Bereichen Naturschutz, Schutz des Landschaftsbildes und des Immissionsschutzes gelagert. Beim Naturschutz geht es im Wesentlichen um negative Beeinflussungen der Ökosysteme und der Biodiversität zum Beispiel in Folge der Gefährdung von Vögeln und Fledermäusen durch Kollisionsgefahr. Die Konflikte hinsichtlich des Landschaftsbildschutzes betreffen die negativen opti­schen Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen. Letzteres kann besonders in ländlichen Regionen, in denen der Tourismus eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung hat, zu erheblichen Konflikten mit der Tourismusbranche führen. Die direkten negativen Auswirkungen auf den Menschen sind durch Schattenwurf sowie Schall- und Lichtemissionen begründet. Denn die Windanlagen können besonders bei höheren Windgeschwindigkeiten tieffrequente Geräusche durch das periodische Vorbeistreichen der Rotorblätter erzeugen. Aber auch windbedingte Fremdgeräusche sind hier ein Problem. Zwar hat der Gesetzgeber über das Bundesemmissionsschutzgesetz und den damit verbundenen Mindestabstandsregeln sowie tageszeitabhängigen Schallimmissionswerten hier bereits umfassende legislative Rahmenbedingungen geschaffen. Dennoch fühlen sich Anwohner häu­fig von Lärmbelästigung betroffen (Hentschel 2010). Das Problem des Schattenwurfes wird durch sich drehende Rotoren ausgelöst. Die Rotorbewegungen erzeugen einen periodischen Schattenwurf, der sich durch bewegte Schatten über Felder und Grundstücke äußert. Dies ist stark abhängig von der La­ge und Größe der Anlage, den Wetterbedingungen und der Entfernung zum Immissionsort. Auch hier hat der Gesetzgeber bereits strenge Grenzwerte für die Schattenwurfdauer festgeschrieben. Ein weite­res Problem stellt der so genannte Disco-Effekt dar, der durch Reflexionen des Sonnenlichtes an den Rotorblättern verursacht wird.

Aufgrund der genannten Probleme und den daraus resultierenden Konfliktpotentialen muss der Ausbau der Windenergie raumplanerisch gesteuert werden. Die raumplanerischen Regelwerke mit Ausschluss-, Abstands- und Restriktionskriterien bilden somit die Grundlage jeder WKA- Standortanalyse. Neben den genannten naturschutz-, landschaftsschutz- und immissionsschutzfachli­chen Aspekten müssen WKA-Standorte aber auch wirtschaftlichen Grundsätzen genügen. Diese wer­den im Wesentlichen durch die Standortressource Wind beeinflusst. Zusammengefasst stellt die Suche nach optimalen Standorten für Windkraftanlagen eine vielschichtige Herausforderung dar. Standort­analysen auf der Basis von Geoinformationssystemen (GIS) können hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Denn über GIS-gestützte Analyseverfahren können geeignete Flächen zeitnah, problemnah und objektiv ermittelt werden. Die differenzierten, objektiven und transparenten Analyseergebnisse liefern den Entscheidern aus Politik und Wirtschaft somit umfassende Abwägungsgrundlagen bei der Festlegung von WKA-Eignungsflächen. Aber auch betroffene Anspruchsgruppen (s.g. Stakeholder) der allgemeinen Öffentlichkeit können sich auf Grundlage der GIS-basierten Analyseergebnisse und einer ansprechenden Visualisierung zum Beispiel in Form einer Internetplattform informieren und am Planungsprozess beteiligen.

1.2 Zielstellungen

Aus den genannten Hintergründen lassen sich bereits die Zielstellungen dieser Arbeit ableiten. Zu­nächst sollen mögliche GIS-basierte Analyseverfahren zur Bestimmung von optimalen WKA- Standorten unter Berücksichtigung der verschiedenen legislativen Bestimmungen erläutert und an Fallbeispielen praktisch angewendet werden. Dabei soll der besondere Fokus auf den Belangen und Informationsbedarfen der Öffentlichkeit, der potentiellen Investoren und der kommunalen Verwaltung liegen. Aus dem Beteiligungsaspekt der genannten drei wesentlichen Stakeholder für die Umsetzung von Windkraftprojekten ergibt sich weiterhin die Zielstellung, die Ergebnisse dieser Arbeit auf einer Internetseite, als breiten, offenen und interaktiven Kommunikationskanal, ansprechend zu visualisie- ren und kommunizieren. Die praktische Anwendung der GIS-basierten Analyseverfahren soll anhand von verschiedenen Fallbeispielen mit frei verfügbaren Geodaten durchgeführt werden. Damit zeigt die Arbeit auch unweigerlich wie im Bereich der Geodaten der „Open Data Ansatz,[5] in dem Bundesland Brandenburg und zum Teil auch bundesweit umgesetzt wurde.

1.3 Aufbau der Arbeit

In dem ersten Teil, in Kapitel 2 bis 5, dieser Arbeit werden zunächst die theoretischen Grundlagen für den Ausbau der Windenergiezeugung erläutert. Hierzu zählen die Funktionsweise einer Windkraftan­lage und die raumplanerischen Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windenergieerzeugung. Wei­terhin werden die spezifischen Anforderungen der drei wesentlichen Stakeholdergruppen: potentielle Investoren, kommunale Verwaltung und Öffentlichkeit an Standortanalysen dargestellt. In dem Kapi- tel 5 „Methoden und Algorithmen GIS-gestützter WKA-Standortanalysen“ werden die grundlegenden Methoden, Algorithmen und Arbeitsabläufe erläutert. Die Auswahl der Standortanalyse-Methoden orientierte sich dabei an den spezifischen Anforderungen der zuvor genannten Stakeholdergruppen und den Anforderungen die sich aus der Raumordnung ergeben.

Der zweite Teil der Arbeit, Kapitel 6 bis 8, beschreibt die Durchführung verschiedener Standort­analysen an zwei verschiedenen Fallbeispielen. Am Fallbeispiel des Landkreises Dahme-Spreewald wurde eine großräumige GIS-basierte Flächenpotentialanalyse durchgeführt. Eine weitere Standort­analyse zur optischen Wirkung von WKA wurde aus Gründen der Verfügbarkeit der benötigten 3D- Geodaten für ein kleines Testgebiet in der Gemeinde Nuthetal im Landkreis Potsdam-Mittelmark durchgeführt. Darüber hinaus wurde auf Basis der Ergebnisse der Flächenpotentialanalyse des Land­kreises Dahme-Spreewald für die Gemeinde Märkische Heide eine vertiefende Standortanalyse durch­geführt, um weiterführende ökonomische und ökologische Kennzahlen zur Beschreibung und Bewer­tung der analysierten Flächenpotentiale zu ermitteln.

Die Ergebnisse der Standortanalysen wurden für das Fallbeispiel der Gemeinde Märkische Heide im Landkreis Dahme-Spreewald im dritten Teil dieser Arbeit umfassend dargestellt. Dabei wurden die Analyseergebnisse in Kapitel 9 fokussiert auf die spezifischen Anforderungen der potentiellen Inve­storen und der kommunalen Verwaltung aufbereitet und beschrieben. Das Kapitel 10 beschreibt wei­terführend die Konzeption einer im Rahmen dieser Arbeit erstellten webbasierten Informations- und Kommunikationsplattform. Auf dieser Plattform werden die relevanten generierten Informationen der GIS-basierten WKA-Standortanalysen für die drei wesentlichen Stakeholder-Gruppen kommuniziert. Darüber hinaus wurden die generierten Geoinformationen über eine interaktive Kartendarstellung übersichtlich visualisiert.

2 Definitionen und Erläuterungen

Um eine konsistente Interpretation des in dieser Arbeit tragenden Begriffes „GIS-basierte WKA- Standortanalyse“ zu gewährleisten, sollen in den folgenden Unterkapiteln grundlegende Definitionen und Erläuterungen aufgeführt werden. Der Begriff „GIS-basierte WKA-Standortanalyse“ setzt sich aus drei Begriffen zusammen - Geoinformationssysteme (GIS), Windkraftanlagen (WKA) und Standort­analysen - die auch in ihrer auseinander dividierten Form die zentralen Begriffe dieser Arbeit darstel­len.

2.1 Geodäten, Geoinformationssysteme und Standortanalysen

Die Bezeichnung Geoinformationssystem muss zunächst über die Begriffe Geodaten und Geoinforma- tionen erläutert werden. Geodaten können als „Daten über Gegenstände, Geländeformen und Infra­strukturen an der Erdoberfläche“ (GG 2001) beschrieben werden. Dabei sind Geodaten an zwei Grundbedingungen geknüpft. Erstens muss ein räumlicher Bezug vorhanden sein, d.h. die Daten müs­sen direkt oder indirekt mit einer Koordinate einem geographischen Ort zugeordnet werden können. Zweitens müssen die Daten in rechnerlesbarer, also digitaler Form vorliegen (vgl. Reichwald 2002: 385). Geodaten können nach Geobasisdaten und Geofachdaten unterschieden werden. Geobasisdaten sind amtliche Geodaten des Vermessungswesens, welche die Topographie (ATKIS[6] ), die Liegenschaf­ten (ALKIS[7] ) und einen einheitlichen geodätischen Raumbezug darstellen und beschreiben (vgl. Lanig 2012: 212). Als Geofachdaten werden dagegen Geodaten bezeichnet, die Daten einer bestimmten Fachdisziplin mit Raumbezug darstellen und beschreiben (vgl. Wicht & Lanig 2012: 216). Durch eine Verknüpfung, Überlagerung und Verschneidung von verschiedenen Geodaten und attributiven Daten (beschreibende Sachdaten) können in einem Geoinformationssystem (GIS) Geoinformationen gene­riert werden (vgl. Reichwald 2002: 385). Vereinfacht formuliert, ist ein Geoinformationssystem (oder auch Geographisches Informationssystem) ein raumbezogenes Informationssystem mit dem Geodaten erfasst, gespeichert, manipuliert, analysiert, modelliert und ausgegeben werden (vgl. Reichwald 2002: 385). Somit besteht eine der Hauptaufgaben eines Geoinformationssystems in der Ableitung neuer Informationen aus bestehenden Geodaten (vgl. Bill 1996: 1).

Eine Standortanalyse kann allgemein als räumliche Analyse beschrieben werden. Nach einer De­finition von Bill (1996: 1) „beinhaltet eine Analyse die Zergliederung, Zerlegung bzw. Trennung eines Ganzen in seine Teile. Immer häufiger ist darunter die Untersuchung eines Sachverhaltes unter Be­rücksichtigung seiner Teilaspekte aufgefaßt“. Im Gegensatz zur Analyse steht die Synthese, bei der über die Verknüpfung und Vereinigung von Teilaspekten, als ergänzende Methode, neue Erkenntnisse über den zu untersuchenden Raum gewonnen werden können. Somit umfasst nach Bill (1996: 2) die räumliche Analyse die Analyse und Synthese von Geodaten. Dabei wird bei einer qualitativen räumli­chen Analyse die Art und Beschaffenheit des „Problems“ untersucht und beschrieben. Mit der quanti­tativen räumlichen Analyse wird dagegen die Menge und Größe der vorkommenden Phänomene un­tersucht und beschrieben. Dabei beziehen sich die räumlichen Analysen zumeist sowohl auf geome­trisch-topologische Informationen, Sachdaten und zeitliche Veränderungen. (vgl. Bill 1996: 2f).

Bezogen auf eine GIS-basierte WKA-Standortanalyse werden in einem bestimmten Untersu­chungsgebiet mit Hilfe eines Geoinformationssystems und Geodaten die jeweiligen Raumnutzungen oder Raumfunktionen (Naturschutzgebiet, Siedlungsgebiet etc.) identifiziert. Auf der Basis von ge­setzlichen und raumplanerischen Regelwerken wird daraufhin das Untersuchungsgebiet in Bezug auf die Windkraftnutzung in Nutzungskategorien zergliedert - die vereinfacht mit „für die Windkraft ge­eignet“ und „für die Windkraft ungeeignet“ beschrieben werden können. Neben den qualitativen Ana­lysen werden für die potentiellen Standorte auch quantitative Analysen durchgeführt. Bei der quantita­tiven Analyse sind die Einflussgrößen verschiedene Kennzahlen (z.B. Windgeschwindigkeit, Windlei­stung etc.) auf deren Basis Standorte ausgewählt und beschrieben bzw. bewertet werden können. Das Ziel einer GIS-basierten WKA-Standortanalyse ist es, objektive Argumente für Standortentscheidun­gen hinsichtlich der Windkraftnutzung zu generieren.

2.2 Aufbau und Funktionsweise einer Windkraftanlage

Die Windenergie wird aus der Resource Wind gewonnen. Winde sind Ausgleichsströme und werden als eine horizontale Bewegung von Luftmassen definiert. Die Bewegung der Luftmassen entsteht durch Luftdruckunterschiede, als Ausgleichsströmung zwischen Hoch- und Tiefdruckgebiet (vgl. Le­ser 1997: 997). Windkraftanlagen können durch ihre Rotorblätter dem Wind einen Teil dieser Strö­mungsenergie entnehmen. Die Strömungsenergie, oder fachlich ausgedrückt kinetische Energie, wird durch die Rotorblätter in Rotationsenergie, also in mechanische Energie umgewandelt. Über den me­chanischen Triebstrang (Wellen, Kupplungen und ggf. Getriebe) wird die mechanische Energie direkt dem Läufer des Generators zugeführt und durch mechanisch-elektrische Konversion in elektrische Energie umgewandelt. Die elektrische Energie wird daraufhin dem Generator entnommen, über Lei­tungen und gegebenfalls erforderliche Transformatoren dem Stromnetz und damit auch den Verbrau­chern zugeführt (vgl. Heier 2005: 25). Für die beschriebenen grundlegenden Prozesse der Energieum­wandlung gibt es verschiedene Bauformen von Rotoren mit vertikaler Drehachse und mit horizontaler Drehachse (vgl. Hau 2014: 65). Die Standortanalyse im Rahmen dieser Arbeit beschränkt sich dabei auf die weiterverbreitete Bauform der Windkraftanlagen mit horizontaler Drehachse und 3-Blatt- Rotoren. Dementsprechend soll folgend auch nur deren grundlegende Bauweise erläutert werden.

Eine moderne Windkraftanlage mit horizontaler Drehachse besteht, wie in Abbildung 1 darge­stellt, im Wesentlichen aus einem Fundament, einem Turm, einer Gondel (mit Generator & ggf. Ge­triebe), Rotorblätter, Rotornabe, Rotorbremse und einem Netzanschluss (vgl. Gerstner 2013: 45). Ne­ben der Aufbauweise einer Windkraftanlage sind, für ein tieferes Verständnis der Grundannahmen von WKA-Standortanalysen, weitere zentrale Begriffe zu erläutern. Für die Berechnung von Mindestab­ständen zu verschiedenen Schutzgütern z.B. Mensch (Siedlung) oder Verkehrsinfrastrukturen, sowie für Wirtschaftlichkeitsberechnungen werden häufig verschiedene Größenangaben der jeweiligen Windkraftanlagen benötigt. Hierbei ist die Nabenhöhe ein zentraler Begriff, der die Höhe zwischen Grund und Rotornabe beschreibt. Ein weiteres bedeutendes Berechnungsmaß für Standortanalysen ist die Gesamthöhe der Anlage (als Maß H). Die Gesamthöhe wird in Deutschland je nach Bundesland unterschiedlich interpretiert und als Berechnungsbasis angesetzt. So wird in Baden-Württemberg die Nabenhöhe als Gesamthöhe angewendet. In Bayern und in Brandenburg wird dagegen als Berech­nungsbasis für die Mindestabstände die Gesamthöhe als Nabenhöhe plus Rotorradius definiert (vgl. Gerstner 2013: 92). Da die verschiedenen Methoden von Standortanalysen in dieser Arbeit ausschließ­lich anhand von Fallbeispielen in dem Bundesland Brandenburg erläutert werden, wurde die Definiti­on der Gesamthöhe auf: H = Nabenhöhe + Rotorradius festgelegt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Aufbau einer Windkraftanlage (Quelle: verändert nach http://www.energienpoint.de/erneuerbare- energien/windenergie/wie-funktioniert-eine-windkraftanlage/)

Der Ausbau der Windkraft wird neben legislativen Anpassungen (Novellierungen) auch sehr stark durch den technischen Fortschritt ermöglicht. Gegenwärtig gibt es bereits Anlagen mit einer Nennlei­stung von 5 MW bis 6 MW. Zum Ende der 1980 er Jahre lag die technische Grenze bei 0,1 MW. Die meisten WKA haben jedoch gegenwärtig eine Nennleistung zwischen 2 und 3 MW. Aber nicht nur die Nennleistung, sondern auch die Nabenhöhe und der Rotordurchmesser haben sich vergrößert. Dies sorgt aufgrund der höheren Windgeschwindigkeiten mit steigender Höhe über Grund und einer besse­ren Windausbeute aufgrund einer größeren durchstreichenden Rotorfläche zu höheren Energieerträ­gen. Dennoch steigen auch die Raumwirkung der WKA und damit der Planungsbedarf (vgl. Schmidtchen 2014: 22). Die raumplanerischen Rahmenbedingungen und methodischen Grundlagen für die verschiedenen Standortanalysen zur Identifikation geeigneter Flächen für die Windkraftnut­zung werden in den folgenden Kapiteln genauer erläutert.

3 Raumplanerische Rahmenbedingungen für den Ausbau der Windenergie

Der Ausbau der Windenergie ist eine Querschnittsaufgabe von Politik, Recht und Planung. In den obersten politischen Ebenen der EU und der Bundesregierung in Deutschland werden zunächst infor­melle Ziele für eine langfristige Energie- und damit auch Windkraftstrategie formuliert. Die Richtli­nien und Zielvorgaben der EU sowie die informellen Formulierungen der Bundesregierung werden schließlich zum Teil durch legislative Regelungen festgeschrieben. Diese bindenden Regelungen tan­gieren auf Bundesebene insbesondere das Raumordnungsgesetz (ROG) und auf Grund der anfallenden Emissionen einer WKA (Lärm, Schattenwurf, Diskoeffekt) auch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG). Weiterhin müssen bauordnungsrechtliche Rahmenbedingungen im BauGB und den Bau­ordnungen der Bundesländer angepasst werden. Eine Windkraftanlage ist rechtlich betrachtet eine baulich Anlage, die unter das Bauplanungsrecht fällt. Im Sinne der bauordnungsrechtlichen Anpas­sung gilt eine WKA nach dem § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB[8] als bauliche Anlage für den Klimaschutz (Schmidtchen 2014). Weitere legislative Bestimmungen, die für eine WKA-Standortanalyse zu be­rücksichtigen sind, ergeben sich überwiegend aus dem Naturschutzgesetz, Luftverkehrsrecht, Fern­straßenrecht und dem Denkmalschutzrecht. Die sich daraus ergebenen legislativen Restriktionen wer­den zum Teil bereits in den Raumordnungsprogrammen berücksichtigt. Darüber hinaus ergeben sich hieraus Regeln für Ausschlussflächen und Mindestabstände. Da die raumplanerischen Rahmenbedin­gungen dementsprechend auch die Grundlagen für eine Standortanalyse für Windkraftanlagen liefern, lohnt es sich, einen kurzen Überblick zu den Rechtsvorschriften des Untersuchungsthemas darzustel­len. Da die EU bisher über keine originäre Kompetenz verfügt, raumplanerisch in den Mitgliedsstaaten tätig zu sein, sondern lediglich Leitbilder formulieren kann, wird sie in den folgenden Darstellungen nicht weiter erwähnt.

3.1 Das Raumordnungsgesetz (ROG)

Die raumplanerischen Rahmenbedingungen werden über die Raumordnung festgelegt. Der Begriff Raumordnung ist dabei idealtypisch zu verstehen im Sinne einer planerischen Zuordnung von Funk­tionen oder Nutzungen zu verschiedenen geographischen Räumen (vgl. Schmidtchen 2014: 95).

Dem Raumordnungsgesetz (ROG) kommt bei der Zuordnung der Raumfunktionen- und Nutzungen eine übergeordnete Rolle zu. Zu den grundlegenden Aufgaben des Raumordnungsgesetzes gehört es, den „Gesamtraum der Bundesrepublik Deutschland und seine Teilräume (...) durch zusammenfassen­de, überörtliche und fachübergreifende Raumordnungspläne, durch raumordnerische Zusammenar­beit und durch Abstimmung raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern“ (§1 ROG in Walhalla 2015: 415). In den Raumordnungsplänen werden für raumbe­deutsame Funktionen und Nutzungen drei Gebietskategorien festgeschrieben.

1. Vorranggebiete, sind Gebiete, „die für bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzun­gen vorgesehen sind und andere raumbedeutsame Nutzungen in diesem Gebiet ausschließen, soweit diese mit den vorrangigen Funktionen oder Nutzungen nicht vereinbar sind“ (§ 8 Abs. 7 Nr. 1 ROG in Walhalla 2015: 420). Vorranggebiete können dabei für unterschiedliche Nut­zungen und Funktionen festgelegt werden. So können zum Beispiel Vorranggebiete für die Siedlungsentwicklung, der Rohstoffsicherung, für die Windkraft sowie für den Natur- und Landschaftsschutz festgelegt werden.

2. Vorbehaltsgebiete bezeichnen Gebiete, in denen bestimmte raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen ist“ (§ 8 Abs. 7 Nr. 2 ROG in Walhalla 2015: 420).

3. Eignungsgebiete sind Gebiete „in denen bestimmten raumbedeutsamen Maßnahmen oder Nut­zungen (...) anderen raumbedeutsamen Maßnahmen nicht entgegenstehen, wobei diese Maß­nahmen oder Nutzungen an anderer Stelle im Planungsraum ausgeschlossen sind“ (§ 8 Abs. 7 Nr. 3 ROG in in Walhalla 2015: 420).

Mit dem „Gesetz zur Neufassung des Raumordnungsgesetzes und zur Änderung anderer Vorschriften“ (GeROG) wurde das ROG novelliert, wobei auch der Klimaschutz eine stärkere Berücksichtigung fand. In den Bundesländern wurden darüber hinaus eigene Gesetze zur Raumordnung erlassen, die als Landesplanungsgesetze betitelt werden. Die Ausführungen der Landesplanungsgesetze weichen je­doch in nur wenigen Bundesländern leicht von den Bundesregelungen ab. Aus den Landesplanungsge­setzen heraus erfolgen über zahlreiche Verordnungen weitere Ergänzungen und Konkretisierungen. Diese Verordnungen werden häufig als Landesentwicklungsprogramm, Landesentwicklungsplan oder Landesraumordnungsprogramm betitelt und können erhebliche Auswirkungen auf die Standortpla­nung von WKA haben. Diese so genannten bundeslandweiten Planungsakte weisen zum Teil große Unterschiede zwischen den Bundesländern und zur Bundesgesetzgebung auf (vgl. Schmidtchen 2014: 86ff).

3.2 Die regionalplanerische Steuerung der Windkraftnutzung

Auf Basis des ROG (bzw. GeROG) können die Bundesländer und ggf. ihre Planungsregionen durch die Planungsakte in ihren Landes- und Regionalplänen regeln, welche Flächen für Windkraftanlagen geeignet oder ausgeschlossen sind (Hentschel 2010). Die zentrale Vorschrift für die regionalplaneri­sche Steuerung der Windkraftnutzung stellt dabei der so genannte „Planungsvorbehalt“ des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB dar, der unter anderem die Privilegierung von Windenergieanalagen im Außenbereich vorsieht (vgl. Schmidtchen 2014: 254f). Zu der rechtmäßigen Umsetzung dieses „Planungsvorbehal­tes“ in der Regionalplanung wurden durch die Rechtsprechung bereits zahlreiche Vorgaben entwik- kelt. So wurden durch das Bundesverwaltungsgericht mit seinen Urteilen vom 13.12.2012 (Az. 4 CN 1.11 und 4 CN 2.11) die methodischen Anforderungen an die raumplanerische Steuerung der Wind­kraftnutzung im Außenbereich maßgeblich weiterentwickelt und neu definiert. Um im Sinne des „Pla­nungsvorbehaltes“ unter planerischer Abwägung der Windenergie „in substanzieller Weise Raum“ (Schmidtchen 2014: 258) zu verschaffen, wurde der Abwägungsprozess in Folge der genannten Rechtsprechung weiter ausdifferenziert. Demnach ist die jeweilige Untersuchungsfläche in einem mehrstufigen Standortanalyseverfahren einzuteilen in „Tabuzonen“, „Restriktionsflächen“ und „Eig­nungsflächen“. Gemäß dem mehrstufigen Standortanalyseverfahren sind in einem ersten Analyse­schritt die Tabuzonen zu ermitteln. Diese Tabuzonen können hinsichtlich ihrer Charakteristik in „Har­te Tabuzonen“ und „Weiche Tabuzonen“ unterteilt werden. Bei den „Harten Tabuzonen“ handelt es sich um Flächen die aus rechtlichen (z.B. BNatSchG, BImSchG) und/oder tatsächlichen Gründen für die Windkraftnutzung ausgeschlossen sind. Auf diesen Flächen haben im Sinne des ROG andere raumbedeutsame Nutzungen, wie Siedlungen oder Verkehrsinfrastrukturen ihren Vorrang, die nicht mit der Windenergie vereinbar sind. „Weiche Tabuzonen“ beschreiben dagegen die Pufferzonen, wel­che die Ausschlussflächen der „Harten Tabuzonen“ erweitern. Diese Pufferzonen werden durch eige­ne Kriterien der jeweiligen Planungsträger in Form von Mindestabstandsregeln definiert. Mit den Mindestabstandsregeln versucht der Planungsträger die öffentlichen Belange planerisch zu bewältigen, die im Zusammenhang mit den negativen Auswirkungen der WKA auf Mensch und Umwelt ausge­hen. Nach dem Ausschluss der Tabuzonen verbleiben für das Planungsgebiet die so genannten „Poten­tialflächen“ (vgl. Schmidtchen 2014: 256f).

In einer weiteren Planungsstufe müssen die möglichen konkurrierenden raumbedeutsamen Nut­zungen innerhalb der „Potentialflächen“ ermittelt werden. Diese ermittelten Flächen werden als „Re­striktionsflächen“ bezeichnet. Die „Restriktionsflächen“ basieren auf Kriterien, bei denen die konkur­rierenden, bestehenden raumbedeutsamen Nutzungen oder Funktionen gegenüber der Windenergie­nutzung Vorrang haben. Hier können aber im Gegensatz zu den „Tabuzonen“ im Einzelfall, die für die Windenergienutzung begünstigenden Belange überwiegen und die „Restriktionsfläche“ zur „Eig­nungsfläche“ deklariert werden. Somit erhält die Windenergienutzung die Chance auf den „Restrikti­onsflächen“ ihren Privilegierungstatbestand entsprechend § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB umzusetzen (vgl. Schmidtchen 2014: 270). Tritt dieser Privilegierungstatbestand ein, kann die „Restriktionsfläche“ (meist nur ein Teilbereich) den Status „Eignungsfläche“ erhalten.

Durch den Ausschluss der „Tabuzonen“ und der „Restriktionsflächen“ ergeben sich für den Pla­nungsraum die „Eignungsflächen“, in denen die raumbedeutsame Nutzung der Windkraft anderen vorhandenen Raumnutzungen nicht entgegensteht. Dementsprechend soll in den „Eignungsgebieten“ gemäß § 8 Abs. 7 Nr. 3 Raumordnungsgesetz (ROG, (BGBl. I S. 2585) die Errichtung von WKA im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gesteuert werden. Sind die „Eignungsgebiete“ erstmal in den Regionalplänen bzw. in den sachlichen Teilregionalplänen festgeschrieben, ist die Errich­tung von WKA außerhalb dieser „Eignungsflächen“ rechtlich ausgeschlossen. Selbst der Ersatz von Altanlagen, das s.g. Repowering, ist dann außerhalb der „Eignungsflächen" nicht mehr zuläs­sig (vgl. MUGV 2014: 15).

3.3 Bedeutung des Raumordnungsverfahrens für den Ausbau der Windenergie

Weiterhin kann für Windenergievorhaben vor der Anlagengenehmigung ein Raumordnungsverfahren nach § 15 ROG durchzuführen sein, mit dem die Raumverträglichkeit des entsprechenden Windener­gievorhabens vorab geprüft werden soll. Dabei sind nach § 15 Abs. 1 S. 2 ROG „die raumbedeutsa­men Auswirkungen der Planung oder Maßnahmen unter überörtlichen Gesichtspunkten zu prüfen, insbesondere die Übereinstimmung mit den Erfordernissen der Raumordnung und die Abstimmung mit anderen raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen“ (Gerstner 2013: 114). Für Windenergieanla­gen muss nach § 1 S. 2 Nr. 1 RoV ein Raumordnungsverfahren durchgeführt werden, wenn die Anla­gen im bauplanrechtlichen Außenbereich errichtet werden sollen und in einem immissionsrechtlichen Genehmigungsverfahren unter Einbezug der Öffentlichkeit zu genehmigen sind, in den Nummern 1 bis 10 der Anlage 1 UVGP aufgeführt sind, im Einzelfall raumbedeutsam sind und eine überörtliche Bedeutung haben. Windenergieanlagen können raumbedeutsam sein, wenn ihre Errichtung in einer größeren Zahl erfolgt, aber auch bei Einzelanlagen (vgl. Gerstner 2013: 114). Eine allgemeingültige Definition für Raumbedeutsamkeit von Windkraftanlagen wurde in der recherchierten Fachliteratur nicht formuliert. Vielmehr wird die Beurteilung der Raumbedeutsamkeit je nach Bundesland oder Planungsregion unterschiedlich ausgelegt. Grundsätzlich steht die Raumbedeutsamkeit im Zusam­menhang mit möglichen Konfliktpotentialen durch eine mögliche Beeinträchtigung von Schutzgütern (z.B. Mensch, Natur, Landschaftsbild). Hinsichtlich der Landschaftsbildbeeinträchtigung ist die Inter­pretation der Raumbedeutsamkeit von Windkraftanlagen auch von der charakteristischen Gelände­morphologie (Geländenivellierung) einer Region abhängig. In dem Rundschreiben zur Windenergie des Bundeslandes Brandenburg wird die Raumbedeutsamkeit konkreter ausgedrückt. „Die Raumbe­deutsamkeit ist insbesondere in Hinblick auf Standorte in Bereichen mit hohem Konfliktpotenzial, die Beeinträchtigung von Schutzgütern und planerischen Schutzfestlegungen oder die negative Vorbild­wirkung bzw. Konzentrationswirkung auch von Einzelanlagen in Hinblick auf die Angliederung bzw. Zulassung weiterer Anlagen zu beurteilten“ (Gebhardt & Eichler 2015). Aufgrund der charakteristi­schen geringen Geländenivellierung der brandenburgischen Landschaft und der dadurch bedingten weiträumigen Wahrnehmbarkeit müssen in dem Bundesland Brandenburg auch Einzelanlagen ab einer Gesamthöhe (Nabenhöhe plus Rotorradius) von 35 m als raumbedeutsam behandelt werden. Dagegen gelten an anthropogen stark veränderten oder vorbelasteten Standorten (z.B. Tagebaugebiete) Win­denenergieanlagen erst ab einer Gesamthöhe von 65 m als raumbedeutsam (Gebhardt & Eichler 2015). Eine Windkraftanlage hat gemäß einem Urteil des OVG Lüneburg, „überörtliche Bedeutung“, wenn sie über das Gebiet der Standortgemeinde hinaus raumbeeinflussend ist[9].

Wird ein Raumordnungsverfahren durchgeführt, erfolgt nach verschiedenen Prüfungsverfahren eine raumordnerische Beurteilung, ob oder mit welchen Maßgaben ein Windenergievorhaben mit den Anforderungen der Raumordnung vereinbar ist (Gerstner 2013). Wird von der Raumordnungsbehörde für einen Standort eine Raumunverträglichkeit (z.B. aufgrund ökologischer Schutzfunktionen) für ein konkretes Vorhaben ermittelt, wird sie dies der entsprechenden Genehmigungsbehörde kommunizie­ren und gegebenfalls Modifikationsempfehlungen aufzeigen, wie eine Raumverträglichkeit erreicht werden kann. Eine zwingende, rechtliche Bindung stellt das Ergebnis eines Raumordnungsverfahrens jedoch nicht dar, sondern vielmehr eine Abwägungsunterstützung (Spannowsky & Hofmeister 2012).

4 Stakeholder-spezifische Anforderungen an WKA-Standortanalysen

Windkraftanlagen erzeugen aufgrund ihrer Raumbedeutsamkeit, ihrer ökonomischen Chancen, ihrer Bedeutung für eine langfristig gesicherte und nachhaltige Energieversorgung aber auch aufgrund ihrer negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt ein breites Interesse bei einer Vielzahl an gesell­schaftlichen Anspruchsgruppen - den so genannten Stakeholdern. Der Begriff Stakeholder bezeichnet im Allgemeinen Personen oder Gruppen, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses oder Projektes haben (INBAS Social Research 2011). Für Windkraftprojekte sind drei Sta- keholder-Gruppen von zentraler Bedeutung: die Kommunale Verwaltung, potentielle Investoren und die Öffentlichkeit im allgemeinen. Für die drei Stakeholder-Gruppen ergeben sich aus ihren spezifi­schen Interessen am Verlauf oder Ergebnis eines Windkraftprojektes auch spezifische Informations- bedarfe. Hierbei handelt es sich überwiegend um standortbezogene Informationen, die über verschie­dene Standortanalysen ermittelt werden können. In den folgenden Unterkapiteln werden diese spezifi­schen Anforderungen an GIS-basierte WKA-Standortanalysen herausgearbeitet und dargestellt.

4.1 Kommunale Verwaltung

Die Entscheidungsprozesse zur Ausweisung, der durch die Standortanalyse ermittelten „Eignungsflä­chen" für Windkraftanlagen, erfolgen schwerpunktmäßig auf der Planungsebene der kommunalen Verwaltung (vgl. Hook 2012: 19). Zu der kommunalen Verwaltung zählen in Deutschland im engeren Sinne die Gemeindeverwaltungen. Der eigentlich historische aber heute immer noch gebrauchte Be­griff Kommune steht für die administrative Gebietskörperschaft Gemeinde (vgl. Leser 1997: 404). Die besondere Schlüsselrolle der Gemeinden im ländlichen Raum ist dadurch begründet, dass sich die dezentrale Energieversorgung aus erneuerbaren Ressourcen nicht in den Ballungsräumen oder Städten, sondern eben in den dünnbesiedelten ländlichen Räumen vollzieht.

Der Hauptanspruch der Planungsträger auf der Ebene der Planungsregion oder der Kommunalen Verwaltung an einer WKA-Standortanalyse ergibt sich in erster Linie in der Ermittlung der potentiel­len „Eignungsflächen“ für die Windkraftnutzung im Gemeindegebiet. Dabei setzt die Kommunale Verwaltung die Einhaltung der methodischen Grundsätze des mehrstufigen Standortanalyseverfahrens, wie es im „Planungsvorbehalt“ des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB und durch die ergänzenden Rechtspre­chungen des Bundesverwaltungsgerichtes (siehe Kapitel 3.2) festgeschrieben wurde, voraus. Dement­sprechend müssen durch die Standortanalyse für das Planungsgebiet, mit Hilfe eines mehrstufigen Analyseverfahrens durch Ausschluss der Tabuzonen und der Berücksichtigung der Windhöffigkeit, die „Eignungs-„ und „Restriktionsflächen“ ermittelt werden. Der Vorteil von GIS-basierten Standort­analyseverfahren liegt in erster Linie an der objektiven, zeitnahen aber auch transparenten Ermittlung dieser Flächen. Darüber hinaus können aus den Geoinformationssystemen, wenn sie einmal mit den relevanten Geodaten versehen sind, weiterführende Informationen zu den ermittelten Flächen ausgele­sen werden. Für die kommunale Verwaltung sind hier besonders Informationen zu den Kriterien der „Restriktionsflächen“ und zur bestehenden Landnutzung von Belang, um potentielle Konflikte auf­grund von Raumnutzungskonkurrenzen beurteilen zu können und in die Entscheidungsfindung ein­fließen zu lassen.

Weiterhin ist es von besonderer Bedeutung, den Entscheidern in den Kommunalverwaltungen aufzuzeigen, welche Entwicklungschancen die Windenenergie für Ihre Gemeinde bringt und welchen Beitrag sie für die Energiewende leisten können. Denn die Gemeinden leisten den entscheidenden Teil zur Erreichung der Klimaschutzziele und der damit verbundenen Energiewende, indem sie ihre Flä­chen für die Energieerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen wie Windkraft zur Verfügung stellen. Hierfür eignen sich besonders Kennzahlen zur CO2-Vermeidung oder zum Anteil der Energieerzeu­gung aus Windkraft am Jahresstromverbrauch der Gemeinde oder des Landkreises. Neben dem Bei­trag zu den Klimaschutzzielen, die meist von den oberen Planungsebenen definiert werden, ergeben sich für die Standortgemeinden auch positive ökonomische Effekte durch die Windenergienutzung. Dies ist zum einem durch eine fixe 70 prozentige Zuweisung der Gewerbesteuer (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG) an die jeweilige Standortgemeinde begründet. Darüber hinaus kann die Gemeinde pro Standort ca. 15.000 bis 60.000 EUR Pachtzahlungen pro Jahr einnehmen, wenn sie Eigentümer der WKA-Flächen ist (vgl. Schmidtchen 2014: 23). Zusätzlich kann die Errichtung der Infrastruktur für die WKA vor Ort zu positiven Beschäftigungszahlen führen. Diese potentiellen Mehreinnahmen füh­ren für die betreffenden Gemeinden, ganzheitlich betrachtet, jedoch nur zu einem tatsächlich positiven ökonomischen Effekt, wenn bei der raumplanerischen Steuerung auch mögliche Zielkonflikte berück­sichtigt werden. Für viele Gemeinden im ländlichen (und häufig auch strukturschwachen) Raum ist der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren. Hier muss die Gemeinde den Ausbau der Windenergie raumplanerisch so steuern, dass die optische Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch Windkraftanlagen so gering ist, dass sie zum Beispiel keine negativen Effekte für die regionale Tourismusbranche zur Folge hat.

Zusammengefasst ergeben sich für die Planungsträger in der kommunalen Verwaltung aufgrund der genannten Aspekte komplexe Abwägungsprozesse für die Festschreibung von WKA- Eignungsflächen. Daher benötigen die Gemeinden eine fundierte Grundlagenermittlung, um unter Berücksichtigung der gegenwärtigen legislativen Bestimmungen, räumlichen Gegebenheiten und den Konfliktrisiken das Energiepotential ihrer Gemeindeflächen zu analysieren, zu bewerten und dement­sprechend „Eignungsflächen“ festschreiben zu können. Aus diesem Kontext ergeben sich für die Kommunalverwaltungen folgende Fragestellungen, die durch GIS-basierte Standortanalysen beant­wortet werden können:

- Welche Flächen sind für die Windkraft, unter Berücksichtigung sämtlicher legislativer und räumlicher Einschränkungen potentiell nutzbar?
- Wie viel Energie kann mit der Windenergie auf den Eignungsflächen potentiell erzeugt wer­den?
- Wie viel Prozent des Strombedarfs der Gemeinde, des Landkreises oder des Bundeslandes kann mit den ermittelten WKA-Standorten potentiell gedeckt werden?
- Wie groß ist der Flächenbedarf für die ermittelten Potentiale?
- Wie viel CO2 kann gegenüber einer Stromproduktion mit fossilen Brennstoffen vermieden werden?
- Welche Beeinträchtigungen kann es für die Bürger und die Wirtschaft (z.B. Tourismus) der Gemeinde (u. angrenzend) geben, z.B. Schattenwurf, optische Beeinträchtigung des Land­schaftsbildes, Discoeffekt?

Weiterführende Informationen zu den Themen der Wertschöpfungsketten, Beschäftigungseffekten usw. können nicht direkt durch GIS-basierte Standortanalysen generiert werden, sondern müssen über volks- und betriebswirtschaftliche Rechnungen ermittelt werden. Die aus den Standortanalysen ermit­telten Kennzahlen zu den WKA-Potentialflächen bilden jedoch z.T. die Grundlagen für diese Berech­nungen.

4.2 Potentielle Investoren

Investoren sind natürliche oder juristische Personen oder Organisationen (Unternehmen, Bürgerkraft­werke), die investieren (Springer Gabler Verlag 2015). Investition oder investieren bezeichnet den „Einsatz von Kapital oder Sachwerten zur Sicherung der Produktion (...)“ (Leser 1997: 360). Die Investitionsziele sind insbesondere Vermögens- und Rentabilitätsziele, Steigerung des Marktanteils und Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Voraussetzung zur Erreichung dieser Ziele ist die Investition in Projekte o.ä. die wirtschaflich sind, also bei denen die Umsätze nach einer Amortisationsphase die Kosten übersteigen und somit Gewinne erzielt werden. Dementsprechend beurteilen potentielle Inve­storen von Windkraftanlagen die Potentialflächen hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und den sich daraus ergebenen Renditeaussichten. Die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit und die Bewertung der Realisierbarkeit hängen von fünf wesentlichen Einflussfaktoren ab (Böttcher 2012):

1. Rechts- und Regulierungsumfeld

Die wichtigste Einflussgröße aus dem Rechts- und Regulierungsumfeld ist für Windkrafpro- jekte das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG). Es soll Investoren gesetzlich garantierte Si­cherheiten geben, um einen möglichst risikofreien Ausbau der Erneuerbaren Energien zu ge­währleisten. Dabei wird dem Investor bzw. Anlagenbetreiber durch das EEG ein vorrangiger Anschluss der WKA an die Netze der allgemeinen Elektrizität sowie eine vorrangige Abnah­me, Übertragung und Verteilung des erzeugten Stroms garantiert. Darüber hinaus wird dem Betreiber eine festgelegte Vergütung pro kWh garantiert (Klärle 2012). Gemäß EEG § 27 Abs. 2 beträgt die Grundvergütung für Strom aus Windenergieanalgen 5,02 Cent / kWh. In den ersten 5 Jahren ab der Inbetriebnahme der WKA wird jedoch eine Anfangsvergütung von 9,2 Cent pro kWh gezahlt (vgl. Böttcher 2012: 80). Die Höhe des Einspeisetarifs hängt dem­entsprechend vom Zeitraum der Inbetriebnahme der WKA ab. Ein weiteres Kriterium ergibt sich aus dem EEG-Referenzertrag. Das Erreichen von mindestens 60% des definierten Refe­renzertrages galt bis 2011 als Voraussetzung für den Erhalt einer Stromvergütung nach dem EEG und gilt auch gegenwärtig noch als Mindestrichtwert für die Wirtschaftlichkeit eines Standortes in Bezug auf die Windhöffigkeit (vgl. Langendörfer 2012: 66). Dieses Kriterium wird bei der GIS-basierten WKA-Standortanalyse berücksichtigt, in dem Flächen deren mittle­re Jahreswindgeschwindigkeiten unter dem festgelegten Richtwert liegen, als Ausschlusskrite­rium behandelt werden. Weitere Einflussgrößen aus dem Rechts- und Regulierungsumfeld er­geben sich aus den raumbezogenen Restriktionen. Auch wenn im Rahmen einer GIS-basierten WKA-Standortanalyse für die Ermittlung der Eignungsflächen sämtliche legislative Bestim­mungen nach einem festgelegten Kriterienkatalog berücksichtigt werden, bleiben gewisse Ri­siken für den erfolgreichen Ausgang eines Genehmigungsverfahrens bestehen. Diese Risiken müssen analysiert und benannt werden. Auch muss ein potentieller Investor die Attraktivität oder die Realisierbarkeit eines Windprojektes auf einer ermittelten „Restriktionsfläche“, auf denen WKA nur unter Vorbehalt bzw. nach Einzelfallentscheidungen genehmigt werden, ab­schätzen können. Diese Informationen müssen über eine GIS-basierte WKA-Standortanalyse erfasst, aufbereitet und kommuniziert werden.

2. Ressourcenangebot am Standort

Weiterhin werden zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit die standortbezogenen Kennzahlen herangezogen. Die grundlegendste standortbezogene Kennzahl ist dabei die Windhöffigkeit, die durch die mittlere Jahreswindgeschwindigkeit ausgedrückt wird. Aus der mittleren Jah­reswindgeschwindigkeit und den Parametern der spezifischen WKA errechnet sich das Leistungs- und Ertragspotential. Grundsätzlich hängt eine nachhaltige, wirtschaftliche Renta­bilität einer WKA von einer guten Windausbeute und einer zuverlässigen Windanalyse ab (Böttcher 2012). Im Rahmen einer großflächigen WKA-Standortanalyse kann jedoch nur eine erste grundlegende Windpotentialanalyse gewährleistet werden. Für hochgenaue, differenzier­te Windanalysen müsste ein Windgutachten eingeholt werden. Eine hohe Windausbeute hängt neben dem lokalen Ressourcenangebot auch wesentlich von der technischen Auslegung der WKA ab.

3. Technische Auslegung der WKA

Dementsprechend benötigen potentielle Investoren Informationen darüber, welcher WKA-Typ mit seiner spezifischen technischen Auslegung für den jeweiligen Standort am wirtschaftlich­sten ist. Hinsichtlich der technischen Auslegung der WKA sind drei Parameter für die Wind­ausbeute auschlaggebend: die Nabenhöhe, der Rotordurchmesser und die Nennleistung (Bött­cher 2012). Demnach ist es sinnvoll für eine WKA-Standortanalyse eine oder mehrere Refe­renzanlagen zu wählen. Die Auswahl der Referenzanlagen ist dabei abhängig von den lokalen Windverhältnissen und dadurch begründet, dass für die Standortanalyse feste Parameter für Abstandskriterien sowie zur Ertrags- und Leistungspotentialanalyse zugrunde liegen müssen. Weiterhin kann mit den Parametern der Referenz-WKA bereits die potentielle Jahresausla­stung für einen WKA-Standort berechnet werden. Die Kennzahlen zur potentiellen Jahresaus­lastung einer WKA können dem Investor eine Orientierungshilfe bei der Wahl der optimalen WKA für einen bestimmten Standort liefern.

4. & 5. Investitionskosten und Betriebskosten

Die Investitionskosten beschreiben die schlüsselfertigen Kosten einer Windkraftanlage. Diese setzen sich zusammen aus den Hauptinvestitionskosten, die sich aus den Kosten für die Wind­kraftanlage, den Transport und die Installation zusammensetzen und den Investitionsnebenko­sten, die alle Nebenkosten vor der Inbetriebnahme, wie Planung, Netzanschluss und Funda­ment, beinhalten (Rehfeldt et al 2013: 1f). Die Wirtschaftlichkeit der Investition in eine Windkraftanlage an einen bestimmten Standort kann sehr gut mit der Kennzahl „Investitions­kosten pro erzeugte Kilowattstunde im Jahr „ (€/kW a) beurteilt werden (Hau 2014: 856). Das Institut für Wirtschaftsforschung (IÖW) errechnete für die investitionsgebundenen Kosten ei­ner Windkraftanlage (inkl. standortbezogener Nebenkosten) einen Wert von insgesamt 1247 €/kW (Hirschl et al S. 39f). Zu den wesentlichen Betriebskosten einer Windkraftanlage zäh­len kaufmännische Betriebsführung, technische Betriebsführung, Pacht, sowie Wartung, In­standhaltung und Reparatur. Die Betriebskosten einer Windkraftanlage können als prozentua­ler Anteil der Anlagenkosten angegeben werden. Das IÖW hat Betriebskosten in Höhe von 4,8 % der Anlagenkosten festgelegt (Hirschl et al S. 40). Die Deutsche WindGuard GmbH (Rehfeldt et al 2013: 3) beziffert die gesamten Betriebskosten für die ersten 10 Jahre auf 2,41 ct/kWh.

Eine gesamte Gegenüberstellung der Ertragspotentiale und der verschiedenen Kosten ist jedoch nicht zwingend Bestandteil einer GIS-basierten WKA-Standortanalyse. Vielmehr geht es darum, den poten­tiellen Investoren die standortbezogenen Kennzahlen und Informationen zu liefern, die sie für ihre Wirtschaftlichkeitsrechnung und Risikobewertung benötigen. Zusammengefasst ergeben sich hierfür für eine großflächige GIS-basierte WKA-Standortanalyse drei wesentliche Eingangsgrößen: das Windleistungspotential einer Fläche [MW], das Stromertragspotential [MWh/a] und die potentiellen Volllaststunden. Weiterhin können bestehende standortbezogene Nutzungen, Restriktionskriterien und potentielle Risiken im Rahmen einer GIS-basierten Standortanalyse ermittelt werden.

4.3 Öffentlichkeit

„Öffentlichkeit lässt sich nicht als Institution und gewiß nicht als Organisation begreifen; sie ist selbst kein Normengefüge mit Kompetenz- und Rollendifferenzierung, Mitgliedschaftsregelung usw. (...). Die Öffentlichkeit läßt sich am ehesten als ein Netzwerk für die Kommunikation von Inhalten und Stel­lungnahmen, also von Meinungen beschreiben; dabei werden die Kommunikationsflüsse so gefiltert und synthetisiert, dass sie sich zu themenspezifischen gebündelten Meinungen verdichten (...)“ (Ha­bermas 1992: 435f). Die Definition von Habermas zum Begriff der Öffentlichkeit zeigt bereits die heterogene Anforderungsstruktur, die sich aus der Öffentlichkeit an WKA-Standortanalysen ergibt, da diese eben nicht als Organisation mit spezifischen Werten und Zielen zu verstehen ist. Dennoch lässt sich der Begriff Öffentlichkeit im Kontext des Ausbaus der Windenergie auf zwei wesentliche Grup­pen mit ihren spezifischen Anforderungen an WKA-Standortanalysen reduzieren und festlegen:

- Die erste Gruppe sind die Anwohner oder Bürger der Standortgemeinde. Deren Anforde­rungsstruktur an WKA-Standortanalysen besteht in der Regel aus Informationen zu ihrer per­sönlichen Betroffenheit, die sich aus Beeinträchtigungen durch Abschattungen, Schallimmis­sionen und durch optische Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes ergeben kann. Darüber hinaus hat diese Gruppe aber auch ein berechtigtes Interesse an Informationen zu den ökono­mischen Potentialen, die sich aus einer WKA-Standortanalyse ableiten lassen. Dieses Interes­se beruht zum einem darauf, dass die Bürger als Investoren auftreten können und sich damit direkt an den Einnahmen aus der Windenergieerzeugung, zum Beispiel über Kapitaleinlagen (Aktien) oder Bürgerkraftwerke, beteiligen könnten, wodurch die regionale Akzeptanz der WKA erheblich gesteigert werden kann. Andererseits tritt der Bürger nicht nur als Individu­um, sondern eben auch als Bürger seiner Gemeinde auf, wodurch ein Interesse an den Infor­mationen zu den möglichen Ertragspotentialen, Steuereinnahmen und Wertschöpfungseffekten seiner Gemeinde abgeleitet werden kann. Weiterhin ergeben sich Informationsbedarfe zu öko­logischen Aspekten wie der CO2-Vermeidung oder den Beitrag der Gemeinde zur Energie­wende. Die „themenspezifischen gebündelten Meinungen“ oder Anforderungen konstituieren sich häufig in Bürgerinitiativen, mit dem Ziel ihre Interessen gegenüber dem Planungsträger und/oder (potentiellen) WKA-Betreibern durchzusetzen.

- Die zweite relevante Gruppe aus dem Bereich der Öffentlichkeit sind überregionale Interes­senverbände (überwiegend ohne direkte Betroffenheit). Hierzu zählen im Kontext der Win­denergie besonders Vereinigungen mit ideellen und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen, wie Naturschutzorganisationen (z.B. Greenpeace, BUND) und Vereinigungen aus dem Wirt­schaftsleben, wie zum Beispiel der Tourismusverband (vgl. Pötzsch 2009: 48ff). Obwohl letz­tere häufig die Interessen der regional betroffenen Verbandsmitglieder (z.B. Tourismusver­band) vertreten und sich damit die Anforderungen an WKA-Standortanalysen kaum von de­nen der durch Beeinträchtigungen betroffenen Gemeindebürger unterscheiden. Hier ist beson­ders die Tourismusbranche zu erwähnen, die von den optischen Beeinträchtigungen des Land­schaftsbildes durch WKA betroffen ist. Den Ansprüchen von Vereinigungen mit ideellen und gesellschaftspolitischen Zielsetzungen mit einer GIS-basierten WKA-Standortanalyse gerecht zu werden, gestaltet sich grundsätzlich etwas schwieriger. Zwar werden bei einer Standortana­lyse die gesetzlich und planerisch festgeschriebenen Aspekte (z.B. des Natur- und Artenschut­zes) in ihrer vollen Auslegung berücksichtigt. Die Anforderungen der Interessenverbände lie­gen jedoch nicht selten über den gesetzlichen Anforderungen.

Zusammengefasst lassen sich die Anforderungen der Öffentlichkeit an WKA-Standortanalysen in der Summe wenig von denen der Investoren und der kommunalen Verwaltung unterscheiden. Dies ist natürlich dadurch begründet, dass die kommunale Verwaltung die Interessen der (kommunalen) Öf­fentlichkeit zu vertreten hat. Von zentraler Bedeutung für den Planungsprozess ist es vielmehr, die Öffentlichkeit stets in sämtliche Entscheidungsprozesse miteinzubeziehen und dabei die Vor- und

Nachteile, die durch die Windkraft am Standort entstehen, offen zu kommunizieren (Holweg, Braun 2012). Die Informationen zu den Vor-und Nachteilen z.B. über die Lage der „Potentialflächen“, öko­nomische und ökologische Kennzahlen oder 3D-Visualisierungen zur Landschaftsbildbeeinträchtigung usw. können aus den GIS-basierten Standortanalysen generiert werden.

5 Methoden und Algorithmen GIS-gestützter WKA-Standortanalysen

Zur Ermittlung von potentiellen Flächen für die Windkraftnutzung in einem Untersuchungsgebiet können eine Vielzahl an GIS-basierten WKA-Standortanalysemethoden, die sich wiederum aus ver­schieden Algorithmen zusammensetzen, angewendet werden. Grundlegendes Ziel der verschiedenen Analysemethoden ist es, mit jedem Analyseschritt die Ausschlusskriterien so zu konkretisieren und zu verdichten, das final „Eignungsflächen“ ermittelt werden können, die ein möglichst niedriges Risiko an Raumnutzungskonflikten und und somit eine erhöhte Akzeptanz von Windkraftanlagen zur Folge haben. Darüber hinaus sollen über die WKA-Standortanalysen raumbezogene Informationen generiert werden, die den Entscheidern aus Wirtschaft und kommunaler Verwaltung Grundlagen für Investiti­onsentscheidungen und Genehmigungsentscheidungen liefern. In den folgenden Unterkapiteln soll daher eine Auswahl der grundlegenden GIS-basierten Standortanalysemethoden dargestellt werden. Darüber hinaus sollen die einzelnen Algorithmen der verschiedenen Methoden genannt und ihre Funk­tion erläutert werden. Gemäß Lange (2002: 81) „ist ein Algorithmus eine allgemeine Berechnungs­vorschrift zur Lösung eines Problems, die sich aus mehreren elementaren Schritten zusammensetzt, die in einer bestimmten Reihenfolge ausgeführt werden müssen“. Die Auswahl der beschriebenen WKA-Standortanalysemethoden und deren Algorithmen beschränken sich dabei auf die Ressourcen (Toolbox) der Geoinformationssoftware ArcGIS (for Desktop) von ESRI. Weitere wesentliche Stand­ortanalysemethoden wie Schattenwurf- und Schallschutzanalysen werden nicht berücksichtigt, da Ar- cGIS hierfür keine Algorithmen anbietet.

5.1 GIS-basierte WKA-Flächenpotentialanalysen

Bei einer GIS-basierten WKA-Flächenpotentialanalyse kommt es darauf an, über objektive Kriterien die nach relevanten Regelwerken im Vorfeld zusammengestellt werden, geeignete Flächen für die Nutzung der Windenergie durch WKA zu ermitteln. Vereinfacht beschrieben, ergeben sich die „Eig­nungsflächen“ über den Ausschluss der nicht geeigneten Flächen in einem Untersuchungsgebiet. Mit den entsprechenden Geodaten zur Landnutzung, Siedlungsstruktur, Infrastrukturen und Schutzgebie­ten kann dieser Prozess über eine Geoinformationssoftware (z.B. ArcGIS) umfassend und räumlich genau durchgeführt werden. Hierfür stehen je nach Verfügbarkeit der Geodaten und der Größe des Untersuchungsgebietes verschiedene Methoden zur Verfügung.

Für eine Standortanalyse von großräumigen Untersuchungsgebieten, z.B. auf Staatenebene, kann die Anwendung einer rasterbasierten Multi-Criteria Analyse sinnvoll sein (Higgs et al. 2008). Die ver­wendeten Daten liegen hier im Rasterformat vor, d.h. sie bestehen aus einer Anzahl von Pixeln die mit bestimmten Werten belegt sind bzw. belegt werden können. Bei der rasterbasierten Multi-Criteria- Analyse werden sogenannte „binäre Raster“ gebildet. Dies bedeutet nicht mehr als, dass jedes einzelne Pixel gemäß eines vorher definierten Regelwerkes mit dem Wert „geeignete Fläche“ oder „nicht ge­eignete Fläche“ belegt wird. Durch diese pixelbezogene Kombination können schließlich die Flächen ermittelt werden, die für die Nutzung der Windenergie geeignet sind (Baban & Parry 2001). Wie be­reits im Verlauf dieser Arbeit erläutert wurde, lässt sich eine Gebietskulisse kaum strikt binär in „ge­eignet“ oder „nicht geeignet“ einteilen. Gemäß Tegou et al. (2010) können durch Zuweisungen von Gewichtungen und Klassifizierungen für bestimmte Kriterien aber auch graduelle Eignungsgrade (von „sehr geeignet“ bis „nicht geeignet“) für eine differenziertere, rasterbasierte Eignungsanalyse berück­sichtigt werden.

Wesentlich verbreiteter sind jedoch vektorbasierte Analysemethoden oder Misch-Methoden die auf einer Verwendung von Raster- und Vektordaten basieren. Daher sollen diese Methoden an dieser Stelle etwas vertiefter erläutert werden. Doch dazu sind im Vorfeld ein paar grundlegende Begriffser­läuterungen notwendig. So bestehen die zuvor genannten Vektordaten aus Punkten (Point), Linien (Polyline) oder aus Flächen (Polygone). Punkte stellen dabei punkthafte Informationen, wie Sendema­sten und Polylinien linienhafte Informationen wie Straßen oder Flüsse dar. Polygone repräsentieren dagegen flächenhafte Informationen wie Siedlungsgebiete oder Naturschutzgebiete. Sachdateninfor- mationen (z.B. Restriktionskriterien) können in Form von Attributtabellen den Geodaten zugeordnet werden. Sind die Vektordaten in eine Geodatenbank eingebunden, werden sie als Features bezeichnet. Ein Feature repräsentiert ein reales Objekt (z.B. den Landkreis Dahme-Spreewald) auf einer Karte, das an eine Zeile in einer Datenbanktabelle gebunden ist. Die gesamte Datenbanktabelle (z.B. Landkreise Deutschlands) wird als Feature-Class bezeichnet und besteht demnach aus mehreren Features (z.B. die einzelnen Landkreise Deutschlands) (ESRI 2012). Die Ermittlung der „Eignungsflächen“ über den Ausschluss der nicht geeigneten Flächen, wie „Tabuzonen“ und Flächen mit ungünstiger Windhöffig­keit, erfolgt durch eine Abfolge verschiedener geometrischer Operationen, die durch spezifische Algo­rithmen ausgeführt werden. Die verschiedenen Algorithmen sind in Form von Tools (Werkzeuge) in der ArcGIS-Toolbox integriert. Folgend werden für die grundlegenden Arbeitsschritte einer GIS­basierten Standortanalyse die jeweiligen Tools (beschränkt auf ArcGIS) und weitere Operationen vor­gestellt. In der Anlage 1 ist zusätzlich der gesamte Algorithmus, als Abfolge der Teil-Algorithmen in Form eines „ModelBuilder“-Schema“ dargestellt.

I. Das Ausschneiden-Tool (Clip) - Reduktion der Datenmenge auf das Untersuchungsge­biet:

Mit dem Ausschneiden-Tool (Toolset „Extrahieren“) kann ein Teil einer Feature-Class mit Hilfe einer weiteren Feature Class ausgeschnitten werden. Mit diesem Algorithmus kann demnach eine neue Feature-Class erstellt werden, die eine geographische Teilmen­ge (Untersuchungsgebiet) der Features einer größeren Feature-Class (gesamter Datensatz z.B. Straßen Deutschlands) enthält. Als so genanntes Clip-Feature (vergleichbar mit einer „Ausstechform“) wird die Fläche (Polygon) des Untersuchungsgebietes verwendet (vgl. ESRI 2012).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Darstellung der geometrischen Operation "Ausschneiden" (Quelle: ESRI 2012)

II. Das Puffer-Tool (Buffer) - Erstellen von Tabuzonen und weiteren Mindestabstandskri­terien:

Mit dem Puffer-Tool (Toolset „Nachbarschaftsanalyse“) können Pufferpolygone mit ei­nem festgelegten Abstand um ein Eingabe-Feature erstellt werden (vgl. ESRI 2012). In der Art der Pufferung muss zwischen den drei verschiedenen Vektor-Formen differen­ziert werden:

a. Punkt (z.B. Sendemast): Die Pufferung erfolgt mit dem festgelegten Wert kreis­förmig-konzentrisch.
b. Polyline (z.B. Straße): Die Pufferung erfolgt über den eingegeben Wert einseitig (links o. rechts) oder beidseitig (Full).
c. Polygon (z.B. Siedlungsfläche): Die Pufferung erfolgt mit dem festgelegten Wert konzentrisch außerhalb des Eingabe-Polygons (OUTSIDE_ONLY) oder auch mit Überlappungen in die Fläche des Eingabefeatures (FULL).

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Abbildung 3: Darstellung der geometrischen Operation "Puffer" (Quelle: ESRI 2012)

Der Puffer-Algorithmus hat für die WKA-Standortanalyse zwei grundlegende Funktio­nen, das Erzeugen der „Harten Tabuzonen“ und der „Weichen Tabuzonen“. Zum Erzeu­gen der „Harten Tabuzonen“ müssen zumindest die Flächennutzungen und- Funktionen die durch Polylinien und Punkte repräsentiert werden, auf ihre tatsächliche oder angenä­herte Breite bzw. Fläche gepuffert werden. Dies ist dadurch begründet, dass Polylinien (z.B. Straßen) und Punkte (z.B. für Funkmasten) i.d.R. nur als lagegenaue Signatur dar­gestellt werden. Die tatsächliche Fläche (z.B. Straßenbreite) wird jedoch nicht repräsen­tiert. Um für die Standortanalyse zum Beispiel die Breite einer Bundesstraße zu erhalten, wird die entsprechende Polyline mit dem Puffer-Algorithmus (FULL) auf die reelle oder zumindest angenäherte Breite gepuffert. Polygone (z.B. Siedlungen) müssen dagegen nicht gepuffert werden, da sie bereits die tatsächliche Nutzungsfläche repräsentieren. Die zweite Funktion des Puffer-Algorithmus ist die Erweiterung der „Harten Tabuzonen“ aufgrund der Mindestabstandsregeln (gem. Kriterienkatalog), die so genannten „Weichen Tabuzonen“. So erhalten zum Beispiel Siedlungen („Harte Tabuzone“) zusätzlich eine 1000 m Pufferzone („Weiche Tabuzone“), die ebenfalls nicht mit WKA bebaut werden darf. Das Resultat dieser zwei Puffer-Funktionen für die WKA-Standortanalyse ist die gesamte Ausschlusskulisse der „Tabuzonen“ für das jeweilige Untersuchungsgebiet.

III. SQL-Abfrage / Digitalisieren - Erstellen von Ausschlussflächen aufgrund der Wind­höffigkeit:

Liegen die Daten zur mittleren Jahreswindgeschwindigkeit als Vektordaten vor, können über eine SQL[10] -Abfrage die Flächen abgefragt werden, deren mittlere Windgeschwin­digkeit unter einem festgelegten Richtwert liegt (z.B. < 5,3 m/s). Das Resultat dieser Ab­frage sind die Ausschlussflächen nach Windhöffigkeit. Liegen die Daten zur mittleren Jahreswindgeschwindigkeit jedoch im Rasterformat vor, können die Flächen, deren mitt­lere Jahreswindgeschwindigkeit unter einem definierten Richtwert liegen, digitalisiert werden, wodurch die vektorbasierten Ausschlussflächen (Polygone) nach Windhöffig­keit generiert werden.

IV. Das Vereinigen-Tool (Union) - Vereinigung der gesamten Ausschlussflächen und Re­striktionsflächen:

Mit dem Vereinigen-Tool (Toolset „Overlay“) können geometrische Vereinigungen von mehreren Eingabe-Features berechnet werden. Alle Eingabe-Features und die dazugehö­rigen Attribute werden in die Ausgabe-Feature-Class eingetragen (vgl. ESRI 2012)

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Abbildung 4: Darstellung der geometrischen Operation "Vereinigen" (Quelle: ESRI 2012)

Für die GIS-basierte WKA-Standortanalyse wird dieses Tool verwendet, um alle Aus­schlussflächen, „Harte“ und „Weiche Tabuzonen“ sowie die Ausschlussflächen nach Windhöffigkeit, zu einer Feature-Class zu vereinigen. Diese neue Feature Class reprä­sentiert in der Folge die gesamte Ausschlussflächenkulisse für die Windkraftnutzung im Untersuchungsgebiet. Weiterhin müssen die vielen einzelnen Feature-Classes der unter­schiedlichen „Restriktionsflächen“ mit dem Vereinigen-Tool vereinigt werden, um eine einzelne Feature-Class der „Restriktionsflächen“ zu erhalten. Das Ziel der beschriebenen Arbeitsschritte ist demnach die Vereinigung vieler Feature-Classes zu einer neuen Fea­ture-Class. Diese Zusammenfassung ist zum Beispiel notwendig, da das Radieren-Tool im nächsten Arbeitsschritt nur eine Feature-Class (z.B. Ausschlussfläche_Gesamt) als „Radier-Feature“ akzeptiert.

V. Das Radieren-Tool (Erase): Reduktion des Untersuchungsgebietes auf Eignungsflächen

Mit dem Radieren-Tool (Toolset „Overlay“) kann eine Feature-Class durch Überlage­rung der Eingabe-Features mit den Polygonen einer „Radieren-Feature-Class“ erstellt werden. In die Ausgabe-Feature-Class werden nur die Bereiche der Eingabe-Features kopiert, die außerhalb der Außengrenze der Features der „Radieren-Feature-Class“ lie­gen (vgl. ESRI 2012).

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Abbildung 5: Darstellung der geometrischen Operation "Radieren" (Quelle: ESRI 2012)

Das Radieren-Tool wird in diesem Analyseschritt für die Ermittlung der „Potential-„ und „Eignungsflächen“ benötigt. Dabei wird als erster Zwischenschritt von der Untersu­chungsfläche (Eingabe-Feature-Class) die zuvor vereinigte Ausschlusskulisse (Radieren- Feature-Class) wegradiert. Die Ausgabe-Feature-Class repräsentiert die so genannten „Potentialflächen“, also jene Flächen die nicht von einem Ausschlusskriterium betroffen sind. Die „Potentialflächen“ sind in einem weiteren Zwischenschritt in „Restriktionsflä­chen“ und „Eignungsflächen“ zu differenzieren. Hierbei werden von der Flächenkulisse der „Potentialflächen“ (Eingabe-Feature-Class) die zuvor vereinigten „Restriktionsflä­chen“ (Radieren-Feature-Class) wegradiert. Die Ausgabe-Feature-Class ergibt schließ­lich die „Eignungsflächen“, also jene Flächen auf denen der Windkraftnutzung keine an­dere raumrelevante Nutzung entgegensteht.

VI. Das Neigung-Tool (Slope) - Ausschluss von Flächen mit zu starken Hangneigungen

Mit dem Slope-Tool (Toolset „Raster Surface“) kann die Neigung für jede Zelle einer Raster-Oberfläche (hier: DGM) über die maximale Änderungsrate des Z-Wertes (Höhen­Wert) berechnet werden (vgl. ESRI 2012).

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Abbildung 6: Darstellung des 3D-Analyst Algorithmus "Slope" (Quelle: ESRI 2012)

Das Ziel dieses Arbeitsschrittes ist, Hangneigungen zu ermitteln, die einen zuvor defi­nierten Grenzwert überschreiten. Hangneigungen die diesen Grenzwert überschreiten, gelten als nicht geeignet für die Installation von WKA. Die Eingabedatei für diesen Ar­beitsschritt ist ein Digitales Geländemodell (DGM). Ausgegeben wird ein Ausgabe- Neigungs-Raster, bei dem jeder Pixel einen Neigungswert in Grad [°] oder Prozent [%] hat. Die klassifizierten Neigungswerte (z.B. 5° - 8°) werden mit einem zuvor gewählten Farbspektrum visualisiert. Die Neigungswerte die den Grenzwert überschreiten, müssen in einem nächsten Schritt digitalisiert bzw. vektorisiert als neue Feature-Class erzeugt werden. Mit dieser Feature-Class werden die „Eignungsflächen“ um jene Flächen redu­ziert (Radieren-Tool) die den Grenzwert der Hangneigung übersteigen.

5.2 Anzahl der installierbaren WKA & Ausschluss nach Mindestflächengröße

In einer weiterführenden Standortanalysenmethode muss die maximale Anzahl an installierbaren WKA pro „Potentialfläche“ ermittelt werden. Das Ziel dieser Analysestufe ist, Flächen zu ermitteln die einer zuvor definierten Mindestanzahl installierbarer WKA nicht entsprechen und diese auszu­schließen. Weiterhin liefert die ermittelte maximale Anzahl der WKA pro Fläche (technisches Potenti­al) die Berechnungsgrundlagen zur Quantifizierung des Leistungs- und Ertragspotentials. Die maxima­le Anzahl an WKA in einer Fläche kann nur über eine Analyse zur optimalen Verteilung der WKA in der Fläche errechnet werden. Jedoch muss erwähnt werden, dass es in ArcGIS keinen Algorithmus zur optimalen Verteilung von Punkten oder Flächen in einer Fläche (Polygon) gibt. Dennoch gibt es für diese Anforderung Berechnungsmethoden die an dieser Stelle erläutert werden sollen.

Für die Ermittlung einer maximalen installierbaren Anzahl von WKA pro Fläche muss berück­sichtigt werden, dass sich die WKA untereinander nicht negativ beeinflussen dürfen (Abschattungsef­fekte etc.). Bei konkreten, kleinräumigen WKA-Standortplanungen wird die optimale Anordnung der WKA in der Fläche über komplexe Modelle aus der Strömungslehre und der Statistik berechnet. Diese Verfahren werden in der Fachliteratur als „Micro-Sitting“ bezeichnet (Gonzales et al 2013). Bei groß­flächigen Standortanalysen für WKA werden in der Regel vereinfachte Verfahren zur bestmöglichen Annäherung der maximal installierbaren WKA pro Fläche angewandt. Die einfachste Methode zur Ermittlung der installierbaren WKA pro Fläche ist die Berechnung über den Flächenbedarf pro WKA. Gemäß Schallenberg-Rodriguez (2013) müssen WKA in Windparks unter Berücksichtigung von Min­destabstandskriterien versetzt angeordnet werden, um negative gegenseitige Beeinflussungen zu redu­zieren. Dabei muss nach Nguyen (2012) in Hauptwindrichtung (HWR) der Abstand von einer WKA zur nächsten den 5 bis 12 fachen Rotordurchmesser betragen. Für die Nebenwindrichtung reicht ein geringerer Abstand des 3 bis 7 fachen Rotordurchmessers. Daraus ergibt sich folgende Formel zur Berechnung des Flächenbedarfs pro WKA:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Über eine weitere Formel kann die Anzahl der WKA inklusive ihrer Abstandflächen für eine „Poten­tialfläche“ ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wurde zuvor eine Mindestanzahl an WKA pro Fläche definiert, kann über eine weitere Formel anhand der Abstandsfläche einer WKA die Mindestflächengröße einer „Potentialfläche“ ermittelt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In einem weiteren Arbeitsschritt können mit einer SQL-Abfrage (Definitionsabfrage unter Properties oder Abfrage nach Attributen) schließlich nur die Flächen ausgewählt werden, die dieser Mindestflä­chengröße entsprechen.

5.3 GIS-gestützte Analysen zur Landschaftsbildbeeinträchtigung durch WKA

Die bisher vorgestellten Standortanalysemethoden basieren auf der Ermittlung von „Eignungs-„ und „Restriktionsflächen“ über die Betrachtung des zweidimensionalen Raumes und die Anwendung von zweidimensionalen Daten. Viele Konflikte im Zusammenhang mit WKA sind jedoch im dreidimen­sionalen Raum gelagert und müssen dementsprechend auch dreidimensional analysiert werden. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die optische Wirkung auf das Landschaftsbild. Denn von den WKA gehen als technische Bauwerke, wegen ihrer Größe, Gestalt und Rotorbewegung sowie ihrem be­trächtlichen Flächenumfang als Windparks, großräumige optische Wirkungen auf das Erscheinungs­bild einer Landschaft aus. Die Bauhöhen von bis 150 m (Nabenhöhe) werden aufgrund der häufigen Bevorzugung von Offenlandschaften noch verstärkt und können in ihrer Verdichtung den Charakter einer Industrielandschaft vermitteln (NLT 2011). Diese Aspekte führen häufig zu Konflikten mit Bür­gern oder Interessenverbänden, wie z.B. den Tourismusverband. Über eine GIS-basierte Standortana­lyse können auch solche Konflikte im Vorfeld reduziert und gegebenfalls „Eignungsgebiete“ ausge­wählt werden, bei denen die optische Wirkung der WKA geringer ist. Eine dreidimensionale Visuali­sierung der geplanten WKA in dem jeweiligen „Eignungsgebiet“ und Sichtbarkeitsanalysen sind sinn­volle Methoden für die Prüfung der landschaftlichen Beeinflussung.

5.3.1 3D Visualisierung

Mit Hilfe eines Digitalen Oberflächenmodells (DOM) sowie eines Digitalen Orthophotos (DOP) kann bereits eine realitätsnahe Landschaftsvisualisierung modelliert werden. Zur Erzeugung eines DOM eignen sich Airborne Laser Scanning (ALS) Daten besonders gut. Die über Fluggeräte (Flugzeuge, Hubschrauber, etc.) mit LiDAR-Technik gescannten Rohdaten (First Pulse) beschreiben die Höhe des

Geländes, der Bauwerke und des Bewuchses der gescannten Landschaft. Zum Ableiten eines DOM aus den Punktwolken der ALS-Rohdaten stehen zwei verschiedene Verfahren zur Verfügung. Mit dem ersten Verfahren werden die Punktwolken, bei denen jeder Punkt einen Höhenwert repräsentiert, in ein regelmäßiges Raster interpoliert. Hierfür bietet die ArcGIS-Toolbox verschiedene Algorithmen zur Raster-Interpolation, wie z.B. „topo to raster“ an. Das zweite mögliche Verfahren bietet die Möglich­keit über eine Dreiecksvermaschung (Triangulation) ein Triangulated Irregular Network (TIN) zu erzeugen. Werden für die TIN-Erstellung Punktdaten als Eingabe-Feature-Class verwendet, bilden diese die Position der Knoten des TIN. Dagegen bilden Polyline als Eingabe-Feature-Class die Kanten im TIN. Auf diese Weise bleibt in einem TIN die Genauigkeit der Eingabedaten erhalten. Die Werte zwischen den bekannten Knoten und Kanten werden modelliert, so dass ein unregelmäßiges flächen­deckendes Netzwerk von Dreiecksflächen im Vektorformat erstellt wird. Für dieses Verfahren enthält die ArcGIS-Toolbox unter 3D-Analyst-Tools den Algorithmus „TIN erstellen“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Darstellung einer Dreiecksvermaschung zu einem TIN (Quelle: ESRI 2012)

Um das erzeugte DOM dreidimensional darzustellen, muss es in ArcScene geladen und auf seine Ba­sishöhen bezogen werden. Darauf folgend wird das DOP als Textur in ArcScene geladen und auf die Basishöhen des DOM projiziert. In einem weiteren Arbeitsschritt müssen dreidimensionale WKA in das Landschaftsbild integriert werden. Hierfür können Punkt-Features auf die jeweiligen Koordinaten gesetzt und für diese aus der Symbolbibliothek von ArcGIS, über Style-Referenzen / 3D Industrial, dreidimensionale WKA als Symbol geladen werden. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dreidi­mensionale WKA mit externen 3D-Applikationen wie z.B. SketchUp[11] zu erstellen oder zu beziehen (SketchUp-Komponenten-Bibliothek/3D Warehouse[12] ) und dann z.B. als Collada-Datei (.dae) in Ar­cScene zu importieren und der jeweiligen Punktobjektklasse als Symbol zuzuweisen. Das Ergebnis ist eine realitätsnahe 3D-Visualisierung von potentiellen WKA in einer Landschaft. Über verschiedene

[...]


[1] Offshore-Windkraftanlagen werden auf dem Meer errichtet, mit den Vorteilen keine Bebauungsfläche zu beanspruchen, keine Beeinträchtigung der Landschaft zu verursachen und bei höheren Windstärken mehr Strom zu produzieren vgl. (Rohrer 2012: 16).

[2] Onshore-Windkraftanlagen bezeichnen die klassische Nutzung der Windenergie an Land (vgl. Rohrer 2012: 6)

[3] eurostat (2013) http://ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&language=de&pcode=tps00003&plugin=1

[4] Negative externe Effekte: sind externe Kosten die bei der Produktion von Gütern oder Energie entstehen, die jedoch nicht der Erzeuger/V erursacher sondern die Gesellschaft trägt. Umweltverschmutzung aber auch Schall- und Schattenemissionen sind ein gutes Beispiel für negative externe Effekte. Der Verursacher kann versuchen diese negativen Effekte durch be­stimmte Schutzmaßnahmen zu vermeiden oder zu reduzieren. Übernimmt der Verursacher die Kosten, z.B. durch Kompen­sationszahlungen an Betroffene - internalisiert er die externen Kosten (vgl. Cezanne 2005: 34).

[5] Open Data Ansatz (deutsch Offene Daten): der Ansatz bezeichnet die Idee, (digitale) Daten öffentlich frei verfügbar und nutzbar zu machen. Daten sind offen „wenn sie durch jedermann und für jegliche Zwecke genutzt, weiterverarbeitet und weiterverbreitet werden können“. Hierfür hat das Bundesministerium des Inneren eine „Open Government Strategie“ erar­beitet, die sukzessive in den Bundesländern und Kommunen umgesetzt werden. Ein grundlegendes Ziel ist, mehr Transpa­renz in (staatliche) Entscheidungsprozesse für die Öffentlichkeit zu gewährleisten. Meist handelt es sich bei den Daten um nicht-textliches Material, sondern um so genannte Rohdaten, wie Wetter-, Geo- und Umweltdaten (vgl. Dietrich 2011).

[6] ATKIS: Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem - hierzu zählen z.B. DOP, DLM, DGM und DHM

[7] ALKIS: Amtliches Liegenschaftskatasterinformationssystem

[8] Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBI. I S. 2414, zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22.07.2011 (BGBI. I S. 1509).

[9] OVG Lüneburg, Urt. v. 12.11.2008 - 12 LC 12/07 = juris Rn 53; Urt. v. 28.05.2008 - 12 LB 64/07 = juris Rn 40.

[10] SQL: Structured Query Language ist eine Datenbanksprache zur Definition von Datenstrukturen in relationalen Datenban­ken sowie zum Bearbeiten (Einfügen, Verändern, Löschen) und Abfragen von darauf basierenden Datenbeständen (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/SQL)

[11] Google SketchUp dient zum Konstruieren und Präsentieren von dreidimensionalen Objekten. Die Grundausstattung wird kostenfrei übers Internet angeboten (vgl. Ridder 2011: 171f).

[12] SketchUp stellt mit der Komponenten-Bibliothek (3D-Warehouse) unter verschiedenen Kategorien fertige 3D- Komponenten wie Straßenmöbel etc. zur Verfügung (vgl. Ridder 2011: 171f).

Ende der Leseprobe aus 129 Seiten

Details

Titel
Standortanalyse für Windkraftanlagen mit der Beteiligung der Öffentlichkeit, Investoren und kommunalen Verwaltung
Hochschule
Beuth Hochschule für Technik Berlin
Note
1,0
Autor
Jahr
2015
Seiten
129
Katalognummer
V343358
ISBN (eBook)
9783668356184
Dateigröße
20364 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
GIS, Standortanalysen, Windenergie, Windkraftanlagen, Erneuerbare Energien
Arbeit zitieren
Michael Siegert (Autor:in), 2015, Standortanalyse für Windkraftanlagen mit der Beteiligung der Öffentlichkeit, Investoren und kommunalen Verwaltung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/343358

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