Die Rechtsformwahl für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach nordrhein-westfälischem Landesrecht


Bachelorarbeit, 2012

99 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Abgrenzung der Themenstellung

2 Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden
2.1 Grundgesetz
2.2 Gemeindeordnung NRW

3 Der Regiebetrieb
3.1 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
3.2 Steuerliche Rahmenbedingungen
3.3 Umwandlungsmöglichkeiten

4 Der Eigenbetrieb
4.1 Gründung des Eigenbetriebes
4.2 Organe des Eigenbetriebes
4.2.1 Betriebsleitung
4.2.2 Betriebsausschuss
4.2.3 Bürgermeister
4.2.4 Kämmerer
4.2.5 Gemeinderat
4.3 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
4.4 Steuerliche Rahmenbedingungen
4.5 Personal- und Mitbestimmungsrecht
4.6 Umwandlungsmöglichkeiten

5 Der Zweckverband
5.1 Gründung des Zweckverbandes
5.2 Organe des Zweckverbandes
5.2.1 Verbandsversammlung
5.2.2 Verbandsvorsteher
5.3 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
5.3.1 Steuerliche Rahmenbedingungen
5.3.2 Umwandlung von Zweckverbänden

6 Die Anstalt öffentlichen Rechts
6.1 Gründung der Anstalt öffentlichen Rechts
6.1.1 Voraussetzungen
6.1.2 Satzung
6.2 Organe der Anstalt des öffentlichen Rechts
6.2.1 Vorstand
6.2.2 Verwaltungsrat
6.3 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
6.3.1 Stammkapital
6.3.2 Steuerliche Rahmenbedingungen
6.3.3 Vergaberecht
6.3.4 Insolvenzunfähigkeit
6.4 Aufsicht
6.5 Dienst- und Mitbestimmungsrecht

7 Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung
7.1 Gründung der GmbH
7.2 Organe der GmbH
7.2.1 Geschäftsführer
7.2.2 Gesellschafterversammlung
7.2.3 Aufsichtsrat
7.3 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
7.4 Steuerliche Rahmenbedingungen
7.5 Personalwirtschaft und Mitbestimmung
7.6 Kommunale Einflussnahme
7.7 Umwandlungsmöglichkeiten

8 Die Aktiengesellschaft
8.1 Gründung der Aktiengesellschaft
8.2 Organe der Aktiengesellschaft
8.2.1 Vorstand
8.2.2 Hauptversammlung
8.2.3 Aufsichtsrat
8.3 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen
8.4 Steuerliche Rahmenbedingungen
8.5 Kommunale Einflussnahme

9 Bewertung der Rechtsformen im Vergleich
9.1 Regiebetrieb
9.2 Eigenbetrieb
9.3 Zweckverband
9.4 Anstalt des öffentlichen Rechts
9.5 GmbH
9.6 Aktiengesellschaft

10 Fazit und Ausblick

Quellenverzeichnis

Rechtsprechungsverzeichnis

Anhang

Steuerrechtliche Grundlagen für Betriebe gewerblicher Art

Merkmale der Organisations- und Rechtsformen kommunaler Betriebe

Statistik zu kommunalen Unternehmen in Nordrhein-Westfalen 2009

Abbildungsverzeichnis

Abbildung Abbildungsbezeichnung

Abbildung 1: Mögliche Eigentumsverhältnisse bei öffentlichen Unternehmen

Abbildung 2: Prüfschema hoheitliche (vorbehaltene) Tätigkeiten

Abbildung 3: Sphären der juristischen Person öffentlichen Rechts

Abbildung 4: Prüfschema BgA

Abbildung 5: Gründung eines Zweckverbandes

Tabellenverzeichnis

Tabelle Tabellenbezeichnung

Tabelle 1: Anzahl der VKU Mitgliedsunternehmen nach Rechtsformen

Tabelle 2: Zinssätze für KfW Investitionskredit (Programmnummer 208)

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Abgrenzung der Themenstellung

Die Gemeinden betätigen sich zum Teil auch wirtschaftlich und treten dabei in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen. Beispielhaft können hier folgende Bereiche genannt werden: Volkshochschulen, Ver- und Entsorgungsbetriebe, Kommunale Rechenzentren, Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser, Sparkassen, Kommunale Wohnungs- und Baugesellschaften. Eine abschließende Aufzählung ist nicht möglich, da die Betätigungen vielfältig und unterschiedlichster Art sind.

In der Nachkriegszeit hat die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand stark zugenommen.[1]

Gerade in Zeiten knapper finanzieller Mittel und bedingt durch die derzeitige Staatsschulden- und Finanzkrise kommt der wirtschaftlichen Tätigkeit der Gemeinden eine besondere Bedeutung zu. Dabei sind den Gemeinden jedoch Grenzen gesetzt, da die wirtschaftliche Tätigkeit auf die Daseinsvorsorge begrenzt ist. Als Triebkräfte für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nennt Brandt: Selbstversorgung, Fürsorge, Vorsorge sowie Expansion.[2]

Fraglich ist, in welcher Rechts- bzw. Organisationsform die wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt werden soll. Hier stehen Rechts- und Organisationsformen des Privatrechts sowie des öffentlichen Rechts zur Verfügung. Die einzelnen Rechts- und Organisationsformen haben Vor- und Nachteile, die sorgfältig geprüft und gegeneinander abgewogen werden müssen.

Nicht immer orientieren sich die Gemeinden bei der Auswahl einer Rechts- oder Organisationsform an realen Gegebenheiten, sondern unterliegen bspw. Image und Prestige der privatrechtlichen Rechtsformen. So gelten bspw. die GmbH und die AG als fortschrittlich und modern.[3] Dies hat in der Vergangenheit auch zu finanziellen Schwierigkeiten der privatisierten Unternehmen geführt.[4]

Besondere Fragestellungen ergeben sich bei der Kapitalaufbringung, der Haftung und der Insolvenzfähigkeit. Die Rendite oder ein Gewinn stehen bei der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden oft nicht im Vordergrund.

Mittels Ausgründung wird oft versucht den Schuldenstand der Gemeinde positiv zu beeinflussen oder die Personalausgaben der Gemeinde zu reduzieren, indem Positionen aus dem kommunalen Haushalt der Gemeinde ausgegliedert werden.

Die unterschiedlichen Rechts- und Organisationsformen haben Auswirkung auf die Besteuerung, das Rechnungswesen (Buchführung, Kosten- und Leistungsrechnung), sowie auf die Art des zu erstellenden Jahresabschlusses. Abhängig von der gewählten Rechts- bzw. Organisationsform können sich unterschiedliche Regelungen bezüglich Offenlegung und Prüfung des Jahresabschlusses ergeben. Die Gründungskosten und Formalitäten sind unterschiedlich und können erheblich voneinander abweichen. Darüber hinaus unterscheiden sich die Kosten der laufenden Betriebsführung je nach gewählter Rechts- bzw. Organisationsform (z. B. beurkundungspflichtige Hauptversammlungsbeschlüsse bei der AG etc.).

Weitere Entscheidungskriterien sind das Management, Personalwirtschaft, Mitbestimmung, steuerliche Gestaltung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Gebietskörperschaften oder der Privatwirtschaft.

Die Form der Planung, Steuerung und Kontrolle der öffentlichen Unternehmen ist je nach Rechts- bzw. Organisationsform unterschiedlich. Die Einflussnahme auf das öffentliche Unternehmen muss weiterhin durch Gemeinderat bzw. Bürgermeister gewährleistet sein.

Die Umwandlungsmöglichkeiten von kommunalen Betrieben spielen bei der Entscheidung für eine bestimmte Rechts- bzw. Organisationsform eine entscheidende Rolle, da im Laufe der Zeit Privatisierungen sowie Änderungen der Rechtsform in Frage kommen können. Gründe für die Umwandlung von kommunalen Unternehmen können sein:

- Optimierung der Rentabilität und Wirtschaftlichkeit[5]
- Flexiblere Gestaltung der Aufbau- und Ablauforganisation[6]
- Umgehung von vergaberechtlichen Anforderungen
- Ausschluss des öffentlichen Dienstrechts und der Bestimmungen des Personalvertretungsgesetzes[7]
- Entlastung des kommunalen Haushaltes[8]
- Umgehung haushaltsrechtlicher Besonderheiten[9]
- Optimierung des internen und externen Rechnungswesens[10]
- Einführung einer Haftungsbeschränkung[11]
- Beschleunigung von Entscheidungen[12]
- Verdrängung der politischen Einflussnahme[13]

Die für diese Arbeit ausgewählten öffentlich-rechtlichen Rechts- und Organisationsformen Regiebetrieb, Eigenbetrieb, Anstalt öffentlichen Rechts sowie Zweckverband werden bezogen auf das nordrheinwestfälische Landesrecht dargestellt.

Beim Vergleich der zur Verfügung stehenden Rechts- und Organisationsformen können sich bestimmte Kriterien als KO-Kriterium erweisen. Schneeloch nennt diverse KO-Kriterien, die sich aus Sicht des Entscheiders für eine Rechtsform ergeben können. Dabei kommen nach Schneeloch vor allem folgende KO-Kriterien in Betracht:[14]

- Unmöglichkeit einer Fremdgeschäftsführung oder Fremdvertretungsmacht
- Die für Kapitalgesellschaften geltenden Offenlegungspflichten
- Nichteignung der Gesellschafter

In den letzten Jahren sind von den Gemeinden umfangreiche Privatisierungsaktivitäten durchgeführt worden. Die Rechtsform des Eigenbetriebes hat dabei kontinuierlich abgenommen.[15]

Die Mitgliederstatistik der VKU stellt in Tabelle 1 eine Verteilung der Rechts- und Organisationsformen nach Bundesländern dar. Der Eigenbetrieb und die GmbH stellen die am häufigsten verwendete Rechts- bzw. Organisationsform dar.

Tabelle 1: Anzahl der VKU Mitgliedsunternehmen nach Rechtsformen[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Daten der obigen Statistik können jedoch nur als allgemeiner Trend gesehen werden, da nicht alle öffentlichen Unternehmen Mitglied der VKU sind.[17]

In der Betriebswirtschaftslehre werden die Begriffe Unternehmen und Betrieb differenziert. Im Umfeld der wirtschaftlich tätigen kommunalen Organisationen treten beide Begriffe unscharf nebeneinander auf. Gesetzlich sind die Begriffe nicht definiert. Vielmehr verwendet der Gesetzgeber beide Begriffe, ohne auf die in der Betriebswirtschaftslehre vorhandenen Unterscheidungsmerkmale Rücksicht zu nehmen. In dieser Arbeit werden beide Begriffe synonym verwendet. Eine Klassifizierung der existierenden öffentlichen Unternehmen lässt sich nach den Eigentumsverhältnissen vornehmen. Schematisch ist dies in Abbildung 1 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Mögliche Eigentumsverhältnisse bei öffentlichen Unternehmen[18]

Von einem öffentlichen Unternehmen soll nachfolgend ausgegangen werden, wenn die Gemeinden an Einrichtungen oder Unternehmen, die in einer privatrechtlichen Form geführt werden, mit mehr als 50% des Nennkapitals oder des Stimmrechts beteiligt sind. Diese Abgrenzung wird im Finanz- und Personalstatistikgesetz zur Abgrenzung der erhebungsrelevanten Daten verwendet (§ 2 Absatz 3 FPStatG).

In dieser Arbeit wird in Kapitel zwei zunächst die Zulässigkeit für die wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinden dargestellt. In den Kapiteln drei bis acht werden die zur Verfügung stehenden Rechts- und Organisationsformen dargestellt und wichtige Aspekte erläutert, die für die Wahl der Rechts- bzw. Organisationsform von Bedeutung sind. In Kapitel neun erfolgen die Bewertung und der Vergleich der behandelten Rechtsformen. Kapitel zehn enthält das Fazit und den Ausblick.

Die gemischtwirtschaftlichen Unternehmen werden in dieser Arbeit nicht behandelt, da sie anderen Bedingungen als die öffentlich-rechtlichen Unternehmen ausgesetzt sind. Personengesellschaften werden nicht berücksichtigt, da sie aufgrund der fehlenden Haftungsbegrenzung für die Gemeinden als Rechtsform nicht zur Verfügung stehen. Vereine und Stiftungen spielen im kommunalen Umfeld eine geringere Rolle und werden ebenfalls außen vor gelassen.

Die steuerrechtlichen Rahmenbedingungen für öffentlich-rechtliche Rechts- und Organisationsformen sind für Regie-/Eigenbetrieb, Anstalt öffentlichen Rechts und Zweckverband weitestgehend identisch. Daher wird lediglich in Unterabschnitt 3.2 ausführlich auf die Besteuerung eingegangen.

Die Umwandlungsmöglichkeiten werden in dieser Arbeit lediglich angerissen da, sie ein Kriterium für die Rechtsformwahl darstellen. Auf in das Detail gehende Erläuterungen wurde verzichtet.

2 Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden

Die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betätigung von Gemeinden gilt nicht unbegrenzt. Regelungen hierzu befinden sich im Grundgesetz sowie in den landesrechtlichen Vorschriften. Zusätzlich können sich Schwierigkeiten ergeben, wenn öffentliche Unternehmen in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Anbietern treten und gegen § 1 des UWG verstoßen. Betätigen sich die Gemeinden wirtschaftlich in nicht bevorzugten Bereichen, müssen sie mit zunehmenden Klagen aus der Privatwirtschaft rechnen.[19]

Volkswirtschaftlich wird die Betätigung der Gemeinden ebenfalls kritisch gesehen. Es besteht die Gefahr der Fehlleitung von Produktion und Kapital sowie der Missbrauch behördlicher Autorität.[20] Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass die Gemeinden auch die Ziele des Stabilitäts- und Wachstumsgesetztes unterstützen müssen und die öffentlichen Unternehmen einen Beitrag dazu leisten können.

2.1 Grundgesetz

Die verfassungsrechtliche Grundlage für die wirtschaftliche Betätigung ist in Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes geregelt. Hinzu kommen landesrechtliche Ergänzungen in den Gemeindeordnungen der Bundesländer.[21]

In Artikel 28 GG ist den Gemeinden die kommunale Selbstverwaltung der Gemeinden garantiert. Die Gemeinden dürfen damit alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung regeln.

Enthalten sind in Artikel 28 GG mehrere Verfassungsgarantien:[22]

- Rechtssubjekt „Gemeinde“
- Institution der kommunalen Selbstverwaltung
- Zwingende organisatorische Grundentscheidung zugunsten eines Staatsaufbaus nach Gemeinden und Gemeindeverbänden

Die Gemeinden können gemäß § 91 BVerfGG eine Verfassungsbeschwerde mit der Behauptung erheben, dass ein Gesetz des Bundes oder des Landes die Vorschrift des Artikels 28 des Grundgesetzes verletzt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Grundsatzurteil vom 27.05.2009 die Entscheidungsfreiheit bei Privatisierungen eingeschränkt. Demnach obliegt einer Gemeinde auch die Sicherung und Wahrnehmung ihres Aufgabenbereichs, um eine wirkungsvolle Selbstverwaltung und Wahrnehmung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu gewährleisten, da sich aus Artikel 28 Absatz 2 Satz 1 GG auch eine Bindung der Gemeinden hinsichtlich der Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes ergibt, wenn dieser in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelt.[23]

2.2 Gemeindeordnung NRW

Die Zulässigkeit einer wirtschaftlichen Betätigung für die Gemeinden sind in § 107 GO NRW zu finden. Danach darf sich eine Gemeinde zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftlich betätigen, wenn

1. ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert
2. die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht und
3. bei einem Tätigwerden außerhalb der Wasserversorgung, des öffentlichen Verkehrs sowie des Betriebs von Telekommunikationsleitungsnetzen einschließlich der Telekommunikationsdienstleistungen der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann

Die Vorschriften in den §§ 107 ff. GO NRW können eine drittschützende Wirkung entfalten. Mit Beschluss vom 13. August 2003 hat das OVG Münster die Klagebefugnis eines drittbetroffenen Privatunternehmers bejaht[24] und erstmals anerkannt.[25]

Als wirtschaftliche Betätigung ist der Betrieb von Unternehmen zu verstehen, die als Hersteller, Anbieter oder Verteiler von Gütern oder Dienstleistungen am Markt tätig werden, sofern die Leistung ihrer Art nach auch von einem Privaten mit der Absicht der Gewinnerzielung erbracht werden kann.[26]

Der Betrieb gemeindeeigener Wirtschaftsunternehmen und Einrichtungen ist jedoch noch an weitere gesetzliche Voraussetzungen gebunden. Die Regelungen hierzu befinden sich in § 108 GO NRW. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass

- eine Rechtsform gewählt wird, welche die Haftung der Gemeinde auf einen bestimmten Betrag begrenzt
- die Einzahlungsverpflichtung der Gemeinde in einem angemessenen Verhältnis zu ihrer Leistungsfähigkeit steht
- die Gemeinde sich nicht zur Übernahme von Verlusten in unbestimmter oder unangemessener Höhe verpflichtet
- die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere in einem Überwachungsorgan erhält, und dieser durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder anderer Weise gesichert wird
- das Unternehmen oder die Einrichtung durch Gesellschaftsvertrag, Satzung oder sonstiges Organisationsstatut auf den öffentlichen Zweck ausgerichtet wird
- bei Unternehmen und Einrichtungen in Gesellschaftsform gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss und der Lagebericht aufgrund des Gesellschaftsvertrages, der Satzung oder in entsprechender Anwendung der Vorschriften des HGB aufgestellt und geprüft werden
- bei Unternehmen der Telekommunikation einschließlich Telefondienstleistungen die Haftung der Gemeinde auf den Anteil der Gemeinde bzw. des kommunalen Unternehmens am Stammkapital beschränkt ist

Der Begriff des wirtschaftlichen Unternehmens wird in der Gemeindeordnung nicht definiert. Es handelt sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dies könnte damit erklärt werden, dass der Gesetzgeber nicht in die Verfassungsgarantien des Artikels 28 Absatz 2 GG eingreifen wollte.

Für Cronauge et al. stellt ein kommunales Unternehmen „… eine aus der unmittelbaren Kommunalverwaltung ausgegliederte, verselbständigte Verwaltungseinheit von gewisser organisatorischer Festigkeit und Dauer zur Erfüllung einzelner bestimmter öffentlicher Aufgaben und Zwecke…“ dar.[27]

Es ist der Gemeinde zum Beispiel überlassen, die Abwasserwirtschaft in der Form eines Regiebetriebes, eigenbetriebsähnlicher Einrichtung, einer Anstalt öffentlichen Rechts oder auch in privatrechtlicher Rechtsform zu betreiben.[28]

3 Der Regiebetrieb

Bei dem sogenannten Regiebetrieb handelt es sich um eine wirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde, die innerhalb der Gemeindeverwaltung ausgeübt wird. Der Regiebetrieb ist damit von allen Rechts- und Organisationsformen am stärksten in die Gemeindeverwaltung integriert.[29] Der Regiebetrieb gehört nicht zu den Unternehmen[30] und existierte schon vor den Eigenbetrieben.[31] Häufig handelt es sich um eine Abteilung der Gemeindeverwaltung. Nach außen tritt der Regiebetrieb über eine Dienststelle bzw. über das Personal der Gemeindeverwaltung in Erscheinung. Der Regiebetrieb ist nicht rechtsfähig. Die Gemeinde haftet für die Tätigkeit des Regiebetriebes.

Der Regiebetrieb wird durch Anordnung der Gemeindeorgane errichtet und bedarf keiner besonderen Form. Da der Regiebetrieb in die Gemeindeverwaltung integriert ist, verfügt der Gemeinderat über umfangreiche Einwirkungsmöglichkeiten. Dies muss jedoch nicht unbedingt von Vorteil sein, da die ehrenamtlich tätigen Gemeinderatsmitglieder sich mit einer Vielzahl von oft nicht vorhandenen rechtlichen, technischen sowie kaufmännischen Gegebenheiten auseinandersetzen müssen.[32] In der Regel handelt es sich nicht um Gewerbebetriebe, d. h. eine Eintragung in das Handelsregister gem. § 33 Absatz 1 HGB ist nicht erforderlich.

Verwendung findet der Regiebetrieb im Bereich von kommunalen Hilfsbetrieben.[33] Beispiele für Regiebetriebe sind: Friedhöfe, der Betrieb von Straßenbeleuchtungen, Straßenreinigung und Entsorgungsbetriebe.[34] Gesonderte Gründungskosten entstehen für Regiebetriebe nicht.

3.1 Wirtschaftsführung und Rechnungswesen

Gesetzlicher Vertreter des Regiebetriebes ist der Bürgermeister der Gemeinde.

Die Planansätze im Haushaltsplan werden vom Fachamt in Abstimmung mit der Kämmerei der Gemeinde bestimmt und in den kommunalen Haushalt eingestellt.

Die Buchführung des Regiebetriebes übernimmt in der Regel das Amt, in dem der Regiebetrieb angesiedelt wurde (dezentrale Buchhaltung). Die Stadtkasse ist für die Ein- und Auszahlungen des Regiebetriebes zuständig. Es gilt das 4- bzw. 6-Augenprinzip (Sollstellung von Rechnungsbeträgen durch einen Mitarbeiter, Genehmigung durch den sog. Anordnungsbefugten, Aus-/Einzahlung durch die Stadtkasse). Das Betriebsvermögen der Regiebetriebe ist nicht vom Vermögen des Kernhaushaltes abgetrennt.[35]

Regiebetriebe verfügen über kein eigenes Bankkonto. Die Ein- und Auszahlungen werden durch die Gemeindekasse über ein Bankkonto der Gemeinde abgewickelt. Da der Regiebetrieb zur Gemeindeverwaltung gehört, sind für ihn auch die Vorschriften des kommunalen Haushaltsrechtes maßgeblich (GemHVO NRW). Es gilt das Gesamtdeckungsprinzip (Erträge des Betriebes verbleiben nicht im Regiebetrieb, sondern fließen dem Kernhaushalt zu). Vorteilhaft ist die Mitfinanzierung des Regiebetriebes über den allgemeinen Haushalt. Nachteilig ist, dass die erzielten Erträge dem Regiebetrieb unter Umständen nicht mehr zur Verfügung stehen. Die Einnahmen und Ausgaben der Regiebetriebe werden Brutto im Haushaltsplan ausgewiesen (Brutto-Veranschlagung). Die Verausgabung von Mitteln ist damit an den Haushaltsplan der Gemeinde gebunden.[36] Das Vermögen des Regiebetriebes sowie Aufwendungen und Erträge, die innerhalb des Regiebetriebes entstehen, werden somit im Haushalt der Gemeinde ausgewiesen. Da das Haushaltsrecht der Gemeinden speziell auf die hoheitlichen Bestandteile der Verwaltungen zugeschnitten wurde, ist es für eine Betriebsführung eines Unternehmens nicht besonders geeignet.[37] Die Haushaltssatzung der Gemeinde ist damit auch für den Regiebetrieb maßgeblich und damit unflexibel.[38] Dies hat sich zwar mit Einführung der kommunalen Doppik in NRW ab 2009 zum großen Teil geändert, da der Regiebetrieb jedoch unmittelbar zum Haushalt der Gemeinde gehört, existiert kein eigener Jahresabschluss für den Regiebetrieb.

[...]


[1] Vgl. Brandt, Jürgen 1929: 3.

[2] Vgl. Brandt, Jürgen 1929: 25.

[3] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 349.

[4] Vgl. Ade, Klaus et al. 2011: 577.

[5] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 298.

[6] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 299.

[7] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 303.

[8] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 311.

[9] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 309.

[10] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 310.

[11] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 315.

[12] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 313.

[13] Vgl. Ehlers, Dirk 1984: 313.

[14] Vgl. Schneeloch, Dieter 1997: 99.

[15] Vgl. Haibt, Alexander 1999: 13.

[16] Online in Internet: „URL: http://www.vku.de/grafiken-statistiken/statistik.html [Stand: 8.8.2012]“.

[17] Für aussagekräftigere Daten zu den verwendeten Rechts- und Organisationsformen in NRW wird auf die Statistik des statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2011 im Anhang verwiesen.

[18] Vgl. Mühlenkamp, Holger 1994: 2.

[19] Vgl. David, Hans-Joachim 2000: 743.

[20] Vgl. Brandt, Jürgen 1929: 70-80.

[21] Vgl. Schraffer, Heinrich 1993: 19.

[22] Dolzer-Stern, Klaus, Art. 28 GG, Rdnr. 66.

[23] BVerwG, Urteil vom 27.05.2009, Az. 8 C 10.08.

[24] OVG Münster, Beschluss vom 13.08.2003, 15 B 1137/03.

[25] Vgl. Grooterhorst, Johannes 2004: 687.

[26] BVerwG, Urteil vom 22.02.1972, 39, 329, 333.

[27] Cronauge, Ulrich; Westermann, Georg 2006: 32.

[28] Vgl. Gemeinsamer RdErl. des IM und MURL vom 03.01.1989, MBl. NW: 83.

[29] Vgl. Kulosa, Marco 2003: 13.

[30] Busse-Müller, Jürgen, Zu § 1 EigVO NRW: 50.

[31] Vgl. Schraffer, Heinrich 1993: 53.

[32] Vgl. Ahmann, Verena 2009: 70.

[33] Vgl. Gaß, Andreas 2003: 33.

[34] Seibold-Freund, Sabine 2008: 19.

[35] Vgl. Kulosa, Marco 2003: 13.

[36] Vgl. Kappelmaier, Kurt 1969: 20.

[37] Vgl. Hauser, Werner 1987: 103.

[38] Vgl. Hauser, Werner 1987: 104.

Ende der Leseprobe aus 99 Seiten

Details

Titel
Die Rechtsformwahl für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach nordrhein-westfälischem Landesrecht
Hochschule
Hamburger Fern-Hochschule
Autor
Jahr
2012
Seiten
99
Katalognummer
V208502
ISBN (eBook)
9783656358992
ISBN (Buch)
9783656359487
Dateigröße
912 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
rechtsformwahl, betätigung, gemeinden, landesrecht
Arbeit zitieren
André Klocksin (Autor:in), 2012, Die Rechtsformwahl für die wirtschaftliche Betätigung der Gemeinden nach nordrhein-westfälischem Landesrecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208502

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