Schöpfung und Schöpfungsgott bei Thomas von Aquin


Hausarbeit, 2002

27 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichni

1. Einleitung
1.1 Vorwort
1.2 Die drei klassischen Schöpfungsgeschichten
1.2.1 „Enuma Elisch“
1.2.2 „Genesis“
1.2.3 „Timaios“
1.3 Thomas von Aquin - Lebenslauf
1.4 Das Werk „Summa Theologica“

2. Frage nach Schöpfung und Schöpfungsgott
2.1 Begriffserklärung
2.2 Causa Prima
2.2.1 Innere Ursachen
2.2.2 Äußere Ursachen
2.3 Causa Secundae
2.4 Trinität
2.4.1 Die Ordnungsfolge
2.5 „Creatio ex nihilo“
2.6 Zusammenfassung

3. Schlussteil

1. Einleitung

1.1 Vorwort

Ich möchte in dieser Arbeit in Bezugnahme des ersten Buches der Bibel, der Genesis, der Frage der Entstehung der Schöpfung bzw. der Frage nach dem Schöpfergott nachgehen. Dies soll ausschließlich auf der Grundlage des Werkes „Summa Theologica“ von Thomas von Aquin geschehen.

In der Einleitung sollen daher nach einer kurzen Beschreibung der drei klassischen Schöpfungsgeschichten, von welchen die christliche Welt im Laufe der Zeit geprägt wurde, der Lebenslauf und der Umriss (Aufbau und Inhalt) der „ Summa Theologica“ von Thomas von Aquin folgen.

Darauffolgend wird im genannten Werk auf die verschiedenen Fragestellungen nach Ursache und Entstehung der Schöpfung bzw. der Existenz und Beschaffenheit des Schöpfergottes eingegangen, unterstützt durch die Zuhilfenahme verschiedener Zitate. Ziel dieser Arbeit wird es sein, einen Einblick in das Verständnis von Schöpfung und Schöpfungsgott bei Thomas von Aquin geben zu können.

Das thomistische Denken stellt hierbei meiner Meinung nach einen wichtigen Baustein in der Behandlung des Schöpfungsglaubens dar, durch dessen alleinige Darstellung es zwar sicher nicht möglich ist , das Thema „Schöpfung und Schöpfungsgott“ vollständig auszuarbeiten oder dabei zu einem fassbaren Ergebnis zu kommen. Jedoch soll es im Rahmen eines Erkenntnisprozesses für den Leser eine Möglichkeit der Betrachtungsweise der Realität darstellen, welche zwar letztendlich nicht wissenschaftlich „beweisbar“ ist, jedoch als Glaube entscheidenden Einfluss auf Denk- und Lebensweise einer ganzen Gesellschaft haben kann.

1.2 Die drei klassischen Schöpfungsgeschichten

Die verschiedenen Schöpfungsgeschichten geben in der Regel nicht nur die Naturwissenschaften sondern auch Gesellschaftsentwürfe von Epochen bzw. Zeitabschnitten wider. So sind sie einerseits ein Spiegel des Weltbildes, und andererseits überliefern sie dieses Weltbild ihren Erben. Auf unser Thema bezogen, wurde die christliche Welt dabei von drei klassischen Schöpfungsgeschichten geprägt:

Zum einen von der babylonischen Schöpfungsgeschichte - der „Enuma Elisch“: Sie wurde jährlich am vierten Tag des Neujahrsfestes gelesen, um die Erneuerung des Kosmos sicherzustellen. Das Epos wurde in seiner babylonischen Form vermutlich im ersten Teil des zweiten Jahrtausends v. Chr. verfasst. Die Priester, die im babylonischem Exil die hebräischen Schöpfungsgeschichten verfassten, hatten Kenntnis von der babylonischen Erzählung. Sie schufen ihre eigene Geschichte einerseits als Spiegel für ihr eigenes kultisches System, andererseits als Aneignung und Korrektur dieser älteren Erzählung.

Zum zweiten ist die Schöpfungsgeschichte aus dem ersten Kapitel der „Genesis“ zu nennen: Sie wurde von der christlichen Kirche mit der Übernahme der hebräischen Bibel aus dem Judentum integriert.

Und schließlich die dritte Schöpfungsgeschichte bzw. Prägung: Platons „Timaios“ :

Verfasst im frühen vierten Jahrhundert v. Chr. spiegelt sie Platons eigene Kosmologie wieder. Diese galt während der darauffolgenden klassischen Antike und des Mittelalters als ,,wissenschaftlich“. Erst im 16. Und 17. Jahrhundert wurde sie durch das sog. „heliozentrische Modell bzw. Weltbild“ von Kopernikus und Galilei in Frage gestellt.

1.2.1 „ Enuma Elisch“

Die babylonische Schöpfungsgeschichte hatte ihre Wurzeln in älteren Erzählungen aus der sumerischen Welt. Diese beginnen mit einer Ur-Mutter, welche Ursprung des Kosmos und der Götter war. Somit waren diese Erzählungen zugleich kosmologisch und theogonisch. Die Gottheiten traten in aufeinanderfolgenden Generationen in Erscheinung. Sie repräsentieren die Stadien der Entstehung des Kosmos:

Als erstes gehen aus dem Körper der Ur-Mutter die Ur-Eltern, Himmel und Erde, hervor; dann folgen die kosmischen Urkräfte, Wasser, Luft und Pflanzenwelt und schließlich die anthropomorphen Götter und Göttinnen. Die Erzählung geht von einem Kampf zwischen den Generationen aus, der sowohl für die politischen Siege der jüngeren Staaten über die älteren steht, als auch für den Kampf um die politische Kontrolle und die Herrschaft über die ,,chaotischen" Natur- und Sozialkräfte. Diese lehnten sich regelmäßig gegen die Ordnung auf. Dürren und Überschwemmungen bedrohten immer wieder das landwirtschaftliche System, das unter der Kontrolle der städtischen Eliten der Priester und Könige war. Soziale Unruhen, die von den Leibeigenen und Sklaven ausgingen, aber auch Invasionen feindlicher Staaten und wandernder Nomaden bedrohten die zerbrechliche Ordnung.

Die „Enuma Elisch“ wurde aus älteren Schöpfungsgeschichten neu geschaffen, um die Überlegenheit der Stadt Babylon und ihrer Gottheit „Marduk“ über die anderen Städte zu bekunden. In dieser Umarbeitung mussten die alte Muttergöttin „Tiamat“ und die ihr untergeordneten Gemahle „Apsu“ und „Kingu“ die Rolle der Kräfte des ,,Chaos"( der Zustände der Bedrohung) übernehmen:

Tiamats Gemahl Apsu plant, die jüngeren Götter zu töten, weil ihr Lärm seinen Frieden stört. Tiamats Sohn Ea schützt die jüngeren Götter, indem er Apsu überwältigt. Er entreißt Apsu seine Krone, setzt sie sich selbst auf und tötet ihn dann. Ea erhebt nun den Anspruch, dem Kosmos und den Göttern überlegen zu sein. So führt er seinen Kult ein und erschafft, zusammen mit seiner Gattin Damkina, seinen Sohn Marduk. Die Muttergöttin Tiamat greift ein, um Apsus Tod zu rächen. Sie stellt ein Heer von Ungeheuern bereit, stellt es unter das Kommando Kingus, den sie zu ihrem neuen Gemahl erhebt. Die jungen Götter fallen in Panik, wenden sich zuerst an den Gott Anu und dann an den Gott Ea, damit diese sie vor Tiamat schützen. Aber beiden gelingt es nicht, sich ihr zu stellen. Schließlich wenden sie sich an den jungen Helden Marduk. Marduk tritt Tiamat im Nahkampf gegenüber. Er fängt sie in einem Netz und schießt ihr mit einem Pfeil mitten ins Herz. Er löscht ihr Leben aus, wirft sie nieder und trampelt auf ihren toten Überresten herum. Dann spaltet Marduk Tiamats Körper in zwei Hälften. Er erhebt die eine Hälfte als Himmel, um die oberen Wasser zu versiegeln. Dann bildet er in der Unterseite ihres Körpers die Sterne und Planetenhäuser der Himmel. Dann lässt Marduk Kingu zu sich kommen, verurteilt und tötet ihn. Aus Kingus Blut vermischt mit Lehm erschafft Marduk die Menschen, die er zu Sklaven und Sklavinnen macht, um den Göttern Muße zu verschaffen.

Wie bereits am Anfang angedeutet, zeigen Schöpfungsgeschichten auch Weltbilder und Gesellschaftsentwürfe, es stellt sich die Frage, welche soziale Botschaften wir aus dieser Erzählung herauslesen können:

Die Herren des neu aufgestiegenen Stadtstaates Babylon und ihr Gott Marduk gaben nicht vor, sie hätten bereits vor der Welt existiert. Sie wussten, dass sie als jüngste Herrschaftsgeneration aus früheren Entwicklungsstufen, aus früheren Staaten und vor diesen aus einer vorstadtstaatlichen Welt, die weniger menschlicher Kontrolle als vielmehr dem Einfluss nichtmenschlicher Kräfte unterstand, hervorgegangen waren.

Auch wurde diese früheste Welt als matriarchal betrachtet. Die Frau dominiert; ihr unterstehen männliche Gefährten. Diese Welt war erst in der Generation von Marduks Vater, Ea, einer Welt dominanter männlicher Macht mit untergeordneten weiblichen Gefährtinnen gewichen.

Das früheste Modell der Fortpflanzung ist das der Parthenogenese. Apsu, der uranfängliche Erzeuger alter Dinge, vermischt sich in einem einzigen Körper mit Tiamat, die alle Dinge zur Welt bringt. Die Götter und Göttinnen wurden in der Vermischung dieser männlichweiblichen Vereinigung ausgetragen.

Mit Marduk wird das neue Herrschaftsmodell militärisch und architektonisch. Marduk tilgt alles Leben aus Tiamats Körper, macht ihn zu totem ,,Material", aus dem er den Kosmos schafft. Dem Leichnam Kingus entnimmt er das Blut, um versklavte Menschen zu erschaffen. Dieser Übergang von eine reproduktiven zu einer handwerklichen Bildsprache für die Entstehung des Kosmos weist auf ein Vertrauen in die Aneignung der ,,Materie" durch die neue herrschende Klasse hin. Tote Materie hingegen, die zu Produkten verarbeitet wird, macht den Kosmos zum privaten Besitz ihres ,,Schöpfers".

Die Erzählung erhebt schließlich auch Anspruch auf eine grundlegende Klassenhierarchie von Herrschenden. Die Götter sind die unsterblichen Spiegelbilder der Aristokratie in Tempel und Palast.

1.2.2 „ Genesis“

Die hebräische Schöpfungsgeschichte ist einerseits eine Weiterführung der babylonischen Erzählung, andererseits weist sie wichtige Unterschiede dazu auf:

In der hebräischen Erzählung ist der Schöpfer gleichzeitig mit dem ursprünglichen ,,Stoff" de Kosmos. Die Auseinandersetzungen mit der Ur-Mutter sind damit aus dem Weg geräumt. Gott braucht niemanden zu töten, um Grundstoff für seine Werke zu haben, da die Ur-Mutter bereits formloser, aber auch formbarer ,,Stoff" ist, und sich dem Gebot des Schöpfers augenblicklich fügt.

Die hebräischen Autoren gestalten ihre Schöpfungsgeschichte nach dem Modell der Arbeitswoche, die sie in heiliges Gesetz einbinden wollten. Sie beschreiben die Erschaffung des Kosmos als Vorgang, der sich majestätisch während der sechs Tage des Schöpfungswerkes vollzieht. Der Schöpfer schafft zuerst das Licht, indem er es von der Dunkelheit scheidet. Am zweiten Tag schafft er, genau wie Marduk, das Himmelsgewölbe, um die oberen Wasser von den unteren zu trennen. Am dritten Tag erhebt sich aus den unteren Gewässern das trockene Land, und die samentragenden Pflanzen erscheinen. Am vierten Tag formt der Schöpfer die Sterne, die Sonne und den Mond, damit sie über Nacht und Tag herrschen. Am fünften Tag schafft er Fische und Vögel. Am sechsten Tag die Landtiere, das Vieh, die Reptilien und wilden Tiere und schlussendlich den Menschen.

Der Mensch unterscheidet sich von den Tieren darin, dass er ,,im Bilde Gottes" gemacht ist. Ihm wird die Herrschaft über alle Tiere der Erde, Fische, Vögel und Landtiere übertragen. Alle samen- und fruchttragenden Pflanzen sollen dem Menschen als Nahrung dienen, während die grünen Pflanzen den wilden Tieren, Vögeln und Reptilien zur Nahrung bestimmt werden. Mit der Vollendung, jedes Tageswerkes wird das Werk des Schöpfers gesegnet, indem es als ,,gut" bezeichnet wird. Am siebten Tag ruht der Schöpfer und heiligt diesen Tag als Ruhetag.

Gott ist in dieser Erzählung der intellektuellen Macht der Priesterklasse nachgezeichnet; sie kann alles durch rituelles Benennen ins Leben rufen. Das gebieterische ,,Es werde" ist die Art und Weise wie Gott erschafft. Die Trennung zwischen Herrschenden und Arbeitern, zwischen Muße und Arbeit wurde aufgehoben. Gott selbst arbeitet und ruht und bestimmt dies zum Rhythmus für alle. Der Mensch ist eher ein Dienender im Sinne des Königtums und nicht wie ein Sklave. Als kollektiver Träger des ,,Bildes" Gottes, ist der Mensch Repräsentant der göttlichen Herrschaft auf Erden. Oberflächlich gesehen gibt diese Erzählung keine Hierarchie einer Klasse von Menschen über andere her, zumindest nicht in der Art wie die babylonische Schöpfungsgeschichte sie vermittelt. Das hebräische Recht ließ Sklaverei durchaus zu,

betrachtete sie allerdings zwischen Juden als unangemessenen, während sie Nichtjuden gegenüber erlaubt war. Obwohl der Text die Gleichheit von Mann und Frau ,,im Bilde" Gottes offen lässt, legt das männliche Pronomen für Gott und für Adam bereits nahe, dass die Männer die Repräsentanten dieses Gottes sind, wobei Frauen an den Vorrechten der gemeinsamen ,,menschlichen" Souveränität teilhaben, aber der Herrschaft des männlichen unterstehen. Damit darüber keinerlei Zweifel aufkommen, übernahmen die priesterlichen Autoren eine ältere Volkserzählung über die Erschaffung von Mann und Frau und fügten sie ihrem eigenen Schöpfungsbericht ein.

In dieser Erzählung aus Genesis 2 wird der Mann als der zuerst Erschaffene beschrieben; die Frau kommt als zweite und ist Adams Rippe entnommen. Diese Erzählung verfolgt die klare Absicht, die patriarchale Beziehung zwischen Ehemann und Ehefrau zu postulieren. Damit findet die Herrschaft Gottes über den (jüdischen patriarchalen) Mann als Gottes königlichen Diener sein Gegenstück in der Herrschaft des Mannes über seine Frau. Zweifellos ist diese Erzählung anthropozentrisch. Obwohl der Mensch zuletzt geschaffen wurde, ist er die Krone der Schöpfung und erhält Herrschaftsrechte über sie. Dennoch ist sicherlich weder eine ausbeuterische noch eine zerstörerische Herrschaft gemeint. Der Mensch erhält nicht das Verfügungsrecht über die Erde oder die Erde als Besitz, sie gehört weiterhin dem ,,Herrn". Gott selbst ist es schließlich, der die Erde als seine Schöpfung besitzt. Der Mensch hat Nutznießungsrecht. Seine Herrschaft ist stellvertretend, indem er als königlicher Sachwalter für sie Sorge trägt, nicht als Eigentümer, der mit ihr tun kann, was er will.

1.2.3 „Timaios“

Platons Schöpfungsgeschichte „Timaiosist abstrakter und philosophischer. Platon beginnt mit der Definition des ursprünglichen, der Realität zugrunde liegenden Dualismus, mit der Aufteilung in den unsichtbaren, ewigen Bereich des Denkens und den sichtbaren Bereich der Körperlichkeit. Der unsichtbare Bereich des Denkens ist der erste, ursprüngliche. Gleichzeitig existiert bereits am Anfang die umgeformte Matrix des Sichtbaren. Zwischen diesen beiden befand sich der Schöpfer. Wie der babylonische Marduk und der hebräische Schöpfer, erschafft Platons Schöpfer durch das ,,Machen".

Diese Vorstellung des Kosmos als ,,gemacht" und nicht ,,gezeugt" ist in der christlichen Theologie zum wichtigsten Merkmal der Unterscheidung zwischen der Erzeugung, des Göttlichen in der Trinität und der Erschaffung der Welt durch Gott. Zuerst formt der Demiurg das Weltall zu den Ur-Elementen Feuer, Luft, Wasser und Erde, dann formt er diese zum sphärischen Körper des Kosmos. Dieser Kosmos wird geozentrisch und hierarchisch aufgefasst.

Die Erde im Mittelpunkt wird umringt von den sieben Planetensphären und dem Reich der Sterne. Die über den Mond hinausgehende Welt der Planeten und Sterne wird aus dem Element Feuer gemacht, der Bereich unterhalb des Mondes aus Wasser und Erde, die Luft steht dazwischen. Dann formt der Schöpfer die Weltseele und pflanzt sie dem kosmischen Körper als dessen Lebens- und Beweggrund ein. In jedem der Bereiche erhalten die passenden Wesen ihren Ort: die Götter bei den Planeten und Sternen, die Vögel (die mit den Göttern verkehren) in der Luft, die Fische im wässerigen Bereich und die Tiere auf der Erde. Der Demiurg fährt dann fort, aus den gleichen Elementen mit denen er die Weltseele gemischt hat, in einer verdünnten Form die menschlichen Seelen zu formen. Diese Seelen teilt er auf Gegenden und Orte in den Sternen auf, wo sie ihre himmlische Belehrung über die ewige Natur der Wirklichkeit erhalten. Die Körper dieser Wesen zu erschaffen, wird den Planetengöttern überlassen. Sobald die Seelen den himmlischen Wahrheitstrank empfangen haben, werden sie in männlichen Körpern inkarniert. Dort besteht ihre Aufgabe darin, die chaotischen Empfindungen, die aus dem Körper aufsteigen, unter Kontrolle zu halten. Wenn die Seelen diese Aufgabe erfolgreich bestehen, werfen sie ihren Körper ab und kehren beim Tod zu ihrem Geburtsstern zurück, um dort ein glückseliges Leben zu führen. Wer aber das Ziel verfehlt, wird sich re- inkarnieren und bei einer zweiten Geburt in eine Frau eingehen. Wenn er in diesem Zustand nicht vom Schlechten ablässt, wird er sich in einem tierischen Wesen re- inkarnieren, das der schlechten Natur gleicht der er verfallen war. Diese Folge von Inkarnationen wird solange weitergehen, bis die Seele den Körper gemeistert hat und in ihre erste und beste Beschaffenheit zurückkehrt, das heißt der als Mann (der herrschenden Klasse), und schließlich die Rückkehr in seine ursprünglich nicht- inkarnierte Beschaffenheit auf seinem Stern schafft.

Platon denkt die Wirklichkeit aufgeteilt in Geist und Körper. Geist oder Bewusstsein sind ursprünglich, ewig und gut. Körper ist sekundär und Ursprung des Bösen. Seele, Geist bzw.

Bewusstsein stehen der Erde und dem Körper feindlich gegenüber. Diese Hierarchie des Geistes über den Körper wiederholt sich in der Hierarchie des Mannes über die Frau und des Menschen über die Tiere. Ebenso wiederholt sie sich in der Klassenhierarchie der Herrschenden über die Arbeiter und Arbeiterinnen, was aber in Timaios nicht klar zum Ausdruck gebracht wird. Es zeigt sich deutlich erst in Platons Politea,wo die gerechte und geordnete Gesellschaft der Hierarchie des wohlgeordneten Ichs entspricht.

Diese drei Schöpfungsgeschichten wurden im zweiten und ersten vorchristlichen Jahrtausend in der patriarchalen Skiavenhalterwelt der frühen Stadtzivilisation im östlichen Mittelmeerbereich geschaffen:

In der babylonischen Schöpfungsgeschichte ist diese städtische Weit noch neu und unsicher. Auch die hebräischen Priester bewohnen diese patriarchale, sklavenhaltende Welt. In Erinnerung an ihre Wurzeln in einer nomadischen, einfacheren und der Gleichberechtigung näheren patriarchalen Gesellschaft, suchen sie diese Welt jedoch zu modifizieren. Sie verwerfen die Aufteilung in Arbeit und Muße zwischen den Göttern und den Menschen. In Platons Erzählung sind männliche Vorherrschaft, Klassenhierarchie und Herabsetzung der Tiere Teil der akzeptierten sozialen Ordnung. Die Erde selbst wird als niedrigste Ebene der kosmischen Hierarchie der Planetensphären gesehen. So wie der Körper das Gefängnis der Seele ist, so ist die Erde das gemeinsame Gefängnis der inkarnierten Seelen.

Das westliche Christentum akzeptierte den Bericht in Genesis 1 als die eigene Schöpfungsgeschichte, las diesen Bericht aber mit den Augen der griechischen Wissenschaft. So wurden die alten nahöstlichen, hebräischen, griechischen und christlichen Ideen vereinigt. Was dabei herauskommt ist eine Auffassung, dass Gott nicht nur bereits vor dem sichtbaren Kosmos ewig existierte, sondern dass er den Kosmos aus dem Nichts erschuf. Genaugenommen gab es in keiner vorherigen Schöpfungsgeschichte das Dogma der „creatio ex nihilo “. Die christliche philosophische Theologie hatte nämlich die Vorstellung, dass Gott die einzige Quelle des Seins ist, somit darf natürlich keine Materie von Anfang an ,,koexistieren". Damit dieser Schluss nicht gezogen werden konnte, wurde Gott als Schöpfer der ursprünglichen Materie verstanden.

Wir werden diesen Punkt auch bei den Abhandlungen von Thomas von Aquin antreffen. Seine Lehre stellt in gewisser Weise einen Kompromiss zwischen christlicher Offenbarungswelt und aristotelischer Philosophie dar. Er ließ die verschiedenen Denkmuster auf sich einwirken und somit gelang es ihm, die Begriffe des Aristoteles als Instrumentar für die theologische Interpretation der Offenbarung neu zu entdecken.

Als Komplettierung für den einführenden Teil sollen an dieser Stelle ein kurzer Lebenslauf und eine umrissartige Beschreibung des bei dieser Arbeit zu Hilfe genommenen Werkes, der „ Summa Theologica“ von Thomas von Aquin angeführt werden:

1.3 Thomas von Aquin- Lebenslauf

Thomas von Aquin wurde Ende 1224 oder Anfang 1225 in Roccasecca bei Neapel geboren (das genaue Datum der Geburt lässt sich aufgrund widersprüchlicher Quellen nicht ermitteln). Schon als Knabe wurde er den Benediktinern von Montecassino anvertraut. Um 1239 begann er das Studium an der neugegründeten Universität Neapel. Dort erhielt er unter Petrus de Hibernia die bestmögliche Ausbildung in den „artes liberales“. 1244 trat er in den noch jungen Dominikanerorden ein. Auf seinem Wege nach Paris, wo er weiter ausgebildet werden sollte, wurde er von seiner Familie entführt, die ihn von seinem Entschluss abbringen wollte. Ihren Wünschen nach sollte er eine angesehene Stelle in der Kirche anstreben, um so Besitz und Einfluss seiner Familie zu fördern zu können. Nach einjähriger Haushaft, die ihn jedoch nicht hatte umstimmen können, ging Thomas 1245 nun doch nach Paris, wo er bis 1248 studierte.

Dann folgte er dem deutschen Dominikaner Albertus Magnus nach Köln, wo dieser eine Schule für die Grundausbildung („studium generale“) seines Ordens aufbauen sollte. Dies waren die ersten Anfänge einer späteren Universität. .Albert erklärte seinen Studenten das gesamte ins Lateinische übersetzte Werk des Aristoteles. Durch diesen Kontakt mit Albertus Magnus wurde Thomas´ Entwicklung sehr gefördert.

1252 nach Paris zurückgekehrt, wurde Thomas 1256 Magister. In Orvieto begann Thomas, die Aristotelesübersetzungen des Wilhelm von Moerbeke zu verwenden. 1266 wurde er mit der theologischen Ausbildung seiner Mitbrüder in Rom betraut. Thomas begann die Arbeit an seinem heute bekanntesten Werk, der „Summa Theologica“, mit der er die Themen der Theologie den Studierenden kurz und verständlich zusammenfassen wollte.

1268 begab sich Thomas wiederum nach Paris, drei Jahre später wurde er von seinem Orden mit dem Ziel, eine Studienausbildung ("studium generale") für die Dominikaner zu begründen, in sein Heimatland zurückgerufen. Am 7. März 1274 starb Thomas von Aquin dort in der Zisterzienserabtei Fossanova.

1.4 Das Werk „ Summa Theologica“

Thomas von Aquin begann während seiner Jahre in Rom ( 1265- 1268) mit der Abfassung seines wohl bedeutendsten Werkes, der „Summa Theologica“ . Dieses Werk entstand aus der Erkenntnis, dass die vorhandenen Handbücher zur Ausbildung der Dominikaner ein Ungleichgewicht zu ungunsten der Dogmatik aufwiesen, weil sie in erster Linie Moraltheologie und Beichtpastoral vermittelten. Es sollte ihn bis zu seinem Lebensende beschäftigen.

In Rom entstand die Prima Pars; sie zirkulierte in Italien bereits vor der Abreise nach Paris (1268). Die Prima Secundae datiert vom Sommer 1270, die Secunda Secundae entstand vor Dezember 1271; am dritten Teil der Summa arbeitete Thomas bis zum 6.12. 1273. Das Werk wurde von seinen Schülern auf der Grundlage des Sentenzenkommentars fertiggestellt. Das Hauptthema der sacra doctrina ist die Vermittlung der Gotteserkenntnis. Zunächst wird deshalb Gott thematisiert (I), daran schließt sich die Bewegung der vernünftigen Geschöpfe hin zu Gott (II), schließlich ist Christus, der durch seine Menschwerdung der Weg zu Gott ist, Gegenstand der Untersuchung (III). Das Werk widmet 65 der 119 Fragen (Quaestiones) des ersten Buches der Schöpfungsthematik. Die Fragen 44- 46 behandeln die Schöpfung im allgemeinen, sie werden daher Gegenstand unserer Untersuchung sein.

Der erste Teil der Summa Theologica handelt von Gott. Der Grund dafür ist die Vermittlung der Gotteserkenntnis, das Wissen um das Wesen Gottes und die drei göttlichen Personen. Hierbei wird die Notwendigkeit der ewigen Existenz des dreieinigen Gottes in Einheit und Einfachheit ausgelegt und begründet.

Im zweiten Teil wird davon gesprochen wie die Dinge aus Gott hervorgehen, er wird seinerseits in drei Unterteile gegliedert: Der erste handelt von der Schöpfung im allgemeinen, der zweite von der Unterscheidung der Geschöpfe (Thematisierung der Engel, des Sechstagewerkes mit einem Kommentar zur Schöpfungsgeschichte und der Menschen mit ihrer intellektuellen Natur bzw. auch als Geschöpfe nach dem Bild Gottes ) und der dritte Teil schließlich endet mit der Erklärung, wie Gott seine Schöpfung durch sich selbst und mittels Zweitursachen regiert.

In seinem Werk verbindet Thomas die biblische Schöpfungsauffassung mit der Ursachenlehre des Aristoteles und der Teilhabenlehre des Platon. Grundsatz seiner Schöpfungslehre ist die Schöpfung aus dem Nichts als Werk und Spur des dreieinigen Gottes. Ausgehend von der sicheren und rational begründeten Existenz Gottes versucht Thomas, die Spuren der Trinität in der Schöpfung zu entdecken und damit die Erschaffung des Kontingenten aus dem Nichts auf Gott zu beziehen.

Ich möchte nun an dieser Stelle mit meinen Ausführungen zum genannten Thema beginnen. Ausgehend von Genesis 1,1 („ Im Anfang erschuf Gott Himmel und Erde „) werden nun die Gedanken von Thomas von Aquin zu Schöpfung und Schöpfungsgott angeführt. Grundlage dafür das bereits erwähnte „Summa Theologica“ bzw. der Teil des Werkes, welcher sich mit der Ursache, dem Hervorgang und dem Ziel der Schöpfung beschäftigt. Mit der Zuhilfenahme von zitierten Quellen soll dem Leser ein Einblick in das Themenfeld gegeben werden.

2. Frage nach Schöpfung und Schöpfungsgott

2.1 Begriffserklärung

Der Begriff „Schöpfung“ meint im allgemeinen die Hervorbringung eines Dinges, im strikten Sinn auch die Hervorbringung des Seienden aus dem Nichts.

Bei der Schöpfung unterscheidet man zwischen hervorbringendem Subjekt und hervorgebrachten Objekt. Im christlichen Sinn ist ersteres Gott, welchem die Potenz zu schöpfen zu eigen ist. Er bringt das hervorgebrachte Objekt, das wirkliche Sein, hervor. Somit ist Gott die erste Ursache der Schöpfung, die Kreatur selbst ist vom Ursprung abhängig.

2.2 Causa Prima

Es muss hierbei die Frage nach der Ursache, d.h. der Handlung die eine Wirkung hervorbringt, aufgeworfen werden. In unserem Fall: welches die Ursache der Schöpfung ist. In diesem Bezug spricht Thomas von Aquin von der Erkenntnis des Seienden und des Seins. In der Hierarchie des selbst ist Gott das selbst- subsistierende Sein, das in sich selbst die ganze Perfektion des Seins enthält. Das selbst- subsistierende Sein ist sich selbst und ist durch sich selbst. Es ist nur eins, denn jede Multiplikation fordert eine weitere Ursache.

So ist Gott reine Wirklichkeit (actus purus- unendliche Seinsfülle), er ist der Ausgangspunkt der Schöpfung und die Ursache alles Seienden. In der Hierarchie des Seienden steht das göttliche Sein an der Spitze, weil es allen Seienden das Sein verleiht. Er ist die erste Ursache und geht der Schöpfung voraus.

Gott selbst ist anfangslos, er ist unverursacht, er ist der unbewegte Beweger: „Was immer in einem Ding außerhalb seines Wesens ist, muss entweder durch dieses Ding selbst oder durch eine äußere Ursache verursacht sein. Aber das Sein kann nicht durch die Wesenheit verursacht sein (da sie nicht existiert, bevor sie ihr Sein empfängt). Daher muss das Sein durch eine äußere Ursache verursacht sein. Aber Gott ist das erste Sein und kann daher nicht von einer äußeren Ursache abhängen.“(1). Daher sagt auch Thomas von Gottes Wesen:“ In Gott gibt es keine Zusammensetzung, weder von Großteilen, weil er ja kein Körper ist, noch eine Zusammensetzung von Form und Stoff, noch in ihm die Natur das eine und ein anderes trage, noch je eine andere Wesenheit und Dasein ist..., so liegt es auf der Hand, dass Gott in keiner Weise zusammengesetzt ist sondern durchaus einfach ist.“ (2)

Thomas von Aquin behandelt nach dieser Frage die Extension und die Modalität der Kausalität Gottes. Zu Grunde wird hierbei das Schema der vier Ursachen gelegt:

Innere Ursachen (konstruieren als metaphysische Prinzipien das Seiende)

a) Materie (nimmt Form in sich auf und trägt sie )

b) Form (bestimmt die Materie und wird dadurch wirklich)

Äußere Ursachen (Wirkursachen, die durch ihr Wirken ein Seiendes hervorbringen)

a) Ziel (wird als erstes intendiert und ist dasjenige, weswegen etwas geschieht)

b) Wirken (durch das Ziel bestimmt, aber als letztes verwirklicht)

Danach gilt:

„Alles, was ist, wurde aus etwas (causa materialis), zu etwas (causa formalis), durch etwas (causa efficiens), wegen etwas (causa finalis). (5)-14---.

2.2.1 Innere Ursachen Zu a)

Thomas von Aquin setzt sich anhand der augustinischen Auffassung, welche die aristotelische Lehre aufgreift, mit dem ersten Stoff auseinander. Augustinus z. B. sagt: „Zwei Dinge hast du gemacht, o Herr, eines davon ist dir nahe, und das ist der Engel; das andere ist dem Nichts nahe, das ist der erste Stoff “( S. th. I, q. 44, a. 2. ). Gott schuf die Materie aus eigener Kraft, sie ist als Genus des Seienden und der veränderlichen Dinge in Gott nicht vorhanden, da die Materie in ihm Potenz und Bewegung einsetzten würde. Er selber soll nicht die Materie seiner Schöpfung sein, da in ihm keinerlei Veränderung zu finden ist.

Der Schöpfergott lässt die Geschöpfe an seinem Sein teilhaben, dadurch bringt er die Geschöpfe hervor. Er ist die allumfassende Form des Seins, das Sein der Welt hängt von seinem Willen ab. Gott ist das unendliche subsistierende Sein:“ Wenn Gott nun unendlich ist, so besitzt er in sich all das, was an Vollkommenheit ein zweites unendliches Sein hätte, so dass sie sich nicht unterscheiden würden. Daher sind alle Seienden, die anders als Gott sind, nicht ihr eigenes Sein, sondern Seiende durch Teilhabe.“ (3) Oder: „Aus Ihm und durch Ihn und in Ihm ist alles“ (Röm. 11,36).

Die Materie existiert nach Thomas nie für sich selbst. Sie wurde mit der Form zusammen ohne Verzögerung von Gott geschaffen. Zu b) „ Dann sprach Gott: Lasst uns Menschen machen als unserAbbild, unsähnlich[...].“ (Genesis 1, 26 ) Die Form konstituiert zusammen mit der Materie das zusammengesetzte Ding, die Form lässt ein Ding mit einem bestimmten Wesensinhalt existieren. Eine Form existiert auch nicht für sich alleine, sondern ist die Form von etwas und wird von der Materie empfangen. Durch die Form wird die Materie verwirklicht, die Form selbst durch die Materie getragen. Die Form wird vom Schöpfer verursacht. Und obwohl die Form das Sein bildet, verursacht sie dieses nicht (im Sinne der Wirkungsursache). An dieser Stelle taucht die Frage nach der vorbildlichen Ursache auf. Thomas greift dabei die Idee des Augustinus auf: Um irgendein Ding hervorzubringen, ist ein Vorbild nötig, damit das hervorgebrachte Ding eine bestimmte Form erhält.

Aber wenn die Geschöpfe Gott als vorbildliche Ursache (Form) haben, sollten sie dann nicht eine Ähnlichkeit mit Gott besitzen. Kann Gott die Form der Geschöpfe sein ? Hierzu ein Beispiel:

Ein Künstler bringt eine bestimmte Form aus einem Stoff hervor, indem er ein Vorbild verwendet, das entweder in seinem Inneren (im Geist des Künstlers) existiert oder auf etwas Äußeres (auf das, was er schaut) zurückzuführen ist. Die geschaffenen Dinge können als Vorbilder dienen. Aufgrund derselben Art oder eines Ähnlichkeitsverhältnisses können einige als Vorbilder für die anderen bezeichnet werden. So sind einige unter ihnen wieder anderen ähnlich. (S. th. I, q. 44, a. 3.)

In der Frage der Schöpfung ist die Form der Natur auf Gott zurückzuführen, der als Urgrund der Weisheit die Verschiedenheit und Ordnung des Weltganzen enthält. Die göttliche Weisheit enthält das erste Vorbild aller Dinge, selbst wenn die Dinge in vielfältiger Form existieren: „Wenn diese Vorbilder in Bezug auf die Dinge auch vervielfältigt sind, so sind sie doch der Sache nach nichts anderes als die göttliche Wesenheit, sofern an der Ähnlichkeit mit ihr die verschiedenen Dinge in verschiedener Weise teilhaben können“ (S. th. I, q. 44, a. 3.). Obwohl alle Geschöpfe dem Wesen Gottes entsprungen sind, sind sie nicht mit seinem Wesen identisch. In keinem der geschaffenen Wesen ist die notwendige Existenz des Seins Gotte und die Fülle des Seins in Gott vorhanden.

2.2.2 Äußere Ursachen Zu a)

Die Wirkursache bringt durch ihr Wirken Seiendes hervor. So braucht jedes Seiende seine Ursache und nur Gott allein ist sein eigenes Sein. Also muss Gott als das erste Seiende, der sein Sein in vollkommenster Weise besitzt, die Wirkursache aller Geschöpfe sein. Gott wirkt in der Schöpfung als Ursache , die aus ihrer eigenen Kraft unabhängig von der Wirkung alles Seiende hervorbringt (causa principalis). Als Wirkursache besitzt Gott die Potenz, die zum Akt überführt. Durch diese Bewegung wird die Möglichkeit zur Wirklichkeit.

Zu b)

Hier taucht in unserem Falle die Frage nach dem Ziel, dem Endziel der Geschöpfe auf. Der Zweck der Schöpfung aus der Sicht des Seins des Schöpfers. Was ist das Ziel der mit Vernunft begabten Wesen?

Alles Wirkende wirkt nicht per Zufall, sondern um eines Zieles willen (Spr. 16, 4: „Alles hat Gott seinetwillen erschaffen“). Es war dem Willen Gottes angemessen, in seinem Gutsein die Schöpfung hervorzubringen, damit sie durch die Ähnlichkeit mit ihm das Gutsein Gottes darstelle. Die Geschöpfe ähneln Gott aber nicht in seiner Natur oder Art nach, sie vergegenwärtigen lediglich göttliches Wesensbild. Ein Wesenbild ist ein zur Hervorbringung der Dinge notwendiges Vorbild, welches im Fall der Schöpfung in der göttlichen Weisheit enthalten ist.

So ist das Ziel der Geschöpfe Gott selber, alle Wesen streben nach eigener Vollkommenheit. Diese Bewegung weist wie jede Bewegung einen Übergang von der Möglichkeit zur Wirklichkeit auf (Potenz-Akt-Prinzip). Die göttliche Gutheit als das Ziel aller Dinge.

2.3 Causa Secundae

Es gibt aber auch Gott untergeordnete Zweitursachen, welche nicht aus ihrer eigener Kraft, sondern in der Kraft Gottes an einer bestimmten Tätigkeit teilnehmen. Sie werden als causae secundae bezeichnet, ihr Sein und Wirken ist von Gott abhängig. Die Beziehung der beiden ist gekennzeichnet durch das Prinzip, nach dem Gott die Zweitursachen nach ihrer spezifischer Natur bewegt. So werden die vernunftlosen Geschöpfe von den Naturgesetzen bewegt, der vernunftbegabte Mensch hingegen eigenständig gemäß seinem Verstand und Willen (4).

Nach Thomas kann keine Kreatur als Instrument im Schöpfungsakt fungieren, da eine instrumentale Ursache nur zur kausalen Tätigkeit der Hauptursache beiträgt, in dem es die Hauptursache entsprechend disponiert. Da es in der Schöpfung selbst aber kein Subjekt gibt, welches disponiert werden müsste und sich die Realität allein aus der Kausalität Gottes herleitet, bleibt im Schöpfungsakt aus der Sicht der ersten Ursache kein Platz für instrumentale Ursachen. Gott braucht keine bestimmten Werkzeuge für bestimmte Tätigkeiten. Die geschaffenen Dinge bringen lediglich etwas Ähnliches hervor, das was sie bewirken können, ist die Ähnlichkeit ihrer selbst, welche wiederum in einem vorgegebenen Subjekt existiert. In der Natur setzt jede Tätigkeit die eigentliche Wirkung der ersten Ursache, das Sein schlechthin voraus.

Das Geschaffene kann lediglich das Sein im einzelnen verursachen, auf keinen Fall ein Seiendes schlechthin. Dazu Thomas: „Dieser Mensch kann nicht Ursache der menschlichen Natur überhaupt sein..., sondern er ist Ursache dafür, dass menschliche Natur in diesem von ihm gezeugten Menschen ist “ (S. th. I, q. 45, a. 5, ad 1). Daher , muss die menschliche Natur auf eine allgemeinere Ursache zurückgeführt werden, nämlich auf Gott. Er allein ist sein eigenes Sein und bringt Seiendes schlechthin hervor.

2.4 Trinität

„ Dann sprach Gott: LasstunsMenschen machen alsunserAbbild,unsähnlich [...].“ (Genesis 1, 26 ) Wir haben bis zu diesem Punkt die notwendige Existenz eines actus purus als Ursache für die Hervorbringung des Seins erörtert. Thomas sieht dabei das Sein Gottes als Gemeinschaft dreier göttlicher Personen (Vater - Sohn - Heiliger Geist). Thomas zitiert dabei Dionysius:„ die Gemeinsame der ganzen Göttlichkeit sind jedes Ursachliche“ ( S. th. I, q. 45, a. 6). Thomas weiters zur Rolle der Trinität in der Schöpfung:“ Da nun jedes Wirkende ein sich Ähnliches wirkt, kann der Grund der Tätigkeit betrachtet werden von der Wirkung der Tätigkeit her: es ist das Feuer, was Feuer erzeugt. Und darum kommt das Erschaffen Gott zu auf Grund Seines Seins, und das ist Seine Wesenheit, welche den drei Personen gemeinsam ist. Deswegen ist das Erschaffen nicht einer Person allein eigen, sondern der ganzen Dreifaltigkeit gemeinsam “ (S. th. I, q. 45, a. 6). Dabei wird Gott, der Vater, mit einem Künstler verglichen, der durch seinen Verstand und Willen seine Kunstwerke erschuf. Dazu Thomas:“ Gott ist Ursache der Dinge durch Seinen Verstand und Seinen Willen, wie der Künstler der Kunstwerke. Der Künstler ist nun tätig durch sein im Verstand empfangenes „Wort“ und durch die einem Ding zugewandte Liebe seines Willens. Darum hat Gott der Vater die Schöpfung gewirkt durch sein Wort, das ist der Sohn und durch seine Liebe, das ist der Heilige Geist, und in diesem Sinne sind die Hervorgänge der Personen Gründe der Hervorbringung der Dinge, insofern sie die Wesensmerkmale in sich beschließen, das Wissen und den Willen “ ( S. th. I, q. 45, a. 6).

Durch die Trias Geist- Erkenntnis- Liebe werden die Hervorgänge der göttlichen Personen erklärt: der Vater zeugt den Sohn, indem er sich in seinem Sohn erkennt und ausspricht; der Vater und der Sohn bringen den Geist in ihrer gegenseitigen Liebe hervor. Insofern der Sohn durch das Wort und der Geist durch die Liebe hervorgeht, gilt dies Prinzip auch für die Schöpfung: Gott, der Vater, hat die Schöpfung durch sein Wort gewirkt, welches der Sohn ist, und durch dessen Liebe, den Hl. Geist. Durch die innergöttlichen Hervorgänge der Personen kam es zur Hervorbringung der Geschöpfe.

Um die innertrinitarische Wesensähnlichkeit und den Wesensunterschied zu verdeutlichen, gilt es über die Hervorgänge in Gott zu sprechen. Thomas spricht hier von der geistigen Tätigkeit der Zeugung, durch die aus dem Vater, als dem lebendigen Prinzip, der ihm wesensgleiche Sohn hervorgeht. Dieser Hervorgang wird zugleich als Hervorgang des Wortes verstanden. Der Sohn als das vom Verstand ersonnene Wort. Die Hervorgangsweise des Heiligen Geistes geschieht durch die Liebe, einer Tätigkeit des Willens. Der Hervorgang der Liebe darf jedoch nicht Zeugung heißen, weil der Wille eine gewissen Hinneigung zur gewollten Wirklichkeit hat und dadurch zum Vollzug kommt: „Der Verstand kommt zum Vollzug dadurch, dass das verstandene Wirkliche seiner Ähnlichkeit nach im Verstande ist; der Wille aber kommt zum Vollzug nicht dadurch, dass eine Ähnlichkeit des Gewollten im Wollenden ist, sondern dadurch, dass der Wille eine gewisse Hinneigung hat zum gewollten Wirklichen “ ( S. th. I, q. 27, a. 4).

Thomas erklärt weiter: “ Sie [ Wesenheit und Beziehung ] unterscheidet sich nur gedanklich, insofern in der Beziehung der Hinweis auf das ihr Entgegenstehende mitgegeben ist, ein Hinweis, der nicht gegeben ist in der Bezeichnung Wesenheit. Es ist also klar, dass in Gott das Sein der Beziehung kein anderes ist als das der Wesenheit, sondern es ist ein und dasselbe“ ( S. th. I, q. 28, a. 2).

Nach Thomas können in Gott vier Beziehungen erfasst werden: Vaterschaft, Sohnschaft, aktive Hauchung und passive Hauchung. Von den vier Beziehungen machen nur drei Personen aus, da die aktive Atmung dem Vater und dem Sohn gemeinsamer Akt ist: „ In ihremesse infallen diese Beziehungen mit dem einen und einzigen göttlichen Wesen zusammen, währenddessen sie sich in ihremesse adwirklich unterscheiden und so die trinitarische Wirklichkeit begründen.“ (5)

2.4.1 Die Ordnungsfolge

Die drei göttlichen Personen sind ihrer Natur nach ineinander geordnet, die Ordnungsfolge, welche sich auf die Ordnungsfolge der göttlichen Natur bezieht, ist sowohl im Bestehen der Trinität als auch in ihrem Wirken spürbar: Der Sohn empfängt die göttliche Natur vom Vater, der hl. Geist empfängt sie von beiden. Der ursprungslose Ursprung, der keinen Ursprung kennt und allen Dingen ihren Ursprung gibt, ist der Vater. Er erkennt sich durch seinen Verstand und zeugt den Sohn. Vater und Sohn lieben einander und hauchen gemeinsam den Heiligen Geist.

Im Falle der Schöpfung wird das Schöpfersein dem Vater zugeschrieben, da dieser die Kraft nicht von einem anderen hat. Dazu Thomas: „ Dem Vater wird die Macht zugeeignet, und offenbart sich am meisten in der Schöpfung. Darum wird vom Vater ausgesagt, Er sie der Schöpfer. Dem Sohn aber wird die Weisheit zugeeignet; in der Weisheit wirkt der Wirkende durch den Verstand, durch den alles gemacht worden ist. Dem Heiligen Geist wird die Gutheit zugeschrieben, und ihr steht die Lenkung der Dinge zu, welche sie zu ihren festgeordneten Zielen hinleitet, sowie die Belebung, denn das Leben besteht in einer Art innerer Bewegung, und das erste Bewegende ist das Ziel und die Gutheit “ ( S. th. I, q. 45, a. 6).

Nach Thomas vermittelt Gott, der Ursprung der schöpferischen Kraft, diese dem Sohn weiter. Dadurch spielt der Sohn in der Schöpfung die Vermittlerrolle.

2.5 „ Creatio ex nihilo“

„ Ich bitte dich, mein Kind, schau dir den Himmel und die Erde an; sieh alles, was es da gibt, und erkenne: Gott hat das aus dem Nichts erschaffen, und so entstehen auch die Menschen“ ( 2. Makk. 7, 28 ) Nach Thomas ist das Ziel des Schöpfungsgedanken in der Summa Theologica die „creatio ex nihilo“: Schöpfung bedeutet etwas „aus dem Nichts hervorzubringen.“ Die Schöpfung als „Ausgang vom allumfassenden Ausgangsgrund der Dinge“.

Der absolute und unendliche Gott, der von der Endlichkeit zu unterscheiden ist, bedarf der endlichen Wirklichkeit nicht. Die Welt wiederum hängt als Gottes Geschöpf radikal von Ihm ab. Sie trägt nämlich nichts seinsmäßig von Gott Unabhängiges an sich. Nach Thomas bedeutet Schöpfung im eigentlichen Sinne den Ausgang des gesamten Seins aus dem Nichtsseienden, das „Nichts“ ist. Jedoch gibt es von Seiten der Logik durch den Grundsatz „ex nihilo nihil fit“ einen Einwand gegen die „ex nihilo „ Formel. Nach dem Kausalitätsprinzip kann Nichts aus Nichts entstehen. Gilt dieser philosophische Grundsatz für die Schöpfung , dann entsteht ein Widerspruch. In der Schöpfung ist der Begriff Nichts als reine Negativität zu deuten, die Existenz irgendeines Seienden ist ausgeschlossen. Thomas betont ausgehend von „Nichts ist aber kein Seiendes“ die Einzigartigkeit des Schöpfungsgeschehens, wo es um eine einzigartige Begründungsrelation geht, in der Gott neues Sein in seiner Totalität setzt. Thomas untersucht, ob das Kausalitätsprinzip überall in gleicher Weise anwendbar ist. Nach der uns bekannten Kausalrelation können eigentlich nur Veränderungen an schon bestehendem Seienden erklärt werden. Wenn Schöpfung als der Ausgang alles Seienden aus dem ersten Grund betrachtet wird, wäre es unmöglich, irgendein Seiendes vorauszusetzen. So geschieht die Schöpfung aus dem Nichtsseienden, welches das Nichts (nihil) schlechthin ist. Gott hat also den Grund und die Voraussetzung seines Schaffen allein in sich selbst. Somit ist das Prinzip der „creatio ex nihilo“ völlig frei vom Widerspruch des „ex nihilo nihil fit“, der gegen das Kausalitätsprinzip steht. Nach Thomas kommt Gott allein die Kausalität des Schöpfungsaktes zu, sein Schaffen ist charakterisiert durch völlig unabhängige, reine Produktivität. Als ausschließlich göttliche Aktualität.

Thomas behandelt in Bezug auf die Schöpfung auch deren Zeitlichkeit. Entsprechend dem christlichen Denken wird sie (bzw. die Souveränität Gottes über die Zeit hinweg) vorausgesetzt.

Der Beginn der Schöpfung (der zeitliche Anfang der Welt) kann von der Vernunft weder gefordert noch bewiesen werden, denn dass „ die Welt nicht immer war, wird allein im Glauben festgehalten und kann nicht streng bewiesen werden “ ( S. th. I, q. 46, a. 2). Dazu zwei Zitate: „ Der Grund dafür liegt darin, dass der Anfang der Welt keinen Beweis erhalten kann von Seiten der Welt selbst. Denn Grund des strengen Beweises ist das Was- sein. Ein jedes Ding aber sieht in seiner Artbestimmung vom Hier und Jetzt ab; darum heißt es, die allgemeinen Begriffe sind überall und immer. Darum kann es nicht bewiesen werden, dass der Mensch oder der Himmel oder der Stein nicht immer war “ ( S. th. I, q. 46, a. 2).

„Denn der Wille Gottes kann mit der [natürlichen] Vernunft nicht erforscht werden, es sei denn über das, was Gott schlechthin notwendig will “ ( S. th. I, q. 46, a. 2). Das Schöpfungsverständnis von Thomas von Aquin besagt, dass Gott beim Schöpfungsakt zwar nicht die Wirklichkeit, aber die Möglichkeit der Welt vorgegeben war: „ Ehvor die Welt wäre, war es möglich, dass die Welt wäre, nicht zwar gemäß der aufnahmefähigen Anlage, welche der Stoff ist, sondern entsprechend der schöpferischen Macht Gottes “ (S. th. Q. 46, a. 1). Diese Erwägungen dürften rein philosophisch zu denken geben, dass der zeitliche Anfang der Schöpfung von der Vernunft her nicht notwendig gefordert werden müsse und dass eine ewige Schöpfung nicht als denkwidrig erwiesen werden könne. Nach Thomas tun die göttliche Offenbarung und der menschliche Glaube den zeitlichen Anfang der Welt kund, eine „logische Beweisführung ist ausgeschlossen: “ Es kann aber der göttliche Wille dem Menschen kund werden durch die Offenbarung, worauf sich der Glaube stützt. Darum ist es glaubbar, dass die Welt begonnen hat, nicht aber beweisbar oder wißbar “ ( S. th. I, q. 46, a. 2).

Nach Genesis 1,1 müssen auch Zeit und Raum als Geschöpfe verstanden werden. So wurde die Schöpfung von Gott nicht in die ewig existierende Zeit gesetzt, er hat die Zeit selbst erschaffen. Gott erschuf des weiteren auch die Materie aus dem Nichts und setzt unmittelbar mit der Materie die Dimension von Raum und Zeit: „ Einige haben nämlich angenommen, die Welt sei immer gewesen und die Zeit habe keinen Anfang. Um das auszuschließen, lautet die Erklärung: Im Anfang, nämlich die Zeit “ ( S. th. I, q. 46, a. 3). Thomas über die Existenz des Raumes: „ Der Raum soll nicht als leer verstanden werden, als ein Raum, welcher einen Körper aufnehmen kann und worin kein Körper ist. Wir aber sagen, es sei kein Ort oder Raum dagewesen vor der Welt “ (S. th. I, q. 46, a. 1).

2.6 Zusammenfassung

In der Summa Theologica ist die Rede von einem transzendeten Gott, der von seiner immanenten Schöpfung dem Wesen nach unterschiedlich und transzendent ist, und nach seinem Willen das Geschöpf entstehen lässt. Die Welt erschafft er aus Freiheit und Liebe, mit göttlicher Selbstmitteilung.

Auch spricht Thomas von Aquin von der Ähnlichkeit der Geschöpfe mit dem Schöpfergott. Diese ist aber nicht der Natur oder der Art nach, sondern aufgrund der Vergegenwärtigung des von Gott verstandenen Wesensbildes. Die Geschöpfe vergegenwärtigen das Wesensbild sichtbar, während in der Weisheit Gottes alle Geschöpfe als Wesensbilder enthalten sind. Gott ist in seinem Geschöpf als Vergegenwärtigung immanent. Der Kosmos als Symbol enthüllt und verbirgt Gott zugleich.

Wichtig ist auch die Betonung des Unterschieds zwischen Schöpfer und Schöpfung, die Auseinanderhaltung von transzendenten und immanenten Charakteristika. Gott ruft das Seiende aus Nichts ins Dasein, d. h. die Geschöpfe sind wesentlich vom Schöpfer unterschieden. Der Schöpfer ist der Schöpfung immer transzendent und seine Immanenz in der Schöpfung ist in der Zielursache und Vergegenwärtigung des Wesensbildes zu sehen. So ist Gott den Geschöpfen insofern immanent, als dass er ihnen durch die Gabe des Seins und als Ziel und Ursache innewohnt. Diese Zielursache bestimmt die Einheit der Geschöpfe mit ihrem Schöpfer, die Bewegung der Geschöpfe bringen sie näher zu ihrem Ziel.

Im Thomistischen Denken ist die Welt nicht von göttlichem Wesen und auch kein Ausflu seines ewigen Seins, sondern sie ist das konkrete Ergebnis seiner Willensentscheidung. Die Geschichte der Schöpfung als die Wirkungsgeschichte des göttlichen Geistes. Durch seinen Willen wirkt Gott in allen Geschöpfen und durch die Zielsetzung begleitet er sie. In der Beziehung Gottes zu den Geschöpfen wird von der Identität der Schöpfung mit dem Schöpfer durch die Teilhabe gesprochen. Gott schenkt all seinen Geschöpfen die Gabe des Seins durch die Teilhabe an seinem eigenen Sein: „ Gott ist freilich im Seienden nicht wie ein Teil des Wesens..., sondern so wie der Wirkende in demjenigen anwesend ist, in welche er wirkt“. (6). „ Weil das Sein des Geschaffenen an Gottes Gegenwart in ihm hängt, ist das Geschaffene, indem es - als Seiendes! - Gott repräsentiert. Die Repräsentation Gottes ist demnach kein vorübergehendes Merkmal der Dinge, sondern Grundzug ihres Seins. [Thomas] bedenkt das Sein des Seienden als Repräsentation Gottes “ (7). So ist das Seiende Gleichnis der göttlichen Güte.

Aber wie zuvor schon angesprochen impliziert Teilhabe auch Differenz: „ Seiendes ist das, woran es teilhat, nicht nach allen Hinsichten, sondern in eingeschränkter Weise. Das Seiende hat am Sein teil, indem es dieses ist, freilich nicht totalitär, sondern partialitär. Seiendes hat teil, indem es die Totalität des Seins teilweise ist..., Seiendes ist als es selbst gegenwärtig und repräsentiert darin die Fülle des Ganzen- auf jeweils seine Weise. Es repräsentiert sie, weil das Ganze im Seienden teilweise zur Gegenwart kommt “. (8)

Aber die geschaffenen Dinge Gottes könnten auch als Bild Gottes betrachtet werden. Das Bild symbolisiert Gott in gewisser Weise. Es wäre möglich, dass wir die Schöpfung als Symbol bezeichnen. In der Summa Theologica heißt es, dass die Dinge weder an sich etwas sind noch dass sie nichts sind. Sie sind Symbole des absoluten in einer ganzheitlichen und eigenartigen Weise. Die Dinge Gottes als Symbole (Bilder, Nachahmungen), als etwas, die Gott ähnlich sind. Als Symbole sind Dinge nicht verschieden vom bezeichneten Ding. Die Seienden sind Gottes Symbole, aber keines davon ist eine vollkommene Reflexion des Höchsten. Das Symbol symbolisiert das Höchste, wenn , man das Symbol sieht, sieht man das Symbolisierte. Alle Geschöpfe sind somit in der Weisheit Gottes konzipiert, in Gott ist das Vorbild aller Dinge. Die Geschöpfe symbolisieren dieses Vorbild, indem sie es vergegenwärtigen. In diesem Sinne kann man in den Dingen Nachahmungen vom Vorbild Gottes sehen.

In den trinitarischen Vorgängen kommt Thomas über den Hervorgang des Sohnes als Erzeugung zum Sprechen. Er ist dem zeugenden Gott wesensgleich. Dem Wesen nach sind Vater, Sohn und Hl. Geist ein und dasselbe. In der Hierarchie des Seienden ist die Trinität da selbst- subsistierende Sein, das in sich selbst die ganze Perfektion des Seins enthält. Ihrer Beziehung nach sind Vater, Sohn und Hl. Geist unterschieden. Spuren in der Schöpfung stellen die Trinität als eine Vergegenwärtigung in Bild und in der Form dar. Die Summa Theologica spricht des weiteren auch von der Zeit als eine geschaffene Wirklichkeit, so wie der Raum. So setzte Gott die Schöpfung in die durch ihn erst geschaffene Zeit, und nicht in eine ewig existierende Zeit. Die zeitliche Existenz der Geschöpfe muss letztendlich im Glauben festgehalten werden, sie ist nicht beweisbar.

3. Schlussteil

Die Frage nach dem Grund des Daseins des Menschen und der erfahrbaren Welt ist in der Glaubens- und Entwicklungsgeschichte vieler Völker von grundlegender Bedeutung für die jeweilige Weltanschauung. Dies verbunden mit der daraus resultierenden Beziehung zu Mitmenschen im Speziellen und der Welt im Allgemeinen bestimmt(e) das alltägliche Leben der verschiedenen Epochen und Facetten der Menschheitsgeschichte.

In Anbetracht der Vielfalt der Religionen und daraus resultierenden Vielfalt der Schöpfungsglauben wurde in dieser Arbeit versucht, ein Beispiel herauszufiltern und in der Folge ein umrissartiges Bild der im Mittealter entstandenen, und explizit im Werk „Summa Theologica“ niedergeschriebenen, Lehre des Theologen Thomas von Aquin zum Thema „Schöpfung und Schöpfungsgott“ zu zeichnen. Er hat, in seiner Eigenschaft als Entwerfer der ersten wirklichen eigenständigen Philosophie im Raum des abendländischen Christentums, in seinem Werk eine Schöpfungslehre festgehalten, welche es dem Leser ermöglichen sollte, in einem stattfindenden Erkenntnisprozess einen gewissen Zugang zu diesem grundlegenden Thema der Menschheit zu finden. Dies jedoch nicht unwissend, dass es durch die verschiedensten Traditionen, Glaubenslehren (auch Wissenschaften ?) und Religionen wie bereits erwähnt eine allzu große Anzahl von Anschauungen in dieser Frage gibt. Diese alle von vorne herein durch willkürliche Auswahl auszuschließen dient aber sicherlich nicht dazu, der wahren Dimension eines solchen philosophischen Komplexes gerecht zu werden. Ist doch schon allein das bloße Vorhandensein der verschiedenen Religionsüberlieferungen der Menschheit Grund und auch Ansporn genug, das eine Licht zu suchen, aus welchem die verschiedenen Färbungen hervorgegangen sind.

Quellenverzeichni

„Summa Theologica“, von Thomas von Aquin - Übersetzung Dominikaner und Benediktiner Deutschlands und Österreichs, Salzburg 1936

„Schöpfung und Schöpfergott bei Thomas von Aquin (S. th . I, q. 44-46) und in den Samhitas (Puruschasukta - Rg. X. 90)“ von Antony Jose Payyapilly, Innsbruck 2000

Biographisch- Bibliographisches Kirchenlexikon: www.bautz.de/bbkl

http://home.t-online.de/home/099191080-0002/mgm/thomas_von_aquin.htm

Leo J. Elders, Die Metapysik des Thomas von Aquin I. Teil, Salzburg 1985

Georg Kraus, Welt und Mensch, Frankfurt am Main 1997

Bruno Forte, Trinität als Geschichte- Der lebendige Gott- Gott der Lebenden, Mainz 1989

Günter Pöltner, Thomas von Aquin über Sein als Geschaffensein. In:

Variationen zur Schöpfung der Welt, Hg. Eva Schmetterer, Roland Faber und Nicole Mantler, Innsbruck 1995

Fußnoten

1. Leo J. Elders, Die Metapysik des Thomas von Aquin I. Teil, Salzburg 1985, S. 154

2. Leo J. Elders, Die Metapysik des Thomas von Aquin , S.155-156

3. Leo J. Elders, Die Metapysik des Thomas von Aquin, S. 285

4. Georg Kraus, Welt und Mensch, Frankfurt am Main 1997, S. 230f

5. Bruno Forte, Trinität als Geschichte- Der lebendige Gott- Gott der Lebenden, Mainz 1989, S. 73

6. Günter Pöltner, Thomas von Aquin über Sein als Geschaffensein. In: Variationen zur Schöpfung der Welt, Hg. Eva Schmetterer, Roland Faber und Nicole Mantler, Innsbruck 1995, S. 44- 45

7. Günter Pöltner, Thomas von Aquin über Sein als Geschaffensein, S. 45

8. Günter Pöltner, Thomas von Aquin über Sein als Geschaffensein, S. 53- 54

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Schöpfung und Schöpfungsgott bei Thomas von Aquin
Hochschule
Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
27
Katalognummer
V106472
ISBN (eBook)
9783640047512
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schöpfung, Schöpfungsgott, Thomas, Aquin
Arbeit zitieren
Gabriel Auer (Autor:in), 2002, Schöpfung und Schöpfungsgott bei Thomas von Aquin, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/106472

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