Elsa Andersson. Die erste Pilotin in Schweden


Fachbuch, 2010

75 Seiten


Leseprobe


Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Elsa Andersson (1897—1922)

Foto: Reproduktion einer alten Aufnahme

Die erste Pilotin und die erste Fallschirmspringerin Schwedens war Elsa Andersson (1897—1922). Im Volksmund hat man diese aus Schonen (Skana) stammende Fliegerin und Fallschirmspringerin als „Die verwegene Schonin“ (schwedisch: „Den käcka Skanskan“) bezeichnet. Sie kam in jungen Jahren bei einem Auftritt als Fallschirmspringerin in ihrem Heimatland auf tragische Weise ums Leben.

Elsa Andersson wurde 1897 als ältestes von sechs Kindern auf dem Bauernhof Petersgard bei Vegeholm auf Schonen geboren. Ihre Familie zog später in das nicht weit davon entfernte Dorf Strövelstorp unweit von Ängelholm auf Schonen. Strövelstorp wird in der Literatur oft irrtümlich als ihr Geburtsort bezeichnet. Der Bauernhof Petersgard bei Vegeholm, in dem Elsa tatsächlich zur Welt kam, hieß später Sandakra und wurde 1926 abgerissen.

Elsa war die Tochter des Bauern Edvard Andersson und dessen Ehefrau Alma Svensson. Ihr Vater betätigte sich auch als Schöffe, Treuhänder, Auktionator und Jäger. Ihre Mutter starb früh bei der Geburt von Elsas jüngerer Schwester Stina. Dieser Schicksalsschlag traf die kleine Elsa 1903 im Alter von sechs Jahren. Stina war als Erwachsene eine beliebte Kranken­schwester. Ihr Bruder Sture wanderte als Erwachsener in die USA aus.

Im Kindesalter konnte Elsa gut zeichnen und malen. Außer­dem liebte sie die Musik. 1913 erlebte sie als Teenager eine Luftschau des schwedischen Flugpioniers und Flugzeugkon­strukteurs Enoch Thulin (1881—1919), wobei ihr Interesse für die Fliegerei erwachte. Ein anderes Mal sah sie eine Luftschau in Ljungbyhed. Die bei diesen Veranstaltungen fliegenden Maschinen waren kleine und klapprige Konstruktionen aus

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Flugpionier und Flugzeugkonstrukteur Enoch Thulin (1881—1919)
Foto: Reproduktion einer alten Aufnahme

Holz, Leinwand und Klavierdraht und hatten nur eine Motor­leistung von 20 bis 25 PS.

Ab 3. Juli 1919 besuchte Elsa Andersson die seit 1915 bestehende Flugschule von Enoch Thulin in Ljungbyhed. Thulin hatte vor dem Ersten Weltkrieg (1914—1918) mehrere vielbeachtete Langstreckenflüge — zum Beispiel von Paris nach Landskrona — unternommen. In Landskrona gründete er eine Flugzeugfabrik, in der verschiedene Flugzeugtypen konstruiert wurden, und plante die Herstellung von Autos und Motor­rädern. Doch er konnte seine Pläne nicht mehr verwirklichen, weil er am 14. Mai 1919 bei einem Flugzeugabsturz in Lands­krona im Alter von nur 38 Jahren ums Leben kam.

Eine Pilotenausbildung war damals ein teures Vergnügen, das sich in der Regel nur Flugschüler aus reichen Familien leisten konnten. Jeder Flugschüler musste insgesamt 4.000 schwe­dische Kronen aufbringen, wovon eine Hälfte auf den Studienbeitrag entfiel und die andere Hälfte für eine eventuelle Instandsetzung des Flugzeugs hinterlegt werden musste. Diese Kosten hat angeblich der Vater von Elsa Andersson über­nommen.

Am 30. Mai 1920 erhielt Elsa Andersson ihren Pilotenschein ( Lizenz Nr. 203). Damit war sie die erste schwedische Pilotin und mit der Nummer 101 die letzte Frau, die Thulins Flugschule besuchte. Ruth Bergman, die vor Elsa bei Thulin in die Lehre gegangen war, hatte ihre Ausbildung nicht abgeschlossen.

Im August 1920 erschien in der Publikation „Flying“ ein Pressebericht, in dem Elsa Andersson über ihre Ausbildung zur Pilotin erzählte. Ein weiterer Pressebericht im Sommer 1920 schilderte einen Flug von Elsa mit einem Journalisten als Passagier von Ljungbyhed nach Göteburg. Ihr Passagier fühlte sich dabei krank, litt unter dem Motorenlärm und wunderte sich darüber, dass die Pilotin offenbar keine Nerven hatte. 1920 entstand auch eine Zeichnung mit dem Porträt von Elsa Andersson, die ihre Freundin, die in Vegeholm aufgewachsene Malerin und Modeschöpferin Astrid Dahl, angefertigt hat.

Nach dem Erhalt des Pilotenscheins wollte sich die unab­hängige, mutige und unkonventionelle Elsa Andersson in Schweden zur Fallschirmspringerin ausbilden lassen. Doch dazu kam es nicht, weil sich der einzige auf diesem Gebiet tätige schwedische Experte, der Fallschirmspringer Raoul Thörnblad (1891—1956), weigerte, eine Frau zu unterrichten. Elsa ließ sich dadurch nicht entmutigen, reiste nach Deutsch­land, besuchte dort die Fallschirmspringerschule des Luft­schiffbau-Ingenieurs Otto Heinecke in Berlin und erhielt theo­retischen Unterricht. Ihre praktische Ausbildung erhielt sie von der holländischen Fallschirmspringerin Lisa Bamberg. Am 28. September 1921 nahm Elsa glücklich ihr Zertifikat über die im Elsass zugelassene Fallschirm-Ausbildung entgegen.

Elsa Anderssons erster Fallschirmsprung in Schweden erfolgte bereits am Sonntag, 2. Oktober 1921, bei einem Flugtag auf dem Truppenübungsplatz Boden Nasby in Kristianstad. Bei herrlichem Herbstwetter sprang sie vor Tausenden von Zuschauern/innen aus rund 700 Meter Höhe ab und landete feucht, aber völlig unversehrt am Meeresstrand. Damit war sie auch die erste schwedische Fallschirmspringerin.

Eine Woche später wagte Elsa Andersson am Sonntag, 9. Oktober 1921, einen zweiten Absprung bei einem Flugtag in Helsingborg, bei dem sie sich einen Fuß verstauchte. Vorher hatten sich ein deutscher und ein schwedischer Pilot geringschätzig über ihren Fallschirm geäußert, den sie abfällig – nach seinem Erfinder Otto Heinecke – als „HeineckeTasche“ bezeichneten. Der Deutsche wollte diesen Fallschirm nicht für eine Millon benutzen, der Schwede nur in Todesgefahr.

[...]

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Details

Titel
Elsa Andersson. Die erste Pilotin in Schweden
Autor
Jahr
2010
Seiten
75
Katalognummer
V146823
ISBN (eBook)
9783640574544
ISBN (Buch)
9783656892038
Dateigröße
4679 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Elsa Andersson, Ernst Probst, Fliegerin, Pilotin, Fliegerinnen, Pilotinnen, Fallschirmspringerin, Fallschirmspringerinnen, Fliegerei, Luftfahrt, Frauenbiografien, Biografien, Kurzbiografien
Arbeit zitieren
Ernst Probst (Autor:in), 2010, Elsa Andersson. Die erste Pilotin in Schweden, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146823

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