Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Haupttext
Vorrede zur Analytik der Begriffe
Die reinen Verstandesbegriffe
Metaphysische Deduktion der Kategorien
Literaturverzeichnis
Einleitung
Auch wenn Kant seine Heimatstadt Königsberg beinahe nie verlassen hat, haben sich seine Erkenntnisse auf der ganzen Welt verbreitet. Aus einfachen Verhältnissen kam er als viertes Kind zur Welt und musste sich auch seine zahlreichen Studien, darunter Mathematik, Philosophie, Naturwissenschaften und Theologie selbst finanzieren. Sehr spät bekam er nach seinen Tätigkeiten als Hauslehrer, seine Professur für Logik und Metaphysik in Königsberg. Während dieser Zeit war er bei seinen Studenten für seine Kompetenz geschätzt und gesellschaftlich hoch angesehen. Er galt als der elegante Magister. So verbrachte er die erste Hälfte des Tages mit den Studien zur Metaphysik und den Nachmittag mit gesellschaftlichem Umgang. Und erst im Alter von beinahe 60 Jahren, nachdem er über zehn Jahre nichts Bemerkenswertes mehr veröffentlicht hatte, erschien sein bedeutendstes Werk: Die Kritik der reinen Vernunft.[1]
Die nachfolgende Arbeit soll sich vor allem mit der transzendentalen Analytik aus seinem Hauptwerk auseinandersetzen, in der Kant zu beweißen versucht, dass der reine Verstand nicht leer ist. Der erste von insgesamt zwei Hauptschritten ist die metaphysische Deduktion, in der das Verzeichnis der zwölf reinen Verstandesbegriffe aufgestellt wird. Während der zweite Hauptschritt, die transzendentale Deduktion aufweißt, wie wir durch die Kategorien zu objektiver Erkenntnis gelangen.[2] Diesen Schritten vorausgehend sind die Ausführungen, die nachweisen sollen, dass man im Denken an einen Punkt gelangt, der frei von allen Erfahrungen, Inhalt besitzt und Erkenntnis mitbedingt. Die Beweisschritte zu diesem inhaltsfreien Punkt nachzuvollziehen, ist die Aufgabe dieser Arbeit.
Vorrede zur „Analytik der Begriffe“
Das Ziel des ersten Hauptschrittes in der Analytik der Begriffe ist der Nachweis der Existenz von reinen Verstandesbegriffen, auch Kategorien genannt und deren genaue Auflistung. Diese Beweisschritte unterstehen dem von Kant im späteren Verlauf des Werkes selbst gewählten Titel „metaphysische Deduktion“. Dabei führt er zunächst aus, wie Kategorien funktionieren und danach wie man von der Urteilstafel zu der Kategorientafel gelangt.
Kant beginnt in seinen Ausführungen mit der Erklärung, den Titel „Analytik der Begriffe“ nicht falsch zu verstehen. Er legt nicht Wert darauf den Inhalt von Begriffen möglichst genau abzustecken, sondern er will die „Zergliederung des Verstandesvermögens selbst, um die Möglichkeit der Begriffe a priori […] erforschen“[3]. Hier lässt sich seine Intention erkennen. Es geht ihm also um Begriffe, die unabhängig von jeglicher Erfahrung in unserem Denken aufgefunden werden können und darüber hinaus auch noch essentiell für die Möglichkeit von Erkenntnis sind. Außerdem betont er, wie schwierig es ist diese Begriffe möglichst objektiv aufzulisten. Jedoch ist es gerade der Vorteil der Transzendentalphilosophie, einen Zusammenhang unter diesen Begriffen erkennen zu können, mit dem man „jedem reinen Verstandesbegriff seine Stelle und allen insgesamt ihre Vollständigkeit a priori“[4] bestimmen kann“.
Die reinen Verstandesbegriffe (Kategorien)
Im nächsten Abschnitt mit dem Titel „Von dem logischen Verstandesgebrauche überhaupt“, erklärt Kant das Wesen der Kategorien genauer. In dem vorhergehenden Verlauf der Arbeit hat Kant bereits aufgezeigt, dass Erkenntnis nur durch das Zusammenwirken von Anschauung und Denken zustande kommen kann. Deshalb betont er auch wieder in diesem Abschnitt, wie wichtig diese Erkenntnis ist. Ohne dieses Zusammenwirken könnte die Mannigfaltigkeit an Empfindungen gar nicht verarbeitet werden.[5] Sinnliche Anschauung beruht auf Affektionen, die Erkenntnis des Verstandes auf Funktionen. Affektion ist der Vorgang, in dem uns bestimmte Gegenstände vermittelst unserer sinnlichen Wahrnehmung erscheinen. Dagegen sind die Funktionen nach der Definition von Kant „die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen.“[6] Vereinfacht formuliert bedeutet es, dass eine Funktion den Ablauf beschreibt verschiedene Eindrücke unter einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Man könnte sagen, Funktionen produzieren einen (Allgemein-) Begriff, der uns z.b.: eine Meute von Hunden unter den Begriff ‚Hund’ bringen lässt.[7] Diese Fähigkeit gründet in der Spontaneität des Verstandes. Das ist das Vermögen, unabhängig von Erfahrung, Regeln zu erschaffen, um die uns erscheinenden Gegenstände zu kategorisieren und Erkenntnis erst möglich zu machen.
Während die Anschauung eine unmittelbare Vorstellung von den Gegenständen hat, kann der Verstand nur mittelbare Erkenntnis besitzen und zwar wie folgt: Zuerst liegen uns die verschiedensten Empfindungen, die unsere Augen uns geben vor. Und auf dieser Grundlage bildet der Verstand Urteile mit Begriffen. Ein Urteil bedeutet in diesem Fall nicht eine von der individuellen Psyche abhängige Feststellung (von Person zu Person verschieden), sonder Urteil soll als die epistemische Grundleistung verstanden werden, mehrere Eindrücke zu einer Einheit zusammenfassen zu können.[8] Durch dieses Zusammenwirken erhält man im Urteil die mittelbare Erkenntnis, oder die „Vorstellung einer Vorstellung“[9] von den Dingen. Wieder muss man sich klarmachen: Nur durch das Zusammenwirken von Anschauung und Denken ist Erkenntnis möglich. Denn erst in diesem Prozess wird die Anschauung durch die Begriffe geordnet und es wird eine objektive Vorstellung und nicht nur eine subjektive, da die reinen Verstandesbegriffe a priori jedem Menschen eingeschrieben sind, von den Dingen erzeugt. Dadurch wird gewährleistet, dass das Zusammenleben nicht daran scheitert keinen gemeinsamen Nenner finden zu können. Denn ohne diese reinen Begriffe, von denen jeder Mensch die gleichen besitzt, könnten sich die Menschen ihrer Umwelt nicht auf der gleichen Ebene mitteilen. Und diese reinsten Begriffe, die nicht weiter zurückzuführen sind und auch nicht mehr untereinander zusammenhängen, nennt Kant wie auch vor ihm Aristoteles, die Kategorien.
Einzelne Kategorien übernimmt Kant von Aristoteles, doch er kritisiert an seinem Vorgänger, dass er die Kategorien ohne ein durchgehendes Prinzip aufgestellt hat. So waren es ursprünglich nur zehn: Substanz, Quantität, Qualität, Relation, Wo, Wann Lage, Haben, Wirken und Leiden.[10] Z.b.: stellt die letzte aristotelische Kategorie nach Kant einen Begriff aus der Erfahrung dar und kann damit kein Begriff a priori sein.[11] Die Kritik die Kant’s Nachfolger wiederum an seiner Aufstellung geübt haben, soll hier nicht beachtet werden.
Im nächsten Beweisschritt macht Kant an Beispielen deutlich, wie die Allgemeinbegriffe, mehrere Begriffe unter sich versammeln können. Die Urteile: „Alle Körper sind teilbar“[12] und „ein jedes Metall ist ein Körper“[13] sind Subjekt-Prädikat-Sätze der Form „S ist P“.[14] In einem solchen Urteil wird durch die Kopula „ist“ ein Verhältnis hergestellt zwischen zwei Vorstellungen. Es wird eine objektive Einheit geschaffen durch die Kategorie von Substanz und seiner Akzidens.[15] Im ersten Beispiel umfasst der höhere Begriff des ‚Teilbaren’ verschiedene Begriffe unter sich, unter denen im obigen Beispiel im Besonderen der Begriff des ‚Körpers’ gemeint ist. Wiederum beschreibt der Begriff ‚Körper’ auch Dinge, die uns sinnlich erscheinen können. Der Begriff des ‚Teilbaren’ ist also derjenige Begriff, der uns einen mittelbaren Zugang zu denjenigen Gegenständen gewährt, die sich unter ihm ordnen lassen.
Das Prädikat in einem Urteil kann sich auch auf andere Subjekte beziehen. Daher nennt Kant die Allgemeinbegriffe „Prädikate möglicher Urteile“[16]. Indem uns also in der sinnlichen Wahrnehmung ein Gegenstand ‚anspricht’ wird die Anschauung einem Begriff als Prädikat möglicher Urteile untergeordnet und dadurch erkannt. Hierbei wird also ein Zusammenhang („Einheit“) hergestellt. Unter anderem dadurch, dass uns das durch die Anschauung Gegebene mit anderen Vorstellungen, die unter denselben Begriff fallen verglichen wird und eine spezielle Vorstellung unter einen allgemeinen Begriff gebracht wird.[17] „Alle Urteile sind demnach Funktionen der Einheit unter unseren Vorstellungen, da nämlich statt einer unmittelbaren Vorstellung eine höhere, die diese und mehrere unter sich begreift, zur Erkenntnis des Gegenstandes gebraucht, und viel mögliche Erkenntnis dadurch in einer zusammengezogen werden.“[18] So reduziert Kant die Arbeitsbereiche des Verstandes darauf, dass er das Vermögen ist zu urteilen.
Die Funktion der Kategorien lässt sich sehr anschaulich mit einem Bild auf den Punkt bringen: Beim Anblick mehrerer Hüte und deren Zahl entsprechend viele Köpfe geht der Überlegung voraus, welche Hüte auf welche Köpfe passen, die Erkenntnis, dass überhaupt ein Hut auf einen Kopf passen kann. Wird diese Bild auf die Kategorien angewandt bedeutet das, dass bevor man Vorstellungen richtig unter Begriffe ordnen kann, man überhaupt wissen muss, dass Oberbegriffe Unterbergriffe umfassen können.[19] In diesem Beispiel ist die Kategorie das Gegenstand-Eigenschaftsverhältnis (=Substanz-Akzidensrelation). Das Erkennen durch Anwendung einer Kategorie geht also dem Urteilen voraus. Die Kategorie lässt uns erkennen, ob ein Gegenstand unter einen Begriff untergeordnet werden kann. Dieses Verhältnis stellt eine von insgesamt zwölf Kategorien dar, die nicht aus der Erfahrung gewonnen werden, sondern einem jeden Menschen a priori eingeschrieben sind.
[...]
[1] Biographische Daten entnommen aus Höffe 2000, 19-37.
[2] Ebd, 88f..
[3] Kant, 1998, 143.
[4] Ebd, 144.
[5] Vgl. Höffe 2000, 85.
[6] Kant, 1998, 145.
[7] Vgl. Gölz 2008, 41.
[8] Vgl. Höffe 2011, 123.
[9] Kant, 1998, 146.
[10] Aristotles. 1998, 11.
[11] Vgl. Höffe 2000, 86f.
[12] Kant, 1998, 146.
[13] Ebd.
[14] Vgl. Höffe 2011, 123.
[15] Ebd
[16] Kant 1998, 143.
[17] Vgl. Gölz 2008, 42.
[18] Kant, 1998, 143.
[19] Vgl. Gölz 2008, 43.