Basel II - Erwartungen und Auswirkungen bezüglich der finanzwirtschaftlichen Situation mittelständischer Unternehmen


Diplomarbeit, 2002

44 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Grundlagen
2.1 Der Mittelstand
2.1.1 Definitorische Abgrenzung
2.1.2 Die aktuelle Finanzierungssituation der KMU
2.2 Der Baseler Eigenkapitalakkord
2.2.1 Die Bank für internationalen Zahlungsaugleich
2.2.2 Das Baseler Konsultationspapier von 1988 - Basel I
2.2.3 Das Baseler Konsultationspapier von 1999 (2001) – Basel II

3 Rating mittelständischer Unternehmen
3.1 Der Begriff Rating, Ratingsymbole und –definitionen
3.2 Träger des Mittelstandsratings
3.3 Das Verfahren – von der Information zur Kreditentscheidung
3.4 Die Vorbereitung auf das Rating – geforderte Informationsstandards
3.5 Empfehlungen für die KMU

4 Konsequenzen für die Kreditpolitik der Banken und die Finanzierungs- situation der KMU
4.1 Wirkung von Basel II auf das Kreditvergabeverhalten und die Konditionengestaltung der Banken
4.2 Konsequenzen für die Bank – Kunde Beziehung
4.3 Finanzierungsalternativen für mittelständische Unternehmen

5 Schlussbetrachtung

Anhang

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Das traditionelle Bankgeschäft befindet sich derzeit in einem tief greifenden Umwandlungsprozess. Eine zunehmende Globalisierung der Märkte, erhöhte Ausfallrisiken von Kreditengagements und ansteigende Insolvenzzahlen[1] begründen die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Stabilisierung des Finanzsektors zu ergreifen. Diese Veränderungen auf globaler Ebene nehmen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftspolitik der Kreditinstitute in Deutschland. Gleichermaßen sind neben den bankinternen Auswirkungen auch Konsequenzen für fremdfinanzierende Unternehmen zu erwarten.

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat den Entwurf eines Konsultationspapiers (Basel II) verabschiedet, dass für Banken zukünftig eine Eigenkapitalhinterlegung vorsieht, die sich an der Bonität bzw. dem Rating des Schuldners orientiert. Dementsprechend werden sich die Kreditkonditionen gestalten, das heißt, es wird eine deutlichere Bandbreite von Kreditpreisen und eine stärkere Selektion bei der Kreditvergabe erwartet[2]. Profitieren werden davon Unternehmen mit guter Bonität, während sich Unternehmen mit unterdurchschnittlicher Bonität auf ungünstige Konditionen, das heißt hohe Fremdkapitalzinsen bei der Aufnahme eines Kredits, einstellen müssen. Instrument der Kreditrisikosteuerung und damit der Konditionengestaltung der Banken ist das Rating, das ein Urteil über die Fähigkeit des Kreditnehmers abgeben soll, in welchem Maße er seiner Verpflichtung nachkommen kann, Zins und Tilgung des Kreditengagements rechtzeitig und in vollem Umfang zu erfüllen.[3]

Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen der zwingenden Eigenkapitalhinterlegung der Banken und den Fremdkapitalzinsen für Unternehmen sind aufgrund dieser Veränderung gravierende Auswirkungen auf die sehr traditionell ausgeprägte Kreditfinanzierung des Mittelstands zu erwarten. Die Finanzstruktur des Mittelstands ist durch eine dürftige Eigenmittelausstattung geprägt, was eine hohe Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern bedeutet, um die laufenden Geschäftsvorfälle finanzieren zu können. Hauptfinanzierungspartner sind dabei die Hausbanken der Unternehmen.[4] Ab dem Jahr 2006 (Inkrafttreten von Basel II)[5] werden mittelständische Unternehmen ohne ein Rating nur noch unter beträchtlichen Schwierigkeiten Kapital aufnehmen können. Ein bankinternes oder externes Rating wird somit Indikator günstiger Finanzierungsmöglichkeiten. Schon jetzt unterziehen Kreditinstitute die unternehmensinternen Finanzdaten einer tieferen Analyse, um sich einen Überblick über das Kreditausfallrisiko zu verschaffen.

Die Informationslage über die erwarteten Veränderungen von Basel II und dem damit verbundenen Rating gestaltet sich zum jetzigen Zeitpunkt im Mittelstand noch sehr dürftig. So glauben laut einer Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC) nur 37% der befragten Unternehmen gut bis sehr gut auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereitet zu sein, 50 % mittelmäßig bis unzureichend und 8% der Befragten fehlte eine Vorbereitung gänzlich.[6]

Dieser Fakt birgt erhebliches Risikopotential für die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). Unbedingte Aufgabe des Finanzmanagement ist deshalb eine intensive Auseinandersetzung mit der finanzwirtschaftlichen Lage des Unternehmens, um die Chancen und Risiken der zukünftigen Veränderungen zu erkennen und zu steuern. Bei der Vorbereitung müssen sich die Unternehmen selbstkritische Fragen stellen, die als Anlass zur Verbesserung der Unternehmensführung gesehen werden können. Die Chancen, neues Kapital und bessere Konditionen von den Kreditinstituten zu bekommen, steigen mit der Fähigkeit, die Entwicklung, Vorhaben und Zukunftsperspektiven des Unternehmens transparent, nachvollziehbar und schlüssig präsentieren zu können. Je nach Qualität des Ratings eröffnen sich neue Möglichkeiten. Durch ein gutes Rating können Fremdfinanzierungskosten drastisch gesenkt und neue Finanzierungsquellen erschlossen werden. Umgekehrt werden KMU, die den neuen Transparenzanforderungen nicht genügen, mit erheblich höheren Kapitalkosten und einer Verschlechterung ihrer Finanzierungslage rechnen müssen.

1.2 Gang der Untersuchung

Zielsetzung dieser Untersuchung soll es sein, die für die Finanzierungssituation des Mittelstands relevanten Informationen über die erwarteten Auswirkungen des Baseler Akkords zu selektieren und die damit verbundenen Anforderungen an das Finanzmanagement des Unternehmens aufzuzeigen.

Im ersten Teil der Untersuchung soll ein Überblick über die Grundlagen der Problematik „Basel II und Mittelstand“ gegeben werden. Dazu wird zunächst der Mittelstand definiert und seine aktuelle Finanzierungssituation aufgezeigt. Im Anschluss folgt neben der historischen Entwicklung eine kurze Darstellung der wesentlichen Inhalte des neuen Konsultationspapiers.

Da sich aus dem Papier zukünftig verstärkt die Notwendigkeit von Ratinganalysen ergibt, wird im zweiten Teil Rating als Kernelement der Bonitätsprüfung vorgestellt. Neben den begrifflichen Grundlagen liegt der Schwerpunkt hier auf den von den Kreditinstituten geforderten Informationsstandards an die KMU zur Durchführung eines Rating bzw. einer Bonitätsprüfung. Im vierten Teil der Arbeit werden die Auswirkungen von Basel II auf die Kreditpolitik der Banken hinsichtlich des Kreditvergabeverhaltens und der Konditionengestaltung und die daraus resultierenden Konsequenzen auf die Bank-Kunde-Beziehung untersucht. Im Anschluss erfolgt eine kurze Vorstellung möglicher Finanzierungsalternativen für die KMU.

2 Grundlagen

2.1 Der Mittelstand

In der Thematik um Basel II steht gerade der Mittelstand im Brennpunkt der Diskussion, weil die deutsche Wirtschaft wie kaum eine andere durch kleine und mittlere Unternehmen geprägt ist. Immerhin werden von kleinen und mittelständischen Unternehmen knapp die Hälfte aller Umsätze erzielt.[7] Etwa zwei Drittel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten inzwischen in mittelständischen Firmen. Ihr gesamtwirtschaftlicher Beitrag hat in den letzten Jahren stark an Bedeutung zugenommen, was unter anderem die Folge ihres überproportionalen Anteils bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze ist. Zwischen 1990 und 1995 schuf der Mittelstand knapp eine Million neuer Stellen, wobei der Dienstleistungssektor hier eine vorrangige Position einnahm. Im gleichen Zeitraum bauten Großunternehmen 750.000 Arbeitsplätze ab.[8] Aber nicht nur bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze führen kleine und mittelständische Unternehmen, sondern auch bei der Bereitstellung von Ausbildungsplätzen. 80 Prozent aller Ausbildungsplätze werden von Ihnen zur Verfügung gestellt.[9]

2.1.1 Definitorische Abgrenzung

Die Frage, was kleine und mittelständische Unternehmen von Großunternehmen unterscheidet, ist anhand quantitativer und qualitativer Kriterien zu beantworten.

Quantitativ gesehen ist der wirtschaftliche Mittelstand die Gesamtheit von Unternehmen und freien Berufen soweit eine bestimmte Größenordnung nicht überschritten wird. In der Literatur finden sich dabei Merkmale, wie die Anzahl der Mitarbeiter, der Jahresumsatz oder die Bilanzsumme. Nach der Arbeitsdefinition des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung sind in kleinen Unternehmen zwischen 1 und 99 Mitarbeitern beschäftigt, bei einem Umsatz von € 500.000 im Jahr. Zu den mittleren Unternehmen zählen Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten bzw. weniger als 500 Millionen Euro Umsatz im Jahr. Die Europäische Kommission rechnet zu den kleinen und mittleren Unternehmen Betriebe mit weniger als 250 Beschäftigten und entweder einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro oder einer jährlichen Bilanzsumme von unter 27 Millionen Euro. Die Creditreform – Wirtschafts- und Konjunkturforschung schließlich betrachtet Mittelständler als Unternehmen mit bis zu 100 Beschäftigten: In Westdeutschland sind das 76,9 Prozent, in Ostdeutschland 84,8 Prozent der Unternehmen; größere Mittelständler, mit einem Personalbestand zwischen 200 und 500 Beschäftigten, haben in Westdeutschland eine Größenordnung von gerade 9,2 Prozent und in Ostdeutschland sogar nur 4,4 Prozent.[10]

Wie die vorherigen Ausführungen zeigen, sind die quantitativen Definitionen des Mittelstands recht unterschiedlich und mit einer entsprechenden Vorsicht zu verwenden. Deshalb sollten auch branchenspezifische Unterschiede betrachtet werden. Dabei stehen die meisten qualitativen Definitionen des Mittelstands im engen Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Unternehmen und Eigentümer, wie sie in der Einheit von Eigentum und Haftung, das heißt, der Einheit von wirtschaftlicher Existenz, der Leitung des Unternehmens und in der Verantwortlichkeit der Führungsperson für alle unternehmensrelevanten Entscheidungen zum Ausdruck kommt. In mittelständischen Unternehmen kann die Unternehmensleitung direkten Einfluss auf alle strategisch bedeutsamen Vorgänge des Unternehmens ausüben. Des Weiteren findet sich gerade im Mittelstand noch eine persönliche Beziehung zwischen Führung und Mitarbeitern, was sich wiederum auf die Art der Organisation und damit auf die betriebswirtschaftliche Struktur auswirkt.[11] Diese besonderen qualitativen Merkmale mittelständischer Firmen beeinflussen wiederum die Rechtsform des Unternehmens (typisch für den Mittelstand: Einzelunternehmer, OHG, KG, GmbH, GmbH & Co. KG und die Genossenschaft), das Finanzierungsverhalten, die Innovationstätigkeit, die Produktpolitik und nicht zuletzt die Einstellung zur Anwendung betriebswirtschaftlicher Methoden.

2.1.2 Die aktuelle Finanzierungssituation der KMU

Betrachtet man die Finanzierungssituation des deutschen Mittelstandes, so weisen diese Unternehmen eine Reihe von Besonderheiten auf:[12]

- Sie sind weniger kapitalmarktorientiert, da sie oft feste Eigentümer und Finanzierungsstrukturen aufweisen.
- Im Vergleich zu Großunternehmen haben KMU größere Schwierigkeiten, Investitionen aus der Einbehaltung (Thesaurierung) von Gewinnen zu finanzieren, wobei gerade diese Form der Innenfinanzierung die wichtigste Art der Finanzierung vor der Kredit- und Eigenfinanzierung darstellt.
- Die Eigenkapitalquote liegt deutlich niedriger im Vergleich zu Großunternehmen. Durch den geringen Eigenkapitalanteil und die damit verbundenen geringen betrieblichen Sicherheiten sind die Möglichkeiten der Kreditfinanzierung begrenzt. Dieser Sachverhalt wird durch die enge Beziehung zur Hausbank wieder etwas gemildert.

Bei der Finanzierung von Investitionen und laufenden Ausgaben greifen KMU wegen des fehlenden direkten Zugangs zum Kapitalmark überwiegend auf alternative Formen der Außen- und Innenfinanzierung zurück.

Als Außenfinanzierung wird die „Zuführung finanzieller Mittel durch Beteiligung von Gesellschaftern oder Einlagen der Unternehmenseigener sowie durch Kreditkapital von Gläubigern“[13] bezeichnet. Die Beteiligungsfinanzierung als kapitalmarktorientierte Außenfinanzierung wird im internationalen Vergleich immer noch sehr zurückhaltend genutzt. Hinsichtlich der Kreditfinanzierung führen vor allem Banken Fremdkapital in Form von mittel- und langfristigen Krediten zur Finanzierung von Investitionen von außen zu. Dabei spielen Mittel von öffentlich-rechtlichen Förderinstituten eine gewichtige Rolle. Kurzfristige Finanzierungen des Umlaufvermögens werden vor allem durch Kontokorrentkredite abgedeckt. Als weitere Finanzierungsinstrumente von KMU sind Lieferantenkredite, Leasing und Factoring zu nennen.[14]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung 1[15]: Finanzstruktur von deutschen Unternehmen mit 100 bis 499 Beschäftigten

Festzustellen ist, dass die Fremdkapitalposition der Passivseite der Bilanz von KMU deutlich durch Bankverbindlichkeiten geprägt ist. Im Zuständigkeitsbereich der Hauptverwaltung der deutschen Bundesbank Hamburg, der die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern einschließt, beträgt der Anteil der durch Sparkassen und Kreditgenossenschaften vergebenen Kredite über 50%. Gemeinsam vereinigen Sparkassen und Genossenschaftsbanken bundesweit 47% des Geschäftsvolumens auf sich.[16]

Entscheidenden Einfluss auf den Anteil von Bankkrediten an der Bilanzsumme hat die Größe eines Unternehmens. Je kleiner das Unternehmen ist, desto größer ist der Anteil an Bankkrediten. So liegt der Anteil bei kleinen Firmen nahezu doppelt so hoch (39,4 Prozent) als bei mittleren Unternehmen (23,5 Prozent).[17] Ebenso kann gesagt werden, dass mit zunehmender Größe eines Unternehmens tendenziell der Anteil der am Kapitalmarkt besorgten Finanzmittel am Gesamtkapital zunimmt.[18] Unverkennbar ist dennoch, dass sich die Gewichte bei der Unternehmensfinanzierung hinsichtlich des Kapitalgeberkreises verschieben. Der Anteil der klassischen Bankfinanzierung nimmt zugunsten der Finanzierung über andere Kapitalgeber und den Kapitalmarkt ab.[19]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2[20]: Finanzstruktur westdeutscher Unternehmen 1996

Im Weiteren hat sich der Trend zu längeren Laufzeiten bei Wirtschaftskrediten durchgesetzt. Mittlerweile sind knapp 87% aller Kredite an inländische Nichtbanken mittel- und langfristig; 1990 lag diese Quote noch bei 81%.[21] Vor allem bei kleineren Banken sind diese Engagements zu verzeichnen. Die Unternehmenskreditvergabe der großen international tätigen Kreditinstitute hat ihren Schwerpunkt im kürzerfristigen Bereich.

Neben der für den Mittelstand bedeutenden Außenfinanzierung stellt die Innenfinanzierung eine weitere Möglichkeit der Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs dar. Die Selbstfinanzierung, das heißt, die Einbehaltung ausgewiesener Gewinne, erfolgt bei den KMU durch die Gutschrift auf dem Eigenkapitalkonto und den Verzicht auf Entnahmen. Eine weitere Möglichkeit ist die Bildung stiller Reserven in der Bilanz. Wesentliche Vorteile sind die Unabhängigkeit von Kapitalgebern, die fehlende Fristigkeit der Finanzierung, die Vermeidung von Zinsaufwendungen und die Stärkung der Eigenkapitalbasis. Neben der Selbstfinanzierung ist auch die Finanzierung aus Abschreibungen zu nennen, die mit zunehmender Anlagenintensität steigt. Die Bildung von Rückstellungen, bspw. Pensionsrückstellungen, bei Firmen mit weniger Mitarbeitern von untergeordneter Bedeutung, die Veräußerung nicht betriebsnotwendiger Vermögensteile, die Beschleunigung des Kapitalumschlags sowie Rationalisierungsmaßnahmen sind als weitere Möglichkeiten der Innenfinanzierung zu nennen.[22]

Resümierend kann festgehalten werden, dass es bei kleinen und mittleren Unternehmen in den letzten Jahren, gemessen am Anteil der Bilanzsumme, zu einem Anstieg der Bankverbindlichkeiten bei gleichzeitigem Rückgang der Eigenmittel gekommen ist.[23]

2.2 Der Baseler Eigenkapitalakkord

In den vorherigen Ausführungen wurde der Mittelstand definiert und seine aktuelle Finanzierungssituation erläutert. Die (neuen) Regelungen der Baseler Eigenkapitalvereinbarung haben unmittelbare Konsequenzen auf die Finanzierungsperspektiven der KMU. Aufgrund dieser engen Beziehung sollen an dieser Stelle definitorische Grundlagen hinsichtlich des Baseler Akkords gelegt werden, die sich mit dem Ursprung, der Historie (Basel I) und den aktuellen Änderungen bzw. Ergänzungen, die das neue Konsultationspapier Basel II enthält, beschäftigen.

2.2.1 Die Bank für internationalen Zahlungsaugleich

Die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (Bank for International Settlement), kurz BIZ genannt, wurde 1930 gegründet. Im Jahr 1975 erfolgte durch die Präsidenten der Länder der Zehnergruppe[24] die Gründung des Ausschusses für Bankenaufsicht, mit Sitz in Basel. Die elementarste Aufgabe der BIZ besteht in der Förderung der Zusammenarbeit der Zentralbanken und der Erleichterung internationaler Finanzoperationen.[25]

Die BIZ ist eine Aktiengesellschaft, wobei sich die Aktionäre aus allen europäischen Notenbanken (außer Albanien und einigen GUS-Staaten) zusammensetzen. Im Weiteren halten die Zentralbanken von Australien, Kanada, Japan, Republik Südafrika sowie USA Anteile an der BIZ. Die in der BIZ erarbeiteten Vorschriften richten sich vorrangig an die G – 10 Staaten.[26] In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass die BIZ Schrittmacherfunktion für die Weiterentwicklung der Regulierung bezüglich der Kreditwirtschaft besitzt. So wurden die Inhalte des 1988 erarbeiteten Konsultationspapiers (Basel I) nicht nur von den G – 10 Staaten, sondern von mehr als insgesamt 100 Ländern[27] umgesetzt.

Am 03. Juni 1999 hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht ein neues Konsultationspapier zur Diskussion gestellt, welches innerhalb einer Konsultationsphase überarbeitet und am 16. Januar 2001 vorgestellt wurde.[28] Mit diesem Entwurf wurde ein in weiten Teilen völlig umgestalteter Eigenkapitalakkord (Basel II) präsentiert. Zwar sind seinen Richtlinien nur international tätige Kreditinstitute unterworfen, dennoch ist damit zu rechnen, dass die 2006 in Kraft tretenden Regelungen so genannte Standards setzen und auch in deutschen Gesetzestexten Eingang finden werden.

2.2.2 Das Baseler Konsultationspapier von 1988 - Basel I

Der erste, von der BIZ entwickelte Akkord (Basel I) zur Regelung der Eigenmittelausstattung von Kreditinstituten richtete sich ursprünglich nur an international tätige Banken in den G – 10 Mitgliedsstaaten. Mittlerweile haben sich die Inhalte des 1988 vorgestellten Akkords als internationale Standards durchgesetzt.

Zu den wichtigsten Punkten des Baseler Akkords von 1988 zählen:

- Bilanzaktiva und außerbilanzielle Geschäfte müssen täglich mit haftendem Eigenkapital mindestens in Höhe von 8% und mit Kernkapital in Höhe von 4,4% gedeckt sein[29]. Neben den Ausfallrisiken dient die Eigenkapitalunterlegung ebenfalls auch als Kapitalpuffer für die übrigen nicht gemessenen Risiken;
- Gemäß dem Grundsatz I erfolgt die Anrechnung der Risikoaktiva mit den Bonitätsgewichten 0%, 10%, 20%, 50%, 70% und 100%;
- traditionell nicht bilanzwirksame Geschäfte werden miteinbezogen (aus dem Jahr 1992).[30]
Im Laufe der 90iger Jahre erfolgten einige Aktualisierungen und Erweiterungen des Akkords von 1988, wie bspw. die Einbeziehung von Marktrisiken 1998. Ziele, die mit Basel I erreicht werden konnten, sind beispielsweise eine gesteigerte Stabilität im internationalen Bankensystem und eine Anpassung der Wettbewerbsbedingungen zwischen international tätigen Banken.[31]

Der 1988 Akkord wies jedoch auch einige Schwächen auf:

- Diversifikationseffekte im Bankportfolio haben keinen Einfluss auf die Höhe des zu unterlegenden Eigenkapitals;
- Kapitalanforderungen von Banken stehen nicht in unmittelbaren Bezug zum individuellen Risikoprofil der jeweiligen Bank;
- nur Kredit- und Marktpreisrisiken werden bei der Errechnung der erforderlichen Eigenmittel direkt einbezogen;
- die Berücksichtigung risikoreduzierender Geschäfte erfolgt nur unzureichend und
- nur sehr eingeschränkte Berücksichtigungen von Sicherheiten und Garantien.[32]

Angesichts dieser Mängel entstand die Notwendigkeit zur Überarbeitung des Konsultationspapiers von 1988. Somit wurde vom Baseler Ausschuss das neue Konsultationspapier von 1999 entwickelt.

2.2.3 Das Baseler Konsultationspapier von 1999 (2001) – Basel II

Die am 03. Juni 1999 vom BIZ zur Diskussion gestellte Fassung des neuen Konsultationspapiers stellt eine Weiterentwicklung hinsichtlich der stärker differenzierten Behandlung der einzelnen Risikoarten dar. Die neuen Rahmenrichtlinien begründen sich in der Erweiterung der ursprünglichen Vorgabe von Mindesteigenkapitalstandards und in den zwei zusätzlichen Säulen „aufsichtsrechtliche Überwachung“ und „Marktdisziplin“.

Ziele des neuen Akkords sollen sein:

- Förderung der Sicherheit und der Solidität des internationalen Bankensystems,
- Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unter den Banken,
- umfassendere Berücksichtigung von Risiken,
- stärkere Ausrichtung der aufsichtrechtlichen Eigenkapitalanforderungen an tatsächlichen Risiken (nicht nur Qualifizierung der Risiken, sondern jetzt auch Quantifizierung),
- Eignung der Vorgaben auch für Banken unterschiedlicher Geschäftsausrichtung und Größe, trotz der vordergründigen Ausrichtung auf international tätige Kreditinstitute und
- stärkeres Eingehen auf die Risikopolitik der Banken als bisher.[33]

Im Weiteren soll ein Überblick über die wesentlichen Elemente (die drei Säulen) des neuen Baseler Akkords gegeben werden. Die Mindesteigenkapitalanforderungen, die man als erste Säule von Basel II bezeichnet, sind sowohl für Unternehmen als auch für die Kreditwirtschaft relevant. Dagegen betreffen die Säulen II und III nur den Bankensektor und sollen hier nur kurz erläutert werden.

Säule I: „Minimum Capital Requirements“ = Quantitative Eigenkapitalanforderungen

Das erste Element von Basel II stellt die Neugestaltung der Mindesteigenkapitalerfordernisse der Banken dar. Anders als bisher soll in Zukunft die Höhe des von der Bank zu unterlegenden Eigenkapitals durch das individuelle Risiko der Kreditvereinbarung mitbestimmt werden. Dies soll mit Hilfe von Ratinganalysen ermittelt werden, wobei diese Methoden gewissen Mindestanforderungen genügen müssen.

Die Vorschläge des Ausschusses für Mindestkapitalanforderungen basieren auf den grundlegenden Elementen der Eigenkapitalvereinbarung von 1998: Einer gemeinsamen Definition des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals, die unverändert bleibt und einem Mindestverhältnis des Eigenkapitals zu den risikogewichteten Aktiva einer Bank[34]. Die neue Eigenkapitalvereinbarung befasst sich mit der Messung des Risikos. Nach den geplanten Neuregelungen sollen die einzelnen Kreditinstitute aus Sicht der Aufsicht in Zukunft drei Formen von Risiken mit Eigenkapital unterlegen: das Kreditrisiko, das Marktrisiko (z.B. Kurs- und Zinsveränderungen beim Eigenhandel mit Wertpapieren und Derivaten) und das operationelle Risiko[35] („Gefahr von unmittelbaren und mittelbaren Verlusten, die infolge der Unangemessenheit oder des Versagens von internen Verfahren, Menschen und Systemen oder von externen Ereignissen eintreten“ = vorläufige Definition des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht[36] ).

Hinsichtlich des Kreditrisikos sehen die bisher noch gültigen Regelungen vor, dass Banken unabhängig von der Bonität und der Größe des Kreditnehmers Kredite mit 8% Eigenkapital unterlegen müssen. So genannte gute Risiken, also Unternehmenskredite mit einer aus der Sicht der Banken niedrigen Ausfallwahrscheinlichkeit, werden aufsichtlich ebenso behandelt wie schlechte Risiken mit einer höheren Ausfallwahrscheinlichkeit. Da die Eigenkapitalunterlegung für die Institute mit Kosten verbunden ist, subventionieren also bislang die guten Risiken die schlechten[37]. Anders als bisher soll die unterschiedliche Bonität von Kreditnehmern nun berücksichtigt werden, das heißt, die bankaufsichtliche Eigenkapitalunterlegung von Krediten wird ab voraussichtlich 2006 vom ökonomischen Risiko abhängig gemacht. Dabei soll sich das bisherige Niveau der Eigenkapitalunterlegung für die Kreditwirtschaft insgesamt aber nicht verändern, also weiterhin 8% (Mindestkapitalkoeffizient) betragen.[38]

Für die Bemessung der Eigenkapitalunterlegung von Kreditrisiken wird den Kreditinstituten die Möglichkeit gegeben, sich zwischen drei unterschiedlichen Vorgehensweisen zu entscheiden:

[...]


[1] Vgl. Schieble, M. (2000). Bonitätsprüfung im Firmenkundengeschäft, Wiesbaden, S. 10

[2] Vgl. Heyken, A. (2001), Informationsstand und erwartete Auswirkungen von Basel II im Mittelstand, in: Everling, O. (Hrsg.), Rating – Chance für den Mittelstand nach Basel II, Wiesbaden, S. 120

[3] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). Basel II und Rating im Kreditgeschäft der Zukunft, in: die Zukunft der Banken – die Banken der Zukunft, S. 100

[4] Vgl. Stark, J. (2002). Neue Trends in der Unternehmensfinanzierung, in: Kolbeck, CH., Wimmer, R. (Hrsg.), Finanzierung für den Mittelstand, Wiesbaden, S. 38

[5] Vgl. Paul, St. (2001). Der Baseler Akkord im Überblick, in: Hofmann, G. (Hrsg.), Auf dem Weg zu Basel II, Frankfurt am Main, S. 6

[6] Vgl. Fischer P., Mengers, M. (2001). Rating als Visitenkarte am Finanzmarkt der Zukunft, in: Everling, O. (Hrsg.), Rating – Chance für den Mittelstand nach Basel II, Wiesbaden, S. 104

[7] Vgl. Prof. Dr. Rolf Eggert (2002). Basel II, neue Bilanzierungsregeln – Mittelstand vor neuen Herausforderungen, Hamburg, S. 1

[8] Vgl. Holtzmann, H.-D., Mitropoulus, St. (1997). Steuerdiskussion und mittelständische Unternehmen, Sonderbericht / Deutsche Bank Research, Frankfurt am Main, S. 4

[9] Vgl. Sultze, H.-G. (2001). Zukunftsperspektiven des Ratingmarktes, in: Everling, O. (Hrsg.), Rating – Chance für den Mittelstand nach Basel II, Wiesbaden, S. 29

[10] Vgl. Koch, W., Wegmann, J. (1999). Mittelstand und neuer Markt, Frankfurt am Main, S. 16-18

[11] Vgl. Koch, W., Wegmann, J. (1999). a.a.O., S. 17

[12] Vgl. Stark, J. (2002). a.a.O., S. 38

[13] von Boehm-Bezing, C.-L. (2002), Auswirkungen des Baseler Akkords auf die Finanzierung des Mittelstandes, in: Kolbeck, Ch. Wimmer, R.,(Hrsg.), Finanzierung für den Mittelstand, Wiesbaden, S. 161

[14] Vgl. von Boehm-Bezing, C.-L. (2002), a.a.O., S. 162-163

[15] von Boehm-Bezig, C.-L. (2002). a.a.O., S. 164

[16] Vgl. Prof. Dr. Rolf Eggert (2002). a.a.O., S. 3

[17] Vgl. von Boehm-Bezing, C.-L. (2002), a.a.O., S. 162

[18] Vgl. Stark, J. (2002). a.a.O., S. 38

[19] Vgl. Speicher, M. (2001). Förderung der Kapitalversorgung im Mittelstand durch Rating, in: Everling, O.(Hrsg.), Rating – Chance für den Mittelstand, Frankfurt am Main, S. 4

[20] von Boehm-Bezig, C.-L. (2002). a.a.O., S. 162

[21] Vgl. Prof. Dr. Rolf Eggert (2002). a.a.O., S. 3

[22] Vgl. von Boehm-Bezing, C.-L. (2002), a.a.O., S. 164-165

[23] Vgl. Stark, J. (2002). a.a.O., S. 39

[24] Vgl. Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen: (Ref. Nr.: 23/1999 D)

[25] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 89

[26] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 89

[27] Vgl. Fischer, Th. R. (2002). Auswirkungen des neuen Baseler Eigenkapitalakkords auf die Risikosteuerung von Banken, in: Kolbeck, Ch., Wimmer, R. (Hrsg.), Finanzierung für den Mittelstand, Wiesbaden, S. 25

[28] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 89

[29] Vgl. Bonfig, K. (1999). (Kapitaladäquanzrichtlinie) : „Das Baseler Konsultationspapier zur Novellierung der Kapitaladäquanzrichtlinie“ in: Der langfristige Kredit, 16/17, 1999, S. 537

[30] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 90

[31] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 90

[32] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 91

[33] Vgl. Everling, O., Graalmann, B. (2002). a.a.O., S. 92

[34] Vgl. Paul, St. (2001). a.a.O., S. 10

[35] Vgl. Prof. Dr. Rolf Eggert (2002). a.a.O, S. 05

[36] Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatbericht April 2001, S. 28

[37] Vgl. AGA Unternehmensverband (2002). Prüfliste Rating, Hamburg, S. 3

[38] Vgl. Prof. Dr. Rolf Eggert (2002). a.a.O, S. 06

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Details

Titel
Basel II - Erwartungen und Auswirkungen bezüglich der finanzwirtschaftlichen Situation mittelständischer Unternehmen
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Controlling
Note
1,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
44
Katalognummer
V13440
ISBN (eBook)
9783638191074
Dateigröße
758 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Basel, Erwartungen, Auswirkungen, Situation, Unternehmen, Controlling
Arbeit zitieren
Elke Mache (Autor:in), 2002, Basel II - Erwartungen und Auswirkungen bezüglich der finanzwirtschaftlichen Situation mittelständischer Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13440

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