Nitrierung von organischen Verbindungen an ausgewählten Beispielen (mit Verwendung)


Facharbeit (Schule), 2010

27 Seiten, Note: 12 Punkte


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Geschichte und Verwendung
1.1. Nitroglycerin
1.2. Schießbaumwolle
1.3. Pikrinsäure
1.4. Trinitrotoluol

2. Fälschlicherweise als Nitrierungen bezeichnete Veresterungen
2.1. Schießbaumwolle

3. Nitrierung von aromatischen Verbindungen
3.1. Reaktionsmechanismus
3.2. Einfluss von Substituenten
3.2.1. Aktivierende und desaktivierende Effekte
3.2.2. Dirigierende Wirkung von Substituenten über induktive Effekte
3.2.3. Dirigierende Wirkung von Substituenten über Resonanzeffekte
3.2.4. Einfluss von disubstituierten Aromaten

4. Experimenteller Teil
4.1. Mononitrierung von Benzol
4.2. Dinitrierung von Benzol
4.3. Mononitrierung von Toluol
4.4. Untersuchung von Cellulosenitrat

5. Schluss

6. Literaturverzeichnis

7. Anhang

1. Geschichte und Verwendung

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die organische Chemie immer schneller und die verschiedenen Stoffklassen wurden systematischer bearbeitet. Unter anderem fand man dabei heraus, dass die Reaktionen der konzentrierten Salpetersäure mit organischen Stoffen brisante Sprengstoffe bildeten. Der erste Chemiker auf diesem Gebiet war der Franzose Henri Braconnot, der 1832 die Wirkung von Salpetersäure auf Stärke, Zucker, Holzfasern und andere Stoffe untersuchte und dabei leicht entzündliche Produkte erhielt. Diese Art der Reaktion wurde daraufhin als „Nitrierung“ bezeichnet. Um das dabei entstehende Wasser zu binden, wurde der Salpetersäure noch konzentrierte Schwefelsäure zugesetzt. Dieses Gemisch von Säuren, mit dem die Nitrierungen nun noch leichter verliefen, wurde bald als „Nitriersäure“ bezeichnet. Die Nitrierung diente von nun an vor allem dem Zweck, verschiedene Sprengstoffe herzustellen.

(Quelle: [Ql] S. 116f.)

1.1. Nitroglycerin

Dem italienischen Professor Ascanio Sobrero gelang 1846 die Herstellung des - von ihm als „Pyroglycerin“ bezeichneten - Nitroglycerins, indem er Nitriersäure auf Glycerin einwirken ließ. Dieser Name ist streng betrachtetjedoch nicht korrekt, da es sich um einen Salpetersäureester und nicht um eine Nitroverbindung handelt. Ein großer Nachteil dieses Öles war, dass seine Zündung nahezu unberechenbar war, was zu vielen Unfällen führte. Erst als Alfred Nobel im Mai 1862 das Prinzip der Initialzündung erfand, konnte Nitroglycerin zuverlässig zur Detonation gebracht werden. Sein Prinzip beruhte darauf, dass eine kleine Zündkapsel aus Schwarzpulver, welches später durch Knallquecksilber ersetzt wurde, in das Öl eingebracht wurde. Die Explosion dieser Kapsel löste dann die Detonation des umgebenen Nitroglycerins aus. Nichtsdestotrotz geschahen immer noch sehr viele Unfälle bei der Herstellung und dem Transport von Nitroglycerin, da es sehr schlagempfindlich war. Schließlich gelang es Alfred Nobel in dem natürlich vorkommenden Kieselgur einen geeigneten Trägerstoff für das Öl zu finden. Er meldete 1867 dieses, als „Dynamit“ bezeichnete, Produkt zum Patent an. Durch diese Entdeckung konnte Nitroglycerin schließlich als gewerblicher Sprengstoff verwendet werden.

(Quelle: [Ql] S. 117-125)

1.2. Schießbaumwolle

Ein weiterer bedeutender Explosivstoff wurde nahezu zeitgleich mit dem Nitroglycerin entdeckt. 1846 ließ der Basler Professor Christian Friedrich Schönbein die zuvor beschriebene Nitriersäure auf Baumwolle einwirken und erhielt daraufhin die Schießbaumwolle. Diese ließ er nach dem mehrmaligen Waschen mit Wasser trocknen und entzündete sie dann. Dabei verpuffte sie sehr schnell und frei von Rückständen, was wohl eines der bekanntesten Merkmale der Schießbaumwolle ist. Anfänglich war es jedoch bei der Herstellung sehr schwierig, gleichmäßige Ergebnisse zu erzielen und eine versehentliche Detonation auszuschließen. Trotz großer Bemühungen, wie dem Waschen über 14 Tage oder dem Kochen in alkalischer Lösung, kam es immer wieder zu ungewollten Explosionen aufgrund von zurückgebliebenen Säureresten. Erst dem englischen Chemiker Sir Frederik Abel gelang es, die Schießbaumwolle komplett von diesen Resten zu befreien. Bei seinem Verfahren wurden die noch feuchten Fasern zu kleinsten Partikeln zerkleinert, ausgekocht und anschließend zum Endprodukt gepresst. Abels Assistent Edwin A. Brown fand heraus, dass Schießbaumwolle mit 20% Wassergehalt einen sehr brisanten Sprengstoff darstellte, der mit Hilfe der Initialzündung zur Explosion gebracht werden konnte. Jedoch handelt es sich auch bei der Herstellung der Schießbaumwolle formal um eine Veresterung und nicht um eine Nitrierung.

(Quelle: [Ql] S. 126-132)

1.3. Pikrinsäure

Der erste Sprengstoff, der durch eine „richtige“ Nitrierung hergestellt wurde, war die Pikrinsäure. Bereits 1843 wurde sie rein synthetisch durch die Nitrierung von Phenol hergestellt. Zunächst wurde sie als ungefährlich betrachtet und nur als Farbstoff verwendet. Erst der Franzose Eugene Turpin demonstrierte 1885, dass die Pikrinsäure ein sehr starker Explosivstoff ist, wenn man sie mit einer Initialzündung zur Detonation bringt. Von diesem Zeitpunkt an fand sie vielfache Verwendung im Militär, vor allem als Füllmittel für Handgranaten. Jedoch konnte die Pikrinsäure mit den Metallkörpern der Granaten hochexplosive Schwermetallpikrate bilden, die die Hauptladung zur Detonation bringen konnten, was zu vielen Unfällen führte.

(Quelle: [Ql] S. 143 - 146)

1.4. Trinitrotoluol

Aus den oben genannten Gründen wurde die Pikrinsäure schnell durch TNT (Trinitrotoluol) ersetzt, das 1880 erstmals von Paul Hepp hergestellt wurde. Ab etwa 1900 war dann die großtechnische Synthese von Toluol, das aus der Farbenindustrie erhalten wurde, möglich. Schnell wurden auch die Vorteile von TNT gegenüber Pikrinsäure erkannt. So hat TNT eine weit geringere Schlagempfindlichkeit und einen Schmelzpunkt, der bei etwa 80°C liegt. Auch heute noch ist TNT ein sehr bedeutender Sprengstoff.

(Quelle: [Ql] S. 146)

2. Fälschlicherweise als Nitrierungen bezeichnete Veresterungen

In der Geschichte wurden alle Reaktionen der Nitriersäure mit organischen Verbindungen als Nitrierungen bezeichnet. Erst später stellte man fest, dass es sich bei einigen dieser Reaktionen formal nicht um Nitrierungen, sondern um Veresterungen handelt.

2.1. Schießbaumwolle

Ein Beispiel dafür ist die Cellulose, die aus einer Kette von ß-D-(+)-Glucose-Molekülen, die über glykosidische Verknüpfungen miteinander verbunden sind, besteht. Jedes Glucose-Molekül besitzt dabei drei freie OH-Gruppen. Bei einer Reaktion der Cellulose mit der Nitriersäure können diese Gruppen ein Proton abgeben, welches durch eine NO2+- Gruppe ersetzt wird. Da die Cellulose drei Hydroxylgruppen enthält, kann sie zu Mono-, Di- und Tri-Cellulosenitrat verestert werden. Somit ist der umgangsprachliche Name Cellulosenitrat falsch, da keine RC-NO2-Bindung, sondern ein Ester mit der Nitrat­Gruppierung RCO-NO2 vorliegt. Folglich lautet der richtige Name der Verbindung gemäß der IUPAC-Nomenklatur Cellulosenitrat. Die sogenannte „hochnitrierte Cellulose“, die über 13% Stickstoff enthält, kann auch als Sprengstoff verwendet werden.

(Quellen: [Q4] S. 496 und [Q5])

3. Nitrierung von aromatischen Verbindungen

Allgemein stellt bei den Aromaten die л-Elektronenwolke die Grundlage für einen elektrophilen Angriff dar. Im Gegensatz zu Alkenen, bei denen der Angriff auf die C = C Doppelbindung zu einer elektrophilen Addition führt, ergibt sich bei den aromatischen Verbindungen eine Substitution. Der Hauptgrund für diesen Unterschied in der Reaktivität ist, dass die Aromaten durch ihren ebenen Bau und die Delokalisierung der л-Elektronen
über sechs Atome im Ring sehr stabil sind. Um den stabilen aromatischen Zustand beizubehalten, findet bei dem elektrophilen Angriff eine Substitution und keine Addition statt. Bei der Nitrierung im Speziellen greift ein N02+ Elektrophil den Ring an, was dann zu einer Substitution eines H-Atoms durch eine Nitrogruppe (-N02) führt. Im Folgenden werden die Grundlagen dieser Reaktionen und die verschiedenen Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen genauer beschrieben.

(Quelle: [Q2J S. 411)

3.1. Reaktionsmechanismus

Bei der Nitrierung von Aromaten muss zunächst das N02+ Elektrophil gebildet werden. Die Grundlage dafür bildet die Salpetersäure, bei der alle drei Sauerstoffatome freie Elektronen besitzen und damit als Base fungieren können. Starke Mineralsäuren, wie die konzentrierte Schwefelsäure können ein Proton abgeben, welches dann an eines der Sauerstoffatome der Salpetersäure gebunden wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der dritten dieser Strukturformeln kann nun ein H20 Molekül abgespalten werden und als Ergebnis bleibt das N02+ Elektrophil zurück.

Dieses Elektrophil nähert sich im ersten Schritt der Nitrierung der л-Elektronenwolke des Rings an, wobei zwei л-Elektronen das Elektrophil binden und so den o-Komplex bilden. Dieser Schritt ist der langsamste der ganzen Reaktion und bestimmt somit deren Geschwindigkeit. Bei dem entstandenen Carbokation ist das C-Atom, das über eine o­Bindung mit dem N02+-Ion verbunden ist, sp3-hybridisiert. Als Folge fehlt ihm ein p- 0rbital und es kann nicht mehr an der Delokalisierung des л-Systems teilnehmen. Trotzdem ist das Carbokation resonanzstabilisiert, denn die entstandene positive Ladung ist über drei sp2-hybridisierte C-Atome verteilt und die verbliebenen vier л-Elektronen sind über die anderen fünf C-Atome delokalisiert. 0hne diese Stabilisierungen der Zwischenstufe wären elektrophile Angriffe auf aromatische Systeme gar nicht erst möglich.

Um den aromatischen Zustand des Rings wiederherzustellen, wird im letzten Schritt das Proton am sp3-hybridisierten C-Atom von einer Base abgespalten. In dem Fall dieser Nitrierung ist die Base das HSOz-Anion, welches bei der Protonierung von HN03 übriggeblieben ist. Die Elektronen der heterolytisch gespaltenen C - H Bindung bilden dann mit den vier anderen л-Elektronen wieder das л-System. Somit ist der stabile aromatische Zustand wieder hergestellt und das Substitutionsprodukt entstanden.

(Quelle: [Q2J S. 411f undS.416)

3.2. Einfluss von Substituenten

Bei elektrophilen Substitutionen an aromatischen Verbindungen spielen die bereits vorhandenen Substituenten am Ring eine entscheidende Rolle. Sie bestimmen, wie schnell der Angriff erfolgt und welche Produkte entstehen. Im Folgenden wird genauer auf die verschiedenen Einflüsse dieser Substituenten eingegangen.

3.2.1. Aktivierende und desaktivierende Effekte

Allgemein kann man die Substituenten in zwei Kategorien einteilen: Die aktivierenden Substituenten, die die Elektronendichte des Rings erhöhen und damit die Reaktion erleichtern und die desaktivierenden, die durch einen Elektronenabzug die Reaktion erschweren.

Diese Aktivierung oder Desaktivierung wirkt über induktive Effekte und über Resonazeffekte. Die induktiven Effekte werden über die o-Bindungen übertragen und nehmen mit zunehmendem Abstand zum Ausgangsatom stark ab. Sie hängen vor allem von der Elektronegativität und der Bindungspolarisierung der jeweiligen Atome ab. Die Resonanzeffekte wirken dagegen über die л-Bindungen und können damit über weitere Entfernungen Einfluss nehmen.

Zum Beispiel bei Toluol (Methylbenzol) hat die Methylgruppe einen positiven induktiven Effekt, der die Elektronendichte im Ring erhöht und somit aktivierend wirkt. Im Gegensatz dazu ist zum Beispiel Trifluormethylbenzol stark desaktiviert, da die drei Fluoratome einen starken negativen induktiven Effekt haben und somit Elektronen vom Ring abziehen.

Bei anderen Substituenten wirken auch beide Effekte gleichzeitig, wobei meist einer den anderen überwiegt. Ein gutes Beispiel hierfür sind die Effekte der Amino- und der Hydroxygruppe. Obwohl das N-Atom der Aminogruppe einen leichten negativen induktiven Effekt hat, wirkt der Substituent aktivierend auf den Ring. Der Grund dafür ist, dass das N-Atom seine freien Elektronen in das л-System des Rings einbringen kann, was dessen Ladungsdichte erhöht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch bei Phenol (Hydroxybenzol) hat das О-Atom der Seitengruppe einen leichten negativen induktiven Effekt, der aber wieder von dem Resonanzeffekt überwogen wird, wodurch der Ring aktiviert wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Quelle: [Q3J S. 739)

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Nitrierung von organischen Verbindungen an ausgewählten Beispielen (mit Verwendung)
Hochschule
Bertha-von-Suttner Gymnasium, Neu-Ulm/Pfuhl
Note
12 Punkte
Autor
Jahr
2010
Seiten
27
Katalognummer
V175214
ISBN (eBook)
9783640967087
ISBN (Buch)
9783640990498
Dateigröße
5366 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
nitrierung, verbindungen, beispielen, verwendung), punkte
Arbeit zitieren
Christian Wagner (Autor:in), 2010, Nitrierung von organischen Verbindungen an ausgewählten Beispielen (mit Verwendung), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175214

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