Der Reaktorunfall vom 28. März 1979 in Three Mile Island. Seine Folgen und seine Bedeutung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

25 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung und Herangehensweise

2. Die Folgen des Unfalls vom 28. März 1979
2.1 Die gesundheitlichen und ökologischen Folgen
2.1.1 Folgen für die Bevölkerung rund um Three Mile Island
2.1.2 Juristische Folgen
2.1.3 Ökologische Folgen
2.2 Wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Folgen

3. Konzept für die Umsetzung auf einer CD-ROM

4. Schlussbetrachtung

5. Literatur- und Quellenverzeichnis

1. Einleitung und Herangehensweise

„There is no immediate danger to life“. Diese Meinung der Nuclear Regulary Commission, der US – Atomaufsichtsbehörde, sei laut einem der führenden Atomkraftgegner, Ernest Sternglass, wörtlich zu nehmen. Denn eine direkt tödliche Strahlendosis sei bei der partiellen Kernschmelze im Block 2 des Kernkraftwerkes in Three Mile Island im US – Bundesstaat Pennsylvania im März und April 1979 nicht freigesetzt worden. Die Gefahr des Unfalles werde sich erst nach Jahren oder Jahrzehnten zeigen.[1]

Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, die Folgen des Unfalles im Atomkraftwerk Three Mile Island zu zeigen und dabei über die mögliche Gefahr oder Harmlosigkeit des Unfalles aufzuklären.

Dabei werden vor allem die Kontroversen um die gesundheitlichen Folgen des Unfalles im Vordergrund stehen, denn die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen sind weitestgehend geklärt, und eine Kontroverse darüber ist heute kaum mehr im Gang. Dennoch werden auch diese Folgen erläutert werden, sind sie doch wichtig für die weitere Politik der Atomindustrie nicht nur in den USA, sondern weltweit.

Zum Schluß der Arbeit wird eine kurze Schlußbetrachtung der Recherche stehen, die die Kontroversen um die folgen des Unfalles bis heute bewerten soll.

Die Quellenlage zu diesem Thema ist schwierig. In der Literatur finden sich vornehmlich Werke, die den Unfallhergang beschreiben. Seine Bedeutung und seine Folgen werden dabei wenig berücksichtigt. Werke, die sich eingehender mit den Folgen des Unfalles beschäftigen, finden sich vor allem im englischen Sprachraum.

Ein großer Teil der Arbeit basiert auf einer Internetrecherche. Hier finden sich ebenfalls nur wenige aussagekräftige deutsche Quellen, die fundierte Einblicke in die Folgen des Unfalles bieten. Nichtsdestotrotz sind sie, wenn auch nicht häufig, vorhanden.

Wie in der Literatur sind auch hier englischsprachige Quellen die Hauptstütze der Arbeit. Dabei wurde versucht, möglichst öffentliche Internetseiten zu berücksichtigen, sind private Seiten doch meist nicht sehr umfangreiche Informationsquellen.

2 Die Folgen des Unfalls vom 28. März 1979

2.1 Die gesundheitlichen und ökologischen Folgen

Die vom damaligen US-Präsidenten Carter offiziell eingesetzte Untersuchungskommission erhielt ihren Namen Kemeny - Commission vom Vorsitzenden der Kommission, John G. Kemeny, der damalige Präsident des Dartmouth Colleges.[2] Sie wurde unmittelbar nach dem Unfall ins Leben gerufen. Ihre Arbeit beendete sie im Oktober 1979. Laut ihrer Erkenntnisse waren drei Faktoren ausschlaggebend für die partielle Kernschmelze vom 28. März 1979 bis zum 4. April 1979:

1) menschliches Versagen
2) institutionelle Schwächen
3) technische Fehler

So stellt beispielsweise James Thompson in seinem Buch „Nukleare Bedrohung – Psychologische Dimensionen atomarer Katastrophen“[3] fest, daß die Bedienelemente im Kontrollraum von Three Mile Island 2 vollkommen falsch konzipiert waren. Über 1900 verschiedene Anzeigen und Kontrollampen verwirrten die Belegschaft, 26% der Anzeigen waren vom ersten Kontrollpult aus überhaupt nicht ablesbar. Diese Tatsache erzeugte Unsicherheit bei der Kontrollmannschaft des Reaktors und ließ diese Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen nicht abschätzbar waren.[4]

Auf gesundheitliche Folgen für Menschen und Umwelt in der Gegend um Three Mile Island geht der Abschlußbericht der Kommission nicht ein. Die Kommission kommt lediglich zu dem Ergebnis, daß die freigesetzte Strahlungsdosis um Umkreis von 50 Meilen ungefähr einem Prozent der natürlich auftretenden Jahresdosis entsprach. Diese Dosis sei zu gering, um Krebsfälle, Kindersterblichkeit oder andere Schädigungen an Menschen und Umwelt zu verursachen.[5]

Erwähnenswert ist allerdings die Tatsache, daß die Kommission beziehungsweise Präsident Carter der Öffentlichkeit offenbar einen geschönten Bericht vorlegte. Nach dem Tod von Admiral Hayman Rickover, ‚Vater‘ der amerikanischen Atomflotte und ehemaliger Vorgesetzter Carters, veröffentlichte seine Familie Dokumente aus seinem Nachlaß, die darauf hinweisen, daß die Erkenntnisse der Kommission um einiges schlimmer für die Gesundheit der Menschen rund um Three Mile Island waren als die im Oktober 1979 vorgelegten Ergebnisse. Rickover machte angeblich seinen Einfluß auf Carter geltend und drängte ihn, die – für die Atomindustrie – prekärsten Teile des Berichtes nicht zu veröffentlichen, „Weil der Unfall von Three Mile Island unendlich gefährlicher war, als jemals veröffentlicht wurde.“[6] (s. dazu Anhang, Osborn S. 27)

Ähnliches berichtete auch Ernest Sternglass, Professor für Strahlenphysik an der Universität von Pittsburgh, der „[...] lange Zeit absolut abqualifiziert und als Spinner und Scharlatan [...] hingestellt worden [...] [war].“[7] Er wurde damals als Experte für eine Kongressanhörung über die Langzeitfolgen radioaktiver Strahlung eingeladen. Zwei Tage vor dem Beginn der Anhörung sagte der Kongress seine Einladung allerdings wieder ab. Somit wurde der einzige Kritiker nicht mehr angehört. Es folgten Aussagen von Mitarbeitern der Atomindustrie und der Behörden, die sehr unkritisch ausfielen. Wenn es überhaupt dazu kam, daß Langzeitauswirkungen wie ein erhöhtes Krebsrisiko erwähnt wurden, wurden sie weniger ernst dargestellt als sie in Wirklichkeit zu sein schienen. Über eine erhöhte Kindersterblichkeitsrate wurde während der Anhörung kein Wort verloren. Sternglass spekulierte darüber, daß die Atomindustrie sich selbst zu retten versuchte, da zu der Zeit bereits einige Verfahren gegen sie liefen, die Spätfolgen von militärischen Atomtests aus den 1950er Jahren zum Inhalt hatten. Bereits eine erfolgreiche Klage hätte schwerwiegende Konsequenzen für die gesamte Atomindustrie der Vereinigten Staaten haben können.[8]

2.1.1 Folgen für die Bevölkerung rund um Three Mile Island

Das folgende Kapitel basiert hauptsächlich auf Internetrecherchen und Berichten von Betroffenen, deren Objektivität an dieser Stelle in Frage gestellt werden muß. Trotzdem sind solche Berichte – vor allem hinsichtlich ihrer Menge – nicht zu vernachlässigen, geben sie doch Anreize dazu, die offiziellen Ergebnisse hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen des Unfalls in Three Mile Island kritisch zu hinterfragen. Weitere Grundlage für die Ausführungen in diesem Kapitel ist das Buch „Tödliche Täuschung Radioaktivität: niedrige Strahlung – hohes Risiko.“[9]

Unmittelbar nach dem Unfall in der Nacht zum 28. März 1979 spürten viele Menschen in der Umgebung des Atomkraftwerks einen starken metallischen Geschmack auf der Zunge und im Rachen, den diese eigentlich gar nicht hätten spüren können. Denn laut der Meinung der Atomindustrie müßten die Menschen, die einen solchen metallischen Geschmack spürten, längst tot sein. Weitere unmittelbare gesundheitliche Auswirkungen, die die Strahlung verursacht haben könnte, sind Haarausfall, sonnenbrandähnliche Hautreizungen, Brennen im Rachen, Juckreiz, Brechreiz, Atemnot, Pusteln, Durchfall, zeitweiliger Verlust der Sehkraft, Kopfschmerzen sowie diverse psychische Leiden wie Depressionen, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit.

Zwei Zahnärzte aus der Umgebung stellten beispielsweise fest, daß die Röntgenaufnahmen, die sie am 28. und 29. März 1979 aufgenommen hatten, sehr stark vernebelt waren oder gar nichts mehr darauf zu erkennen war. Als sie diese mit den Aufnahmen der folgenden Tage und Wochen verglichen, stellten sie fest, daß die späteren Aufnahmen wieder deutlich erkennbar waren. Daraus folgerten sie, daß ihre Aufnahmen vom 28. und 29. März durch deutlich erhöhte Strahlungswerte beschädigt worden sein mußten. Eine Landwirtin der Gegend fiel am Morgen des 28. März 1979 beim Melken ihrer Kühe hin und erkrankte plötzlich. Sie litt an Atemnot und viele der Kühe starben innerhalb der nächsten Zeit. Später bekam sie Schilddrüsenprobleme, erkrankte an Brustkrebs und an einem Krebsgeschwür, das in der Nähe ihres Herzens wucherte, woran sie später auch starb.

Die Liste der Leiden, die man auf den Unfall von Three Mile Island zurückführen könnte, ließe sich beliebig fortsetzen. Im Internet findet man sehr viele dieser Einzelfälle, die sich auf den Unfall von Three Mile Island beziehen.[10]

Bis heute haben potentielle Opfer des Beinahe – GAU`s keine Bestätigung von offizieller Seite, daß der Unfall von Three Mile Island für den sprunghaften Anstieg diverser Krakheiten, die erhöhte Sterberate, Mutationen und anderer negativer Lebensfaktoren rund um Three Mile Island verantwortlich ist. Obwohl die Bezeichnung „GAU“ – Größter Anzunehmender Unfall – in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht die richtige Bezeichnung ist. Denn niemand rechnete mit der Möglichkeit einer Kernschmelze, weder der Betreiber Metropolitan Edison, noch der Erbauer Babcock & Wilcox oder die Atomregulierungsbehörde NRC. Der Unfall von Three Mile Island war „kein sozusagen erlaubter Unfall“, so der Physiker Professor Jens Scheer in der taz vom 02. Februar 1999.[11]

[...]


[1] Sternglass, Ernest: Secret Fallout. Low-level radiation from Hiroshima to Three-Mile Island. Ohne Ort 1981. S. 202.

[2] Weitere Mitglieder unter: www.stellar-one.com/nuclear/commission_and_ist_staff.htm, 19.01.2003.

[3] Thompson, James: Nukleare Bedrohung – Psychologische Dimensionen atomarer Katastrophen. München; Weinheim 1986.

[4] Thompson: Nukleare Bedrohung. S. 118.

[5] www.acsh.org/publications/reports/island_0399.html, 02.02.2003.

[6] Osborn, Mary: Wenn ich gewußt hätte, was uns erwartet Eine Hausfrau aus Harrisburg berichtet. Kiel 1988. S. 37. Den Bericht der Kommission findet man auch im Internet unter: www.stellar-one.com/nuclear/, 19.01.2003.

[7] Bloom, Margareta: Die große Vertuschung. Vom Zusammenhang zwischen Leukämie und Kernkraft. (= Universität Bremen: Information zu Energie und Umwelt, Teil A Nr. 29). Bremen 21998. S. 6.

[8] Sternglass, Ernest: Secret Fallout. S. 208ff.

[9] Goldman, Benjamin A.; Gould, Jay M.; Millpointer, Kate: Tödliche Täuschung Radioaktivität: niedrige Strahlung – hohes Risiko. (= Beck`sche Reihe, Bd. 441). München 1992.

[10] S. dazu: www.tmia.com/PressP2.html, 19.01.2003.

[11] www.asamnet.de/oeffentl/bi/rotgruen73.htm, 17.02.2003.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der Reaktorunfall vom 28. März 1979 in Three Mile Island. Seine Folgen und seine Bedeutung
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Institut für Neuere und Neueste Geschichte)
Veranstaltung
Hauptseminar "Technische Katastrophen"
Note
2,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
25
Katalognummer
V42615
ISBN (eBook)
9783638406116
Dateigröße
485 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Reaktorunfall, März, Three, Mile, Island, Seine, Folgen, Bedeutung, Hauptseminar, Technische, Katastrophen
Arbeit zitieren
Thorsten Mohr (Autor:in), 2003, Der Reaktorunfall vom 28. März 1979 in Three Mile Island. Seine Folgen und seine Bedeutung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42615

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