Der deutsche Bundesrat und die Diskussion um seine Politisierung


Term Paper (Advanced seminar), 2007

33 Pages, Grade: 1,7


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Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die historische Entwicklungslinie des Bundesrates
1.1. Seine Vorläufer
1.2. Zwischen Bundesrats- und Senatslösung – Die Entscheidung des Parlamentarischen Rates

2. Die Parteipolitisierung des Bundesrates
2.1. Grundsätzliche Positionen
2.1.1. Der „unpolitische“ Bundesrat
2.1.2. Der „politische“ Bundesrat
2.2. Parteipolitik in Geschichte und Praxis des Bundesrates

3. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Parteipolitisierung des Bundesrates
3.1. Die Absicht der Verfassungsgeber
3.2. Bundesrat und Föderalismusverständnis
3.3. Der Bundesrat als oberstes Bundesorgan
3.4. Verfassungsrechtliche Kompetenzen des Bundesrates
3.5. Der Bundesrat in der Gesetzgebung – keine zweite Kammer
3.6. Der Bundesrat im Parteienstaat
3.7. Legitimationsdefizit des Bundesrates?

4. Ausprägungen der Parteipolitisierung des Bundesrates
4.1. Der Bundesrat als Instrument der Opposition?
4.2. Koalitionsvereinbarungen über das Abstimmungsverhalten

5. Grenzen und Relativierung der Parteipolitisierung
5.1. Zur Differenzierung von Länder- und Parteiinteressen
5.2. Die zentrale Rolle der Länderinteressen – Der Bundesrat als Instrument gegen Kompetenzbeschneidungen der Länder

Fazit

Einleitung

„Das föderalistische System (wird) seit Jahren kritisiert – und man kann nicht behaupten, dass es dafür keine guten Gründe gebe. Vom eigentlichen Leitbild des Föderalismus haben wir uns inzwischen ziemlich weit entfernt: Grundsätzlich sollten die Länder ihre Angelegenheiten weitgehend in eigener Verantwortung und nach Maßgabe der in ihren Parlamenten gebildeten Mehrheitsauffassungen gestalten. Das war einmal, denn der Bund hat im Laufe der Jahre immer mehr Aufgaben an sich gerissen (…).“[1]

Demnach ist verständlich, dass in der stets geäußerten Kritik am Föderalismus „dasjenige Organ, in dem das föderalistische Prinzip seinen organisatorischen Ausdruck finden sollte“[2] in den Mittelpunkt kritischer Diskussionen rückte: Der Bundesrat. Es ist bekannt, dass unter den Demokratien, föderalistisch verfasste eine Minderheit darstellen. Sogar in dieser kleineren Auswahl ist „der Bundesrat, so wie ihn das Grundgesetzt geschaffen hat, eine eigentümliche und einzigartige Institution.“[3] Zwar haben sämtliche föderalistische Demokratien ein Zwei-Kammer-Parlament, in dem ein Haus in irgendeiner Weise die Gliedstaaten and den Entscheidungen des Ganzen teilhaben.

„Aber nirgendwo sonst sind die zweiten Kammern (…) nach jenem Prinzip konstruiert, für das das Grundgesetz sich entschieden hat, nach dem (…) Bundesratsprinzip. Nirgendwo sonst gibt es eine zweite Kammer, in der die Gliedstaaten durch ihre Regierungen vertreten sind.“[4]

Diese besondere Politikverflechtung durch die Regierungsvertreter im Bundesrat birgt jedoch ein Spannungsfeld.[5] Einerseits stellen diese Regierungsmitglieder Landesvertreter dar, die durch die Stimmen der jeweiligen Landesbevölkerung ihre Legitimation erhalten. Andererseits sind sie auch immer Parteimitglieder, die von Bundesparteien rekrutiert wurden und somit ihre Stellung der Partei verdanken. Folglich befinden sich die Landesvertreter im Bundesrat in der Artikulation ihrer Interessen zwischen Länder- und Parteiverantwortung. Nun wird seit Bestehen des Bundesrates vielfach diskutiert, welcher dieser beiden Pole den Vorrang haben sollte, welcher ihn tatsächlich hat und welcher verfassungsrechtlich zulässig ist. Dabei ist klar zu erkennen, dass in der Verfassungspraxis sich eine Entwicklung herauskristallisiert hat, die eindeutig den zweiten Pol favorisiert, was allgemein mit der „Parteipolitisierung des Bundesrates“ bezeichnet wird.

Demzufolge ist Ziel dieser Arbeit zu klären, inwieweit tatsächlich eine Parteipolitisierung des Bundesrates stattgefunden hat und stattfindet, inwiefern eine solche parteipolitische Instrumentalisierung des Bundesrates überhaupt verfassungsrechtlich zulässig ist bzw. wie die Ausprägungen einer Parteipolitisierung zu bewerten sind.

Um diese Fragen angemessen beantworten zu können, soll zunächst die historische Entwicklungslinie des Bundesrates, namentlich seine Vorläufer und die Intention der Verfassungsgeber Aufschluss geben. Anschließend wird die Parteipolitisierung des Bundesrates anhand der Geschichte und Praxis der Bundesrepublik untersucht, woran eine Überprüfung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit von parteipolitischem Verhalten im Bundesrat anknüpft. Daraufhin sollen bestimmte Ausprägungen der Politisierung analysiert werden und zum Schluss gewisse Grenzen und Relativierung dieser Entwicklung ausgemacht werden.

1. Die historische Entwicklungslinie des Bundesrates

1.1. Seine Vorläufer

„Der BR wird in seiner Struktur und Funktion vollständig nur dann erschlossen, wenn seine historischen Bedingtheiten in die Betrachtung einbezogen werden.“[6] Als föderatives Verfassungsorgan auf Bundesebene stellt er eine geschichtlich gewachsene Einrichtung dar, welche durch den Entstehungsprozess des deutschen Nationalstaates geprägt wurde. Seine politisch-historische Entwicklungslinie reicht bis in das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zurück. Dieses war ein auf dem Feudalsystem beruhender staatenbündischer Verband, in dem zahlreiche Territorien von Erbfürsten, geistlichen Herrschern, Reichsritter und Städterepubliken zusammengefasst waren. Während in Spanien, Frankreich und England sich starke Nationalstaaten herausbildeten, waren die deutschen Fürstentümer bemüht ihre Souveränität zu bewahren und die Ausübung fremder Hoheitsrechte im Land zu vermeiden.

In unregelmäßigen Abständen wurden Ständeversammlungen abgehalten. Die staatsrechtliche Vertretung der Reichsstände war der Reichstag. Dieses zunächst sporadisch einberufene Gremium, wurde 1663 zu einem dauernden Gesandtenkongress („Immerwährender Reichstag“), der bis Ende des alten Reiches 1806 tätig war.

„Streng genommen gehört er aber allenfalls insoweit zu den Vorläufern des Bundesrates, als er auf die institutionalisierte Beteiligung partikularer bzw. territorialer Interessen an der gesamtdeutschen politischen Entscheidungsfindung hinweist.“[7]

Dahingegen kann die Bundesversammlung des Deutschen Bundes, die als ständiger Gesandtenkongress der verbündeten Staaten in Frankfurt tagte, durchaus als Vorläufer des Bundesrates betrachtet werden. Demgemäß besorgte sie laut Artikel 7 der Wiener Schlussakte die Angelegenheit des Bundes: „`Die Bundesversammlung, aus den Bevollmächtigten sämtlicher Bundes-Glieder gebildet, stellt den Bund in seiner Gesamtheit vor, und ist das beständige verfassungsmäßige Organ seines Willens und Handelns´“[8], und organisierte bzw. setzte so bestimmte gemeinsame Interessen der Mitglieder durch. Wie beim heutigen Bundesrat war die Abstufung des Stimmgewichts der Bundesstaaten ein Strukturmerkmal dieser bündischen Versammlung. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass der Deutsche Bund kein Staat war, sondern ein „völkerrechtlicher Verein“ (Art. 1 der Wiener Schlussakte), also ein Staatenbund. Außerdem waren die Zuständigkeiten der Bundesversammlung, in Art.8 der Wiener Schlussakte auch Bundestag genannt, nicht sehr bedeutend: Das Gremium hatte kein Gesetzgebungsrecht. Beschlüsse wurden in den einzelnen Staaten erst umgesetzt, wenn diese dort als Gesetzt verkündet wurden.[9] Auch die Versammlung der „Conferenz-Bevollmächtigten“ des 1833 gegründeten „Deutschen Zollvereins“ blieb auf der völkerrechtlichen Grundlage bestehen und erhielt keine weiterreichenden Kompetenzen.

Bedeutend sowohl für die geschichtliche Entwicklung des Bundesrates als auch für das „Zweigestirn Bundesrat und Bundestag“[10] ist die 1849 beschlossene „Paulskirchenverfassung“, die aber nie in Kraft trat. Zum ersten Mal in der deutschen Verfassungsgeschichte war die Schaffung eines Zweikammersystems in Form eines Reichtages vorgesehen, der aus einem Staatenhaus als Organ der Länder und einem vom Volk gewählten Volkshaus bestehen sollte. Bei der Beschlussfassung sollten beide Häuser gleichberechtigt sein. Außerdem ist erwähnenswert, dass die Hälfte der Mitglieder des Staatenhauses durch Volksvertretungen der Länder entsandt werden sollten, und somit „Bundesratslösung“ und „Senatslösung“ miteinander verbunden wurden. Darauf wird noch an späterer Stelle näher eingegangen.

Eine bedeutende Stärkung erfuhren die Länder in der Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 und des Deutschen Reiches von 1871. Bismarck hatte erkannt, dass eine Einigung der deutschen Staaten nur dann möglich sein würde, wenn ihnen im Reich ein starkes Mitbestimmungsrecht zukäme. Demzufolge spielte der Bundesrat, der sich (ganz im Sinne der Bundesratslösung) aus den Vertretern der Reichsmitglieder zusammensetzte, welche ihre Stimmen einheitlich und nach Weisung abgaben, eine dominierende Rolle. Er stellte unter dem Vorsitz des Reichskanzlers den eigentlichen Träger der Reichsgewalt dar. Er war mit einem absoluten Vetorecht an der Gesetzgebung beteiligt, entschied über Vorlagen an den Reichstag, war befähigt mit Zustimmung des Kaisers den Reichstag aufzulösen, hatte Aufgaben im exekutiven Bereich, einzelne Rechtssprechungsfunktionen und das Letztentscheidungsrecht bezüglich der Reichsaufsicht. Zu dieser Vormachtstellung äußerte sich Bismarck selbst am 19.April 1871 vor dem Reichstag, in dem er sagte, dass die Errichtung des Bundesrates

„`zum ersten Mal den Versuch (macht), ohne die Wohltaten der monarchistischen Gewalt oder der einheitlichen Obrigkeit dem Einzelstaat zu nehmen, als höchste Spitze ein föderatives Collegium hinzustellen, um die Souveränität des geeinten Reiches zu üben; denn die Souveränität des Reichs ruht nicht beim Kaiser, sie ruht bei der Gesamtheit der verbündeten Regierungen.´“[11]

Durch das starke Stimmgewichts Preußens, das auch fast ausnahmslos das Amt des Reichskanzlers besetzte, war der Bundesrat in der Verfassungswirklichkeit von Preußen dominiert und somit zunehmend zentralistisch durchsetzt.[12]

Zu starken zentralistischen Tendenzen kam es auch bei der Schaffung des Reichrates der Weimarer Republik. Die Weimarer Reichsverfassung vom 11. August 1919 unterstreicht das einheitliche, unitarische Element bedeutend stärker als die Verfassung im Kaiserreich. Entsprechend Artikel 1 der Weimarer Verfassung – „Das Deutsche Reich ist eine Republik. Die Staatsgewalt geht vom Volke aus.“ – verschob sich das verfassungsrechtliche Gewicht auf das Organ, welches das Volk repräsentierte: Den Reichstag. Trotzdem blieb das Bundesratsprinzip bestehen. Zwar war der Reichsrat, dessen Zusammensetzung sich nun nach der Bevölkerungszahl der einzelnen Länder richtete, nicht mehr Träger der Reichsgewalt. Dennoch waren die Länder durch ihn, wenn auch geringfügiger als im Deutschen Reich, an Verwaltung und Gesetzgebung des Reiches beteiligt. Beispielsweise besaß der Reichsrat bei der Gesetzgebung kein echtes Vetorecht mehr, seine Funktion war vielmehr auf eine bloße Beteiligung beschränkt.[13] „Da er fast regelmäßig lediglich mit Beamten beschickt worden war, mangelte es ihm an politischer Kraft. Seine Rolle ist daher meist die eines sachverständigen Helfers bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Reichs gewesen.“[14]

Hinsichtlich parteipolitischen Gesichtspunkten stellt Hans Hugo Klein fest, dass bereits „der Reichsrat der Weimarer Republik gelegentlich unter parteipolitischem Einfluß (stand), wenngleich seine Geltendmachung im Vergleich zur Gegenwart (…) erschwert war (…)“[15].

Schließlich erwies sich die Weimarer Verfassung als nicht widerstandsfähig genug gegen verfassungsfeindliche Kräfte. Der letzte Beschluss des Reichrates bestand bezeichnenderweise darin, gegen das „Gesetz über den Neuaufbau des Reichs“ vom 30. Januar 1934 keinen Einspruch zu äußern, wodurch die Hoheitsrecht der Länder auf das Reich übertragen wurden. Die nun „allmächtige“ Reichsregierung beschloss letztendlich die Aufhebung des Reichrates und leitete damit den einzigen Abschnitt der neueren Geschichte ein, in dem die Landesregierungen keinerlei Einfluss auf die bundesstaatliche Verwaltung und Gesetzgebung hatten.[16]

1.2. Zwischen Bundesrats- und Senatslösung – Die Entscheidung des Parlamentarischen Rates

Bereits kurz nach der Besetzung Deutschlands durch die Westalliierten, wurden wieder deutsche Bürgermeister, Landräte und Ministerpräsidenten eingesetzt. Folglich kam es auf Landesebene bald wieder zu neuem staatlichen Leben. Entsprechend der Übereinkunft der westlichen Besatzungsmächte sollte eine

„Verfassungsgebende Versammlung (…) eine demokratische Verfassung ausarbeiten, die für die beteiligten Länder eine Regierungsform föderalistischen Typs schafft, die am besten geeignet ist, die gegenwärtig zerrissene deutsche Einheit schließlich wieder herzustellen, und die Rechte der beteiligten Länder schützt, eine angemessene Zentralinstanz schafft und Garantien der individuellen Rechte und Freiheiten enthält.“[17]

Wie dieser deutsche Föderalismus genau organisiert sein sollte, war in den „Frankfurter Dokumenten“ aufgrund der Uneinigkeit der Besatzungsmächte nur sehr vage formuliert.[18] So blieb es den Vätern des Grundgesetzes bzw. dem Parlamentarischen Rat überlassen, eine angemessene Lösung zu finden. Von Beginn an war man sich zumindest in dem Punkt einig, dass ein Organ geschaffen werden sollte, das den Ländern ermöglichte, ihre Rechte gegenüber dem Bund zu wahren und ein „Korrektiv- und Kontrollorgan gegenüber dem Parlament“[19] zu schaffen. Über Form und Kompetenzen dieses Organs gingen die Meinungen jedoch sehr auseinander. „Die Verfassungsdiskussion 1948/49 wurde von den Erfahrungen der Weimarer Republik mit dem Reichsrat bestimmt – die Alternativen des Jahres 1919 traten wieder hervor.“[20] Zum einen stand das in den westlichen Staaten traditionelle Senatsprinzip zur Wahl, in dem die Mitglieder entweder von den Länderparlamenten oder direkt vom Volk in den jeweiligen Ländern gewählt werden.[21] Zum anderen bot sich das in Deutschland historische bedingte Rätesystem an, das sich durch die Vertretung der Länderregierungen auszeichnet. Für letztere, „betont föderalistische Lösung“, traten im Parlamentarischen Rat dementsprechend besonders die Föderalisten der CDU/CSU und DP ein, wobei „die unitarische Alternative des Senats“[22] von den Zentralisten der SPD und KPD favorisiert wurde. Dahingegen sprach sich die FDP für ein Mischsystem im Sinne des Staatenhauses des Entwurfs der Frankfurter Nationalversammlung von 1848 aus, auf die jedoch nicht näher eingegangen wird.[23]

Das Hauptargument der Vertreter der Bundesratslösung bezog sich darauf, dass durch die Zurückdrängung föderalistischer Gesichtspunkte die Parteiführungen aufgrund der zentralisierten Parteien einen starken Einfluss auf die Fraktionen in der Volks- und Länderkammer ausüben würden. Demzufolge sollte dem Bundesrat die Funktion eines „Widerlagers zur Parteipolitik“[24] zukommen, denn Mitglieder eines Senats würden sich „`parteiideologisch, parteitaktisch und parteidisziplinär“[25] gebunden fühlen, wohingegen Länderregierungen eine größere Distanz zur Tagespolitik hätten und vielmehr ihre länderspezifische Interessen betonen wollten. Im Gegensatz dazu verfochten Vertreter der Senatslösung diese als die demokratischere des Zweikammersystems. Unter Berufung auf die Theorie der Volkssouveränität, verwies z.B. Menzel (SPD) darauf, dass das Volk seine Repräsentanten direkt wählen müsse, um eine echte Legitimation zu garantieren, was wiederum nur bei der Senatslösung gegeben wäre.[26] Außerdem befürchtete er mit Einrichtung des Bundesrates einen Föderalismus der Bürokratie zu bekommen. „In der Diskussion bezogen beide Seiten in vielen Punkten ihre Argumentation aus den Beratungen des Herrenchiemseer Konvents.“[27] Letztendlich fiel die Entscheidung zugunsten der Bundesratslösung, nachdem der bayrische Ministerpräsident Ehard bei einem zur „Legende gewordenen Frühstück“[28] den nordrhein-westfälischen Innenminister Menzel zu einem für beide Seiten annehmbaren Kompromiss gekommen waren. Dieser beinhaltete, gemäß den Forderungen der Zentralisten, eine Aufwertung der ersten (Bundestag) gegenüber der zweiten Kammer (Bundesrat). Denn

„zwei gleichberechtigte oberste Verfassungsorgane im Gesetzgebungsprozess würden Konflikt- und Krisensituationen hervorrufen, die dann nach einer Lösung durch Diktatoren verlangten, was doch gerade durch die übrigen Verfassungsregelungen verhindert werden sollte.“[29]

Dementsprechend sollte die zustimmungspflichtige Gesetzgebung stark begrenzt werden. Jedoch in der Verfassungspraxis etablierte sich sehr schnell ein Wandel: Aufgrund einer sehr breiten Auslegung des Art. 84 I GG, der besagt, dass alle Gesetzte, die Vorschriften über Ausführungen der Länderverwaltung erhalten, gänzlich zustimmungspflichtig wurden, wuchs die politische Bedeutung des Bundesrates und somit auch seine Attraktivität als parteipolitisches Instrument, was beispielsweise bereits 1946 von einem der „Väter des Grundgesetztes“, Carlo Schmid, erkannt worden ist. „Die Annahme, dass sich die Länder nach eigenen Interessen und nicht nach denen der Regierungsparteien richten würden, hatte Schmid als wirklichkeitsfremd zurückgewiesen.“[30]

[...]


[1] BENDA, Ernst: Mehr Macht den Ländern, in: Die Zeit (14/30.3.2000).

[2] LEIBHOLZ, Gerhard, HESSELBERGER, Dieter: Bundesrat und Parteinsystem, in: Bundesrat (Hrsg.): Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft. Beiträge zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Bundesrates der Bundesrepublik Deutschland, Darmstadt 1974, 102.

[3] KIELMANSEGG, Peter Graf: Vom Bundestag zum Bundesrat. Die Länderkammer in der jüngsten deutschen Verfassungsgeschichte, in: Bundesrat (Hrsg.): Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft. Beiträge zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Bundesrates der Bundesrepublik Deutschland, Darmstadt 1974, 43.

[4] Ebd., 43.

[5] SCHARPF, Fritz W.: Optionen des Föderalismus in Deutschland und Europa, New York 1994, 65-68.

[6] REUTER, Konrad: Praxishandbuch Bundesrat. Verfassungsrechtliche Grundlagen, Kommentar zur Geschäftsordnung, Praxis des Bundesrates, Heidelberg 1991, 52.

[7] RÜHRMAIR, Alfred: Der Bundesrat zwischen Verfassungsauftrag, Politik und Länderinteressen, Berlin 2001, 18.

[8] Art. 7 der Wiener Schlussakte, zitiert aus REUTER, 55.

[9] Vgl. ZILLER, Gebhard, OSCHATZ, Georg-Berndt: Der Bundesrat, 10.Aufl., Düsseldorf 1998, 11.

[10] RÜHRMAIR, 19.

[11] Bismarck zitiert nach ZILLER/OSCHATZ, 12.

[12] Zur Rolle Preußens im Reichsrat: WITTMAYER, Leo von: Preußen im Reichsrat, in: WILKE, Dieter, SCHULTE, Bernd (Hrsg.): Der Bundesrat. Die staatsrechtliche Entwicklung des föderalen Verfassungsorgans, Darmstadt 1990, 84-94.

[13] Zu weiteren Kompetenzen des Reichsrates in der Weimarer Verfassung: LAMMERS, Hans-Heinrich von: Der Reichsrat, in: WILKE, Dieter, SCHULTE, Bernd: Der Bundesrat. Die staatsrechtliche Entwicklung des föderalen Verfassungsorgans, Darmstadt 1990, 65-70.

[14] ZILLER/OSCHATZ, 14.

[15] KLEIN, Hans Hugo: Parteipolitik im Bundesrat?, in: WILKE, Dieter, SCHULTE, Bernd (Hrsg.): Der Bundesrat. Die staatrechtliche Entwicklung des föderalen Verfassungsorgan, Darmstadt 1990, 356.

[16] Vgl. GLOBKE, Hans: Die Entwicklung der staatsrechtlichen Verhältnisse nach dem Inkrafttreten des Gesetztes über den Neuaufbau des Reiches, in: WILKE, Dieter, SCHULTE, Bernd: Der Bundesrat. Die staatsrechtliche Entwicklung des föderalen Verfassungsorgans, Darmstadt 1990, 108-110.

[17] Frankfurter Dokument Nr.1 zitiert nach ZILLER/OSCHATZ, 16.

[18] S. dazu ERDMANN, Karl Dietrich: Der Bundesrat – eine historische Standortbestimmung, in: Der Bundesrat (Hrsg.): Der Bundesrat als stabilisierender Faktor in Staat und Gesellschaft. Ansprachen aus Anlaß der 500. Sitzung des Bundesrates, Bonn 1981, 18-20.

[19] LAMBRECHT, Christa-Maria: Die Funktion des Föderalismus im Verfassungs- und Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland. Die Entwicklung vom Parlamentarischen Rat bis zum kooperativen Föderalismus in der Diskussion von Politik und Wissenschaft (1949-1969), Berlin 1975, 43/44.

[20] BÖHNE, Henning: Die blockierte Republik. Eine Untersuchung des Parteienwettbewerbs im Bundesstaat unter besonderer Berücksichtigung divergierender Mehrheiten zwischen Bundestag und Bundesrat, Diss., Hamburg 1998, 42.

[21] Als Prototyp gilt der Senat der USA.

[22] LAMBRECHT, 43.

[23] Dazu MORSEY, Rudolf: Die Entstehung des Bundesrates im Parlamentarischen Rat, in: Bundesrat (Hrsg.): Der Bundesrat als Verfassungsorgan und politische Kraft. Beiträge zum fünfundzwanzigjährigen Bestehen des Bundesrates der Bundesrepublik Deutschland, Darmstadt 1974, 68-70.

[24] BÖHNE, 43.

[25] Adolf Süsterhenn (CDU) zitiert nach BÖHNE, 43.

[26] Vgl. LAMBRECHT, 48.

[27] LAMBRECHT, 47. Von einer ausführlicheren Darlegung wird abgesehen, da diese den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen würde.

[28] Abgeordneter Dr. Heuss, zitiert nach ZILLER/OSCHATZ, 18.CH

[29] Abgeordneter Katz, zitiert nach LAMBRECHT, 57.

[30] BÖHNE, 45.

Excerpt out of 33 pages

Details

Title
Der deutsche Bundesrat und die Diskussion um seine Politisierung
College
University of Freiburg
Grade
1,7
Author
Year
2007
Pages
33
Catalog Number
V85184
ISBN (eBook)
9783638006101
File size
554 KB
Language
German
Keywords
Bundesrat, Diskussion, Politisierung
Quote paper
Claudia Fischer (Author), 2007, Der deutsche Bundesrat und die Diskussion um seine Politisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85184

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