Schönbergs und Georges "Sprich nicht immer von dem Laub". Analyse von Lied und Gedicht


Trabajo de Seminario, 2016

23 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Entstehungsgeschichte und kurzer Überblick

2. Analyse des 14. Gedichts „Sprich nicht immer von dem Laub“

3. Analyse des 14. Liedes „Sprich nicht immer von dem Laub“
3.1 T. 2- 4 erstes Viertel
Der Vokalpart. Rhythmische Struktur
Melodische Struktur. T. 2- 4 erstes Viertel
Der Klavierpart
3.2 T. 4 – 7 erstes Viertel. Rhythmische und melodische Struktur
Vokalpart
Klavierpart
3.3 T. 8 – Ende. Rhythmische und melodische Struktur
Vokal- und Klavierpart

4. Hierarchie der Töne

5. Dynamik

6. Musikalische Prosa

Literaturverzeichnis

1. Entstehungsgeschichte und kurzer Überblick

Schönbergs Zyklus Das Buch der hängenden Gärten op. 15 umfasst fünfzehn Gedichte von Stefan George. Schönberg verwendete einen Ausschnitt aus dem Georges Gedichtband Die Bücher der Hirte- und Preisgedichte[,] der Sagen und Sänge und der Hängenden Gärten, den George Ende des 19. Jahrhunderts geschrieben hat. Der Band besteht aus drei Büchern. Das Buch der hängenden Gärten ist das letzte in dem Band. Das Buch ist auch in drei Abschnitte gegliedert. Die Gliederung wurde jeweils durch das leere Blatt angedeutet. Schönberg hat für seinen Zyklus den zweiten Abschnitt gewählt. In seinem Zyklus ließ der Komponist die ursprüngliche Reihenfolge der Gedichte. Er vertonte die Gedichte innerhalb eines Jahres, nämlich ab März 1908 bis März 1909, gerade während der Atonalität-Phase seines Schaffens.[1] Da die Logik der harmonischen Entwicklung bei der Atonalität aufgegeben wurde, entstand das Problem der musikalischen Form.

„Im 18. und 19 Jahrhundert wurde der Weg der entwickelnden Variation von Motiven einerseits durch den Gang der tonalen Harmonik und andererseits durch die wechselnden Funktionen, die in den verschiedenen Phasen eines Satzes in Sonaten-, Konzert- oder Rondoform erfüllt werden mußten, vorgezeichnet und zugleich ästhetisch plausibel gemacht. Dagegen ist es unter der Voraussetzungen der Atonalität schwierig, ästhetisch-kompositionstechnisch zu begründen, warum eine bestimmte Variante und nicht irgendeine andere die Fortsetzung eines Motivs bildet.“[2]

Der Komponist verweist darauf, dass zur diesen Phase man gerne den Text verwendet hat, der als eine Stütze für Musik dienen sollte. Wie aus dem Schönbergs Artikel „Das Verhältnis zum Text“ folgt, teilt Schönberg die Idee von Schopenhauer, dass die Musik „das innerste Wesen der Welt“ eröffnet. Der Text spielt also keine primäre, sondern sekundäre Rolle, nämlich soll der Text das Gerüst für die Musik geben. Dennoch schreibt Schönberg über den musikalischen Einfall, der während der ersten Berührung mit dem „Anfangsklang“ des Textes, kam. Das Wort „Anfangsklang“ ist offensichtlich bewusst gewählt, denn das Wort vermittelt bestimmte Musikalität der Sprache, nicht aber den Sinn des Textes an sich.[3]

„Noch entscheidender... war mir die Tatsache, daß ich viele meiner Lieder, berauscht von dem Anfangsklang der ersten Textworte, ohne mich auch nur im geringsten um den weiteren Verlauf der poetischen Vorgänge zu kümmern, ja ohne diese im Taumel des Komponierens auch nur im geringsten zu erfassen, zu Ende geschrieben und erst nach Tagen darauf kam, nachzusehen, was denn eigentlich der poetische Inhalt meines Liedes sei. Wobei sich dann zu meinem größten Erstaunen herausstellte, daß ich niemals dem Dichter voller gerecht geworden bin, als wenn ich, geführt von der ersten unmittlelbaren Berührung mit dem Anfangsklang alles erriet, was diesem Anfangsklang offenbar mit Notwendigkeit folgen musste...[...] So hatte ich [...] Stefan Georges Gedichte bloß aus dem Klang heraus vollständig vernommen.“[4]

In dem Zyklus handelt es sich um eine verbotene Liebe. Das erste Gedicht verrät dem Leser den Handlungsort, das ist nämlich ein orientalischer Garten. Die aufblühenden Gefühle werden im Bild einer Kerze dargelegt, die den Garten in Flammen zu versetzen droht. In dem zweiten Gedicht wird der wunderschöne Garten beschrieben, der den Liebenden aber kalt lässt, denn er träumt nur von seiner Geliebten. Aus dem nächsten Gedicht erfährt man, dass die Liebe zum aller ersten mal den Protagonisten ergriffen hat. In dem viertem Gedicht wird angespielt, dass die Frau bereits einem anderen Mann versprochen sei. Die Offenbarung solcher Liebe könnte also, nach dem Brauch des Orients, zu einer Todesstrafe führen. Die Leidenschaft steigt in den nächsten drei Gedichten bis zu dem Hochpunkt in dem 8. Gedicht, in dem die Seele des Liebenden mit einer zu stark gespannten Sehne verglichen wird, die ohne Erfüllung reißen wird. In dem neunten Gedicht kommt die Liebe zur Erfüllung. Somit gliedert sich der Zyklus in zwei Teile, nämlich vor und nach der Erfüllung der Liebe. In dem 10. Gedicht wird die erotische Wonne bildlich beschrieben. In diesem Gedicht wird die Seligkeit für die kurze Zeit erreicht. In dem 11. Gedicht spürt man jedenfalls während des Zusammenseins den Beigeschmack der Einsamkeit. In dem nächsten Gedicht ist das Paar so in ihren Gefühlen versunken, dass die Gefahr der Entdeckung und der Strafe es unberührt lässt. Im nächsten Gedicht, in dem die Geliebte von Ferne bewundert wird, spürt man durch die körperliche Distanz zwischen den Liebenden den Hauch der kommenden Trennung. Die bevorstehende Trennung wird in dem 14. Gedicht schon offensichtlich. Wie die Jahreszeiten wechseln, so wandelbar sind auch die Gefühle. Die Liebe ähnelt einer Frucht, die reif auf den Boden fällt. Man spürt den Atem des Herbstes. Das Bild der brennenden Kerzen kommt wieder vor und wird umgedeutet. Die Flamme wird nicht mehr als zündend, sondern als wandelbar flimmernd bezeichnet. In dem letzten Gedicht erinnert sich der Protagonist noch einmal an die glücklichen Tage. Er nimmt aber die Trennung an und bleibt allein in dem herbstlichen Garten. Mit dem Bild der Nacht, wird nochmal ein Bogen zu dem ersten Gedicht der Reihe gemacht.[5]

In dem Zyklus haben sich unterschiedliche kulturelle Einflüsse und auch die persönliche Situation des Dichters verschmolzen. In dem Vorwort zu dem Band vom Jahr 1894 stand, dass die Gedichte „spiegelung einer seele, die vorübergehend in andere zeiten und örtlichkeiten geflohen ist und sich dort gewiegt hat“.[6] Wie schon erwähnt wurde, spürt man in dem Zyklus orientalische Züge. Ernst Morwitz, der George persönlich kannte, schrieb, dass George einen türkischen Vorfahren von der Seite seiner Mutter ahnte, was ihm das Gefühl der Zugehörigkeit zur orientalischen Kultur zu gegeben schien.[7] Außerdem ist es bekannt, dass Petrarcas Schaffen eine besondere Rolle für George gespielt hat. Man kann die Gemeinsamkeiten des Georges Zyklus und des Petrarcas Schaffens erkennen. Petrarca hat schon im 14. Jahrhundert „die Beziehung der Liebenden im hierarchischen Dienst- und Gefolgschafts-System der höfisch-ritterlichen Gesellschaft“[8] thematisiert. Auch in Georges Zyklus macht der Liebende sich zum Diener der Geliebten. In Schaffen der beiden Dichter sind „Nobilität, Indirektheit, Chiffrierung, Maske und preziöses Rollenspiel“[9] zu erkennen. Am Rande soll bemerkt werden, dass auch Schönberg die Affinität zum Petrarca empfand, denn er hatte mehrmals seine Gedichte vertont, nämlich im „Sechs Lieder“ Op. 8 und in seinem ersten zwölftönigen Werk Serenade op. 24 in dem Schluss-Satz. Unter anderem hat die persönliche Situation Georges einen Nachklang in diesen 15 Gedichten gefunden. Ida Coblenz, die zu einem anderen Dichter, nämlich zum Richard Dehmel ein Liebesverhältnis hatte und ihn auch letztendlich heiratete, war die einzige Frau, in die Stefan George mal verliebt war. An sie sind mehrere Georges Gedichte und „Ein letzter Brief“, in dem eine bittere Abschiedsrede geschieht, gerichtet.

Diese Nuancen des Gefühlslebens von Georges blieben dem Schönberg natürlich verborgen und würden ihn höchstwahrscheinlich auch nicht interessieren. Denn die Kunst soll nach Schönberg nicht die persönliche Lage repräsentieren, sondern die „höhere Wirklichkeit“ offenbaren.[10] Er fand in Georges Gedichten ein Ausdrucks- und Formideal:

„Mit den Liedern nach George ist es mir zum erstenmal gelungen, einem Ausdrucks- und Formideal näherzukommen, das mir seit Jahren vorschwebt. Es zu verwirklichen, gebrach es mir bis dahin an Kraft und Sicherheit. Nun ich aber diese Bahn endgültig betreten habe, bin ich mir bewusst, alle Schranken einer vergangenen Ästhetik durchbrochen zu haben“.[11]

2. Analyse des 14. Gedichts „Sprich nicht immer von dem Laub“

Der Anfangsklang hat den Komponisten inspiriert und ihn in seinem gesamten Kompositionsverlauf geführt. Trotz geringere Bedeutung, die Schönberg der Gedicht-Analyse beigemessen hat, widme ich mich zunächst dem Text.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten12

In drei letzten Gedichten erfährt die Bewusstwerdung der Trennung eine Entwicklung von einer Vorahnung im 13. Gedicht bis zur einen Annahme (fast Resignation) in dem 15. Gedicht. In dem 14. Gedicht wird kein direktes Wort über den Abschied verloren. Es werden aber mehrere Bilder „gemalt“, die das Erlöschen der Gefühle darstellen. Zum Teil werden dabei die Bilder des 1. Gedichts aufgegriffen. Das grüne Laub aus dem ersten Gedicht wird zur abgefallenen Beute des Windes in dem 14. Gedicht. Die Kerzenflamme wird zum Symbol der Wandelbarkeit. Dazu kommen noch andere Bilder, nämlich des Zitterns der Libellen vor Unwetter und Zertrümmern der reifen Quitten. „Bewegungen spiegeln sich in Bildern, die – als Optisch-Äußeres – schmerzhafte seelische Regungen repräsentieren.“[13] Vier erste Bilder sind mittels der Präposition „von“ an einander gereiht. Das letzte Bild rundet die Bildreihe mit der Konjuktion „und“ ab.

Das Gedicht hat 14 Zeilen und ist ein zweihebiger Trochäus mit überwiegend weiblichem Ausgang. Das ist das einzige zweihebige Gedicht in dem Zyklus. Die Zweihebigkeit droht in doppelauftaktige Einhebigkeit umzukippen. Denn die Endbetonung ist oft gewichtiger, da am Anfang der Zeilen zweitrangige Worte (solche wie Artikel und Präpositionen) stehen. Dies betrifft fast alle Zeilen 2, 4, 6, 7, 9, 10, 11, 12, 13 des Gedichts. Reinhold Brinkmann meint, dass der Vers sich in Prosa aufzulösen neigt. Dies kann jedenfalls eine konzipierte Konstruktion sein: „das Zerstörende der Realität dringt in die Ordnung des Gebildes ein“.[14]

In acht Zeilen fällt die Hauptbetonung auf den Vokal -i- und wird danach mit dem Vokal -e- auf die Senkung geendet (Z. 1, 5, 6, 7, 9, 11, 12, 13)

Der Verstyp in diesen acht Zeilen sieht folgend aus: X x X x

- - i -e

Die erste Zeile ist jedenfalls eine Variante dieses Verstypes, denn da liegt die Hauptbetonung auf der ersten Hebung. Ausserdem gibt es in dem Vers zwei Zeilen, die diesen Verstyp mit dem Vokalprofil -e-e- (Z. 4, 10) variieren. Noch einen Verstyp bilden die Zeilen mit der männlichen Kadenz (Z. 2, 3, 8, 14). Das Vokalprofil weist zweimal den Vokal au- und zweimal a- auf.[15] Bemerkenswert ist, dass Zeilen mit einer männlichen Kadenz das Gedicht in drei Abschnitte gliedern. Diese Gliederung übernimmt später Schönberg in seiner Vertonung.

Das Reimschema ist ziemlich kompliziert (S. das Gedicht oben). Die sich reimende Verszeilen stehen fast immer weit von einander, dabei bildet das a-Reimpaar den weiteste Bogen (11 Zeilen). Es gibt jedenfalls zwei Ausnahmen, nämlich stehen am Anfang des Gedichts zwei Paare sich reimenden Verszeilen nebeneinander (2. und 3, 5. und 6. Z.). Dieses Reimschema lässt an eine bewusste Verbildlichung der Trennung eines Paares denken.

Die Verben werden in dem Gedicht entweder durch Auslassen oder Substantivierung vermieden. Es gibt nur ein einziges Verb mit dem Negation-Adverb in der 1. Zeile „sprich nicht“, das die folgende Bilder vertreiben will. „So redet das Gedicht ständig von Dingen, über die zu schweigen es selbst beschwört; indem es spricht, sagt es zugleich 'Sprich nicht'. Oder umgekehrt: die Beredtheit des Sprechens, die das Bedrängende bannen will, läßt dieses nur mächtiger erstehen.“[16] So bekommt die Kopfzeile eine besondere Rolle, von der alle folgende Bilder abhängig sind.[17]

3. Analyse des 14. Liedes „Sprich nicht immer von dem Laub“

3.1 T. 2- 4 erstes Viertel

Der Vokalpart. Rhythmische Struktur

Schönberg wählt für das Stück den 6/8 – Takt, der mit dem trochäischen Metrum des Gedichtes kongruiert. Dennoch kommt die als erste einfallende rhythmische Organisation, die dem Metrum direkt entsprechen würde (S. Bsp. 1) nicht vor. In diesem Fall würde jede Verszeile einen Takt füllen. (Abb.1)

[...]


[1] Theo Hirsbrunner, Das Buch der Hängenden Gärten op.15, in Arnold Schönberg. Interpretationen seiner Werke Bd. I, S. 196-202

[2] Carl Dahlhaus, Das Verhältnis zum Text. Zur Entwicklung von Arnold Schönbergs musikalischer Poetik, in Gesammelte Schriften 8, S. 740

[3] Ebda, S.741-743

[4] Arnold Schönberg; Das Verhältnis zum Text, in: Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik. Bd. 1, S. 5

[5] Ernst Morwitz, Kommentar zu dem Werk Stefan Georges, S. 91-101

[6] SW III, S.7

[7] Ernst Morwitz, Kommentar zu dem Werk Stefan Georges, S. 92

[8] Peter Horst Neumann, Schönberg vertont Stefan George, in George Jahrbuch 6, S.157

[9] Ebd. S. 158

[10] Vrgl. Arnold Schönberg; Das Verhältnis zum Text, in: Stil und Gedanke. Aufsätze zur Musik. Bd. 1, S. 5-6

[11] Hier zit. nach: Peter Horst Neumann, Schönberg vertont Stefan George, in George Jahrbuch 6, S.155

[12] Stefan George, Die bücher der Hirten- und Preisgedichte der Sagen und Sänge und der hängenden Gärten, S. 111

[13] Reinhold Brinkmann, Schönberg und George. Interpretation eines Liedes, S. 6

[14] Konstantin Voigt, Vers und Atonalität, S. 9

[15] Ebda, S. 26

[16] Ebda, S.9

[17] Ebda, S. 9-10

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Schönbergs und Georges "Sprich nicht immer von dem Laub". Analyse von Lied und Gedicht
Universidad
University of Freiburg
Curso
Masterseminar
Calificación
1,3
Autor
Año
2016
Páginas
23
No. de catálogo
V512355
ISBN (Ebook)
9783346094032
ISBN (Libro)
9783346094049
Idioma
Alemán
Palabras clave
zweite Wienerschule, Schönberg George Lied Gesang
Citar trabajo
Oksana Danych (Autor), 2016, Schönbergs und Georges "Sprich nicht immer von dem Laub". Analyse von Lied und Gedicht, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/512355

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