"Die Behauptung, daß das Hebräische die heilige Ursprache sei, wie sie das ganze Mittelalter hindurch bis in die frühe Neuzeit bei uns gängig war, wird an keiner Stelle im Alten Testament erhoben. […] Wo es – mehr nebenbei – auch einmal auf die Herkunft und die Funktion der Sprache zu sprechen kommt, da geht es ihm nicht um das Hebräische, sondern um die Sprache als Menschheitsphänomen." Diese Aussage verdeutlicht, dass die Frage nach dem Sprachursprung nicht nur eine sprachwissenschaftliche, sondern auch eine theologische Frage ist. Demnach ist die Frage nach dem Sprachursprung auch immer eine Frage des Glaubens.
In der Antike und im Mittelalter hat der Glaube einen hohen Stellenwert im Leben der Menschen, da die Bibel damals noch als faktuales Werk verstanden wird. Daher wird die Antwort auf die Frage nach dem Sprachursprung in der Bibel gesucht. In der heutigen Zeit hat der Glaube seinen hohen Stellenwert verloren, da die Bibel nur noch als fiktionales Werk aufgefasst wird. Deshalb wird die Antwort auf die Frage nach dem Sprachursprung nicht mehr in der Bibel gesucht. Wenn die Bibel jedoch als literarisches Werk gelesen wird, dann kann der darin beschriebene Sprachursprung nicht nur für die Theologie, sondern auch für die Sprachwissenschaft ausgelegt werden.
Bei einer Analyse der Bibel muss jedoch auf verschiedene Besonderheiten geachtet werden. Zum einen existieren viele Übersetzungen und Überlieferungen der Bibel, die den eigentlichen Sinn verändern können. Das Deutsche besitzt daher möglicherweise keine passende Übersetzung für manche Aussagen. Zum anderen sind die meisten Autoren der Bibel unbekannt. Deshalb kann die Legitimation ihrer Aussagen nicht widerlegt, aber auch nicht bestätigt werden. Des Weiteren besteht die Bibel aus einem Kanon ausgewählter Texte. Dadurch fehlen vielleicht einige Texte, die den Sinn der gesamten Bibel verändern könnten. Außerdem sorgt die Zweiteilung der Bibel in das Alte und Neue Testament dafür, dass verschiedene Lesarten entstehen. Einerseits können die beiden Teile einzeln voneinander verstanden werden, aber andererseits können sie auch miteinander verglichen werden.
Zuletzt enthält die Bibel viele Bilder, Metaphern, Geschichten und Formeln, die häufig wiederholt werden. Daher muss nicht nur die sprachliche Thematik, sondern auch die sprachliche Gestaltung der Bibel betrachtet werden. Die genannten Besonderheiten verdeutlichen bereits, dass die Bibel als literarisches Werk vielseitig gedeutet werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Bibel
- Der Anfang der Sprache
- Gott und das Wort
- Ich-bin-Worte von Jesus
- Die Ambivalenz der Sprache
- Gebrauch gegen Missbrauch
- Vielfalt gegen Einheit
- Der Anfang der Sprache
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Untersuchung analysiert das Sprachverständnis in der Bibel und untersucht, inwiefern die Schöpfungsgeschichte als Sprachursprungsgeschichte gelesen werden kann. Die Arbeit geht der Frage nach, welche Bedeutung die Sprache in der Bibel hat und welche Rolle sie in der Entstehung der Welt spielt.
- Die Bedeutung der Sprache in der Schöpfungsgeschichte
- Die Verbindung von Gott und Sprache in der Bibel
- Die Ambivalenz der Sprache in der Bibel
- Die Rolle der Bibel als literarisches Werk
- Die Vielseitigkeit der Interpretation der Bibel
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Frage nach dem Sprachursprung in der Bibel dar und erläutert die Besonderheiten des Textes, die bei einer Analyse zu berücksichtigen sind. Kapitel 2 untersucht den Anfang der Sprache in der Bibel, indem es die Schöpfungsgeschichte in der Genesis und den Prolog des Johannesevangeliums analysiert. Dabei wird insbesondere die Bedeutung des Wortes Gottes in der Schöpfung hervorgehoben. Im Unterkapitel 2.1.1 "Gott und das Wort" wird die Schöpfungsgeschichte der Genesis genauer betrachtet und die Rolle des Wortes Gottes in der Erschaffung der Welt beleuchtet. Die Analyse zeigt, dass die Sprache in der Bibel nicht nur ein Mittel zum Zweck ist, sondern selbst schöpferische Kraft besitzt. Der Aufbau der Schöpfungsgeschichte wird als semantische Formulierung interpretiert, die die Einheit von Gott und Sprache unterstreicht.
Schlüsselwörter
Schöpfungsgeschichte, Sprachursprung, Bibel, Gott, Wort, Sprache, Schöpfung, Hermeneutik, Theologie, Sprachphilosophie, Semantik, Genesis, Johannesevangelium, Ich-bin-Worte.
- Arbeit zitieren
- Sophia Rohan (Autor:in), 2019, Die Schöpfungsgeschichte als Geschichte vom Ursprung der Sprache. Zum Sprachverständnis in der Bibel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/514888