Nachhaltige Ernährung und Biolebensmittelkonsum


Seminararbeit, 2008

30 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1. Einleitung

2. Das Konzept nachhaltiger Ernährung
2.1 Klassische Ernährungsziele
2.2 Ernährungsbezogene Umweltziele
2.3 Ernährungsbezogene Gesundheitsziele
2.4 Ernährungsbezogene strukturelle Ziele

3. Ernährungshandeln im Alltag
3.1 Ernährungsstile im Alltag

4. Ein Beitrag zu nachhaltiger Ernährung - Biolebensmittel
4.1 Die Bedeutung der Lebensqualität
4.2 Wer kauft eigentlich Bio?

5. Lösungsansätze – Fazit

Literaturliste

„Wer auf einen Punkt zugeht, entfernt sich eben

dadurch von einem anderen Punkt. Jeder aber,

der sündigt, geht auf ein wandelbares Gut zu.

Also entfernt er sich von einem unwandelbaren

Gut. Also begeht er eine Todsünde.“

Thomas von Aquin

Vorwort

Die heutige Ernährungssituation im deutschsprachigen Raum ist nicht nachhaltig. Deutschland in etwa schafft es nicht, angemessen mit dem vorhandenen Nahrungswohlstand umzugehen. Hingegen existieren auf der ganzen Welt - auch insbesondere momentan wieder aufgrund der drastisch steigenden Lebensmittelpreise – Diskussionen darüber, wie Nahrungssicherheit geschaffen werden kann. Die Probleme entspringen aus mehreren Richtungen. Angefangen beim Umgang mit natürlichen Ressourcen: die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft sind von so großem Auswuchs, dass sie von Erosion, Versalzung und Bodendegradation bis zu Nährstoffeinträgen, Schadstoffbelastungen von Gewässern und Böden durch Einsatz von Pestiziden reichen. Des Weiteren gibt es Probleme hinsichtlich der Gesundheit der (Welt-) Bevölkerung: ernährungsbedingte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Nahrungsmittelallergien nehmen enorm zu, und auf der einen Seite leidet ein Teil der gesamten Weltbevölkerung an Übergewicht während ein anderer Teil immer noch unterernährt ist.

Ein anderes Problem ist, dass es zwar eine große Menge an Einzelzielen nachhaltiger Entwicklung gibt, die von Organisationen und Institutionen aus unterschiedlichen Zusammenhängen formuliert worden sind, es fehlen jedoch leider jegliche Konzepte und konkrete Vorstellungen nachhaltiger Ernährung.

Basierend auf diesen Problemstellungen wurde 2002 in Deutschland ein über dreijähriges Projekt namens „Ernährungswende – Strategien für sozialökologische Transformation im gesellschaftlichen Handlungsfeld Umwelt-Ernährung-Gesundheit“ durchgeführt, in dem die vielfältigen und teils widersprüchlichen normativen Vorstellungen von „nachhaltiger“, „gesunder“ und „richtiger“ Ernährung erfasst und darauf aufbauend Ziele nachhaltiger Ernährung erarbeitet wurden. (vgl. Eberle, 2006, S.9 ff)

In meiner vorliegenden Arbeit will ich nicht nur einen Teil dieses Projektes der „Ernährungswende“ vorstellen, sondern auch auf das derzeitige Ernährungsverhalten der Gesellschaft näher eingehen, was direkt mit dem Konsum von Lebensmitteln aus biologischer Landwirtschaft verbunden ist. Hierbei stellt sich die spannende Frage: wer isst eigentlich Bio-Lebensmittel? Auch hier möchte ich einen Auszug einer Projektarbeit vorstellen, in der die Motivlagen und Faktoren für den Kauf biologischer Nahrungsmittel ermittelt wurden. Vorab ist schon mal zu erwähnen, dass erhebliche Differenzen hinsichtlich der Gewichtung einzelner Aspekte wie Gesundheit, Geschmack, Regionalität und Preis bestehen. Aus diesem Grund entscheidet die individuelle Qualitätswahrnehmung darüber, was als Wert- oder Produktnutzen angesehen wird und mit dem Kauf eines dementsprechenden Produktes honoriert wird. Die Ergebnisse dieses Projektes führen uns wieder an die Ausgangslage der Problemstellung einer nachhaltigen Ernährung, denn wenn es so enorm unterschiedliche Gewichtungen beim Kauf von biologischen und somit umweltverträglichen Lebensmitteln gibt, ist es immer schwierig einen Konsens zu finden.

In meiner Arbeit möchte ich vor allem auf die Frage eingehen, in wie weit nachhaltige Ernährung im Sinne einer Sozial- und Umweltverträglichkeit realisierbar und umsetzbar ist.

1. Einleitung

Die gesamte Geschichte der Menschheit ist vom Anfang an und im wesentlichen Teil eine Sozialgeschichte des Essens. Sie war immer ein Kampf gegen den Hunger und den Durst, der seit Beginn eine der wichtigsten Triebfedern sowohl der Weltgeschichte als auch in der Politik geblieben ist. Auch bei uns im mitteleuropäischen Raum gab es bis in die 1950er Jahre Todesopfer wegen Hungersnöten und auch heute verhungern Millionen Menschen jährlich auf der ganzen Welt. (vgl. Neumann, 2004, S.16)

Ernährung steht im Bezug zu unserer Umwelt und Gesundheit und findet in Verbindung mit Alltagshandeln statt. Ernährung hat sich auch in Deutschland und Österreich zu einem gesellschaftlichen Dauerproblem entwickelt: die BSE-Krise in Europa, der Gammelfleisch-Skandal in Deutschland, die zunehmende Fettleibigkeit von der Gesamtbevölkerung und der rasante Anstieg der Lebensmittelpreise sind nur einige Beispiele dafür. Aus diesen Gründen, die nicht nur eine Herausforderung für Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sind, muss sich die Bevölkerung die Frage stellen, wie sie sich ernähren will anstatt wie sich jeder Einzelne ernähren soll. Dabei sollten nicht nur die Bedürfnisse und Handlungsspielräume der KonsumentInnen berücksichtigt werden, sondern auch der angemessene Umgang mit natürlichen Ressourcen und die Kosten für Ernährung die dessen gesundheitsfördernde Gestaltung – was die Gegenwart und auch die Zukunft betrifft. Eine erfolgreiche Ernährungswende in Richtung Nachhaltigkeit ist dann gegeben, wenn die Ernährung der Bevölkerung umweltverträglich und gesundheitsfördernd, gleichzeitig aber auch alltagstauglich und soziokulturell angepasst ist. Der ökologische Anbau erhielt dabei eine wesentliche Leitfunktion. (vgl. Brand, 2006, S.145)

Direkt in Zusammenhang mit Ernährung steht vor allem – wenn es um alltagstauglicher Ernährung geht - das Außer-Haus-Essen (sowohl von berufstätigen Erwachsenen als auch von Kindergartenkindern, Schülern und Studenten) und damit das Fast Food. Zappt man sich durch deutsche Fernsehkanäle, fällt einem auf, dass es noch nie so viele Kochsendungen und Reportagen über das Essen gab wie heute. Auch Kochbücher, Rezepthefte und Ernährungsbroschüren schießen in regelmäßigen Abständen in die Regale. Und trotz all dieser Überangebote an Koch-, Rezept- und Ernährungsvorschläge wird noch nie so wenig selbst gekocht wie heute. Auf das Fast Food möchte ich später noch einmal zurückkommen.

Im wesentlichen ist es nötig – das zeigten die Ergebnisse der Untersuchungen zur Gestaltung einer Ernährungswende – dass bezüglich den Ernährungskonzepten Vorsorge getroffen werden muss, und zwar einerseits zum Schutz der Umwelt und andererseits zur Förderung der Gesundheit. Umwelt- und Gesundheitsbelastungen sollen weitgehend reduziert werden um die Umweltqualität und gesundheitsfördernde Lebensbedingungen zu steigern. Dazu benötigt es vor allem Verantwortung, an der es für eine nachhaltige Ernährungsumsetzung jedoch noch mangelt. Somit ist es wichtig, dass alle Akteure im Handlungsfeld Umwelt-Ernährung-Gesundheit einen Teil der Verantwortung übernehmen und ihre Kompetenzen stärken, um ihr Handeln nach einer Nachhaltigkeit auszurichten. Mit Kompetenzen sind nicht nur Kochkompetenzen relevant sondern auch die Konsum-, Finanz- und Gesundheitskompetenzen und die Kompetenz Informationen beschaffen, auswählen und beurteilen zu können. Ob die Vermittlung dieser Kompetenzen von KonsumentInnen gewünscht ist, hängt von der Kommunikation dessen ab, ob nachhaltige Ernährung als gesellschaftlich erstrebenswert gilt. Aufgrund dessen werde ich später in meiner auf die Typologie der Ernährungsstile eingehen, die verdeutlicht, dass Bedürfnisse und Motive bezüglich Ernährung, Umwelt und Gesundheit differenziert sind und deshalb an die Vermittlung von Kompetenzen unterschiedlich herangegangen werden muss. (vgl. Eberle, 2006, S. 14 ff)

2. Das Konzept nachhaltiger Ernährung

Die konkrete Bestimmung von „nachhaltiger Ernährung“ ist sehr anspruchsvoll und selbst in Fachkreisen äußerst umstritten. Sie ist situations- und kontextbedingt, was vor allem die Saison, Region, Zubereitungsweise und den Ernährungsstil betrifft. Nach Zeiten wie zur BSE-Krise, Dioxin und Gammelfleisch muss man sich besonders Gedanken darüber machen, wie man Verbraucher dafür sensibilisieren kann, eine nachhaltige Ernährung zu pflegen, insbesondere auch aus dem Grund, weil die allseitig verfügbaren und global gehandelten Lebensmittel mit niedrigem Preisniveau ohne Rücksicht auf soziale und ökologische Ressourcen unter starkem Wettbewerbsdruck stehen. (vgl. Brand, 2006, S.149) Die BSE-Krise war sicherlich eines der dunkelsten Kapitel der europäischen Landwirtschaftspolitik. Leugnung, Verdrängung, Erpressung, Täuschung und Hintergehung ziehen sich durch die gesamte Affäre, denn obwohl die Tatsachen längst inhaltsstark und beweiskräftig auf dem Tisch lagen, haben Experten versucht die Krise zu vertuschen, der Öffentlichkeit und somit den Konsumenten etwas vorzumachen, das längst nicht mehr vertretbar war. „Man muss die BSE-Krise so klein wie möglich halten, indem man Desinformation betreibt.“, lautet eine Aktennotiz des Veterinärausschusses der Europäischen Union 1990, und das obwohl die Gefährlichkeit von BSE 1987 ausdrücklich dargestellt wurde. Der Agrarrat der EU schwieg ebenfalls zwischen 1990-1994 zu diesem Thema. Der BSE-Skandal war keine Störung in der Landwirtschaft, sondern vielmehr eine komplette Fehlentwicklung der Agrarpolitik. Die Gier als „wandelbares Gut“ – in den Worten von Thomas von Aquin ausgedrückt – und die absolute Verantwortungslosigkeit waren die eigentlich treibende Kraft in dem Ganzen. (vgl. Lampert, 2005, S.43 f)

Spätestens seit der Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro 1992 besteht auf allgemeiner Ebene ein breiter Konsens in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft über das Thema Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung. Laut Brundtland-Bericht versteht man unter einer nachhaltigen Entwicklung eine Entwicklung, die den Bedürfnissen heutiger Generationen Rechnung trägt, ohne dabei den zukünftigen Generationen diese Chancen zu nehmen. Dabei geht es nicht nur um die Sicherung natürlicher Lebensgrundlagen, sondern auch um die wirtschaftliche Entwicklung und um soziale Gerechtigkeit. Wird diesen drei Punkten einheitlich nachgegangen, kann die menschliche Entwicklung auf Dauer gesichert sein.

Die nachhaltige Entwicklung ist ein Prozess, der aktiv, offen und dynamisch gestaltet werden muss. Der Entwicklungsprozess bezieht sich alleine auf die Ziele und Handlungsmöglichkeiten gesellschaftlicher Akteure. Der Begriff der Nachhaltigkeit muss daher immer in Relation zu anderen Begriffen verwendet werden, um ihn von weniger nachhaltigen Zuständen abzugrenzen und bewerten zu können. (vgl. Eberle, 2006, S. 3 ff) Wenn aber aufgrund der Marktmacht großer Handelsunternehmen zugleich die ideellen Zielsetzungen des biologischen Landbaus und der Anteil regionaler Erzeuger an Bedeutung verlieren, wird auch die Bereitschaft der Konsumenten, einen Aufpreis für den gesellschaftlichen Zusatznutzen der Bioprodukte zu zahlen , untergraben. Wenn die Verbraucher besser bedient werden, wenn zielgruppen- und kontextspezifische Motivlagen durch die Angebotsgestaltung, durch Marketing und Ernährungskommunikation stärker angesprochen und damit Bio-Produkte wesentlich mehr nachgefragt werden, so würde dies zwangsläufig auch die Konventionalisierung des Biomarktes und dessen Anpassung an Strukturen und Trends des konventionellen Lebensmittsektors. (vgl. Brand, 2006, S.253)

Redet man von nachhaltiger Ernährung, redet man unabdinglich von Umweltverträglichkeit. Das betrifft sowohl den Erhalt biologischer Vielfalt genauso wie den Gewässer-, Boden- und Klimaschutz und die Vermeidung von Umweltbelastungen durch Erzeugung, Verarbeitung und Konsum von Lebensmitteln. Dazu gehört auch, möglichst vorausschauend Umweltrisiken zu senken und entsprechende Angebote zu schaffen, die eine umweltverträgliche Ernährung fördern. Nachhaltige Ernährung ist außerdem gesundheitsfördernd, worunter nicht nur die Vermeidung einer Fehl- und Mangelernährung fallen, sondern auch die Schaffung eines körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens. Eine gesundheitsfördernde Ernährung erfordert neben der ausreichenden Versorgung mit gesunden Lebensmitteln eine dementsprechende Veränderung des Alltages in allen Institutionen wie Schulen, Krankenhäusern, Firmen etc. und muss somit in die Arbeit, in die Pausen, die Bewegung und andere Tagesabläufe miteinbezogen werden. Nachhaltige Ernährung muss leicht in die Alltagsroutinen eingebaut werden können und damit selbst zur Routine werden. Die Arbeit im Haushalt hinsichtlich der Ernährung soll erleichter und nicht erschwert werden. Dazu müssen aber Informationen weitergeleitet, kommuniziert und so vermittelt werden, dass sie komplexe Vorgänge vorwegnimmt und einfach Orientierung bietet.

Ernährung besitzt immer eine Art von Symbolik und hat die Funktion eines Mediums sozialer Bestimmung. Aus diesem Grund muss nachhaltige Ernährung im Alltag unterschiedliche Formen von Ernährungshandeln zulassen um eine soziokulturelle Vielfalt und verschiedene Ernährungspraktiken aufrecht zu erhalten. All diese Ziele sind nicht ohne Weiteres widerspruchsfrei, denn so sind z.B. hoch verarbeitete, tiefgekühlte, Fertiggerichte oder so genannte Convenience Produkte in ihrer Herstellung mit einer höheren Umweltbelastung verbunden, erlauben aber Entlastung im Alltag. Dieser Konflikt könnte z.B. durch den Konsum von Fertiggerichten aus biologischem Anbau gelöst werden, besonders, wenn unter fairen Bedingungen gehandelt wurde.

[...]

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Nachhaltige Ernährung und Biolebensmittelkonsum
Hochschule
Universität Salzburg  (Soziologie)
Veranstaltung
Seminar Umweltsoziologie
Note
2
Autor
Jahr
2008
Seiten
30
Katalognummer
V129408
ISBN (eBook)
9783640365197
ISBN (Buch)
9783640364923
Dateigröße
466 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachhaltige, Ernährung, Biolebensmittelkonsum
Arbeit zitieren
Claudia Gruber (Autor:in), 2008, Nachhaltige Ernährung und Biolebensmittelkonsum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129408

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Nachhaltige Ernährung und Biolebensmittelkonsum



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden