Alltagsmoral und Kohlberg`s Stufenschema der Moral


Referat / Aufsatz (Schule), 2000

5 Seiten


Leseprobe


Zu: Alltagsmoral und Kohlbergs Stufenschema der Moral

Ich werde in meiner Arbeit zuerst die verschiedenen Erscheinungsformen des alltäglichen Moralverhaltens nennen und versuchen jeweils ein konkretes Beispiel, wenn möglich aus dem Leben der heutigen Jugend, zu finden.

Danach beziehe ich die gefundenen Ergebnisse auf Kohlbergs Stufenschema und wäge die Auswirkungen und Folgen dieser Erscheinungsformen ab. Zum Schluss werde ich meine eigenen Erfahrungen mit den Aussagen im Text vergleichen und dann dazu Stellung nehmen.

Als erste Erscheinungsform muss man wohl die Anwendungsproblematik ethischer Grundsätze nennen.

Es ist nicht selbstverständlich, dass alle Grundsätze in jeder Situation immer das Optimalverhalten bewirken. Selbst wenn sie sich in der Vergangenheit schon als „richtig“ erwiesen haben, darf man sie nicht stur anwenden ohne abzuwägen. Es ist folglich also klar, dass „Regeln“ in verschiedenen Situationen eine Bandbreite von der korrekten Umsetzung bis hin zur manipulierten Umdeutung der Situation aufweisen. Nicht die Wahrheit zu sagen kann genauso gut als Notlüge um sich selbst oder einen anderen zu schützen oder als Verschweigen oder durch mangelnde Wachsamkeit nicht dargelegte Tatsache aufgefasst werden.

Stellen sie sich folgende Situation vor:

Bei einer Party wird von Person X randaliert und Freund Y macht an die Polizei eine falsche Aussage.

Dieses Verhalten kann gut als Notlüge angesehen werden. Y wollte ja nur seinen Freund X schützen und „schummelte“ für ihn. Von X wird es vielleicht sogar als wahrer Freundschaftsbeweis ausgefasst.

Von der Polizei wird dies aber als Vergehen geahndet und könnte unter (sehr krassen) Umständen sogar gerichtlich verfolgt werden.

Die zweite und überaus wichtige Erscheinungsform der Alltagsmoral ist der ethische Relativismus.

Das bedeutet, dass man keine eindeutige Entscheidbarkeit, keine Verbindlichkeit bei moralischen Fragen aufstellen kann. Jeder der vor einer Entscheidung steht muss also die Situation in sein Umfeld integrieren, Reaktionen und Folgen für sich und andere abwägen und kann dann für sich allein seine eigene Entscheidung fällen, zu der er steht und die er durchführt. Es gibt also keine absolut wahren und immerwährend „richtigen“ Regeln, die für alle Zeit für alle Menschen gelten und die Optimallösung zufolge haben. Relativismus bedeutet, dass jeder individuell für sich entscheiden muss. Dieses Verhalten wird in Diskussionen über alle sich nur erdenklichen Themen sehr gut verdeutlicht. Wenn z.B. in der Klasse abgestimmt werden soll, wann man ins Landschulheim fahren wird, stimmt jeder für den für sich optimalsten Zeitpunkt. Es wird individuell nach der Jahreszeit, Ferien, Geburtstagen und vielen anderen persönlichen Gesichtspunkten entschieden.

Man wird es nie erleben, dass alle von Anfang an für den gleichen Zeitpunkt sind, weil es keinen allgemein „richtigen“ Zeitpunkt gibt sondern jeder subjektiv entscheidet. Trotzdem wird am Schluss ein Zeitpunkt festgelegt.

Weiterhin kennzeichnend für unser Moralverhalten ist eine Minimalmoral unseres sozialen Zusammenlebens.

Sie ist außerdem nur negativ festgeschrieben, d.h. dass nicht gesagt wird was man machen soll, sondern nur, was man nicht machen darf. Lügen, Stehlen und Töten ist verboten, dadurch weiss man aber immer noch nicht, welche positive Identität man anstreben soll - es ist keine vorgegeben.

Die Identität die man anstrebt und nach der man versucht zu leben liegt viel mehr im Besitz des Einzelnen. Man wird von der Gesellschaft und oft auch von Bekannten die einem anscheinend nahe stehen nach seinem Auto, dem Einkommen oder dem Haus beurteilt. Die inneren Werte und Regeln, die eigene Moral und Normen werden oft nicht erkannt und geschätzt. Ein gutes Beispiel hierfür ist eine Person, deren Namen ich hier nicht nennen werde.

Wenn man auf seinen Besitz, auf sein Geld und seine Aussichten in einer mehr und mehr materiellen Gesellschaft schaut, kann dieser Jemand einem nur leid tun.

Wenn man aber nur ansatzweise in sein „Inneres“ hineinschauen darf, wenn man mit ihm diskutiert, dann erkennt man, dass in diesem Menschen viel mehr Ehrlichkeit, SelbstBEWUSSTsein und Aufrichtigkeit lebt, als in kaum jemand anderem in seinem Alter. Die Menschen, die um ihn herum sind und ihn so nicht kennen könnten ihn als „kleinen, pubertären Angeber“ bezeichnen, alle anderen haben (großen) Respekt vor ihm.

Eine weitere, negative Erscheinung unsrer Moral ist der individuelle Verantwortungsverlust.

Viele, die in gesellschaftlichen Organisationen und Institutionen handeln, meinen ihre moralische Verantwortlichkeit wäre dadurch stillgelegt, die Organisationsspitze „übernähme“ die aller Mitglieder. Man geht davon aus, dass man nun „ethisch korrekt“ lebt und richtet sich dadurch nicht mehr nach bestehenden Grundsätzen. Oft verliert man dadurch auch den Überblick über die Konsequenzen seines Handelns. Man denkt, dass man nun vor allen Kritikern rechtfertigen kann und lebt in einer Illusion. Ein gutes Beispiel dafür ist, dass viele Menschen oft einen großen Betrag an Organisationen für hungernde Kinder in Afrika oder Hochwasseropfer in Frankreich spenden. Man fühlt mit, bedauert sie und spendet. Danach geht man zum vollen Kühlschrank und bereitet sich ein ausgiebiges Essen vor. Dabei verliert kaum noch jemand einen Gedanken an die hungernden Kinder, weil man ja nun seine „gute Tat“ getan hat.

Die letze von mir aufgeführte Erscheinungsform beschreibt die Ausstrahlung egoistische profitorientierten Verhaltens auf andere Lebensbereiche.

Diesesökonomische Orientierungsmuster richtet sich sehr stark nach dem Nutzen des Einzelnen. Unter Konkurrenzbildung versucht jeder die größten Vorteile für sich herauszuholen und muss so auf ethische Grundsätze und moralische Regeln verzichten. Dieser Verzicht kann sehr schnell in eine Kriminalität umschwenken, in der alles erlaubt ist, wenn man sich nicht dabei erwischen lässt.

Dieses Muster konzentriert sich aber nicht nur auf den Umgang mit anderen Menschen, das Geschäft und das Materielle sind hierbei am meisten betroffen.

Ein Beispiel dafür sind die vielen kleinen Ladendiebstähle, die niemand bemerkt und somit auf den ersten Blick einfach unter den Tisch fallen. Ich habe schon oft gehört, dass Freunde aus meinem Umfeld in diversen Geschäften Schmuck, Unterwäsche und T-Shirts geklaut haben. Wenn man sie fragt, ob sie danach kein schlechtes Gewissen hatten, bekommt man ein belächelndes Nein zu hören.

Nun zu Kohlbergs Stufenschema.

Mein erstes Beispiel wo es um die falsche Aussage von Y geht, der damit seinen Freund X hilft, muss ganz klar in die 2. Stufe der Präkonventionellen Ebene geordnet werden. Er handelt nach den Satz Ich würde mir wünschen, dass mein Freund das auch für mich tut, also tu ich das für ihn.

In dieser Stufe geht es um Ausgleich, Austausch und - in diesem Fall - um Verdienste und Freundschaftstaten. Man handelt nicht egoistisch, sondern auch immer auf den anderen bedacht.

Im zweiten Beispiel (Klassenausflug) handelt man im Wissen, dass jeder eine persönliche Meinung vertritt.

Es ist natürlich so zu handeln, das machen doch alle so.

Das ist die 3. Stufe der Konventionellen Ebene.

Meine drittes Beispiel hat seine Wurzeln in der ersten Stufe der Präkonventionellen Stufe. Jeder urteilt so über andere Menschen, wie es einem gerade in den Sinn kommt. Man überlegt sich nicht, ob es denn richtig oder falsch ist, denn man merkt keine unmittelbar eintretende Strafe für sein Tun. Ich habe Lust das zu tun, also darf ich es. Dies ist ein typisches Denkmuster hierfür.

Das Beispiel mit den Spenden muss man ebenso in die dritte Stufe der Konventionellen Ebene stellen.

Wenn ich das tue, werde ich besser angesehen. Das hat sehr viel mit Anerkennung zutun, darüber hinaus vernachlässigt man aber seine moralische Verantwortung.

Mein letztes Beispiel urteilt nach den Gesichtspunkten von Lohn und Strafe, es ist also die erste Stufe der Präkonventionellen Ebene.

Wen man nicht erwischt wird, darf man es auch tun. Durch die ausbleibende Strafe wird ihr Verhalten gebilligt.

Wenn man diese Erscheinungsformen nun alle einmal zusammennimmt und daraus Tendenzen für die Zukunft erstellen soll, dann kann man selbst als Optimist eine immer „moral-losere“ Gesellschaft voraussagen.

Ethische Grundsätze scheinen in unsrer Alltagsmoral immer mehr zugrunde zu gehen. Das zeigt sich sehr deutlich durch die Minimalmoral und egoistische Orientierungsmuster. Das einzige Immer - währende, was sich in der Vergangenheit und in Zukunft nicht geändert hat und auch nicht ändern wird, ist der ethisch moralische Relativismus.

Unsere Moral wird sich zunehmend minimieren und die angestrebte Identität jedes Einzelnen wird mehr und mehr im Besitz eines Jeden liegen.

Ich glaube aber, obwohl die Menschheit im Allgemeinen egoistischer werden wird, dass individuelle Rechte an Bedeutung gewinnen werden und unsere Gesetze haarspalterisch behandelt werden müssen.

Zum Schluss muss ich nun noch sagen, dass die Aussagen im Text alle mit meinen Erfahrungen mit anderen Menschen übereinstimmen.

Das zeigt sich auch sehr deutlich an den Beispielen, die ich verwendet habe.

Viele der oben genannten Erscheinungsformen treffen auch auf mich persönlich zu, ich erlebe es oft, dass ich mich vom äußeren Erscheinungsbild und vom Besitz einer Person blenden lasse und darüber hinaus innere Werte gar nicht erst beachte. Auch bin ich der Meinung, dass das Klauen nicht so schlimm ist, wenn eine Sache nicht wertvoll ist.

Ich bin hingegen nicht egoistisch und versuch mich für andere einzusetzen, Organisationen, bei denen die Verantwortung nur an der Spitze liegt, haben meiner Meinung nach keine Zukunft.

Als persönliche Schlussfolgerung werde ich mir vornehmen, mir Regeln aufzustellen, Werte nach denen ich mich zu orientieren versuchen werde, dass meine Alltagsmoral zwischen Selbstachtung und Engagement einen guten Mittelweg findet.

Ende der Leseprobe aus 5 Seiten

Details

Titel
Alltagsmoral und Kohlberg`s Stufenschema der Moral
Autor
Jahr
2000
Seiten
5
Katalognummer
V98887
ISBN (eBook)
9783638973373
Dateigröße
339 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Viel Spaß damit, und ich hoffe es hilft...
Schlagworte
Alltagsmoral, Kohlberg`s, Stufenschema, Moral
Arbeit zitieren
Julia Spitzer (Autor:in), 2000, Alltagsmoral und Kohlberg`s Stufenschema der Moral, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/98887

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