Unterrichtsstörungen reduzieren: EBB - Erziehen, Beraten, Betreuen

Kontingenzvertrag zur Verhaltensänderung - Anreiz-Verstärker-System


Hausarbeit (Hauptseminar), 2009

12 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


1 Einleitung

"Eine Unterrichtsstörung liegt dann vor, wenn der Unterricht gestört ist, d. h. wenn das Lehren und Lernen stockt, aufhört, pervertiert, unerträglich oder inhuman wird"[1]

In dieser Arbeit wird das Thema Unterrichtsstörungen behandelt. Die Zentrale Fragestellung heißt:

„Kann durch die Anwendung der theoriegestützten Maßnahme Kontingenzvertrag in Verbindung mit dem „house of trouble“ eine nachhaltige Reduzierung von Unterrichtsstörungen bei XX erzielt werden?“

m ersten Abschnitt wird die Zusammensetzung der Lerngruppe erörtert. Im Fokus steht dabei das Sozialverhalten der Schüler unter besonderer Berücksichtigung des Verhaltens von XX Es wird untersucht, wer welche Rolle inne hat und wie die Schüler zueinander in Beziehung stehen. Des Weiteren wird analysiert, wie die Gruppe interagiert. Es werden die Bereiche herausgegriffen, die für die Untersuchung und Lösung der Kernfrage von Relevanz sind. Aufgrund des Umfangs der Arbeit kann der Autor keine vollständige und abschließende Analyse zur Gruppenkohäsion im sozialpsychologischen Sinne liefern. Im folgenden Teil werden Erziehungsziele formuliert und die daraus resultierenden konkreten Maßnahmen abgeleitet. Im Kapitel Maßnahmen werden zwei theoretische Ansätze vorgestellt, mit deren Hilfe eine Verhaltensänderung im positiven Sinne erzielt und Unterrichtsstörrungen minimiert werden sollen. Anschließend wird aufgezeigt, in wie weit die Maßnahmen für die konkrete Umsetzung gewinnbringend implementiert werden können. Außerdem wird untersucht, welche Erziehungsmittel sich als zielführend erweisen. Abschließend werden das Ergebnis und die pädagogischen Entscheidungen kritisch hinterfragt, sowie die weitere Vorgehensweise erläutert. Außerdem werden Alternativen diskutiert, die zur Lösung der Problematik - Umgang Unterrichtsstörungen - ebenfalls in Betracht gekommen wären. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, auf Basis aktueller Literatur aus den Fachdisziplinen Pädagogik und Psychologie einen theoriegestützten Ansatz vorzustellen und diesen in der Praxis zu implementieren sowie dessen Ergebnisse zu dokumentieren und zu diskutieren. Sowohl die Monographie zum Thema Unterrichtsstörrungen von Winkel als auch von Nolting verfolgen einen modernen Ansatz zum Umgang mit Unterrichtsstörrungen. Anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis bieten sie Lösungshilfen für den Schulalltag. Dabei verfolgt Winkel das Ziel, förderliche Erkenntnisse aus unterschiedlichen pädagogischen Richtungen aufzugreifen.[2] Da der Autor dieser Arbeit seit Beginn des Schuljahres unter Anleitung als Fachlehrer der Klasse 6c in Gesellschaftslehre fungiert, wurde ihm für das Projekt Freiraum eingeräumt.

2 Bedingungsanalyse

2.1 Lernsituation

Gegenwärtig wird die XXX umgewandelt. Dieser Prozess wird noch knapp ein Jahr in Anspruch nehmen. Das Einzugsgebiet der Schule erstreckt sich über die gesamte Stadt XXX, wobei der überwiegende Teil der Schüler[3] aus dem Stadtteil XXX kommt. In diesem Gebiet ist die Sozialstruktur als problematisch zu bezeichnen. Annähernd XX Prozent der Schüler weisen einen Migrationshintergrund auf. Infolgedessen können Verständigungsprobleme sprachlicher Art auftreten.

2.2 Zusammensetzung der Lerngruppe

Um die Unterrichtstörungen und das Verhalten von XX konkret zu erörtern, ist es notwendig, auf die gesamte Lerngruppe einzugehen. Unterrichtsstörungen müssen immer im Gesamtkontext der Klasse und der Lernsituation betrachtet werden, da das konkrete Verhalten einzelner Schüler auch von der Gruppenkohäsion abhängt. Erst die Zusammensetzung der Gruppe lässt ein Entfalten, Veränderungen und das Einnehmen bestimmter Rollen zu. In Bezug auf XX wird dieser Umstand dadurch deutlich, dass er sein Verhalten und seine Rolle umgehend ändert, sobald er als pädagogische Maßnahme nach einer schweren Störung die Klasse verlassen muss und vorübergehend eine andere Klasse besucht. Besonders klar wird dies bei Klassen mit älteren Jahrgängen.

Die 6. Klasse der Schulform XXX unterrichtet der Autor seit Beginn des Schuljahres 2008/09 angeleitet für drei Wochenstunden im Fach Gesellschaftslehre. Sie setzt sich zusammen aus XX Schülern (XX w, XX m) im Alter von 12 und 13 Jahren. XX Schüler weisen einen Migrationshintergrund auf.

Das Sozialverhalten der Schüler ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die meisten Schüler sind mit den Regeln eines konstruktiven und gesellschaftsfähigen Umgangs vertraut. Sie respektieren zunehmend die Wünsche und Interessen anderer und sind in der Lage, selbstbewusst zu handeln. Die Schüler übernehmen bereitwillig Dienste und engagieren sich in klassenübergreifenden Bereichen wie der Schülermitverantwortung. Selbst bei Aufgaben, die im Zusammenhang mit Gruppenarbeit zu lösen sind, respektieren sich die Schüler und arbeiten teamorientiert. Allerdings wird die Klasse auch von einer Gruppe vier männlicher Schüler besucht, deren Sozialverhalten als schwierig zu bezeichnen ist. XX (m), YY (m) und ZZ (m) neigen dazu, den Unterricht zu stören und nutzen sich ergebende Gelegenheiten, die Aufmerksamkeit der anderen Schüler auf sich zu ziehen. Auf Ermahnungen reagieren die drei Schüler konstruktiv und stellen das auffällige Verhalten meistens ein. XX (m) hingegen fällt durch schwere Disziplinverstöße auf. Der Schüler versucht sich trotz umfangreicher Maßnahmen, dem Zugang und der Hilfe von Erziehungspersonen zu verweigern. Im Folgenden wird die Art der Störungen von XX erläutert, damit im späteren Teil der Arbeit auf dieser Basis konkrete Handlungsalternativen mit dem Ziel zur Verhaltensänderung abgeleitet werden können. XX missversteht bewusst jede Arbeitsanweisung, obwohl er einen überdurchschnittlichen IQ aufweist. In Tests und Klassenarbeiten schreibt er überwiegend gute Noten. Des Weiteren stört er dadurch, dass er häufig „rein ruft“ und seinen Nachbarn AA (m) von der Einzelarbeit abhält und ihn verbal und nonverbal, durch Ansprechen, Zwicken, und Berühren belästigt. Außerdem „mobbt“ er auch andere Mitschüler wie BB, CC und DD und wird teilweise in den Pausen körperlich übergriffig. XX steht im Unterricht auf und versucht das Geschehen negativ zu beeinflussen, indem er Unruhe erzeugt.

XX (m) nimmt die typische Rolle des „Klassenclowns“[4] ein. YY (m) hingegen weist ein etwas größeres Aggressionspotential auf und stört in erster Linie nicht dadurch, dass er Witze macht, sondern mit renitenten, pubertären Äußerungen.

YY, XX und ZZ sind befreundet und verstärken ihr Verhalten und ihre Störungen häufig gegenseitig dadurch, dass sie sich dafür Anerkennung zusprechen. Des Öfteren reagieren die anderen Schüler dadurch, dass sie das Verhalten des Trios ignorieren oder aktiv unterbinden wollen. Bei YY und XX führt das häufig dazu, dass sie das Verhalten ändern. XX dagegen lässt sich von der Klasse nicht einschüchtern. Untersucht man die Klasse im Hinblick auf Schüler, die eine Außenseiterrolle einnehmen, so lässt sich festhalten, dass FF (f) und GG (m) teilweise ausgegrenzt werden. Das zeigt sich zum Beispiel daran, dass sie bei Partneraufgaben keinen Mitschüler finden, der die Aufgabe mit ihnen bearbeitet.

Auf eine Analyse zur Einstellung zum Gesellschaftlehreunterricht und zum Arbeitsverhalten der Klasse wird verzichtet, da es dem Autor zur Lösung der Fragestellung nicht als zielführend erscheint. Es wird jedoch betont, dass sowohl die Einstellung zum Fach, als auch das Arbeitsverhalten überwiegend als gut bezeichnet werden kann. Die Ursache der Störungen ist meiner Einschätzung nach nicht darin zu sehen.

3 Erziehungsziel

Die im späteren Abschnitt diskutierten Maßnahmen zielen darauf ab, Erziehungsziele zu erreichen und den Schüler in verschiedenen Bereichen zu sensibilisieren. XX soll

„lernen (...) zu kooperieren, einen Beitrag für die Gruppe zu leisten und sich solidarisch zu verhalten[,] lernen verständnisvoll [mit anderen] umzugehen, auf den Mitschüler zu achten, ihn zu tolerieren (...) und Verantwortung zu übernehmen[,] lernen, soziale Konflikte in ihren konstruktiven und destruktiven Auswirkungen zu erkennen und diese mit angemessenen Mitteln auszutragen[,] ein positives Selbstkonzept entwickeln, sich selbst zu erfahren, die eigenen Gefühle und Bedürfnisse akzeptieren, Stärken und Schwächen erkennen, um sich zunehmend realistischer einschätzen zu können“.[5]

Geißler sieht in der Eigenschaft Verantwortung zu übernehmen das höchste Erziehungsziel.[6] Das Übernehmen von Selbstverantwortung, also Verantwortung für das eigene Handeln durch XX ist die fundamentale Voraussetzung für die Reduktion der durch ihn verursachten Unterrichtsstörungen. Mir ist bewusst, dass die Ziele nach Becker und Geißler sehr breit formuliert wurden und noch nicht operationalisiert sind. Sie weisen so den Charakter von Leitlinien auf, die es im Folgenden weiter auszudifferenzieren gilt.

4 Maßnahmen

Der Handlungsrahmen zum Einwirken auf XX ist aus Gründen der eingeschränkten Professionalität der Lehrkraft begrenzt, die als Allrounder über Fachwissen, didaktische, methodische Kompetenz, Empathie, Grundzüge der pädagogischen Psychologie und weitere Eigenschaft verfügen muss. Obwohl der Lehrer als ganzer Mensch gefordert ist, kann er nur bei Maßnahmen ansetzen, die im pädagogischen Sinne sind. Psychoanalytische, verhaltenstherapeutische, gruppentherapeutische sowie pharmakologische Handlungsalternativen kann der Lehrer nicht leisten.[7] Deshalb wird im Folgenden mit pädagogischen Maßnahmen auf das Verhalten von XX eingewirkt und diese werden diskutiert. Allerdings ist es durchaus denkbar, in einem zweiten Schritt professionelle Hilfe zu Rate zu ziehen. Dies wäre dadurch möglich, einen Schulpsychologen zu Rate zu ziehen oder einen Förderplan erstellen zu lassen.

Hilbert Meyer führt als ein wesentliches Merkmal für guten Unterricht das „Lernförderliche Klima“ an. Unter lernförderlichem Klima versteht Meyer unter Anderem das Gegenüberbringen von gegenseitigem Respekt, das verlässliche Einhalten von Regeln, das Übernehmen von Verantwortung und die Fürsorge der Lehrkraft für die Schüler und deren Beziehungen untereinander.[8] Die Konsequenz zu Handeln, um das Lernklima förderlich zu beeinflussen und eine nachhaltige Verhaltensänderung zu erzielen liegt nahe. Um diesen Sachverhalt abzusichern verweist der Autor auf die gesetzlichen Vorgaben des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule. Achtung, Toleranz, Gerechtigkeit und Solidarität gelten als Grundfesten im hessischen Schulgesetz.[9] Was bedeutet dieser Sachverhalt auf Gesetzesebene im pädagogischen Sinne und wie lassen sich Maßnahmen konkretisieren?

[...]


[1] R. Winkel, Der gestörte Unterricht. Diagnostische und therapeutische Möglichkeiten, Bastmannsweiler 2005, S. 29.

[2]

[3] Schüler, Lehrer etc. beinhalten in der Arbeit sowohl die maskuline, als auch die feminine Form.

[4] Der Autor distanziert sich von Stigmatisierungen, dennoch beschreibt diese Rolle das Verhalten des Schülers präzise.

[5] G. Becker, Durchführung von Unterricht. Handlungsorientierte Didaktik Teil II, Weinheim und Basel 1998.

[6] Vgl., E. Geißler, Erziehungsmittel, Bad Heilbrunn 1973, S. 18.

[7] Vgl., Winkel, a. a. O., S. 29.

[8] Vgl., H., Meyer, Was ist guter Unterricht?, Berlin 2004, S. 47.

[9] Vgl., HSchG §2.

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsstörungen reduzieren: EBB - Erziehen, Beraten, Betreuen
Untertitel
Kontingenzvertrag zur Verhaltensänderung - Anreiz-Verstärker-System
Veranstaltung
Erziehen
Note
1,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V185039
ISBN (eBook)
9783656098546
ISBN (Buch)
9783656098362
Dateigröße
603 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Fragestellung der Arbeit heißt: „Kann durch die Anwendung der theoriegestützten Maßnahme Kontingenzvertrag in Verbindung mit dem „house of trouble“ eine Reduzierung von Unterrichtsstörungen bei XX erzielt werden?“ Im Fokus steht dabei das Sozialverhalten unter besonderer Berücksichtigung des Verhaltens von XX Es wird untersucht, wer welche Rolle inne hat und wie die Schüler zueinander in Beziehung stehen. Es werden die Bereiche herausgegriffen, die für die Untersuchung und Lösung der Kernfrage von Relevanz sind. Im folgenden Teil werden Erziehungsziele formuliert und Maßnahmen abgeleitet.
Schlagworte
EBB, DFB, Studienseminar, Anreiz-Verstärker-Theorie, Konditionierung, Kontingenz, Individuelles Fördern, Sozialverhalten
Arbeit zitieren
Jan Schönherr (Autor:in), 2009, Unterrichtsstörungen reduzieren: EBB - Erziehen, Beraten, Betreuen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/185039

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