Giuseppe Verdi. Komposition im 19. Jahrhundert


Pre-University Paper, 2019

36 Pages, Grade: 85.7%


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Biographie

3 Werk und Rezeption
3.1 Frühe Opern - Top oder Flop?
3.1.1 Oberto, Conte di San Bonifacio
3.1.1.1 Entstehung und Rezeption
3.1.1.2 Handlung
3.1.2 Nabucodonosor
3.1.2.1 Entstehung und Rezeption
3.1.2.2 Handlung
3.2 Hauptwirkungszeit - der Weg zum Weltruhm
3.2.1 Rigoletto
3.2.1.1 Entstehung und Rezeption
3.2.1.2 Handlung
3.2.2 Il trovatore
3.2.2.1 Entstehung und Rezeption
3.2.2.2 Handlung
3.2.3 La traviata
3.2.3.1 Entstehung und Rezeption
3.2.3.2 Handlung
3.3 Spätwerk - Verdi verabschiedet sich
3.3.1 Otello
3.3.1.1 Entstehung und Rezeption
3.3.1.2 Handlung
3.3.2 Falstaff
3.3.2.1 Entstehung und Rezeption
3.3.2.2 Handlung

4 Zwischen Konvention und Evolution
4.1 Das Libretto
4.1.1 Von Arbeitsteilung zu Zusammenarbeit
4.1.2 Wie Verdi den Einfluss intensiviert
4.2 Bühnenbild und Kostüme
4.2.1 Ursprüngliches Vorgehen und verfügbare Ausstattung
4.2.2 Verdi bringt sich ein
4.3 Die Zensur
4.3.1 Zensur im Italien des 19. Jahrhunderts
4.3.2 Beispiele aus Verdis Opern
4.4 Sängerinnen und Sänger
4.4.1 „Quello que è scritto“
4.4.2 Die Auswahl der Sänger(innen)
4.5 Verdi und die «solite convenienze»
4.5.1 Dramatische Disposition
4.5.2 Musikalische Strukturen

5 Schluss

6 Literaturverzeichnis

Danksagung

Bedanken möchte ich mich bei allen, die mir in irgendeiner Form behilflich waren. Zuallererst geht mein Dank an Matthias Verniers, der sich bereit erklärt hat, die Betreuung dieser Arbeit zu übernehmen. Des Weiteren möchte ich mich bei Frau Kerres und Frau Schür bedanken, die mir bei einigen formellen Fragen zur Seite standen. Auf keinen Fall vergessen möchte ich den Dank an meine Familie für ihre moralische Unterstützung und die Korrekturarbeit.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1. La facciata del Teatro alla Scala (Inganni, 1852).

Abbildung 2. Ankündigung der Otello -Uraufführung

Abbildung 3. Verdis Figurinen zu Rigoletto (Langer, 2013, S. 289).

Abbildung 4. Verdis Skizze zum 2. Bild des 2. Aktes von

1 Einleitung

„Va, pensiero, sull’ali dorate” – „Flieg Gedanke auf goldenen Flügeln“; dieser Satz, der den Gefangenenchor aus Verdis Nabucco einleitet, war sowohl für den Komponisten als auch für mich beim Verfassen dieser Endarbeit eine Inspiration. In einer für ihn schwierigen Lebensphase ergriff Verdi diese Zeile und regte ihn an, sein künstlerisches Schaffen fortzusetzen (Roth, 2016b, S. 795). Für mich umschreibt er die Suche nach den passenden Inhalten für diese Arbeit über ein Sujet, das mich begeistert und über das wahrscheinlich so viel mehr gesagt werden könnte, als ich in diesem Dokument festhalten kann.

Ich habe mich entschlossen, in der Arbeit einen Schwerpunkt auf die Fragestellung zu legen, wie sich die Entstehung eines Werkes und damit der Aufgabenbereich des Komponisten in Verdis Schaffen entwickelt hat, d. h. welche Ideen Verdi weiterentwickelt oder welche neuen Einfälle er hatte. Im Zuge der Nachforschungen entdecke ich immer wieder Verdis Vorstellungen von den Aufführungen seiner Werke. Für jeden Musiker und besonders für jeden Sänger, der sich mit dem Werk des Komponisten auseinandersetzt, ist es von Bedeutung, die Absichten des Komponisten zu kennen und sie auf seine Interpretation einer Figur oder Instrumentallinie anzuwenden, um die Partitur im Sinne des Komponisten aufzuführen.

Wenn man sich mit den Einstellungen des Komponisten zu seinem Werk beschäftigt, wäre es ebenfalls wichtig, einen genaueren Blick auf die musikalische Gestaltung zu werfen. Dies ist durch die musiktheoretische Komplexität und die damit erforderlichen Vorkenntnisse in diesem Rahmen jedoch nicht möglich. Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass ich mich, auch wenn Verdi einige geistliche Werke komponierte, nur auf seine Opern konzentrieren werde, da mich dieses Gebiet besonders interessiert und ich einige persönliche Erfahrungen vorweisen kann.

Nach einem kurzen Überblick der wichtigsten Lebensstationen Giuseppe Verdis werden 7 seiner Opern bezüglich Entstehung, Rezeption und Handlung ausführlich und doch möglichst knapp beschrieben. Dies empfinde ich als notwendig, um die im dritten Teil erklärten Entwicklungen einordnen und besser verstehen zu können. Diese greifen immer wieder auf die Werke aus dem zweiten Kapitel zurück.

2 Biographie

Giuseppe Fortunio Verdi erblickt laut Geburtsurkunde am 10. Oktober 1813 als zweites Kind des Gastwirtes Carlo Verdi und der Spinnerin Luigia Uttini im italienischen Le Roncole unweit von Busseto das Licht der Welt. Nachdem sein großes musikalisches Talent früh entdeckt wird, erhält er mit 8 Jahren ersten Musikunterricht beim Organisten des Dorfes. Doch dieser kann ihm nach kurzer Zeit nichts mehr beibringen. So wird Verdi auf ein Gymnasium nach Busseto geschickt, wo er bei einer Gastfamilie wohnt. Sein großer Unterstützer Antonio Barezzi sorgt dort für seine musikalische Ausbildung und 1836 heiratet Verdi dessen Tochter Margherita.

Durch das Spielen der Orgel in Busseto und das Verfassen erster Kompositionen für ein kleines Orchester sammelt er musikalische Erfahrung. 1832 reist Verdi nach Mailand, um dort die Aufnahmeprüfung am Konservatorium abzulegen. Die ebenfalls durch sein Alter begründete Ablehnung bezeichnet er später als „Anschlag auf seine Existenz“. Man rät ihm aber, seine Ausbildung fortzusetzen und Privatunterricht bei Vincenzo Lavigna zu nehmen. In seinem Heimatdorf übernimmt Verdi die Stelle des Konzertmeisters und pflegt gleichzeitig neue Kontakte in Mailand mit deren Unterstützung er sein erstes Opernprojekt beginnt.

Weder sein Sohn noch seine Tochter erreichen das Alter von 2 Jahren und auch Verdis Frau Margherita stirbt 1840 an einer Hirnhautentzündung. Nach diesen Schicksalsschlägen will Verdi das Komponieren angeblich aufgeben, setzt sein Schaffen aber fort.

Schon bei der Arbeit an seiner ersten Oper Oberto, Conte di San Bonifacio lernt Verdi die Sopranistin Giuseppina Strepponi kennen. Er schätzt vor allem ihre große Erfahrung im Operngeschäft. Am Ende ihrer kurzen Karriere wird sie Gesangslehrerin in Paris und 1847 zieht Verdi zu ihr. Obwohl sie nicht verheiratet sind, wird ihre Beziehung in Paris toleriert. 1849 kehren sie nach Busseto zurück und wohnen im Palazzo Orlandino, der sich im Besitz Verdis befindet. Da beide sich dort als unverheiratetes Paar nicht akzeptiert fühlen, ziehen sie zwei Jahre später auf ein Gut in Sant’Agata. Durch seine Arbeit ist Verdi immer wieder auf Reisen. Für seine Lebensgefährtin ist dies besonders schwierig, da sie ihn oft nicht begleiten kann und er ihr nicht treu ist. Trotzdem heiraten sie 1859.

In den folgenden Jahren widmet Verdi sich nicht mehr nur der Musik. Er überarbeitet zwar einige seiner Werke und schreibt regelmäßig neue Opern, doch engagiert er sich ebenfalls politisch und baut sein Landgut aus. Sowohl der Tod seines Vaters als auch das Ableben seines Förderers Barezzi erschüttern ihn 1867 sehr. Zur gleichen Zeit erleidet sein langjähriger Freund und Librettist Piave einen Schlaganfall. In den Jahren 1873-1883 komponiert Verdi kaum noch. Er beschäftigt sich mehr mit seiner theoretischen Sicht auf die Theaterwelt. Die ihm angebotene Leitung des Konservatoriums in Neapel lehnt er ab, verfasst aber einige Briefe, in denen er seine Ideen zur Ausbildung der jungen Musiker darlegt.

Während er seine letzten beiden Opern komponiert, herrscht in Italien eine Wirtschaftskrise und viele Menschen wandern aus, da sie keine Arbeit mehr finden. Um dies zumindest für einige zu verhindern, lässt Verdi seine Wirtschaftsgebäude instand setzen und beschäftigt dadurch zeitweise fast 200 Personen. Zudem finanziert er den Bau eines Krankenhauses, das heute noch besteht.

Bei seinem endgültigen Abschied von der Opernbühne ist Verdi 80 Jahre alt. Er fühlt sich schwach und komponiert in seinen letzten Lebensjahren nur einige geistliche Werke. In Mailand lässt er ein Altersheim für verarmte Künstler erbauen, das „Casa di riposo“. Dort möchte er auch begraben werden. 1897 stirbt seine zweite Frau Giuseppina an einer Bronchitis. 1900 regelt Verdi seinen Nachlass. Er vermacht seiner 1867 adoptierten Tochter sein Hauptvermögen. Weitere Gelder gehen an karitative Zwecke und seine Angestellten.

Seine letzten Wochen verbringt Verdi im Kreise seiner Freunde in einem Hotel in Mailand. Nach einem Schlaganfall verliert er das Bewusstsein und stirbt am 27. Januar 1901 (Jansen, 2001, S. 7, 10-12, 18, 22, 26, 28-29, 36-37, 59-60, 66, 70, 78, 80, 97, 112-114, 121, 129, 131-132, 142, 144-145).

3 Werk und Rezeption

Den wichtigsten Platz in Verdis Leben nimmt seine musikalische Arbeit ein. Er realisiert 26 Opernprojekte, die er oft mehrmals bearbeitete. Viele weitere Projekte kamen durch verschiedenste Umstände nicht zu Stande.

3.1 Frühe Opern - Top oder Flop?

Wenn es einem jungen Komponisten gelang, seine erste Oper zur Uraufführung zu bringen, konnte dies seine weitere Laufbahn entscheiden: War sie ein Erfolg, stieg die Chance auf eine Karriere; ging es schief, konnte dies das Ende bedeuten. Verdis erste Werke bilden die Grundlage für sein weiteres Schaffen. Obwohl sie sich noch stark an seinen Vorgängern orientieren, gelingt es Verdi, erste eigene Ideen umzusetzen, die er später weiterentwickeln wird.

3.1.1 Oberto, Conte di San Bonifacio

Was wäre wohl aus Verdi geworden, wenn seine erste Oper beim Publikum und der Presse durchgefallen oder gar nicht erst aufgeführt worden wäre? Lange sah es nach Letzterem aus, doch Oberto wurde ein Erfolg, der den Grundstein für die Karriere des Komponisten legte.

3.1.1.1 Entstehung und Rezeption

Den Auftrag für diese erste Oper erhielt Verdi von Pietro Massini, dem damaligen Leiter des Teatro filodrammatici in Mailand, das dafür bekannt war, junge Talente zu fördern. Auf der Basis eines Librettos des Journalisten Antonio Piazza komponierte Verdi diese Oper zunächst unter dem Namen Rocester. Nach der Fertigstellung hatte Massini jedoch die Leitung des Theaters aufgegeben und das Projekt wurde nicht realisiert. Verdi versuchte daraufhin vergeblich, das Werk in Parma zur Uraufführung zu bringen. Er kündigte seine Anstellung in Busseto und zog mit seiner Frau nach Mailand, da er sich dort eine größere Chance auf einen erfolgreichen Werdegang ausrechnete (Schweikert, 2013c, S. 4). Durch die Empfehlung Massinis sollte Rocester als Benefizoper an der Scala1 aufgeführt werden, die auf der folgenden Seite abgebildet ist. Doch wieder scheiterte das Vorhaben, da ein Sänger erkrankte (Joerg, 2013, S. XVIII; Schweikert, 2013, S. 4; Walter, 2013a, S. 338; Walter, 2013b, S. 61).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. La facciata del Teatro alla Scala (Inganni, 1852).

Nach eigener Aussage besuchte Verdi, der schon nicht mehr an die Uraufführung glaubte, eines Abends ein Mitarbeiter der Scala, um ihn zu einem Gespräch mit Bartolomeo Merelli, dem Impresario des Hauses zu bitten. Dieser bot ihm an, die Oper doch noch aufzuführen, da er von Sängern der ersten Proben ein positives Urteil vernommen hatte. Merelli übernahm alle Kosten und bot Verdi zu seiner Überraschung sogar 50% am Verkauf der Partitur an. Jedoch müsse er die Oper an die neuen Sänger anpassen (Selbstbiographische Skizze von 1879 aus Busch, 1979, S. 13-14). Ob die Oper den Titel Oberto bei dieser Umarbeitung oder schon früher erhielt, ist nicht dokumentiert (Walter, Oberto, conte di S. Bonifacio, 2013c, S. 338).

Die Uraufführung am 17. November 1839 war ein Erfolg, auch wenn die dramatische und musikalische Komposition noch weitreichende Mängel aufwies. Sowohl Personenkonstellation als auch weite Teile der Orchesterbegleitung basierten auf traditionellen Mustern. Verdi hatte die musikalischen Strukturen nach dem Vorbild Bellinis gestaltet und ihm wurde „fehlende[r] Einfallsreichtum” vorgeworfen (Walter, Oberto, conte di S. Bonifacio, 2013c, S. 342). Auch Verdi selbst schrieb später: „Was wollt ihr, daß [sic] das arme Publikum mit Oberto [...] anfangen soll? Und was haben die Kunst und der Verleger von Neuausgaben dieser [Oper] [...]” (Brief an Giulio Ricordi vom 10. Mai 1889 aus Busch, 1979, S. 179). Sowohl das Publikum als auch die Presse reagierten damals eher positiv, sodass die Oper in der gleichen und folgenden Saison mehrmals aufgeführt wurde. Aufgrund dessen bot Merelli Verdi einen Vertrag für drei weitere Opern an. Dies hat Verdis Karriere einen entscheidenden Anschub gegeben. Der Verlag Ricordi kaufte die Partitur und Verdi erhielt wie versprochen die Hälfte des Geldes. Daraufhin wurde Oberto unter Verdis Leitung auch an einigen anderen Häusern gespielt. Im weiteren Verlauf verschwand sie von den Spielplänen und wird heute kaum noch aufgeführt (Selbstbiographische Skizze von 1879 aus Busch, 1979, S. 11-14; Ottomano & Gerhard 2013, S. XVII-XIX; Walter, 2013, S. 341-342).

3.1.1.2 Handlung

Die in der Oper nicht beschriebene Vorgeschichte besagt, dass Oberto von der Familie der Salinguerra besiegt wurde und daraufhin ins Exil ging. Der Herzog Riccardo war später unter falschem Namen mit Leonora, Obertos Tochter zusammengekommen und hatte ihr die ewige Treue versprochen. Er verließ sie aber, als er sich in Cunizia verliebte. Nach dem einleitenden Chor und einer Cavatina, einer sogenannten Auftrittsarie Riccardos, erscheinen nacheinander Leonora und ihr Vater. Beide wollen Rache; Leonora aus enttäuschter Liebe und ihr Vater Oberto, weil seine Ehre verletzt war. Als die beiden sich begegnen, verzeiht er ihr und sie verbünden sich. Im Schloss angekommen, erzählen sie Cunizia, dass Riccardo eigentlich Leonora versprochen war. Nun will auch Cunizia Rache. Sie konfrontieren Riccardo, doch er gibt an, von Leonora betrogen worden zu sein. Daraufhin fordert Oberto ihn zum Duell.

Im zweiten Akt weigert Riccardo sich dieses anzutreten, zieht aber sein Schwert, weil Oberto ihn provoziert. Cunizia kann den Kampf verhindern, aber die Männer verabreden sich heimlich zum erneuten Duell, bei dem Oberto stirbt. Cunizia, die eigentlich wollte, dass Riccardo zu Leonora zurückkehrt, ist entsetzt, als sie die Nachricht erhält. Leonora gibt sich die Schuld am Tod ihres Vaters und entscheidet sich trotz eines reuevollen Briefes von Riccardo, in einen Orden einzutreten (Classical Vault 1, 2014).

3.1.2 Nabucodonosor

„Va, pensiero, sull’ali dorate”. Wenn auch nicht aus der Oper oder einem Konzert, kommt die Melodie des Gefangenenchores wohl beinahe jedem spätestens nach den ersten Sätzen bekannt vor. Er wurde bei Verdis Beerdigung von den Trauergästen gesungen und auch heute kennen viele Italiener den Text, der von der Sehnsucht nach Freiheit erzählt.

3.1.2.1 Entstehung und Rezeption

Wie genau Merelli Verdi dazu brachte nach den vielen Schicksalsschlägen um 1940 wieder zu komponieren, ist nicht eindeutig belegt. Das Libretto zu Nabucco sollte eigentlich von einem anderen Komponisten vertont werden. Dieser lehnte es wegen seiner Brutalität jedoch ab. Als Verdi das Libretto erhielt, fühlte er sich verpflichtet dieses zu lesen (Brief an Opprandino Arrivabene vom 7. März 1874 aus Busch, 1979, S. 126). Der Legende nach schlug er eine zufällige Seite auf, erblickte den Vers „Va, pensiero, sull’ali dorate“ und war begeistert. Innerhalb von 10 Monaten beendete er die Komposition, sodass im Februar 1842 die Proben beginnen konnten.

Nach der erfolgreichen Uraufführung am 9. März veröffentlichte Ricordi den Klavierauszug und das Werk wurde noch im selben Jahr für 57 Aufführungen wiederaufgenommen. Nabucco ist Verdis erster nationaler und internationaler großer Erfolg. In den Jahren 1842-1845 fanden sowohl in Italien als auch erstmals in Paris und Wien zahlreiche Aufführungen statt (Ottomano & Gerhard, 2013, S. XIX-XXI; Roth, 2016b, S. 795; Schweikert, 2013c, S. 10; Walter, 2013b, S. 347)

3.1.2.2 Handlung

Die Hebräer fürchten sich vor Nabucco, der mit seinen Kriegern Jerusalem erobern will. Der Hohepriester Zaccaria kann sie mit dem Hinweis auf Gottes Hilfe und die als Geisel gehaltene jüngste Tochter Nabuccos, Fenena, beruhigen. Bei Nabuccos Erscheinen droht er ihm mit der Ermordung seiner Tochter. Doch sie wird durch ihren heimlichen Geliebten Ismaele gerettet.

Im Tempel zu Babylon erfährt die vermeintliche Thronerbin Abigaille aus einem Dokument, dass sie nicht Nabuccos Tochter ist und die Krone ihrer Schwester zusteht. Als es heißt, Nabucco sei tot, bietet man ihr jedoch die Krone an, weil Fenena die verschleppten Hebräer freigelassen habe. Als Abigaille die Krone einfordert, erscheint plötzlich ihr Vater, der sich die Krone aufsetzend als einzigen Gott bezeichnet. Nach der Gotteslästerung von einem Blitz getroffen, verfällt er dem Wahnsinn. Abigaille bringt ihn dazu, das Todesurteil Fenenas und der Hebräer zu unterzeichnen. In einem lichten Moment bezeichnet er sie als Sklavin. Daraufhin zerreißt sie das Beweismaterial ihrer Herkunft und lässt Nabucco verhaften.

Im Gefängnis kann er seiner zum Tode verurteilten Tochter Fenena nicht helfen und bittet Gott um Beistand. Plötzlich erscheinen einige seiner Krieger, um ihn zu befreien und im letzten Moment können sie auch Fenena retten. Daraufhin vergiftet sich Abigaille und bittet vor ihrem Tod Gott und ihre Gegner um Vergebung (guitarefaby, 2018).

3.2 Hauptwirkungszeit - der Weg zum Weltruhm

Die 3 folgenden Werke Rigoletto, Il trovatore und La traviata werden als Trilogie bezeichnet, da sie kurz hintereinander entstanden und alle eine gesellschaftlich ausgegrenzte Figur in den Mittelpunkt stellen: den buckligen Hofnarren Rigoletto, der die Menschen belustigen muss, die Zigeunerin Azucena, die von der Gesellschaft verabscheut wird und die Prostituierte Violetta, die gesellschaftlichen Normen im Wege steht. Bezeichnend für diese Werke ist ihre rasche Verbreitung rund um den Globus, die Verdi zu Weltruhm verhalf.

3.2.1 Rigoletto

3.2.1.1 Entstehung und Rezeption

Im Frühjahr 1850 beauftragte das Teatro la Fenice in Venedig Verdi mit einer neuen Oper und er schlug dem Librettisten Francesco Maria Piave Le roi s’amuse von Victor Hugo vor. Als das fertige Libretto im Januar 1851 große Schwierigkeiten mit der Zensur überstanden hatte, begann Verdi nach einem kurzen Kompositionsprozess die Proben.

Nach dem großen Erfolg der Uraufführung am 11. März 1851 lobte man besonders die Instrumentation. Dies ist erstaunlich, da Verdi diese erst während der Proben innerhalb von 5-6 Tage erarbeitete. Innerhalb der nächsten 10 Jahre wurde die Oper in etwa 250 Spielstätten weltweit aufgeführt (Jansen, 2001, S. 74; Voss, 2013, S. 436, 444).

3.2.1.2 Handlung

Rigoletto versteckt seine Tochter Gilda, die für seine Geliebte gehalten wird. Bei einem Fest macht der Herzog von Mantua der Gräfin von Ceprano Avancen. Als Rigoletto ihm vorschlägt, deren anwesenden Ehemann zu töten, schwört der Graf Rache. Zudem wird Rigoletto vom Grafen von Monterone verflucht, weil er ihn verspottet. Beunruhigt will er zu seiner Tochter und begegnet auf dem Weg dem Auftragsmörder Sparafucile, dessen Dienste er vorerst nicht in Anspruch nimmt. Bei Gilda angekommen, beschwört er sie, niemanden hereinzulassen und auch nicht zur Messe zu gehen. Nach seinem Weggang schleicht sich der Herzog zu seiner Geliebten Gilda. Als sie vor der Tür Geräusche hören, muss er wieder verschwinden. Es sind die Anhänger des Grafen von Ceprano. Diese erklären Rigoletto, der durch eine Vorahnung zurückgekehrt ist, sie würden die Gräfin entführen. Weil sie ihm die Augen verbinden, merkt er zu spät, dass er bei der Entführung seiner eigenen Tochter half.

Als man dem verzweifelten Herzog in seinem Schloss mitteilt, Gilda warte schon auf ihn, eilt er zu ihr. Auch Rigoletto sucht Gilda, wird aber nicht herein gelassen und er versteht, dass sie sich vom Herzog verführen ließ. Um sie von ihrer Liebe abzubringen, zeigt er ihr, wie der Herzog in einer Schenke mit der Schwester Sparafuciles flirtet. Gilda ist enttäuscht und wird von ihrem Vater in eine andere Stadt geschickt. Rigoletto beauftragt Sparafucile, den Herzog zu töten. Doch dessen Schwester hat sich ebenfalls vom Herzog um den Finger wickeln lassen und schlägt ihrem Bruder vor, den Herzog am Leben zu lassen und stattdessen den nächsten zu töten, der anklopft. Die aus Liebe zurückgekehrte Gilda, die das Gespräch hört, opfert ihr Leben. Als ihr Vater die Leiche versenken will, findet er im Sack seine sterbende Tochter (Tina Ti2, 2017).

3.2.2 Il trovatore

Il trovatore ist eine Oper der Kontraste: Melodien und Rhythmik, dunkle und helle Farben, laute Arbeiten und Nonnengesänge, Volk und Adel schaffen Gegensätze, die auf Verdis Idee der Vielfalt, italienisch «varietà», hinweisen. Verdi stellt die Zigeunerin Azucena dramatisch und musikalisch in den Mittelpunkt. Ihn fasziniert ihr moralischer Zwiespalt, der in der Handlung verdeutlicht wird (Jansen, 2001, S. 74; Roth, 2016, S. 816-817).

3.2.2.1 Entstehung und Rezeption

Als Verdi im Januar 1851 dem Librettisten Salvatore Cammarano das spanische Drama El trovador von Antonio García Gutiérrez vorschlug und ihm eine Übersetzung zusandte, zeigte dieser wenig Interesse, schickte aber dennoch ein Szenarium. Verdi respektierte Cammarano sehr und fühlte sich nicht berechtigt, ihn zu korrigieren. Er war mit dem Entwurf jedoch nicht zufrieden und verfasste einen Gegenvorschlag, der vor allem das Rollenprofil der Azucena veränderte. Er wollte sie nicht als Wahnsinnige darstellen, sondern ihre „beiden großen Leidenschaften [...] Kindes- und Mutterliebe“ erhalten. Gleichzeitig bot er Cammarano an, das Projekt zu beenden, wenn es ihn nicht überzeugte (Brief vom 9. April 1851 aus Busch, 1979, S. 41-44). Doch bis Cammarano im Juli 1872 verstarb setzten sie die Arbeit trotz weiterer Differenzen fort. Das Libretto wurde durch dessen Assistent Leon Emmanuele Bardare vollendet und Verdi nutzte die Chance noch einige Dinge zu verändern. Die Suche nach einem passenden Aufführungsort hatte Verdi schon 1851 begonnen, doch erst ein Jahr später glaubte er am Teatro Apollo in Rom die passende Besetzung gefunden zu haben. Innerhalb von 3 Monaten vollendete er die Komposition und führte noch während der Proben letzte Änderungen durch (Wagner, 2013a, S. 446-447).

Die Uraufführung fand am 9. Januar 1843 statt und wurde von Publikum und Presse sehr gelobt. Kritisiert wurde dennoch, dass Cammaranos Libretto unlogische Elemente enthalte und verwirrend sei. Dieser Eindruck entstand vor allem durch die Zeitsprünge zwischen den Akten. Das Werk verbreitete sich schnell in der ganzen Welt und wurde ins Deutsche, Englische und Russische übersetzt. Verdi selbst verfasste die französische Fassung Le trouvère, die 1857 an der Pariser Opéra erfolgreich zur Erstaufführung gelangte (Jansen, 2001, S. 84; Wagner, 2013, S. 453).

3.2.2.2 Handlung

Die Geschichte handelt von Luna und seinem jüngeren Bruder Garcia. Zu Beginn wird erzählt letzterer sei durch eine Zigeunerin erkrankt, die daraufhin auf dem Scheiterhaufen verbrannt wurde. Um die Mutter zu rächen, habe ihre Tochter Azucena Garcia geraubt und getötet. Wie sie später selbst berichtet, brachte Azucena aber aus Versehen ihr eigenes Kind um und zog Garcia unter dem Namen Manrico liebevoll auf.

Leonora, die Manrico liebt, wirft sich in der Dunkelheit versehentlich in die Arme ihres Verehrers Luna. Als Manrico dies sieht, kommt es zu einem Duell, bei dem Luna zwar besiegt, aber nicht getötet wird. Um einen Weg zu finden, ihre Mutter endgültig zu rächen, ohne ihren Ziehsohn töten zu müssen, bittet Azucena Manrico das Duell zu vollenden. Doch als dieser erfährt, dass Leonora ihn für tot hält und ins Kloster eintreten will, bricht er auf sie aufzuhalten. Luna plant indessen, Leonora zu entführen und zu heiraten. Doch Manrico rettet sie und flüchtet mit ihr auf eine Burg.

Auf der Suche nach ihrem Sohn wird Azucena verhaftet. Man erkennt in ihr die Tochter der Zigeunerin und will sie ebenfalls verbrennen. Manrico will seine Mutter retten, wird jedoch selbst verhaftet. Leonora bietet Luna an, ihn zu heiraten, wenn er Manrico freilässt. Dieser geht darauf ein, doch Leonora vergiftet sich. Im Kerker versucht Manrico seine Mutter zu beruhigen. Als Leonora erscheint, um ihn freizulassen, weigert er sich zu gehen. Als Luna Leonoras Vergiftung bemerkt, lässt er Manrico umbringen. Azucena ruft triumphierend, dass er seinen eigenen Bruder getötet habe und ihre Mutter damit gerächt sei (Culturebox - Deutsch, 2018).

3.2.3 La traviata

Obwohl La traviata nach seiner Entstehung eine Anlaufschwierigkeit hatte, gehört das Werk heute zu den populärsten und meistaufgeführten Opern der ganzen Welt. Laut OperaBase2 (Hjerrild, o. J.) wurde es in der Spielzeit 2018-2019 in 794 Aufführungen, respektive 192 Produktionen gespielt und lag damit weltweit auf dem 1. Platz.

3.2.3.1 Entstehung und Rezeption

Sofort nach dem Erfolg von Rigoletto bot das Teatro la Fenice Verdi einen weiteren Vertrag an. Für das gleiche Haus wollte Verdi eigentlich keine zwei Opern in Folge schreiben und er fürchtete die Zensur, unterschrieb aber dennoch. Als Librettisten wählte er Francesco Maria Piave. Die Gespräche zur Wahl einer literarischen Vorlage verliefen schwierig. Verdi endschied sich schlussendlich, ohne seinen Librettisten zu fragen, für das zeitgenössische Drama La dame aux camélias von Alexandre Dumas d. J. und noch während der Komposition von Il trovatore arbeiteten sie gemeinsam das Libretto aus. Sie strichen den 2. Akt des Dramas, konzentrierten die Handlung auf Violetta, Alfredo und seinen Vater, blieben aber nah an der Theaterfassung des Romans. Zwischen der Absegnung durch die Zensur, welche die aktuelle Handlung ins 18. Jahrhundert zurückverlegte, und der Premiere des Il trovatore blieben Verdi nur etwa sechs Wochen für die Komposition Er instrumentierte das Werk, als er bereits zu den Proben nach Venedig angereist war (Ottomano & Gerhard 2013, S. XXV-XXVI; Wagner, 2013, S. 455-456).

[...]


1 Das Teatro alla Scala in Mailand wurde 1778 eröffnet und gehört zu den bekanntesten und renommiertesten Opernhäusern der Welt.

2 Website, die einen Großteil aller Aufführungen, Künstler und Agenturen weltweit erfasst. Sie dient sowohl für Interessierte als auch für Opernorganisationen, die Sänger engagieren möchten, als Suchportal.

Excerpt out of 36 pages

Details

Title
Giuseppe Verdi. Komposition im 19. Jahrhundert
Grade
85.7%
Author
Year
2019
Pages
36
Catalog Number
V498173
ISBN (eBook)
9783346022554
ISBN (Book)
9783346022561
Language
German
Notes
Kommentar der Autorin: Es handelt sich bei diesem Werk um eine Endarbeit im Abiturjahrgang.
Keywords
Verdi, Oper, Komposition, Musik, Traviata, Rigoletto, Trovatore, Otello, Nabucco, Falstaff, Libretto, Zensur, Sänger
Quote paper
Samira Schür (Author), 2019, Giuseppe Verdi. Komposition im 19. Jahrhundert, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/498173

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